Genre: Post-Rock
Land: Russland
Kauan sind lange schon ein Geheimtipp unter Musik-Liebhabern. Die russische Band rund um Anton Belov bringen seit dem 2007er Werk „Lumikuuro“ atmosphärischen Post-Rock mit doomigen Gitarrenklängen, traumhaften Violin- und Pianopassagen und einzigartigen Vocal-Melodien heraus. Mit „Sorni Nai“ von 2015 erschufen die Russen eines meiner persönlichen Lieblingsalben aller Zeiten – ein 52minütiges Ein-Song-Epos, gefüllt mit vertonten, winterlichen Impressionen und einer perfekten Balance von ruhigen Momenten und Post-Rock-Attacken. Der Nachfolger „Kaiho“ war mehr auf der ruhigen Seite zu finden. Der Rock-Anteil wurde zurückgefahren und die Growls vollständig entfernt. Es wurde wieder auf einzelne Lieder gesetzt, die musikalisch nur lose zusammenhingen. Ein Downgrade definitiv, aber nach einem Album wie „Sorni Nai“ war das auch zu erwarten.
„Ice Fleet“ ist das neuste Album der Gruppe und verspricht schon mit den Singles und Promos eine echte Rückkehr der Growls und des Rocks an sich. Aufbauend auf einer wahren Geschichte über alte Schiffe, die von russischen Wissenschaftlern im Eis entdeckt wurden, ist auch dieses Album wieder ein einziger großer Song. Aufgeteilt in sieben Abschnitte beginnt „Ice Fleet“ mit Enne.
Das Knarren von Holzdielen und eine klare Gitarrenmelodie leiten das Werk ein. Eisschollen, Wind und ein Hintergrundteppich aus ruhigen Synths ist auch zu hören. Die Atmosphäre für „Ice Fleet“ baut sich langsam aber sicher auf, bevor dann die Instrumente einem echolotartigen Ton weichen, der den nächsten Teil ankündigt.
Taistelu lässt dann endlich die doomigen Riffs auf den Hörer los. Das Tremolopicking im Hintergrund bringt zusätzliche Höhen zum Song. Man fühlt sich, als würde man die besungene mächtige Schiffsflotte zum ersten Mal in ihrer ganzen Pracht erblicken. Das Lied ebbt zum Ende hin ab und überlässt dem Klavier schließlich das Rampenlicht. Im fließenden Übergang zur Single Auskopplung Maanpako klingt die melancholische Melodie weiter bis zum explosiven Einsatz des Restes der Band. Jetzt hört man auch die Growls zum ersten Mal. Maanpako zeigt die verschiedenen Aspekte des Albums sehr gut, aber der Höhepunkt ist noch lange nicht erreicht. Wer aber einen Einblick in „Ice Fleet“ möchte, ist hier genau richtig.
Kutsu trägt das Album weiter und zeigt ein paar der herzzerreißendsten Momente des Werkes. Vor allem der Einsatz des weiblich-engelsgleichen Gesangs und des Klargesangs von Belov selbst sind frühe Highlights.
Raivo hingegen bringt das Beste aus dem Post-Rock-Abteil der Band mit sich. Hier tragen Gitarren die Emotionen von Trauer und Wut. Zum Ende hin gibt es eine Art Erlösungsmoment. Als Single Auskopplung ist das Lied schon gelungen, aber im Kontext des Albums erhöht sich dieses Rating stark.
Wer bis zu diesem Punkt im Album drangeblieben ist, wird nun mehr als überschwänglich von der Band entlohnt. Wenn das Ende von Raivo einen Blick auf Erlösung in Musikform gegeben hat, dann ist Ote der Inbegriff von Erlösung. Die absolute Schönheit dieses Liedes ist nicht in Worte zu fassen. Eine kleine Melodie, die bis zum Ende des Albums immer wieder erscheint, wird hier aufgegriffen und entwickelt. So muss wahre Kunst sein!
Das Finale in Form von Hauta greift Themen und Melodien des ganzen Albums nochmal auf und kombiniert diese in einem fulminanten Feuerwerk der Gefühle, bevor das Knarren von Holzdielen „Ice Fleet“ langsam ausklingen lässt.
Was für ein beeindruckendes Werk … Meine einzigen Kritikpunkte wirken im Vergleich zum Lob wie Peanuts. Es hätte gern etwas mehr Gesang geben können, der Anfang war vielleicht etwas zu langsam und es reicht nicht ganz an „Sorni Nai“ heran, aber mehr hab ich nicht. Kauft das Ding!
Fazit: „Ice Fleet“ ist ein einzigartiges Erlebnis, das dich komplett in seine Welt mitnimmt und mit einem bleibenden Gefühl wieder entlässt. Kauan haben wieder einmal ein Meisterwerk erschaffen und ich hoffe, dass noch viele weitere folgen werden!
Von mir bekommt „Ice Fleet“ 9,5 von 10 Bängs (und das nur, weil „Sorni Nai“ bei 10 von 10 liegen würde)
„Ice Fleet“ erscheint am 9. April 2021 via Artoffact Records und ist als CD, LP und digitaler Download erhältlich. Zusätzlich dazu gibt es noch ein Tabletop Role Playing Book für ein Spiel zum Album in bestimmten Editionen.
Die Band:
Anton Belov | Guitars, Vocals, Keyboards, Programming (2005 – present) |
Alex Vynogradoff | Bass, Vocals (backing) (2013 – present) |
Anton Skrynnik | Drums (2013 – present) |
Alina Belova | Keyboards, Vocals (backing) (2013 – present) |
Anatoly Gavrilov | Viola (2013 – present) |
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