Konzert Reviews

Laibach live in der Fabrik in Coesfeld: Eine provokative Klang- und Kunstexplosion

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Mitten in der Woche, am 9. November 2023, geht es für mich in die Fabrik in Coesfeld zu einem Gig der ganz besonderen Art. Laibach wagen sich wieder in die deutschen Lande und geben heute ihr einziges Konzert in NRW. Am 15. November 2023 ist man nochmal in Nürnberg und 2 Tage später in Glauchau, dann geht es nach Wien, Polen, Tschechien und Rumänien. Ihr kennt Laibach nicht? Dann geht es euch ähnlich wie mir. Schauen wir mal in YouTube oder Facebook rein. Wow, gestern noch in London gespielt und, ups, was für eine geile Mucke und was eine Lightshow!

Laibach ist eine experimentelle Musikgruppe, die 1980 in Ljubljana, der Hauptstadt von Slowenien, gegründet wurde. Die Band ist bekannt für ihre avantgardistische Musik und ihre kontroverse künstlerische Herangehensweise. Laibach ist schwer in eine bestimmte Musikrichtung einzuordnen. Sie kombinieren Elemente aus Industrial, Neue Deutsche Härte, elektronischer Musik und mehr. Eine der auffälligsten Eigenschaften von Laibach ist ihre politische Provokation. Die Band steht für ihre satirische und subversive Herangehensweise an politische und ideologische Themen. Ihr Auftreten und ihre Musik sind oft von totalitären Symbolen und Bildern durchdrungen, was zu Kontroversen und Diskussionen geführt hat. Laibach betrachten sich selbst oft als eine Art „Gesamtkunstwerk“, bei dem die Musik nur ein Teil ihres künstlerischen Ausdrucks ist. Aufwendige Bühnenshows und visuelle Präsentationen sind ihre Stilmittel.

Um knapp 20:15 Uhr eröffnen Laibach den ersten Teil ihrer Show vor einer leider nur mäßig gefüllten Halle. Zum Titeltrack der Tour „Love is still alive I“ versammelt sich zunächst einmal die ganze Combo auf der Bühne mit den beiden Synthesizern Luka Jamnik und Rok Lopatič, links und rechts, Bojan Krhlanko am Schlagzeug, dem genialen Vitja Balžalorsky am Sechssaiter – oder soll ich sagen der Reinkarnation von David Glimour / Syd Barrett – und gleich zum Start auch mit den beiden Vocalisten Milan Fras und Mina Špiler.
Mit Part II von „Love is still alive“ verlassen die Mikros die Bühne und uns erwarten nun aufregende Klanggewitter im krautigen Stil mit kräftigen Anleihen an natürlich Pink Floyd, Kraftwerk und ähnlichem Stoff. Neben dem Soundtechniker macht auch der Mann am Licht einen richtig geilen Job. Nach einer knappen dreiviertel Stunde verlassen die Musiker die Bühne á la Rammstein, also provokativ schweigend und völlig unaufgeregt. Die viertelstündige Pause wird mit „We’ll be back in 15 minutes“ und voll witziger Untermalung mit Szenen aus „Winnetou“ eingeleitet.

Im zweiten Teil der Show sind die sphärischen Soundspielereien nur noch Mittel zum Zweck. Es gebe nicht genug „Ordnung und Disziplin“ in der Welt, sagt Laibach – Gründungsmitglied Ivan Novak und lässt bewusst offen, ob er das ironisch meint. Derweil intoniert Milan Fras im braunen Jackett und mit Reibeisenstimme die kritischen Untertöne. „Der Engel der Verzweiflung„, „Das Nachtlied 1“ und das dunkle, depressive „Als Geist“ folgen. Textlich und im gesamten Auftreten fallen mir hier die Berliner Ost + Front mit ähnlich brachialem Auftreten ein. Laibach agieren entweder instrumental oder ganz minimalistisch. „Wir haben das Glück erfunden, sagen Sie“ ist der gesamte Text zum Song „Gluck auf„. „Lepo Krasno“ ist vom aktuellen Album „Sketches of the Red Districts“ von 2023. In Muttersprache, geschrieben von Milan Fras, folgt „Smrt za smart„. „Krvava gruda – plodna zemlja“ und „Ti, ki izzivas“ läuten das Ende dieses zweiten Blockes ein. Und wieder reitet unser Hero der Jugend auf seinem Rappen Iltschi über die Leinwand und mit „Perhaps, we’ll be back“ wird nicht nur der erste Teil des Zugabenblocks eingeleitet, sondern allseits ein breites Grinsen in den rundum zufriedenen Gesichtern erzeugt.

The Future“ ist der knapp 7-minütige Titeltrack von dem gleichnamigen Machwerk von 2022, angelehnt an Leonard Cohens präapokalyptischen Kracher, im kräftigen Mix mit tollen Vocals von Mina. Es folgt ein Cover vom Rolling Stones – Klassiker „Sympathy for the devil“ und, wir kennen es ja bereits, ein wiederum kurzes Intermezoo mit „maybe yes, maybe no„. Nach dem verdienten Applaus und einem allseits bekräftigten „Yes“ geht es für unseren Sechser nochmal auf die Bühne. Mit dem fett groovenden „The coming race“ von 2019 zeigt Mina mit farbig angehauchter Stimme nochmal ihre ganze Klasse und mit „The engine of survival“ wird das letzte Ausrufezeichen gesetzt, gefolgt von einem „we won’t be back„.

Das Konzert von Laibach war ein einzigartiges Erlebnis, das durch die kraftvolle Inszenierung, die beeindruckende musikalische Performance und die intensive Atmosphäre einen tollen Eindruck hinterlassen hat. Laibach sind in jeder Hinsicht Grenzgänger. Lässt man sich voll und ganz auf die Slowenen ein, öffnen sich die Grenzen der Musik und jenseits der eigenen Vorstellungskraft wird man in eine faszinierende, musikalische Welt entführt. Ein unvergesslicher Abend. Danke LAIBACH!

Laibach im Netz

Fabrik Coesfeld im Netz

Gesang Milan Fras
Beleuchtung, Synthesizer, Megafon Ivan Novak
Gesang, Synthesizer Mina Špiler
Schlagzeug Bojan Krhlanko
Synthesizer Luka Jamnik
Synthesizer Rok Lopatič
Gitarre Vitja Balžalorsky

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Kommodore Johnsen

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