Wenn heute -meist Freitags- neue Alben, Singles oder EPs in den Handel kommen, kann man im Internet unzählige Rezensionen lesen. Ende der 60er Jahre steckte der Musikjournalismus noch in den Kinderschuhen. Und wenn über Musik berichtet wurde, dann meistens von Männern. Die 1947 geborene Ingeborg Schober machte sich in diesem Genre besonders in den 70er und 80er Jahren einen Namen, schrieb sensible und intelligente Artikel über Konzerte und Platten für „Sounds“, „Musikexpress“ und „Rocksession“, führte unzählige Interviews und moderierte Radiosendungen.
An die 2010 nach langer, schwerer Krankheit viel zu früh Verstorbene erinnert Gabriele Werth mit einer liebevoll zusammengestellten Sammlung »Die Zukunft war gestern«. Essays, Gespräche und Reportagen aus mehr als 25 Jahren werden durch Gastbeiträge von Sandra Maischberger, Bela B, Carl-Ludwig Reichert, Gaby Dos Santos, Johannes Waechter, Karl Bruckmaier u.v.a.m. ergänzt.
Schon das Inhaltsverzeichnis des Buches liest sich wie das Who is Who der Musikgeschichte: so finden sich Texte über Steve Miller, Queen, Genesis, Ultravox, Kate Bush, The Who, The Police, Marianne Faithful, The Human League, Spider Murphy Gang, Ideal, DAF, Talking Heads, Die Ärzte, Can und viele andere Künstler. Ingeborg Schober kam vielen internationalen Stars während ihrer zahlreichen Reisen sehr viel näher, als andere.
Ingeborg Schober interessierte sich auch sehr für die deutsche Rockszene um Amon Düül und weitere »Krautrocker«, entdeckte früh die Avantgarde-Musiker Can und Elektronikpioniere wie Neu!, Kraftwerk, La Düsseldorf und Michael Rother.
»Als Musikfanatiker war ich Fan ihrer Texte über Musik. Daran
Bela B
erkennt man vielleicht auch, wie sehr Musik an Bedeutung
verliert. Früher waren sogar Musikjournalisten Stars. Heute
kennen die Leute kaum noch den Namen des Bassisten.«
Mein persönlicher Lieblingstext von Ingeborg Schober erschien zum 19. Todestag von Freddie Mercury in der taz, der diese Hommage an den Popstar aus dem Nachlass der Popkritikerin veröffentlichte: https://taz.de/Todestag-von-Freddie-Mercury/!5131768/
Fazit: Mir hat das Buch sehr gefallen! Eine spannende Lektüre über heutige Superstars, auf jeden Fall aber wertvolles Lehrstück, dass man Musikkritik üben kann, ohne die Rezensierten dabei in Grund und Boden zu schreiben! Ein Pünktchen Abzug gibt es für das (mir etwas zu) poppige Cover, daher vergebe ich 9 von 10 Buchbängs
Ingeborg Schober: „Die Zukunft war gestern“ von Gabriele Werth ist seit dem 08.06.21 im Buchhandel erhältlich und erschien im
400 Seiten, 14,0 x 21,5 cm, Hardcover
ISBN 978-3-945715-79-6, 24,00 EUR (D), Bezug über Zeitfracht, Libri, Umbreit und den Verlag.