Ich hatte die wunderbare Katha Mia am Telefon, die seit 2007 Schlagzeugerin bei Mono Inc. ist.
RM: Hallo Katha, schön dass Du Dir so kurz vor euren nächsten drei Konzerten die Zeit für dieses Interview nimmst. Ihr spielt am Samstag unter anderem beim Strandkorbkonzert Open Air im Sparkassenpark Mönchengladbach. Warum habt ihr bisher keine Auto-Konzerte gespielt?
Katha: Hallo Karina, unsere Shows sind ja sehr auf Emotionen aufgebaut. Wir möchten mit unseren Fans zusammen feiern und nicht einfach nur eine Show spielen, bei der die Leute nur zugucken. Wenn wir in Scheibenwischer und Scheinwerfer sehen anstatt in Gesichter ist unsere Show kaum umsetzbar. Selbst vor Masken zu spielen fänden wir schon ganz gruselig.
Ich habe mir auch verschiedene Auto-Konzerte angeguckt von anderen Bands und habe jedes Mal gedacht, dass ist echt hart und ganz schön trostlos. Wenn das jetzt natürlich für immer so bleiben würde und man keine anderen Shows spielen könnte, müsste man eine Lösung finden. Aber ich finde es schön wenn man so einen Mittelweg finden kann wie wir jetzt gefunden haben bei unseren nächsten Shows. Das man trotzdem Gesichter anschauen, Emotionen vermitteln und ein bisschen gemeinsam feiern kann.
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RM: Ich habe über ein paar Auto-Konzerte für das Rock Magazine berichten dürfen und was mir dabei vor der Bühne gefehlt hat, war der druckvolle Sound. Der ging ja teilweise ohne PA direkt in die Autoradios, nur ein bisschen Gesang und Schlagzeug kamen durch.
Ich möchte diese Konzerte echt nicht missen, aber ich glaube in Mönchengladbach wird das noch mal etwas ganz anderes. Ihr spielt wahrscheinlich mit PA (Anm.: Beschallungsanlage)?
Katha: Natürlich. Ich bin ja immer ein Fan davon, neue Erfahrungen zu machen. Wenn es so ist, dass man ein Auto Konzert machen muss, bucht man es unter Erfahrungen ab – gut. Was wir jetzt in Mönchengladbach machen, wird anders sein. Ok, Strandkörbe sind nicht sonderlich Gothic und auch nicht sonderlich Rock’N’Roll, aber trotzdem verkörpert es ein Feeling von Wärme, wenn die Leute da in ihren Strandkörben sitzen und wir Augenkontakt haben können. Das finde ich halt irgendwie dann doch schon eine andere Hausnummer. Und natürlich mit PA! Die Musik ist so, wie man es gewohnt ist bei einem Rockkonzert. Für uns als Band wird die Resonanz sicherlich etwas anders sein, weil es natürlich nicht so laut sein wird. 900 Leute in einem Stadion klingen natürlich nicht wie ein paar Tausend, aber trotzdem glaube ich, dass das echt so das Beste ist, was man gerade machen kann.
RM: Ich habe noch eine eurer beiden Auftakt Shows zu The Book of Fire, nämlich die in Köln sehen dürfen. Was erwartet die Fans bei der The Raven flies again Show im Vergleich zu der anderen Show?
Katha: Tatsächlich haben wir uns überlegt, dass wir die The Book of Fire Show nicht spielen möchten, weil das irgendwie unfair ist für die Fans, die sich Tickets für die Tour gekauft haben und als erstes dabei sein wollten. Die The Book of Fire Tour wird tatsächlich komplett verschoben auf 2021. Es wäre auch schwierig gewesen die The Book of Fire Show in einem Stadion umzusetzen bei Tageslicht. Das wäre einfach nicht gegangen, Du hast sie ja gesehen. Wir haben uns ein paar ganz besondere Sachen ausgedacht, die auch gut zum aktuellen Thema passen, mit viel Emotion und guter Stimmung. Aber verraten darf ich nichts.
RM: Wie seit ihr auf den Titel The Raven flies again gekommen. Er erklärt sich ja eigentlich fast von selbst.
Katha: Genau, er erklärt sich fast von selbst. Bei der The Book of Fire Tour ging es ja sehr viel um den Raben, den ich auch auf der Bühne verkörpern durfte. Als die Tour dann abgesagt wurde, wurden wir ja im Grunde eingesperrt, mussten zu Hause sitzen mit unserem Nummer Eins Album und durften nicht weiter unsere Message verteilen. Wir haben uns wirklich ein bisschen wie im Knast gefühlt. Und jetzt dürfen wir wieder fliegen – gemeinsam mit unseren Fans. Da passte der Titel einfach wie die Faust aufs Auge.
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RM: Ich durfte mich gestern mit Doro Pesch unterhalten, die schon drei Auto-Konzerte gemacht hat und ein paar Tage nach Euch in Mönchengladbach sein wird. Sie erzählte mir, dass das physisch sehr viel anstrengender wäre, weil sie die Distanz ja irgendwie überwinden musste.
Habt ihr euch auf diese Shows auch anders vorbereitet?
Katha: Nein, denn wir sind das ja noch gewohnt. Vor 10 Jahren haben wir vor 3 Leuten gespielt. Wir wissen, wie es ist, wenn du alles gibst und sehr wenig Resonanz kommt, weil drei Leute halt nicht so laut sind. Und wir waren auch damals schon dafür bekannt, das wir immer alles geben, egal wie viel Leute vor der Bühne stehe. Es macht uns einfach Spaß, zusammen zu spielen und wenn nur einer da ist, der freundlich guckt, dann ist es halt geil und dementsprechend ist es für uns immer das gleiche: Ob Stadion, kleiner Club – whatever. Wir bieten immer das Gleiche an und haben immer den gleichen Spaß.
RM: Ich habe in euren Youtube-Interviews gesehen, das ihr -wie ganz viele andere deutsche Bands auch- ein große Fanbase auf der ganzen Welt habt. Da waren Anfragen aus den USA, aus Brasilien, Mexiko, Russland. War Euch das vorher so bewusst?
Katha: Tatsächlich kommt das durch solche Plattformen wie Spotify. Da merkst du dann schon, dass die Resonanz auch aus anderen Ländern kommt. Es ist für uns auch sehr überraschend, weil die ersten Jahre ging da gar nicht so viel. Wir haben damals zwar Shows im innereuropäischen Ausland gespielt, aber die waren dann auch sehr klein. Und jetzt geht in den letzten zwei Jahren auch in Südamerika ganz viel. Oder vor zwei Jahren: Da durften wir eine China Tour spielen. Das kam für uns auch sehr überraschend, aber da war alles dabei: Von Shows mit 50 bis hin zu 1000 Leuten. Das war schon geil und eine ganz neue Erfahrung. Und eine tolle Sache, auf die wir auch wirklich Lust haben. Wir wollten eigentlich dieses Jahr nach Malta, wir wollten nach Mexiko, es war alles schon geplant und wird jetzt irgendwann später stattfinden. Aber ich finde, dass ist eine oberaffengeile Erfahrung. Darum macht man diesen Job eigentlich – weil man Bock hat, mit seiner Musik in die Welt hinauszugehen. Für mich war das die letzten Jahre immer ein bisschen schwieriger, weil ich ein kleines Kind habe. Aber jetzt ist der kleine Mann fünf und liebt es zu reisen. Und dann ist es natürlich wunderbar – also los!
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RM: Wie habt ihr die Zwangspause genutzt, habt ihr die kreativ nutzen können oder war das tatsächlich -wie einer deiner Kollegen im YT-Interview erzählte- ein Gefühl der Entwurzelung?
Katha: In der ersten Phase, als die Tour abgesagt wurde, stehst Du eigentlich erstmal vor dem Nichts. Wir waren wirklich alle neben der Spur. Wir konnten uns auch kaum wirklich mit anderen Menschen unterhalten. Das war wie in so einem Film. Wir hatten das ganze Geld, was wir durch unser Nummer Ein Album erwirtschaftet hatten, in diese Tour gesteckt. Da bricht natürlich erstmal alles zusammen und du denkst Fuck – was geht denn jetzt?
Nun sind wir aber alle sehr positive Menschen, die sagen jede Scheiße hat irgendwas Gutes und das ist ja auch wirklich so. Man kann dann versuchen, aus dieser Scheiße Gold zu machen, oder man wälzt und suhlt sich darin. Aber da hatten wir nun alle gar keinen Bock drauf. Wir haben alle ganz krass an uns selbst und an der Band gearbeitet, an unserem Miteinander. Wir sind sowieso schon immer eine sehr sehr liebevolle Band, aber es geht immer noch mehr. Ich habe zum Beispiel auch Zeit mit der Suche nach mir selbst verbracht und unfassbar viel in meinem Leben aufgearbeitet. Jeder hat irgendwas gefunden, für das er sonst nie Zeit hatte. Ich glaube, keiner von uns hat sich gelangweilt. Wir haben natürlich vermisst, Konzerte zu spielen. Aber es war echt so ein Freifahrschein, sich für Sachen Zeit zu nehmen, für die man sonst keine Zeit hat. Für seine Familie noch viel mehr als sonst und all solche Sachen. Ich kann für mich sagen und die anderen aus meiner Band haben mir das bestätigt, dass es eigentlich für keinen von uns im Nachhinein eine negative Zeit war, sondern wir sie eigentlich genossen haben.
RM: Ich denke es hat da auch verschiedene Phasen gegeben. Am Anfang die kollektive Schockstarre, dann hat man sich auf Familie und Quality-Time gefreut. Aber ich habe das Gefühl, je länger das ganze dauert und je ungewisser es ist, wann es wieder halbwegs normal sein wird, um so mehr kippt die Stimmung langsam.
Katha: Völlig klar. Aber man kann natürlich auch gucken, was es für Optionen gibt. Diese drei Konzerte zum Beispiel mit diesem Hygiene-Konzept, mit dem wir und zufriedenstellen und trotzdem irgendwie unsere Show darbieten, die Fans sich sicher fühlen können – solche Sachen wird es vermehrt geben. Es gibt immer einen Weg. Es wird nie keine Musik geben, weil die Leute das gar nicht aushalten können. Es wird auch nie keine Konzerte geben, weil die Menschen dann Amok laufen würden. Dementsprechend glaube ich, dass man gemeinsam alles hinkriegen kann.
RM: Allerdings besteht natürlich auch die Gefahr, dass sich die Leute auf ihrer heimischen Couch einrichten und sagen, diese Alternativen sind nichts für mich.
Katha: Ich kann auch jeden Fan verstehen, der sagt ich gehe nicht auf diese Konzerte weil ich möchte gemeinsam feiern, tanzen, die Hitze spüren, Moshpit – das kann ich alles verstehen. Keiner von uns weiß, wie sich das entwickeln wird. Wir Menschen sind intelligent genug, um aus jedem Mist etwas hinzubekommen und als Musiker bist du in jedem Fall ein kreativer Geist und findest immer einen Weg, deine Kreativität an den Mann zu bringen. Deswegen mache ich mir da keine Sorgen. Das Leben, was wir hatten war geil, aber wer weiß, vielleicht kommt es anders, besser oder wieder genauso. Und so wie die Welt war, war sie ja auch nicht in Ordnung.
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RM: Das stimmt. Du hast meine Fragen jetzt schon fast komplett beantwortet. Ich möchte zum Abschluss noch gerne auf eure neue Single Shining Light kommen, die ja auch vom Album The Book of Fire ist. Das Video dazu kam jetzt im Juli heraus. Kannst Du uns etwas zur Zusammenarbeit mit Tilo Wolff erzählen?
Katha: Tatsächlich ist Tilo Wolff ein unfassbar intelligenter und sympathischer Mensch, den wir damals schon öfter auf Festivals getroffen haben. Wir haben immer ein bisschen Kontakt gehabt und Martin und Tilo sind seit Children of the Dark befreundet und mögen sich glaub ich auch sehr gern. Lacrimosa ist natürlich ein Urgestein in der Gothic-Szene. Dementsprechend war es für uns eine Ehre, dass wir diesen Song covern durften und als Tilo dann noch zugesagt hat, da mitzumachen, das war für uns natürlich toll und hat unglaublich viel Spaß gemacht. Auch mit ihm zusammen das Video zu drehen. Er ist ein sehr professioneller Mensch, mit dem man ganz toll arbeiten kann. Ich hoffe, das es allen Leuten gefällt! Ich persönlich bin wirklich stolz drauf und liebe diesen Song. Es ist ein bisschen anders, als die anderen Videos, die wir für The Book of Fire aufgenommen haben. Mit dieser Trilogie haben wir eine Geschichte erzählt und dieses Video kann man jetzt etwas gesondert sehen. Dementsprechend war das das für uns auch völlig in Ordnung, dass man das separat und etwas später ausgekoppelt.
RM: Liebe Katha, ich danke Dir ganz herzlich für Deine Zeit und dieses tolle Interview! Jetzt freue ich mich noch mehr auf eure Show am Samstag in Mönchengladbach.
Katha: Ich bedanke mich auch bei Dir, es hat Spaß gemacht! Bis Samstag!
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