Ach ja, Side Projects…Oftmals toben sich bekannte Künstler in ihren Hauptbands zu wenig aus. Gerade bei Eluveitie, die an sich ja starken Wiedererkennungswert durch den Einsatz traditioneller Instrumente wie Pipes, Hurdy-Gurdy oder Harfen besitzen, kommen das Interesse, in andere Musikrichtungen als Death und Folk Metal zu gehen, höchstwahrscheinlich zu kurz.
Sängerin Fabienne Erni hat nämlich jetzt mit Illumishade ein neues Projekt gestartet, dass nun rein gar nichts mit Eluveities Musikstil zu tun hat. Deren Debüt „ECLYPTIC: Wake Of Shadows“ warten nun darauf, das Licht der Welt zu erblicken und ich durfte das Album schon vorab hören.
Ob die Scheibe was drauf hat oder ob Frau Erni lieber bei Eluveitie hätte verbleiben sollen, das war meine Frage vor dem ersten Hördurchlauf.
Mit einer eigens erdachten Illumishade-Welt wird hier ein Konzeptalbum präsentiert, das mit Passage Through The Clouds gleich mit Fan-Interaktion zur Sache geht. Der auf dem Track zu hörende Chor besteht nämlich aus Aufnahmen von Fans der Band. Atmosphärische Streicher, Percussions und Meeresgeräusche wie Möwen oder Wellen begleiten den Song, bevor ein Gitarrensolo das Ganze abrundet. Besonders die Streicher und die Meeresgeräusche sind auf dem Album immer wieder zu finden und zusätzlich dazu ist das Piano eines der Hauptinstrumente der Songs.
The Calling Wind kommt mit seinen knapp zwei Minuten Laufzeit vor wie ein weiters Intro zum Album, aber nach mehrfachem Hören wird klar, dass der Track mehr eine Art „Ready For Adventure“-Song ist. Das ist etwas schwer zu erklären, ohne das Prinzip des Albums zu kennen, deswegen werde ich jetzt darauf eingehen: Der Aufbau von „ECLYPTIC: Wake Of Shadows“ und auch die Songs allgemein erinnern an ein Musical. Verschiedene musikalische Themen werden öfter wiederholt; es gibt viele Songs, die stark an Musicalsongs erinnern und die Stimmung der Songs entwickelt sich. Es gibt einen roten Faden in der Musik und The Calling Wind kommt mir eben vor wie einer dieser Aufbruch-Songs des Helden im Musical. Heut ist der Tag aus 3 Musketiere ist ein weiteres Beispiel für einen Aufbruch-Song.
Tales Of Time hingegen ist mit seinem actionreichen Einstieg einer der klassischeren Metalsongs des Albums. Doubebass und begleitende Chöre im Refrain (ein weiteres Stilmittel, das immer wieder im Album verwendet wird) und ein Feature von Eluveitie Frontmann Chrigel Glanzmann machen diesen Upbeat-Hit zu einem garantierten Live-Kracher.
Apropos Live: Illumishade streamen eine Release-Show zum Album auf YouTube am 23. Mai, also schaltet ein, wenn ihr Tales Of Time mal live sehen wollt!
Der nächste Song The Farewell Arcades ist ein Instrumentalsong, der eine Rückkehr der Meeresgeräusche und eine starke Sologeige mitbringt. Synthesizer-Klänge und einige Gitarrenriffs sind auch zu hören. Allgemein besitzt dieser Titel noch eine positive Atmosphäre, die auch von Crystal Silence weitergeführt wird. Dieser steigt schnell ein und präsentiert sich mit harten Gitarren und einem Discorefrain mit poppigem Feeling.
Die Ballade What Have I Become erinnert, vor allem durch die Vocalmelodie, erneut stark ans Musical. Ein Gitarrensolo leitet den finalen Refrain ein, der, wie jeder gute Musicalsong, von einer hohen Note gekrönt wird.
Die Singleauskopplung Rise siedelt sich auch im Balladengebiet an, besitzt aber noch etwas mehr Power als ihr Vorgänger. Das berühmt-berüchtigte Let It Go aus Disney’s Die Eiskönigin kommt als guter Vergleich in Frage, obwohl Illumishade dem Song natürlich eine ordentliche Portion Metal beimischt.
Die finale Note ist diesmal noch höher als davor und beeindruckt selbst mich als Kenner von Erni’s Arbeit bei Eluveitie.
Into The Malestorm beginnt erneut als melancholisches Geigenintermezzo, wird aber durch aufkommende Dunkelheit immer mehr verzerrt. Drone-Sounds kreieren eine episch-dunkle Stimmung, die der nachfolgende Track Muse Of Unknown Force beibehält. Als einer der härtesten Songs des Albums besitzt er starke Starset-Vibes. Die Dunkelheit ist selbst in den Geigen und Erni’s Gesang hörbar.
Golden Lands ist wieder eine Ballade. Diesmal leiten Piano und Gesang den Song ein, bis langsam Bass, Streicher und leichtes Schlagzeug einsteigen. Ein Gitarrensolo passend zum Song offenbart erneut die Musical- und auch Queen-Einflüsse des kurzen Tracks, bevor mit Beyond The Obsidian Veil ein weiterer Ausflug in Richtung dunkler, metallischer Klänge unternommen wird. Nachdem auch dieses instrumental endet, beginnt der letzte vollwertige Song des Albums World’s End. Harte Riffs treffen auf sinistre Synths, ein Mitsingen-Refrain mit (wer hätte es gedacht) Musical-Vibes und ein Breakdown – was brauch man mehr, um einen Hit zu schreiben!?
Glowing Tides ist mehr oder minder nur ein kurzes Outro, das die Meeresgeräusche und eine Textzeile aus The Calling Wind noch einmal ins Gedächtnis bringt.
Alles in allem ein sehr gelungenes Album, das eventuell zu viele kleine Intermezzos, Intros und Outros hat.
Fazit: Für mich als Fan von Musicals ist „ECLYPTIC: Wake Of Shadows“ wirklich ein kreatives Projekt, das ich so in der Metalszene noch nie gehört habe. Wer ein geradliniges Metalalbum zum Dauerheadbangen sucht, ist hier fehl am Platze, aber wer in seinem Metal auch gerne ne Portion Let It Go drin hat, der kann hier zuschlagen.
Von mir gibt’s 9 von 10 Elsas… ähm ich meine natürlich Bängs!
„ECLYPTIC: Wake Of Shadows“ erscheint am 15. Mai 2020 als CD und digitaler Release.
Die Band:
Vocals / Piano: Fabienne Erni
Guitars: Jonas Wolf
Bass: Yannick Urbanczik
Drums: Marc Friedrich
Orchestration / Synthesizer: Mirjam Skal