Und wieder geht ein Jahr ins Land. Erneut versuche ich eine irgendwie passende Einleitung zu den Top Alben der Redaktion zu schreiben, die das vergangene Jahr ein wenig zusammenfasst und gleichzeitig eine hoffnungsvolle Zukunft für das nächste Jahr in Aussicht stellt. Leider fällt es mir dieses Mal echt schwer wirklich alle Aspekte von 2023 in wenige Zeilen zu packen. Das Jahr war vielfältig, vielseitig und komplex in vielerlei Hinsicht und auch wenn sich manche Menschen sicher nach einem simpleren Weltgeschehen, simpleren Zeiten und simpleren Problemen sehnen, glaube ich, dass die Komplexität unserer Epoche nie wieder weichen wird. Das 21. Jahrhundert ist schwierig und birgt viele Herausforderungen ohne einfache Lösungen. Aber wir werden das schaffen! Daran habe ich keine Zweifel. Vielleicht hilft uns 2024 ja sogar ein Stück weiter!?
Genug des vagen und interpretationsoffenen Jahresrückblicks und ran an das Hauptgericht des Artikels! Wir hatten als Rockmagazine ein sehr gutes Jahr mit viel erstklassiger Musik und möchten euch die Crème de la Crème nochmal auf dem Silbertablett servieren. Also viel Spaß!
Thomas:
Im Jahr 2023 standen für mich trotz starker Veröffentlichungen von etablierten Bands wie Within Temptation, Fifth Angel oder Feuerschwanz vor allem einige Debütalben im Mittelpunkt des Geschehens.
Als mein „Album des Jahres“ hat sich daher das Debütalbum „Imposter Syndrome“ von der jungen Super-Gitarristin Sophie Lloyd herauskristalisiert. Nach ihrem YouTube-Erfolgen mit ihren gefeierten Gitarren-Shreds bekannter Coversongs hat die sympathische Britin mit ihrem Debüt endlich mit ihrem eigenen Material den Sprung auf den Plattenteller geschafft.
Zusammen mit zahlreichen erstklassigen Gästen wie u.a. Lzzy Hale (Halestorm), Trivium Fronter Matthew K. Heafy oder auch Gitarrist Cole Rolland überzeugt das abwechslungsreiche Album mit klasse Songs, das, voller eingängiger Melodien und überragenden Gitarrensolos von Sophie, von der ersten bis zur letzten Sekunde begeistert.
Auch die Deutsche Supergroup Universum 25 (Michael Rhein (In Extremo) und Bandmitglieder von Dritte Wahl, Fiddlers Green, Eisbrecher, Slime) brachte Anfang des Jahres ihr starkes selbstbetiteltes Debütalbum auf den Markt. Das Album begeistert dank eingängigen Melodien mit Hitpotential und verbreitet trotz ernster Texte irgendwie gute Laune. Der modern klingenden Soundmix aus Mittelalterrock, Elektrobeats und deutschen Texten ist echt eine verrückte Kombination, die besser funktioniert als sie sollte. Auch die Premierentour war ein voller Erfolg für die Band und so darf man sich schon jetzt auf eine Fortsetzung der Erfolgsgeschichte in 2024 freuen.
Als drittes Werk ist mir erst in den letzten Tagen die EP „Gravity“ der jungen französischen Band Spin Twice unter die Finger gekommen. Wieder ein Debüt, das die junge Band um die Wundergitarristin Tina Šetkić, vermutlich besser bekannt unter ihrem millionenfach geklickten YouTube-Name Tina S., digital veröffentlichte.
Die 3 mehr als überzeugenden Alternative Rock-Songs mit absolutem Hitpotential und wundervollen Solos von Tina machen gleich beim ersten Hören Lust auf mehr und setzen sich dauerhaft in den Gehörgängen fest. „Gravity“ könnte (oder sollte) der Start einer großen Karriere für die Franzosen sein!
Christian B.:
Auch im Jahr 2023 gab es so einige gute bis sehr gute Veröffentlichungen die mich begeistert haben, so das auch in diesem Jahr die Auswahl mehr als nur ein bisschen schwer gefallen ist. Nach längerer Überlegung habe ich mich aber für diese beiden entschieden:
Für mich „Firestar“ von Iron Savior DAS Power Metal-Album des Jahres! Schnörkellos nach vorne preschend, gespickt mit Hymnen – eine besser als die andere. Höhepunkt darauf ist das für sich sprechende In The Realm Of Heavy Metal, bei dem meine Fäuste automatisch nach oben und die Beine in Headbangstellung gehen sobald die ersten Tönen dieses musikalischen Schmankerls erklingen.
Da es die Band so leider nicht mehr gibt, kommen zweierlei Gefühle in mir hoch wenn dieses Album läuft. Einerseits Freude über die großartigen Songs auf „Turbo Polka Party“ (bis auf Last Christmas, der Track tut auch in der Version von Russkaja nur weh), andererseits mit Wehmut weil ich die Jungs um Georgij dank der Weltgeschehnisse wohl nicht mehr live sehen kann. Nichts desto Trotz laden die Lieder auf dem Album zum Tanzen und Feiern ein. Und manchmal gibt es auch Wunder und es wäre nicht die erste Reunion die unmöglich erschien, die Hoffnung stirbt zuletzt!
Olli C.:
Bereits nach 3 Sekunden nach dem Drücken der Play-Taste schlägt das Heavy Metal-Herz wie verrückt. 2017 wurde die in Schweden stammende Band S.O.R.M. gegründet und spielen echten, ja echten traditionellen Metal der alten Garde. Sofort merkt man die Einflüsse von W.A.S.P.! Nein! Man merkt nicht die Einflüsse von W.A.S.P., es ist mehr. Wie schon erwähnt, ist S.O.R.M. nicht nur musikalisch an die bereits genannte Band enorm angelehnt, sogar die Vocals klingen wie Blackie und man würde vermuten, es ist das langersehnte neue Werk von der Altrocker. Für mich eine der Top Scheiben 2023.
Ein großer Mythos steckt hinter den vier Frauen von Dogma, die Melodie, Ideologie, Chaos mit ihrer speziellen Mischung aus Hard Rock und Metal verbinden, bei der die menschliche Natur und antike Mythologie eine entscheidende Rolle spielt. Die Band und ihr gleichnamiges Album sind für mich die feminine Verkörperung von Lordi mit einem Hauch Blasphemie und Erotik. Meine Nummer 2 des Jahres 2023.
Bereits die erstveröffentlichte Single All For Metal punktet mit seinem stampfenden Rhythmus, den griffigen Gitarren-Riffs und seinem Ohrwurm-Refrain. Nicht zufällig wird hier mit der Textzeile „It‘s all for Metal – and Metal for all“ ein Zusammenhalt beschworen, der alte Metal-Fans und die neue Generation verbinden soll. Beide Sänger von All For Metal sind mit Bands wie Manowar aufgewachsen und das spiegelt sich auch in den Songs wider. Die komplette Platte ist perfekt produziert und ein gelungenes Debüt. Da die Band ihre Songs auch perfekt live performt, ist All for Metals „Legends“ für mich das Album des Jahres 2023.
Bine:
Die Schweizer Shakra, mit ihrem Album „Invincible“ eine wahre Kampfansage, für alle, die sich nicht unterkriegen lassen. Ein Album frisch, munter und voller Power im unverkennbaren Sound der Band, spürbar bei der Uptempo-Nummer The Matrix Unfolds, Shakra lassen sich auch nach über 25 Jahren einfach nicht unterkriegen und rocken für die gute Sache. Ein abwechslungsreiches, sehr gutes Album mit starkem Wiedererkennungswert, das ganz klar die oberste Position bei mir besetzt.
Immer mal wieder veröffentlicht Mike Tramp eine Art Rückblick auf seine Karriere mit White Lion, die ihn wahrscheinlich sehr geprägt haben. Mit „Songs Of White Lion“ ist ein Soloalbum ohne seinen Buddy Vito Brata, entstanden – die Songs sind eine eher ruhige Gangart, kommen teilweise gefühlvoller und mit gereifter Stimmer von Mike Tramp daher. Vergleiche zu diesem Album aus dem Originalalbum sollte man besser nicht ziehen, da das Original rockiger und viele Songs anders arrangiert sind. Dennoch hat das Album für mich eine ganz eigene Energie und gehört zu der Ära der goldenen Jahre.
Christian G.:
Es ist wieder so weit. Die Alben des Jahres. Obwohl ich den Eindruck hatte, dass 2023 die große Veröffentlichungsflut ausblieb, tat ich mir zum Schluss doch recht schwer, meine Top Alben zu küren. Immerhin brachten Bands wie Metallica, Ektomorf, Asinhell, Nervosa, Dog Eat Dog, oder Crypta richtig gute Platten raus. Aber es würde doch den Rahmen sprengen, um alle hier zu nennen. Also lange Rede, kurzer Sinn:
Absolutes Top Album des Jahres: „Dying Of Everything“ von Obituary. Die Florida Deather grooven sich das letzte Hemd weg und machen mit einem ultra fetten Sound alles platt. Keine Experimente, direkt auf die Glocke. Danke dafür!!!!
Ganz knapp dahinter Sadus mit „The Shadow Inside“. Tja, wer hätte gedacht, dass Sadus, 17 Jahre nach „Out For Blood“ noch mal so’n Killeralbum raus lassen. Fies, bösartig, unbequem. Thrash Metal der amtlich nach vorne drückt und verbrannte Erde hinterlässt.
Eigentlich konkurrenzlos und über alles erhaben, Doro und ihre Neuwerk „Conqueress – Forever Strong And Proud“. Über Doro braucht man nicht viele Worte zu verlieren. Die Metal-Queen feierte 2023 ihr 40. Bühnen- bzw. Thronjubiläum und brachte mit „Conqueress – Forever Strong And Proud“ ein bockstarkes Metal-Album raus. Alte Warlock-Vibes lassen grüßen und mal ganz ehrlich: es gibt kein schlechtes Doro Album.
Ein Album möchte ich noch erwähnen, nämlich „Beyond Raging Thunder“ von Mustang. Dieses Album hat mich total geflasht. Die Band aus Kalkutta lebt den Metal zu 100%. Das hört man an den Songs und sieht man an ihrer Aufmachung. Und wer die Eier hat, Ram It Down von Judas Priest zu covern, der reist in ein paar Jahren die Weltherrschaft an sich!
So, das war`s von mir. Ich wünsche euch allen ein tolles 2024. Mit allem drum und dran.
Patrick:
Die zweite Hälfte des Jahres lief für mich in etwa genau so weiter wie auch die Erste. Es gab durchaus Musik die mich überzeugte, wie die Alben von Wait Of The World oder Tight Clique oder auch die neue EP von Watch Me Rise. Da mir von allen aber die physischen Tonträger fehlen konnten sie mich nicht auf Dauer fesseln. Dafür konnte ich alte Lieblinge wieder entdecken und mich wieder in die Welt der Black Veil Brides verlieren und mit „Approaching Normal“ von Blue October hörte ich auch wieder eines meiner liebsten Alben nach Ewigkeiten häufiger. Weiterhin haben mich Gamingsoundtracks gefesselt. Die Musik von Hollow Knight ist wahnsinnig schön und begleitete mich durch meine wiederholte Reise durch Heilandsnest.
Kaum verwunderlich also das Emmerich mit seinem Debütalbum „Life Sucks“ auch am Ende des Jahres ganz oben steht und einfach nichts an Charme und Intensität verloren. Ein toller Musiker!
Eine EP die mir aber nachweislich hängen blieb ist „Cosmography“ von WOODSHIP. WOODSHIP schaffen es bisher mit jedem Release ihre eigene Messlatte höher zu legen und erreichen mit „Cosmography“ ihren bisherigen Höhepunkt. Sowohl lyrisch als auch musikalisch holen mich die fünf Songs der EP so schnell ab das immer noch zumindest einzelne Parts der Musik in meinen Ohren widerhallen.
Auch wenn das aktuelle Jahr etwas mau für mich war stehen in 2024 mit STAY FOCUSED und Sperling bereits zwei starke Alben im ersten Quartal in den Startlöchern!
Karina und Kommodore Johnsen:
Für uns haben Silent Revenants mit „The Withering of the Blue Flower“ unser Albumhighlight des Jahres 2023 veröffentlicht. Die Symphonic Metal-Band mit Folk-Elementen aus Gescher im schönen Münsterland schaffen es, allen Songs auf dem Album eine vielschichtige Komplexität mit abwechslungsreichen Arrangements und – teilweise überraschend progressiven Breaks – zu geben. Ein Longdreher, der zum immer-wieder-Hören und neu entdecken einlädt.
Elias:
2023 war musikalisch ein durchweg solides Jahr für mich. Meine Stammspieler brachten alle relativ „gute“ Alben heraus, aber die „sehr guten“ waren dieses Jahr leider rar gesät. Deswegen sind meine Top Alben auch wenig überraschend, denn einige davon sind bereits aus der Halbjahresausgabe dieses Formats bekannt. Aber als honorable mentions kann ich noch Within Temptation, Voyager und Haken hinzufügen. Ähnlich wie unser hauseigener Patrick habe ich mich auch viel mit anderer Musik beschäftigt, namentlich 80s City Pop aus Japan, einigen alteingesessenen Alben meiner Mediathek und neuen Bands die 2023 eben kein Album veröffentlicht haben (wie die großartigen Port Noir oder Kalandra). Aber nun zu den Kandidaten für 2023:
Ja, ich folge dem hochlobenden Mainstream nicht immer, aber „Take Me Back To Eden“ ist einfach zu genial um es nicht zu mögen. Sleep Token bringen Modern Metal auf ein neues Level und haben, getreu dem Motto der Diversität, ein unglaublich vielseitiges Album erschaffen, das trotzdem eine gebundene Einheit bildet. Wer das Album noch nicht gehört hat: unter welchem Stein habt ihr denn das letzte Jahr verbracht?! Zieht euch die Platte rein. Ihr werdet es nicht bereuen!
„Überraschung“ Nummer zwei: Angus McSix sind auch wieder mit dabei! Die Power Metal-Fraktion unserer Leser ist sicher schon mit vielen Empfehlungen meiner Kolleg*innen beschäftigt, aber dieses Album gefällt selbst einem Snob-Progger wie mir, der der durchschnittlichen Power Metal-Band normalerweise eine mehr als zynisch-gelangweilte Rezension schreiben würde. Also wenn das keine Hörempfehlung ist, dann weiß ich auch nicht! Thomas Winklers Stimme ist der Hammer (of Glory) und die abwechslungsreichen, qualitativ durchweg hochwertigen Hits aus der Schmiede Sebastian Levermann passen perfekt zum auferstandenen Prinzen.
Und jetzt zur tatsächlichen Überraschung: „Sky Void Of Stars“ kam im Januar 2023 raus und als Hörer seit Tag eins hat es für mich bis jetzt gebraucht um seine Wirkung komplett entfalten zu können. Dieses Album voller Alternative Rock mit proggigen Einschlägen ist die Definition eines „Growers“! Natürlich gibt es ein paar sofortige Hits wie den Opener Austerity und den absolut fetten Rausschmeißer No Beacon To Illuminate Our Fall, aber mit der Zeit erschlossen sich mir auch schwierigere Songs wie Colossal Shade. Wer also Zeit mitbringt, hat mit dieser Platte sicher ein langlebiges und nachhaltiges Erlebnis. Und alle die keine Zeit mitbringen können zumindest die tolle Stimme von Jonas Renkse für ein paar kurzweilige Lieder genießen.
Hoffentlich hat euch der krönende Abschluss von 2023 noch ein paar Musikempfehlungen für das kommende Jahr bescheren können – so als verspätetes Weihnachtsgeschenk oder angenehme Neujahrsüberraschung. Wie jedes Jahr gilt unser Dank den ganzen Musiker*innen, Publishern, Veranstaltern, Promo-Agenturen und natürlich allen Leser*innen! Eure Unterstützung treibt uns an und gibt uns Kraft für 2024. Auf dass es uns mehr wundervolle Musik und Konzerte bringt, neuen Bands eine Plattform bietet und ihr alle weiterhin fleißig unsere Beiträge lest!