Bine: Als Saitenzauberer der Rockband Speed Limit ist dein Name sicher vielen ein Begriff. Letztes Jahr 2019 wurde ein Album mit dem Titel „Anywhere We Dare“ veröffentlicht, das zum 35jährigen Bestehen der Band im Zuge einer kleinen Österreich Tour ordentlich gefeiert wurde. Wird auch diese Party in Erinnerung bleiben oder gibt es zum 40jährigen nochmals eine mit Sahnehaube oben drauf?
Joe: Danke für die Blumen – was trinken wir denn im Anschluss? Also, das aktuelle Album „Anywhere We Dare“ ist schon ein bisschen älter. Wir hatten aber erst Ende 2019 die Möglichkeit, es live mit unserem Drummer Hannes, der kürzlich auch die Lead Vocals übernommen hat, gebührend abzufeiern und in ganz Österreich zu präsentieren. Ja, das war schon eine superlustige Tour und in jeder Stadt war es irgendwie anders. Vor allem durften wir ja mit vielen unserer Wegbegleiter Bands abfeiern – beste Grüße an Blind Petition, Catwalk, B&SOM, Benny Bilgeri, Jamtrax und Wolven Reloaded! Wir sind aber auch demütig glücklich, dass der Zeitpunkt zur Tour goldrichtig gewählt worden war. Im 2020er Jahr war ja dann bald mal Schluss mit lustig live spielen. Klarerweise war das abschließende Heimspiel im Salzburger Rockhouse das Sahnehäubchen für uns, weil wir ja da auch mit unseren Familien und engsten Freunden abfeiern durften. Da gibt´s ja auch einige Videoclips auf YouTube. Großartig, was da trotz des denkbar ungünstigen Termins 2 Tage vor Weihnachten abging. Was zum 40er Jubiläum abgehen wird, steht in den Sternen – jedenfalls war die 35er Party eine gute, lange und erfüllende.
Bine: Mit Speed Limit bist Du oft auf Tour mit verschiedenen internationalen Rockbands. Gibt es da auch diverse Backstage Anekdoten, die Dich heute noch zum Schmunzeln bringen?
Joe: Naja, es könnte schon noch etwas mehr sein, um ehrlich zu bleiben. Aber, wir hatten natürlich schon einige größere Namen, die wir begleiten durften. Zum Schmunzeln gab es vieles, druckreif ist nicht alles und in meinem Alter lässt ja auch das Erinnerungsvermögen etwas nach. Die Bands selbst sind meist absolut kumpelhaft und auch spaßig. Schwieriger sind manchmal die Crews oder einzelne Crewmitglieder. Als wir mit Uriah Heep und Nazareth 1992 auf Deutschland Tour waren, hatte die Crew nach dem Soundcheck oft einfach Lust, auf der Bühne bzw. im Saal eine Runde Fußball zu spielen. In Eggenfelden (Rottgauhalle) ist es ein wenig ausgeartet, da wir erst nach dem Fußballspiel unseren Sound checken durften – und die Jungs haben bis zum Einlass gekickt und erst danach konnten wir unseren Kram aus der Halle auf die Bühne hieven. Anyway, wir hatten und haben immer unsere hervorragende Crew dabei und dann geht das auch mit dem Soundcheck gut und schnell.
Manfred Mann hat zum Beispiel einen Tick mit dem Fotografieren. Nach einigen gemeinsamen Shows wollten wir mit ihm und seiner Band Erinnerungsfotos machen. Er hält dann einfach seine Hand hoch zählt mit den Fingern von 5 runter und dann ist Schluss.
Einen wunderbaren Abend hab ich mal Backstage mit John Norum verbracht. Damals war er im Sold von Don Dokken. Muss so 2002/2003 gewesen sein – das Album hieß „Long way home“. Wir hatten uns vertraglich abgesichert, dass Norum auch wie angekündigt in der Liveband bleibt, da wir wussten, dass Don Dokken, sagen wir mal, „schwierig“ sein kann . Und prompt war es in Salzburg das letzte Konzert für Norum bei Dokken. Jedenfalls war er in bester Laune und wir jammten nach der Show „Thin Lizzy“ Songs Backstage. Er ist ja großer Lizzy-Fan und singt diese Songs auch hervorragend. Jedenfalls verriet er mir, dass er am nächsten Morgen nach Stockholm fliegen würde, um sich mit Joakim (Larson) zu treffen – besser bekannt als Joey Tempest. Sie haben vor, Europe wieder zu beleben – wie das ausging, wissen wir ja. Jedenfalls verlautete Dokken später, dass Norum wegen einer Verletzung am Arm aus der Tour aussteigen musste. Ich hab damals nicht viel davon bemerkt!!!!!
Bine: Welche Musiker waren oder sind Deine persönlichen Vorbilder im Rock Circus?
Joe: Die Frage stellt mich immer vor große Probleme – das ändert sich natürlich auch von Zeit zu Zeit. Aber ich darf mit Sicherheit anmerken, dass die ganze Deep Purple Family, also auch Rainbow, Whitesnake, Gillan, Glenn Hughes Projekte usw., einen schweren Eindruck bei mir hinterlassen hat. Auch das weitere Thin Lizzy Lager wird ewig in meinem Herzen bleiben und natürlich AC/DC von Anfang an. Den größten Einfluss auf mein Gitarrenspiel hatten sicher Ritchie Blackmore, Gary Moore, Michael Schenker und Angus Young. Aber ich wollte auch mal so schnell werden wie YingYang Malmsteen….. Als Songwriter kommt dann sicher auch Jack Bruce, Mick Jones von Foreigner, die Journey Jungs, Judas Priest, Damn Yankees oder Queen und die Beatles Riege dazu. In letzter Zeit höre ich auch gerne Bands wie Voodoo Circle (Thx Alex for holding up the torch!), W.E.T., Revolution Saints, Dirty Shirley oder Khymera.
Bine: Wie viel Rock´n´Roll brauchst oder lebst Du abseits der Bühne?
Joe: War da noch was Anderes? Jeden f…ing Tag steht Musik auf dem Menüplan! Momentan ist leider das live spielen abhanden gekommen, aber es gibt noch immer Songwriting, Produzieren, Recorden, Riffs kreieren, Üben und Gitarren kaufen!!! Aber natürlich hab ich auch ein „ordinary life“ – mit Haus, Hund, Garten und Familie und derzeit mächtig Weihnachtsdeko, das nie zu kurz kommt.
Bine: Hast Du ein Idol oder einen Musiker, mit dem Du unbedingt noch auf der Bühne stehen oder etwas machen möchtest?
Joe: Gute Frage … Als Gitarrist und Songwriter stehen da natürlich viele Stimmen auf der Wunschliste. Also, mit David Coverdale hätte ich Mitte der 80er gerne mal Songs geschrieben und performed. Und einem guten Jam mit Marc Storace oder Danny Bowes wäre ich auch nicht abgeneigt. Aber ich weiß schon, wo ich bin und hingehöre, und da ist das alles einfach sehr weit weg.
Bine: Eddie van Halen, ein ganz großer Rockmusiker unser Zeit, hat mit Van Halen Geschichte geschrieben. Leider hat er heuer die Bühne des Lebens verlassen, hinterlässt uns aber viel mehr als nur Musik.
Joe: Ja großartig! Wahnsinns Technik und einfach ein kreativer, lustiger Vogel! Sicher ein ganz Großer und für viele ein Trendsetter im Rock. Ich habe und hatte den größten Respekt für ihn – dennoch war Van Halen für mich nie auf der persönlichen Shortlist.
Bine: Das Salzburger Rockhouse ist Magnet für viele Rock & Metal Veranstaltungen und wurde auch des Öfteren für eure Eigenveranstaltungen schon genutzt. Das Classic Metal Summit ist eines davon, wo definitiv hochkarätige Bands zu Gast waren. Wer alles war hier von euch schon eingeladen worden?
Joe: Ja, das ist quasi das „Speed Limit Festival“ – da laden wir uns immer besondere Bands ein, die wir lieben und dann auch zu vernünftigen, oftmals sehr „freundschaftlichen“ Konditionen in unser „Wohnzimmer = Rockhouse“ bekommen. Natürlich ginge das alles nicht ohne das Rockhouse-Team als seit Jahren verlässlicher Partner. Wen hatten wir dabei? Pink Cream 69, Kissin Dynamite (beide mehrmals), Shakra, Vodoo Circle, Bonfire, Pretty Maids und natürlich unsere Regionalhelden von Lovechild, Crystallion, Cyring oder auch Slide. Ich hoffe, ich hab niemanden vergessen! Schauen wir mal, ob wir das jemals wieder adäquat hinbekommen. Sehr gut kommen auch die jährlichen „Let There Be Rock“ Partys an, die ich zusammen mit 2 Freunden mitorganisieren darf. Da holen wir uns die Creme der Europäischen Cover/Tribute Scene auf die Bühne. Z. B. hatten wir volles Haus bei Kiss Forever Band, Iron Maidnem, AC/DX oder „… and METALLICA for All“ feat. SACARIUM … Leider wird’s für 2021 ausfallen müssen. Aber, wir bleiben dran.
Bine: Im Moment wissen wir alle nicht, was die Zukunft bringt. Aber wäre eine Veranstaltung dieser Größenordnung wieder einmal denkbar für Dich?
Joe: Denkbar ist alles. Ich hoffe, dass sich die gesamte Branche bzw. Rockwelt einigermaßen erholt. Ich denke dabei vor allem an die vielen Freunde aus der Technikbranche wie Licht, Ton, Verleih etc. Denen ist die gesamte Lebensgrundlage verlorengegangen. Und es geht ja noch weiter – viele haben aufgegeben, sich in anderen Jobs versuchen zu müssen. Der Großteil nagt am Hungertuch. Es wird auch viele Bands nicht mehr geben, viele Clubs werden schließen oder haben das schon gemacht. Für uns stellt sich die Frage des Aufgebens nicht, wir haben schon viel überlebt, aber das ist schon richtig Bullshit. Ich jedenfalls werde das Mögliche probieren, aus dem Schlamassel rauszukommen – je früher desto besser. Und du kannst mir glauben, es geht wirklich an die Substanz, auch mindmäßig. Ich bin das letzte Mal im Jänner 2020 auf einer Bühne gestanden. Das sind Wirkungstreffer. Aber, no pain no gain.
Bine: Aktuell hast Du mit deiner zweiten Band Boneshaker eine großartige CD mit Coversongs veröffentlicht. Zehn ausgewählte Songs von Autograph bis The Sweet finden sich auf diesen Silberling. Wie habt Ihr das geschafft, dieses Album gemeinsam unter einen Hut zu bringen ?
Joe: Ja, Not macht erfinderisch. Wir standen plötzlich vor der Situation, nicht proben zu können – damals dachte keiner, was für ein Monster sich da entwickelt. Die Grenzen waren dicht und ich konnte nicht nach Rosenheim, unserem Basislager. Das war im April. Wir hatten aber gerade vor, neue Songs einzustudieren. Deshalb haben wir vorerst mal Tracks übers Netz geschickt, um eine Übungsbasis zu haben. Angefangen vom Schlagzeug, dann mal schnell eine Gitarre dazu aufgenommen und weiter zum Sänger und Bassisten. Das hat eine enorme Eigendynamik entwickelt. Plötzlich klang das auch richtig gut. Und – to cut a long story short – rausgekommen ist dieses Schmuckstück an Liedersammlung „Things Go Better With Rock“ und wir sind mächtig stolz darauf, weil es richtig rockt und eben Boneshaker Energie pur darstellt. Die Energie, die wir im Grunde nur live freizulegen imstande sind.
Bine: Gibt es auf diesem Album den einen oder anderen Song, der auch Dich immer wieder begleitet hat und der jetzt einfach auf dieses Album musste?
Joe: Ehrlich gesagt begleiten mich der Großteil der Songs schon mindestens mein halbes Leben – wenn nicht länger. Denke, die ganze Band hat reingehauen und ins Schwarze getroffen. Mir gefallen vor allem die Songs, die Sänger Rainer Lamperspergers verschiedene Stimm-Facetten aufzeigen. Sowas hörst du beim Livespielen als reine Liveband eigentlich nie bzw. hast nicht die Möglichkeit, als Mitmusiker die Aufmerksamkeit darauf zu legen. Persönliche Favoriten sind jedenfalls White Room, Help und Jumpin Jack Flash. – Ah geh, schreib einfach alle.
Bine: Im Moment befinden wir uns alle in einen nie dagewesenen Ausnahmezustand ohne Livemusik. Eine harte Zeit, nicht nur für Konzert Besucher, sondern auch Künstler und Veranstalter. Wie sieht deiner Meinung nach die Zukunft der kulturellen Szene aus?
Joe: Ja, wie gesagt. Ich hoffe, dass wir vieles von „Vorher“ „rüberretten“ können. Ich will jedenfalls nicht nur mit gültigem Impfpass auf einen Gig meiner Wahl gehen können. Oder ohne „Test“ den Einlass verwehrt bekommen. Das könnte alles kommen. Ich hoffe jedenfalls, dass ich die Chance bekomme, wieder vor echten Menschen spielen zu dürfen. Menschen mit einem Bier in der Hand, die sich vor Freude um den Hals fallen und abbusseln können. Mitschreien, mitschwitzen und mitlachen können. Die sich dabei verschlucken und husten können, ohne dass sie sofort schräg angeblickt werden. Aber es kann auch ganz anders kommen. Live Konzerte als quasi exklusiv teures Vergnügen für Betuchte. Dann hab ich dort mit meinen Bands nix mehr verloren. Spannend wird’s allemal – vielleicht muss ich mich rein aufs Schreiben und Produzieren beschränken und via YouTube Videos mein Publikum erreichen. Anyway, 2020 sucks big time!
Bine: Mit was beschäftigst Du Dich gerade, bzw. arbeitest Du gerade an neuen Projekten für 2021?
Joe: Also, als nächstes steht einmal ein neues Album von Speed Limit an. Im Grunde sind alle Songs geschrieben und wir hätten eigentlich schon längst mit den Aufnahmen beginnen wollen. Aber aus besagten Gründen wird uns das Zusammenarbeiten als Band momentan versagt. Hoffe, dass wir im Februar 2021 mit Aufnahmen – wir nehmen die Basics live auf – beginnen können. Jedenfalls gibt´s da wieder ordentlich was auf die Ohren. Wir gedenken diesmal – seit 1988 -, auch mal wieder eine LP herzustellen und eine CD-Version mit Bonustracks. Aber bis dahin wird wohl noch jede Menge Wasser die Salzach runterfließen. Ein weiteres Recording Projekt bahnt sich an, dazu darf ich aber nix verraten – außer; es wird spannend und ich bin Feuer und Flame. Schön wäre auch mal wieder ein Classic Metal Summit – aber erst heißt es mal, Silvester zu überleben. Also, liebe Leute, reißt Euch zusammen – nehmt das Angebot der Gratis-Testungen an – Ihr erspart Euch mehr Geld als bei jedem Lidl/Hofer/Penny-Angebot. Haltet Euch an die Regeln, damit wir unseren geliebten High Voltage Rock´n´Roll bald wieder live erleben dürfen.
Bine: Herzlichen Dank, Joe, für das Gespräch mit Dir und die Einblicke in dein vielseitiges High Voltage Rock´n´Roll Leben. Gibt es einen Spruch oder ein Motto, den oder das Du unseren Lesern gerne noch mitgeben möchtest?
Joe: Naja, wie gesagt: Erstmal den ganzen Wahnsinn hinter uns bringen und da ist jeder einzelne mitverantwortlich. Zweitens: Das Motto: „Kaufts regional!“ dürft ihr durchaus auch in musikalischer Hinsicht verstehen. Kauft CDs eurer Local Heroes, die machen gerade eine harte Zeit durch – und wenn´s live wieder losgeht – geht´s wirklich hin – erlebt das alles neu und vielleicht mit neuem Blickwinkel so, „als wäre es das erste bzw. letzte Mal“. Wir sehen ja gerade, wie schmerzhaft das alles „ohne“ sein kann. Und Bine, Dir soll deine Lebensfreude erhalten bleiben! Wo wären wir alle ohne Wirbelwinde wie dich! Hugs, Kisses & Rock´n´Roll!
Webseite: www.speedlimit.at, www.boneshaker-rock.de
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