Stunde Null – Jonas Rabensteiner im Interview über das am 29.01.21 erscheinende Album „Wie laut die Stille schreit“

Genre: Rock Alternative mit deutschen Texten
Karina: Hallo Jonas, schön, dass Du Dir die Zeit für dieses Interview genommen hast. Am 29.01.2021 erscheint Euer neues Album „Wie laut die Stille schreit„. Wann habt ihr angefangen, es aufzunehmen?
Jonas: Hallo Karina, zu Beginn des ersten Lockdowns im März 2020 ist der Song „Dieses Leben schreibt Geschichte“ entstanden, der auf der Special Edition als Bonustrack mit drauf ist. Die restlichen Songs schrieben wir im März/April. Im Juni waren wir in einem Songwriter-Camp in der Nähe vom Gardasee. Da haben wir mit der ganzen Band eine Wohnung mit Schwimmbad und allem drum und dran angemietet und eine Woche lang an den Songs gearbeitet. Recorded haben wir von Juli bis Anfang September.
Karina: Ihr habt dieses Mal als Band fast alle Arbeiten selber gemacht.
Jonas: Das ist das Coolste an der ganzen Geschichte und macht viel mehr Spaß. Zum Schluss hältst Du etwas in den Händen, was Du wirklich vom Anfang bis zum Schluss selber durchstrukturiert hast und das Du auch wirklich genauso haben wolltest. Wir hatten diesmal viel Zeit, deswegen ist es genau so geworden, wie wir es uns vorgestellt haben. Das erste Album „Vom Schatten ins Licht“ wurde noch extern produziert. „Alles voller Welt“ habe ich produziert, es wurde aber extern gemischt. Und jetzt haben wir das erste Mal alles komplett selber produziert, Stefan hat es gemischt und Schweiky ist fürs Artwork und die T-Shirts und so zuständig.
Karina: Bei einem Album-Release gibt es normalerweise eine Release-Party und danach eine Tour. Die musstet ihr aus bekannten Gründen in den Herbst verschieben. Wie ist das für Euch?
Jonas: Das ganze letzte Jahr war wie ein Glücksspiel. Man wusste nie, was am nächsten Tag passiert. Wir haben recht lange überlegt, ob wir die im Februar geplante Tour und unser Festival verschieben oder absagen müssen. Irgendwann im Dezember mussten wir uns eingestehen, dass die Konzerte nicht wie geplant hinhauen. Und dann kam natürlich auch die Diskussion, ob wir die Album-Veröffentlichung verschieben. Wir haben uns dagegen entschieden, ob das jetzt richtig war oder falsch weiß ich nicht. Auf jeden Fall ist es für uns richtig, auch wenn es ohne die Shows schwierig ist, ein Album zu promoten. Aber wir geben uns Mühe und machen das Beste daraus.
Karina: Was bedeutet der Albumtitel „Wie laut die Stille schreit“ für Dich?
Jonas: Der Albumtitel bedeutet wahrscheinlich für jeden etwas anderes. Für mich steht er für die Zeit in der Quarantäne im Frühjahr. Das Alleinsein musste ich erstmal lernen. In den letzten Jahren war man immer dem Trubel ausgesetzt. Wir waren so viel unterwegs und immer mit Leuten zusammen. Allein war man vielleicht mal am Sonntagabend, aber da war man wie betäubt und hat vielleicht noch kurz den Fernseher angemacht. Jetzt musste man allein was machen und das nicht nur für zwei oder drei Tage, sondern anfangs für zwei Wochen, dann für einen Monat, dann anderthalb Monate und irgendwann lernte man sich dadurch auch selber besser kennen. In dieser Stille kamen mir viele Ideen, deshalb „Wie laut die Stille schreit„. Ich habe mich in dieser Zeit mal einen ganzen Tag auf die Couch gesetzt und gar nichts gemacht. Das ist ganz schön schwierig, denn sonst hat man das Handy in der Hand, surft im Internet, guckt bei Facebook und Instagram rein oder hört Musik. Ich spiele auch oft Gitarre.
An diesem Tag habe ich das Handy ausgemacht und mir ein Notizbuch bereitgelegt. Und dann habe ich alles aufgeschrieben, was mir so eingefallen ist. Da waren richtig gute Ideen dabei. Eigentlich habe ich mir vorgenommen, das jetzt einmal im Monat zu machen, aber ich habe das noch nicht durchgezogen.
Karina: Ich kann Euch musikalisch nicht wirklich einordnen. Wie würdest du den Stil Eures neuen Albums beschreiben?
Jonas: Das ist immer so eine schwierige Frage. Das erste Album war ja ziemlich hart und voll auf die Fresse, das zweite Album war vielleicht ein bisschen gemütlicher. „Wie laut die Stille schreit“ ist eine Mischung aus beiden. Ich sage immer, wir machen Rock Alternative mit deutschen Texten. Ein bisschen orientieren wir uns an unseren Lieblingsbands, zum Beispiel Twenty One Pilots, Linkin Park oder Bring me the Horizon, meiner absoluten Lieblingsband. Die klingen mit jedem Album neu und man kann nie sagen, was als nächstes passiert. Und das finde ich halt extrem schön, wieso soll ich mein Leben lang dasselbe machen? Ich mache ja in erster Linie Musik, die mir selbst auch gefällt.
Karina: Ihr seit beim Label Rookies & Kings und macht aus Eurer Freundschaft zu Frei.Wild auch kein Geheimnis. Ist diese Nähe hinderlich, wenn man Venues sucht oder bei Support Bands anfragt?
Jonas: Ja, das ist so. Auf dem neuen Album ist der Song „Willkommen in Deutschland“ drauf, der dieses Thema anspricht. Auf der letzten Tour in Deutschland bekamen wir nach anfänglicher Bestätigung kurzfristig mal eine Absage, weil wir mit Frei.Wild ein Konzert gespielt haben. Dabei weiß Jeder, wo wir herkommen. Frei.Wild sind unsere Freunde und da will ich auch nicht lügen. Bei der neuen Tour haben uns Einige von vornherein abgelehnt. Oft gab es keine Begründung dafür oder es hieß, wir würden so nach Frei.Wild klingen. Das ist schon traurig, weil auch wir überhaupt nicht rechts sind.
Karina: Wie wichtig sind Euch Eure Fans?
Jonas: Als das 2018 mit uns richtig losging, sind wir von der Bühne runter und plötzlich standen da viele Leute und wollten Fotos. Wir mussten erstmal lernen, damit umzugehen. Die Fans sind uns sehr wichtig, deswegen gehen wir nach jedem Konzert zum Merchstand, auch wenn das manchmal nicht so einfach ist. Man muss sich vorstellen, dass wir teilweise zwölf Stunden im Auto sitzen. Das heißt wir starten hier in Südtirol morgens um 5 Uhr, sind dann am Nachmittag in der Location. Das haut wahrscheinlich noch nicht mal hin, da müssen wir einen Tag vorher starten. Dann bauen wir auf, Soundcheck, Essen, kurz vorbereiten fürs Konzert, rauf auf die Bühne, runter zum Merchstand für anderthalb Stunden mit den Fans, wieder hoch auf die Bühne, alles abbauen, in den Wagen rein und ab ins Hotel. Das ist dann schon sehr anstrengend, aber es ist uns wichtig. Das haben wir gerade jetzt wieder gesehen, weil man erst durch den Austausch merkt, was den Leuten gefällt und was nicht. Das fehlt uns jetzt, deswegen können wir auch nicht abschätzen, wie das neue Album angenommen wird. Die Kommentare im Internet sind zwar gut und schön und man freut sich immer darüber. Aber das ist etwas ganz anderes als der direkte Austausch.
Karina: Der Release-Tag rückt ja immer näher. Wie gespannt seid ihr auf das Feedback? Lest ihr die ganzen Reviews und ärgert ihr Euch über Kritik?
Jonas: Also ich bin extrem gespannt! Seit ein oder zwei Wochen kann ich nicht mehr gut schlafen, werde so 5 Uhr morgens wach und dachte erst, scheiße, was ist denn jetzt los? Und dann habe ich gemerkt -ok Album-Release. Normalerweise bereitet man sich in dieser Zeit auf die Tour vor. Jetzt sitzt man zu Hause und weiß gar nicht, was man machen soll. Deswegen bin ich brutal gespannt. Ich lese auch alle Kommentare bei Facebook, Instagram und YouTube. Die Kritiken lesen natürlich Alle von der Band auch. Über ein gutes Review freut man sich dann, über ein richtig gutes freut man sich noch mehr und manchmal ist auch ein kompletter Verriss dabei. Wenn es konstruktive Kritik ist, mache ich mir länger Gedanken darum und lerne etwas daraus. Es gibt aber auch ein paar Medien, die gar nicht differenzieren, was man macht. Da ist einfach alles Scheiße. Beim letzten Album wurde z.b. zum Song „Du brichst mich nicht“ geschrieben: „Mag sein, aber ihr seid zum brechen.“
Da kann ich dann meist drüber lachen.
Karina: Mein absoluter Lieblingssong auf eurem neuen Album ist „Bring mich zurück„. Der hat mich sofort angesprungen und auch das Video gefällt mir sehr gut. Welcher ist dein Lieblingssong?
Jonas: Auch „Bring mich zurück„. Das war so eine Eingebung. Ich habe vom „Fuss“ (Markus Aichner, Anm.d.Red.) einen Text bekommen. Bei der Textzeile „Bring mich zurück“ wusste ich sofort, das muss so und so sein. Ich habe mich da bei der Produktion so krass reingesteigert, weil ich den Song richtig gut machen wollte. An der Vorproduktion habe ich zwei Wochen lang 10 Stunden am Tag gearbeitet. Vor dem letzten Refrain ist z.B. so ein kleiner Part. Ich wusste ungefähr, wie ich den haben will, hab es aber nicht gleich hinbekommen. Und da war ich allein bei diesen zehn Sekunden einen Tag lang dabei. Dann kam glücklicherweise auch noch die Video-Idee, die ich auch mega gut finde. Als das dann alles fertig war, habe ich fast geheult! Das war ein Glücksmoment!
Karina: Ich habe in einem anderen Interview gelesen, dass ihr schon ganz viele neue Ideen habt. Kannst Du uns da schon etwas verraten?
Jonas: Viel kann ich leider noch nicht dazu sagen. Wir haben etwas geplant, was nicht direkt mit Musik zu tun hat. Wir haben uns viele Gedanken gemacht, was wir außerhalb von der Band zusammen machen können und es hat sich im Sommer eine Idee entwickelt. Eigentlich wollten wir das schon im letzten Jahr angehen, aber das haben wir nicht mehr geschafft. Jetzt wird es vermutlich im Frühjahr soweit sein.
Karina: Das klingt ja spannend! Als letztes würde ich gerne von Dir wissen, wie Eure Fans euch unterstützen können in diesen Zeiten?
Jonas: Jeder kann helfen, da braucht es nicht mal viel. Musik hatte ja früher einen viel größeren Stellenwert, weil man sich Platten und CDs gekauft hat. Ich habe zu Weihnachten einen Plattenspieler geschenkt bekommen. Wenn man eine Platte auflegt und nach zwanzig Minuten wieder aufstehen muss, um sie umzudrehen, dann hört man Musik irgendwie viel intensiver. Es wäre das Geschenk an einen Musiker, dass man gute Musik wahrnimmt und sich vielleicht ein Album kauft. Damit unterstützt ihr den Künstler schon enorm, da braucht es nicht mehr. Wir brauchen keine Almosen oder sonst etwas, wenn Musik wertgeschätzt wird. Musik ist vielleicht nicht systemrelevant, ist aber relevant für jeden Einzelnen – weil ohne wäre es ziemlich traurig. Und deswegen glaube ich, dass es jetzt Jedem wert sein sollte, Musik zu unterstützen und hinter seinen Künstlern zu stehen – weil sonst wird es irgendwann bitter.
Karina: …und still. Was für ein gutes Schlusswort! Vielen Dank Jonas für dieses tolle Interview! Ich durfte ja schon in Euer Album reinhören und bin sehr begeistert. Unser Review erscheint pünktlich zum Veröffentlichungstag auf www.rockmagazine.net.
Dir und Deinen Bandkollegen wünsche ich alles Gute und hoffentlich treffen wir uns im Herbst auf Eurer Tour am Merch!
Jonas: Das hoffe ich auch! Danke für deine Fragen und bleibt Alle gesund!
Stunde Null sind:
Gesang: Aaron Puntajer
Gitarre: Jonas Rabensteiner
Gitarre: Markus Aichner
Bass: Michael Schweigkofler
Schlagzeug: Stefan Gantioler
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Karina
Karina ist für uns an Rhein und Ruhr unterwegs. Sie hört neben Metal auch Irish Folk Punk, Deutsch- und Mittelalterrock. Für gute Musik ist ihr kein Weg zu weit.