Ich bin leidenschaftlicher Kino-Gänger. Der hohen Kunst des Filmes in einem dafür vorgesehen Raum meine ungeteilte Aufmerksamkeit zu schenken und einzutauchen in die Welt, die die Macher dieser Filme erdacht und kreiert haben – das ist ein besonderes Erlebnis voller Freude, Trauer und Leidenschaft.
Die neue Platte „Rise Radiant“ von Caligula’s Horse könnte ich nicht besser beschreiben, als mit einer Analogie zum Kino. Was hier von den Australiern abgeliefert wird, ist einfach magisch!
Progressive Metal ist oft eine leere Beschreibung für zu viel Verspieltheit, keinen klaren Leitfaden oder Eingängigkeit, aber die Musik auf „Rise Radiant“ zeigt, dass Verspieltheit und Ohrwurm-Potenzial auch kombiniert werden können.
Allein der Opener The Tempest, der keine Zeit verstreichen lässt, um den Hörer mit einem Sturm an Riffs, Synthesizern und komplexer Rhythmik wegzufegen, bleibt lange im Ohr, wozu auch der hervorragende Refrain beiträgt.
Slow Violence dreht den Härtegrad zwar etwas runter, punktet aber mit groovigen Strophen und einzigartigen Gesangsparts von Sänger Jim Grey. Eine prima Singleauskopplung, zu der zusätzlich noch ein Musikvideo gedreht wurde.
Apropos Jim Grey: auf „Rise Radiant“ singt er vom jazzigen Salt bis zur von Piano und elektronischen Sounds getragenen Ballade Resonate durchweg perfekt.
Doch die anderen Bandmitglieder müssen sich keineswegs verstecken! Die Gitarrensektion, besetzt von Sam Vallen und Adrian Goleby, glänzt mit harten Riffs in Songs wie Valkyrie, herausragenden Soli und Melodieführungen; Drummer Josh Griffin hält das Gerüst aus Instrumenten mit seinen starken Beats zusammen und sorgt für Momente zum Headbangen. Und auch Bassist Dale Prinsse darf das ein oder andere Solo zum Besten geben, wie zum Beispiel in der an Opeth erinnernden Ballade Autumn.
Diese Nummer ist, nebenbei erwähnt, mein absoluter Favorit des Albums!
Den Abschluss der Platte übernimmt der 10-minütigen Epos The Ascent, aber zu diesem Song möchte ich, wie es sich für einen guten Kinogänger gehört, noch nichts verraten und die Spoiler für mich behalten.
Nur soviel sei gesagt: die Band zieht sämtliche Register und schafft es, das Album mit einem emotionalen Feuerwerk zu beenden.
Jetzt fragt ihr euch sicher: „Wo bleibt endlich die Kritik? Die negativen Punkte? Das große Manko des Albums?“
Und ich sage euch: „Ich habe keine Kritik, negativen Punkte oder Mankos gefunden. Lediglich einen kleinen Tipp für wirklich interessierte Hörer.“
„Rise Radiant“ bietet zwar viele Songs, die eigenständig gut funktionieren, aber die volle Wirkung der Platte lässt sich für mich nur in einem ganzen Hördurchgang entfalten. Das ist wie bei Marvel’s Superheldenfilmen: Ein einzelner Streifen über Thor oder Iron Man ist schön und gut, aber wenn die Helden zusammen in einem einzelnen Film als „die Avengers“ im Team gegen die Mächte des Bösen kämpfen, entsteht ein Bewegtbildspektakel der Extraklasse.
Also schnappt euch eure Kopfhörer, sucht euch ein ruhiges Fleckchen und genießt die neue Platte der Australier in ihrer gesamten Länge.
Taucht ein in die musikalische Welt von Caligula’s Horse. Eine Welt voller Freude, Trauer und Leidenschaft.
Fazit: „Rise Radiant“ lässt mein Herz als Prog-Fan höher schlagen. Für mich ist das Album schon jetzt in den Top zehn dieses Jahres und genau so viele Bängs soll es für diese Leistung auch erhalten!
Volle Punktzahl – 10 von 10 Bängs!
„Rise Radiant“ erscheint am 22. Mai 2020 via Inside Out Music in den Formaten CD, LP und als digitaler Release.
Die Band:
Jim Grey – lead vocals
Sam Vallen – lead guitar
Adrian Goleby – guitar
Dale Prinsse – bass
Josh Griffin – drums