Mein heutiger Gast im Interview ist Lanvall, der Komponist und Kopf der Band Edenbridge. Was kaum einer weiß ist, dass diese Band ihre Wurzeln in Oberösterreich hat. Deshalb freut es mich sehr, das Lanvall heute in meiner Interview Serie den Anfang macht und wir hinter die Kulissen seiner Kreativität und Person zu blicken.
Bine (Rockmagazine):Das Projekt Edenbridge ist nun seit mehr als 20 Jahren international erfolgreich. War es für Dich absehbar, einmal solche Dimensionen zu erreichen ?
Lanvall: Nicht wirklich. Ich bin auch kein Mensch, der 20 Jahre in die Zukunft plant. Aber wenn Du das gefunden hast, was dir Spaß macht, nimmt sowieso alles seinen natürlichen Lauf. Viel schöner ist zudem die Tatsache, dass wir dies erreicht haben, ohne uns je an irgendwelche Trends anzupassen. Das hat vielleicht noch größeren Erfolg verhindert, aber hey, ich kann dafür jeden Abend in den Spiegel schauen.
Bine ( Rockmagazine): Durch Edenbridge haben sich für Dich als Komponist auch andere musikalische Wege eröffnet. Wie zum Beispiel das Projekt Voiciano, das auch viele andere Menschen musikalisch anspricht. Steht für Dich so etwas wieder einmal im Raum oder war dies ein einmaliger Ausflug in dieser Art ?
Lanvall: Ich denke schon, dass es da ein weiteres Album geben wird, irgendwann! Dazu müssen natürlich erstmal die Ideen da sein. Und die letzten Jahre war ich einfach mit zu vielen anderen Projekten beschäftigt. Die Idee zu Voiciano entstand ursprünglich direkt nach einem 10-minütigen akustischen Kurzauftritt in Vietnam, wofür Sabine und ich für 48 Stunden mal schnell rüber gejettet sind, um dort Promotion für ein größeres Festival zu machen, auf dem wir mit Edenbridge hätten spielen sollen. Dafür arrangierte ich 3 Edenbridge Songs auf dem Klavier. Der ganze technische Aufwand war also extrem gering. Man geht einfach auf die Bühne und spielt. Danach sammelten sich immer mehr Ideen für ein Akustikprojekt an. Nach dem extrem bombastischen und aufwändigen „The Bonding“ Album war es Zeit Voiciano (Wortspiel aus Voice und Piano) in Angriff zu nehmen. Die Aufnahmen machten extrem viel Spaß, da das meiste live eingespielt wurde und so entstand auch ein ganz eigenes Flair. Und die Auflage war, dass keine Keyboards und Synths benutzt werden durften. Alles was du darauf hörst, sind akustische Instrumente.
Bine (Rockmagazine): Im Oktober letzten Jahres ist Euer Album Dynamid veröffentlicht worden. Dieses Album schaut nicht nur optisch spektakulär aus, sondern auch der Inhalt hat vieles zu bieten. Was steckt hinter diesem Titel Dynamid ?
Lanvall: Der Titel ist ein Wortspiel aus „dynamite“ und „mind“. Dynamit steht für die Dynamik, die für uns auf der Erde momentan spürbar ist, sowie dem zweiten Wort „Mind“ für Geist. Der Geist, den jeder Einzelne ins große Ganze mit einbringt und in weiterer Folge auch wieder rückgekoppelt wird aus dem kollektiven Bewusstsein. Dynamisch bewegt sich die Menschheit zwischen den Polaritäten und wir Menschen schlagen uns, so scheint es, immer mehr auf eine Seite. Glauben zu wissen was gut und schlecht ist, urteilen oft viel zu schnell zwischen richtig und falsch. Da ist der Verstand, der die Oberhand gewinnt. Wenn er sich nicht für Hintergründiges und für das Wesen der anderen Seite/Meinung interessiert, ist er gefährlich. Es braucht die Verbindung von Herz und Verstand, das mit Einbeziehen der anderen Seite und nicht das Trennende. Dort, wo sich diese Polaritäten verbinden, kann wirkliche geistige Entwicklung stattfinden und das ist dann Dynamind. Der heilige Gral am Cover steht übrigens in diesem Zusammenhang als Synonym für innere Weisheit aus der Verbindung von Herz und Verstand.
Unser Drummer Johannes hat mittlerweile das komplette Artwork übernommen, da er in seinem Hauptberuf 3D Designer ist, was natürlich enorm hilft. Sabine hatte die Idee zum Cover mit dem Kelch und dem Gewölbe und Johannes hat das dann fantastisch umgesetzt.
Bine ( Rockmagazine): Was viele nicht wissen ist, das Du auch die Musik zu der erfolgreichen Staffel „ Über Österreich „ für ORF III komponierst. Soweit ich weiß bist Du von Anfang an mit dabei. Wie ist diese Zusammenarbeit zustande gekommen?
Lanvall: Ich bin ja seit 6 Jahren im Komponistenteam für die Doku „Über Österreich“ von Georg Riha tätig. Der Produktionsassistent, der für unser „Alight a new tomorrow“ Video verantwortlich war, arbeitet dort. Als ich einige alte Videotapes für unsere DVD digitalisieren wollte, rief ich ihn an, weil er dafür die nötigen Geräte hatte. Dann fragte er mich, ob ich Lust hätte, bei einem neuen Projekt mitzumachen, das letztendlich „Über Österreich“ wurde. Die 4. Staffel lief gerade und wir haben bereits für Staffel 5 begonnen zu arbeiten. Die kommt dann Pfingsten 2021 auf ORFIII. Alle Staffeln hatten mitunter die höchsten jemals erzielten Quoten und Zuseherbewertungen auf ORFIII und es macht echt Spaß, zu diesen herrlichen Bildern die Musik zu komponieren. Mit Franz Klammer und Dr. Heinz Fischer hatten wir in den letzten beiden Staffeln auch prominente Präsentatoren und die Sendung wurde auch schon in etliche Länder weltweit verkauft. Von Deutschland, Schweiz und Frankreich bis nach Brasilien und dem Iran.
Bine ( Rockmagazine) Ein weiteres Projekt von Dir ist eine wunderschöne Symphonie zu 800 Jahre Freistadt. Du hast Dir hier sehr viele Gedanken gemacht, als Du dies komponiert hast. Was erzählt deine Musik den Zuhörer über ihre/diese Stadt?
Lanvall: Schon lange besteht der Plan, gemeinsame Sache mit der Jungen Philharmonie Freistadt zu machen, die ja auch auf dem Voiciano Album zu hören sind. Ende 2018 bekam ich dann letztendlich den Auftrag, um für die 800 Jahr Feier der Stadt 2020 ein eigenes Werk zu komponieren. Ich hatte vollkommen freie Hand und wusste von Beginn an, dass ich für großes Orchester und Chor schreiben konnte. Natürlich hat auch die E-Gitarre eine nicht unwichtige Rolle darin. Daraus wurde dann das 25-minütige Werk „The Freystadt Symphony“, die am 1.7. mit rund 300 Musikern auf der Bühne in der Messehalle Freistadt uraufgeführt worden. Das wurde nun ebenso um ein ganzes Jahr, auf den 30.6.2021 verschoben. Vom Stil her darf man es durchaus als spätromantisches Werk bezeichnen und natürlich kommt meine Vorliebe für Anton Bruckner durch, den für mich größten Komponisten aller Zeiten.
Im Vorfeld wurde beschlossen, dass dazu Bilder der Stadt eingeblendet werden und zwar nicht irgendwelche, sondern künstlerisch hochwertige eines tollen Fotografen, der uns tatkräftig dabei unterstütze. Von diesen Bildern ließ ich mich inspirieren und es entstanden letztendlich dann 6 Teile, natürlich mit wiederkehrenden und abgewandelten Motiven. Zur fertigen Musik machte ich dann den Bildschnitt, den ich mit den Verantwortlichen dann durchging und wir dann da und dort abänderten. Der schwierigste Prozess war dann das Erstellen der finalen Partitur für das Orchester. Ich musste mir in kürzester Zeit ein neues Notenprogramm draufschaffen und war dann den ganzen November 2019 damit beschäftigt. 12 Stunden täglich und das beinahe durchgehend :-).
Bine ( Rockmagazine) Der Termin zu diesem Event steht schon fest für 2021, der ja leider verschoben wurde. Gibt es hier noch die Möglichkeit, Karten zu bekommen oder wird dazu auch eine CD / DVD auf den Markt kommen ?
Lanvall: Karten gibt es noch selbstverständlich, sie sind auf oeticket unter dem Titel „Freistadt in Concert“ erhältlich. Das Konzert wird auch auf 64 Audiokanälen und mit 8-10 Kameras mitgeschnitten. Ich plane auf jeden Fall eine CD/DVD davon zu veröffentlichen.
Bine ( Rockmagazine) Du zeigst in vielen Bereichen der Musik Deine unglaubliche Vielseitigkeit von Rock bis hin Klassik. Wo findest Du Deine Inspiration bzw. Kreativität?
Lanvall: Ich bin gerne unterwegs, sei es in den Bergen, beim skifahren und wandern und natürlich reise ich auch gerne durch die Weltgeschichte. Gerade letztes Jahr war das unglaublich, da Sabine und ich im Rahmen unserer Konzerte in China, Brasilien und der USA auch noch privat Urlaub anhängen konnten und so nach Rio de Janeiro und Hong Kong kamen. In zwei der tollsten Städte der Welt, die ich schon ewig auf meiner Wunschliste hatte. Und 8 Tage in Disney World und den Universal Studios in Orlando heuer im Jänner waren auch einfach der Wahnsinn, noch dazu so kurz vor dem weltweiten Shutdown. In den intensiven Komponier- und Arrangierphasen im Studio bin ich natürlich auch fast täglich im Wald unterwegs und mache Sport. Mens sane in corpore sano!
Bine ( Rockmagazine): Welche Rolle spielt für Dich die Perfektion in Deinen Werken ?
Lanvall: Eine sehr große. Ich bin absoluter Perfektionist, wenn es um die Musik und die Produktion geht. Ich denke als Produzent ist es wichtig zu wissen, was man kann und was man besser bleiben lassen sollte. Und für die Dinge, die man nicht kann, sollte man die richtigen Menschen finden. Für den Mix unserer Musik arbeite ich seit 10 Jahren mit Karl Groom von Threshold (auch privat einer meiner absoluten Lieblingsbands) zusammen. Ich denke, wir können uns auch hier immer noch von Album zu Album steigern. Die Zusammenarbeit ist jedes Mal ein Traum mit ihm.
Bine (Rockmagazine): Privat bist Du ein sehr geerdeter Mensch, der gerne in der Natur verweilt zum Wandern und Skifahren. Gibt es da für Dich besondere Orte, wo Du immer wieder gerne bist?
Lanvall: Ich habe sehr gute Freunde im Zillertal in Tirol, wo ich auch immer einige Wochen im Jahr verbringe, ich nenne das Zillertal mittlerweile meine „2.Heimat“. Es ist jedes Mal einfach unglaublich dieses Bergpanorama vor Augen zu haben. Generell gibt aber in Tirol etliche Orte, wo ich sehr gerne bin, vorwiegend südlich des Inns. Pitztal, Ötztal und die Gegend um Serfaus im oberen Inntal. Es gibt kaum bessere Plätze, um den Kopf frei zu bekommen und die Batterien wieder aufzuladen. Erst dann kann auch Kreativität wieder entstehen.
Bine (Rockmagazine): Die geplante Tour für heuer ist nun auf 2021 verschoben worden, es wurde durch die aktuelle Situation alles umgekrempelt. Wer wird mit Euch nun auf Tour gehen und in welchen Bereich der Welt! Werdet Ihr auf der Bühne stehen ?
Lanvall: Wir planen gerade eine eigene Headliner Tour für den April 2021. Ich hoffe, dass wir die Daten dazu bald bekanntgeben können. In Wien und Traun spielen wir auf jeden Fall mit Local Supports, das funktioniert für alle immer sehr gut.
Bine (Rockmagazine): In der Zeit, wo die Welt still stand, was hast Du für Dich wiederentdeckt ?
Lanvall: Wiederentecken musste ich eigentlich nichts für mich, da ich sowieso immer mit den Dingen beschäftigt bin, die mir Freude bereiten und wichtig sind. Aber man merkt dann viel mehr, welche Dinge einem fehlen, die aufgrund des Stillstands nicht stattfinden können.
Bine (Rockmagazine): Was für Projekte für 2020 stehen noch auf dem Programm bei Dir?
Lanvall: Nun, ich begab mich aufgrund des Shutdowns relativ bald wieder ins Studio, um an unserem nächsten Album zu arbeiten. Fast die Hälfte der Musik ist dafür bereits geschrieben. Man muss die Zeit einfach effektiv nutzen, da eh nicht klar ist, wie es am Konzertsektor in nächster Zeit weitergehen wird. Sämtliche Tourneen sind ja mehr oder minder um ein ganzes Jahr nach hinten verlegt worden.
Bine (Rockmagazine): Falls Du noch ein paar Worte in eigener Sache an unsere Leser richten möchtest ? Ein herzliches Dankeschön von mir, das Du Zeit für dieses Interview hattest.
Lanvall: Danke für euren Support und wir sehen uns hoffentlich nächstes Jahr auf Tour! Danke für das Interview, Bine!
Webseite: Edenbridge:http://www.edenbridge.org
Facebook Edenbridge: https://de-de.facebook.com/EdenbridgeOfficial/
Tickets Freistadt in Konzert: https://www.oeticket.com/eventseries/freistadt-in-concert-2733992/?affiliate=B38
Voiciano: https://www.voiciano.com/de/main
Über Österreich: https://www.xn--bersterreich-6ib4f.at/