Genre: Indie, Alternative, Rap, Post-Hardcore, Pop

Land: Deutschland

Credit: Konstantin Seitz

FLIMMER konnten bereits mit jeder Single des endlich erscheinenden Debut Albums verschiedene Facetten zeigen, nun stellt sich natürlich die Frage, ob es zu viel des Guten ist oder die Band auch in Albumlänge überzeugen kann.

Eingeleitet von Vorhang Auf und STRG+C STRG+V, welche ich euch bereits näher gebracht und vorab zu den jeweiligen Veröffentlichungen meine Meinung dazu geschrieben habe. Der erste mir neue Song ist dann Marathon. In der Tracklist die erste Nummer, die man ganz klar als Rock-Nummer bezeichnen kann. Thematisch würde ich sagen, dass man vor einem zu engen Korsett davon läuft, um sich selbst zu finden. Schon mit dem Intro drängen sich die Drums in die Ohren, gemeinsam mit den gerappten Vocals. Recht schnell erreichen wir den Refrain, der mit einigen starken Riffs und spannenden Soundeffekten aufwarten kann. Diese Effekte bleiben dem Song auch in den Strophen erhalten. Gerade die Vocals können mich aber extrem abholen und ziehen mich in einen regelrechten Sog. Für mich ist Marathon ein Track an dem ich mich nicht satt hören kann.

Zum folgenden Otherside habe ich ebenfalls schon mal ein paar Worte verfasst. An diesen schließt eines meiner großen Highlights an: Regensburg. Wir alle kennen wohl solche Momente: Man selbst oder jemand anders aus dem Freundeskreis bleibt in der Heimat, während die anderen aufbrechen. Das ist was uns Regensburg erzählt. Die Vocals von FLIMMER sind ja durchaus gewöhnungsbedürftig, aber gerade hier erzeugen sie mit dem Soundkonstrukt eine schön bedrückende Atmosphäre und, um es im Jugendslang zu sagen, ich fühle das total. Gerade auch, dass der Song eher wie eine Ballade klingt, tut ihm richtig gut, ebenso wie der leicht bluesige Touch im Refrain. Textlich finde ich, wie auch bei anderen Songs, das ganze extrem ausgeklügelt verfasst. An sich steckt nichts spezielles, nichts hoch anspruchsvolles dahinter, doch die Worte erreichen einen und machen einfach auf ihre eigene Art Spaß.

Viele von uns stecken heute in der Welt der Serien. Genau davon handelt Unsere Serie. Eine Beziehung (die Serie) und der Breakup (die Absetzung) werden in die Welt von Netflix und Co. transportiert, wodurch FLIMMER wohl genau den Zeitgeist treffen und die Liebe und das Verschwinden so verständlich für die junge Generation erklären, wie aktuell wohl niemand sonst. Musikalisch startet Unsere Serie ruhig und introvertiert. Man spürt die Traurigkeit am Anfang vom Ende. Der Refrain (der einfach kongenial ist) nimmt schon ordentlich Drive auf und leitet schon mit einer gewissen Wut ein. Während die Strophen stark elektronisch dominiert sind, werden im Refrain die Gitarren ordentlich bearbeitet.

Mit Alles Raus wartet nach sechs sehr starken Songs für mich leider der Tiefpunkt des Albums auf. Eine Rap-Nummer, die von den Beats getragen wird. Lyrisch sicher nicht schlecht (inklusive einer Referenz zu Marathon), dennoch passt Alles Raus insgesamt nicht wirklich auf das Album und wirkt durch die fröhlich, lockeren Beats einfach etwas deplatziert.

Dass Experimente FLIMMER aber durchaus auch glücken können, beweist dann auch schon Nächstes Letztes Mal, das mit einer ordentlichen Portion Wanda daher kommt und als erster Track auch wirklich als Indie bezeichnet werden kann. Verträumte Riffs im Refrain und Unbeschwertheit geben der Nummer einen besonderen Charme, der sich aber auch stimmig ins Album einfügt. Vielleicht ein etwas verspäteter Sommerhit, aber der nächste Sommer kommt ja bestimmt.

Und wenn wir schon bei Sommerhit sind, machen wir doch gleich mit Wach Bleiben weiter. Ein Song über einen Roadtrip ohne Plan. Wir bleiben wach, Fuß aufs Gas, Navi aus der Straße nach keine Ahnung wo es hingeht, nur dahin wo es nie regnet hören wir im Refrain. Gemeinsam mit Nächstes Letztes Mal ist Wach Bleiben das Feelgood-Duo des Albums und das haben beide wunderbar drauf. FLIMMER können also nicht nur mit ernster Mucke überzeugen, sondern auch mit Schwerelosigkeit und verträumten Riffs.

Kurz vor dem Ende erwartet uns noch Immer Noch Zu Dir feat. ALEX MOFA GANG, bevor Was Ist Los? das Album höchst traurig beendet. Eine elektronisch getragene Ballade. Der Abgesang einer Liebe und in Folge dessen das Versprechen alles zu geben. Ob die Beziehung gerettet werden kann, erfahren wir leider nicht, dennoch geben FLIMMER hier ein wichtiges Zeichen: Redet miteinander und kämpft wofür es sich zu kämpfen lohnt. Was Ist Los? beendet das Album schön traurig mit einem Funken Hoffnung und, ganz ehrlich, feuchten Augen.

Fazit:

„STRG+C STRG+V“ ist kein perfektes Album, genauso wie auch niemand von uns perfekt ist. „STRG+C STRG+V“ ist ehrlich und scheut sich nicht „Schwächen“ zu zeigen. Für mich war und ist es immer wieder ein Genuss und so reiht sich „STRG+C STRG+V“ in die Riege großartiger deutscher Debut Alben aus dem Jahr 2021 ein.

Minimale Abzüge in der B-Note lassen FLIMMER knapp an der Höchstbängzahl vorbeischrammen. 9,5 von 10 Bängs müssen es aber sein.

„STRG+C STRG+V“ erscheint am 12. November via Munich Warehouse und wird als CD, Vinyl, Digitales Album und Stream erhältlich sein.


Tracklist:

1. Vorhang Auf

2. STRG+C STRG+V

3. Marathon

4. Otherside

5. Regensburg

6. Unsere Serie

7. Alles Raus

8. Nächstes Letztes Mal

9. Wach Bleiben

10. Immer Noch Zu Dir feat. ALEX MOFA GANG

11. Was Ist Los?


Artwork: Florian Hauer

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By Patrick

geb. 1993, Musik-Fan seit 2010, Verheiratet, Ein Sohn, Bevorzugte Genres: Metalcore, Post-Hardcore, Progressive Metal, Pop-Punk, Alternative Rock. Neben seiner sozialen Ader ist Patrick auch für feinste Recherche und Tiefe in seinen Reviews und Berichten bekannt.

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