Letzte Woche gastierte wie es Olaf S. wohl sagen würde, der metallische Doppelwums in Form der Double-Headliner-„Epic Apocalypse-Tour“ mit der niederländischen Symphonic Metal Band EPICA und der Dreifach-Cello-Kapelle APOCALYPTICA in der MHP Arena im schwäbischen Ludwigburg.

Eigentlich hatte ich in der Vergangenheit ein eher zurückhaltendes Interesse an der Musik von EPICA, da mir der Gesang von Sängerin Simone Simons nach einer Weile immer etwas zu hoch angesiedelt war und auch die tiefen Crowls von Gitarristen Mark Jansen nicht ganz mein Ding waren.
Doch auch im fortgeschrittenen Alten und nach 40 Jahren in der Welt der Metalmusik lernt man ja bekanntlich noch nicht dazu und so hat mich, wenn auch etwas überraschend , das letzte Studioalbum `Omega` richtig begeistert und auch der Livestream-Event, der in der Pandemielivepause ausgestrahlt wurde, hatte mich total positiv geflasht.
So war die Freude groß, das ich EPICA mit ihrem neuen Album endlich mal live sehen und hören konnte. Vom zweiten Headliner APOCALYPTICA war ich zwar zunächst nicht so begeistert, doch konnte deren aktuelle Singe `Rise` mit EPICA-Frontfrau Simone Simons an den Vocals, doch so etwas wie Vorfreude auf den Gig der Finnen bei mir wecken. Doch dazu später mehr.

Zunächst durften pünklich um 19 Uhr die aus Helsinki stammende Band WHEEL mit ihrem britischen Sänger und Gitarristen James Lascelles für25 Minuten das Ludwigsburger Publikum anheizen. Leider tat sich die Band mit ihrer Musik sichtlich schwer, die anwesenden ca. 2000 -2500 Zuschauer auf Touren zu bringen. Der Funke wollte bei Ihrer progressiven, mich etwas an die Grunge-Zeiten der 90er erinnernden Muke leider nicht überspringen und so blieb es ziemlich ruhig in den Reihen der Zuschauer und auch der Applaus hielt sich stark in Grenzen. Nur vereinzelte Fans gingen etwas mit, der Großteil des Auditoriums hörte sich die wenig melodiösen Songs eher gelangweilt an und war irgendwie froh, als nach 25 Minuten das Licht anging. Nicht dass sich die Jungs nicht bemüht haben, Gitarrist Jussi Turunen bangte sich die Seele aus dem Laib und auch Drummer Santeri Saksala versteht sei Werk an den Kesseln und sorgte für den nötigen Punch. Doch konnte das leider nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Songs einfach zu sperrig daherkamen und nichts im Ohr hängen blieb.

Sehr positiv an dem Gig war der für einen Opener erstaunlich gute Sound, den man leider bei Supports meist nicht zu hören bekommt. Sehr löblich von den Headlinern, auch der Vorband ordentliche Verhältnisse auf der Bühne zu ermöglichen. So sollte es eigentlich bei jedem Konzert der Fall sein!

Nach einer halbstündigen Umbaupause folgt dann der erste Headliner des Abends, EPICA. Bereist mit dem Intro „Alpha – Anteludium“ und dem folgenden Eröffnungstrack „Abyss of Time – Countdown to Singularity“ ändert sich die Stimmung schlagartig und das Publikum geht gleich richtig ab. Geiler Einstieg mit ordentlich Dampf im Kessel. Mit Ihren deutschen Ansprachen hat Frontfrau Simone Simons das Publikum natürlich sofort im Griff. Für sie ist der Auftritt in Ludwigsburg quasi schon fast ein Heimspiel, wohnt Simone doch mit Ihrem Mann Oliver Palotai (u.a. Kamelot) ganz in der Nähe im Großraum Stuttgart, sodass sicherlich viele Freunde und Bekannte nach Ludwigsburg pilgerten, um sich ihren Auftritt anzuschauen. Dementsprechend gut gelaunt ist Simone und die Band.

Obwohl die Bühne nicht mit all den Aufbauten aus dem Livestream geschmückt ist, kann doch die Videowall im Hintergrund für entsprechende optische Reize und visuelle Untermalung der Songs sorgen. Optisch wie auch musikalisch im Mittelpunkt des Geschehens steht natürlich ganz klar Sängerin Simone Simons mit ihrer prächtigen Sopranstimme, während Gitarrist Mark Jansen mit seinen brutalen Crowls den gelungenen Gegenpart bildet. Simone schafft es spielend, ebenfalls in Höhenlagen vorzustoßen, die sonst nur ihrer Kollegin Tarja Turunen vorbehalten sind. Sie gehört sicherlich zu den besten Sängerinnen im Symphonic Metal. Epica überzeugen mit ihrem gelungenen Spagat zwischen hymnenhaften Songpassagen und den teils derben Deathmetal-Shouts. Trotz der heftigen Crowls von Mark sind die Songs trotz allem sehr eingängig und die melodische Seite ihrer Musik steht klar in den Vordergrund.

Die Setlist von Epica beinhaltet einen gelungen Querschnitt aus Ihrem Bandkatalog, während die Songs des „Omega„-Albums den Schwerpunkt bilden. Auch von der aktuelle EP „The Alchemy Project„` ist mit „The Final Lullaby“ einer der Highlights der Scheibe zu hören. Die Gesangspart, die ursprünglich von der schwedischen Black Metal Band Shining eingesungen wurden, übernimmt einfach Mark Jansen, der genauso heftige Crowls zum Besten geben kann.


In der Mitte des Auftritts folgt das Highlight des Abend für mich. Das Doppel aus dem knallharten „The Skeleton Keys“ und der folgenden Ballade „Rivers“. Mit seinem gigantischen Anfang und dem Kinderchor im Mittelteil, den Growl, einem hartem Riff und dem zuckersüßen Gesang von Simone ist „The Skeleton Keys“ für mich der Epica-Song schlechthin, vereint er doch gekonnt alle Bestandteile eines Symphonic-Klassiker. Mit der folgenden Ballade „Rivers“ animiert Simone dann zum Griff ans Handy, um ein großes Lichtermeer zu erschaffen, das den Song optisch nochmals emotional unterstreicht. Phantastische Performance , ob die von Simone angesprochenen Tränen bei dem ein oder anderen Metalhead wirklich geflossen sind, bliebt jedoch ungeklärt. Was jedoch sicher ist, dass der Song für reichlich Gänsehaut sorgt, und nur noch durch eine a capella-Version mit Chor wie auf der „Omega Alive“ -DVD zu toppen gewesen wäre.

Bei „Cry for the Moon“ von inzwischen auch schon zwanzigjährigen Debütalbum animiert Simone dann zum Karaoke singen, als der Refrain auf der Videowall eingeblendet wir. Do alle Epica-Fans brauchen diese Hilfe nicht, können sie den Refrain sowiesoin- und auswendig mitsingen. Auch bei „Beyond the Matrix“ hat Simone einen tollen Backgroundchor von Ihren Mitstreitern und dem lautstark mitsingendem Publikum. Mit dem Abschlusssong „Consign to Oblivion“ endet dann nach ca. 80 Minuten leider schon der Auftritt von Epica und die Fans verabschieden die Niederländer mit Standing Ovations. Klasse Auftritt, der mich begeistert hat.


Gegen 21:40 startet dann APOCALYPTICA ihren 85-minütigen Auftritt. Nachdem mich meine erste Livebegegnung mit den Finnen nicht richtig überzeugen konnte, war der Headlinerauftritt der 3 Cellisten Perttu Kivilaakso , Eicca Toppinen und Paavo Lötjönen an diesem Tag eine ganz andere Hausnummer. Mit einer wahnsinnigen Power und Geschwindigkeit überzeugten mich die 3 Finnen mit Ihren Cellos. Faszinierend, wenn man den Drei bei ihrem Spiel direkt auf die Finger schaut. Da wird der Bogen über die Saiten gezogen, gedrückt, bei den an Speedmetal erinnernden schnellen Stücken regelrecht brachial drübergeschruppt, mal mit viel Spannung auf den Saiten, dann wieder sanft nur mit den Fingern gezupft. Ich hatte mir nicht vorgestellt, dass man so verschiedene Töne aus einen Cello zaubern kann und man eigentlich die E‑Gitarre nur selten vermisst.
Bereits nach kürzester Zeit lief Drummer Mikko Sirén der Schweiß in Stromen übers Gesicht, liefert er doch während des gesamten Auftritts eine Wahnsinnsshow ab. Immer in Bewegung und mit gnadenloser Power auf dem riesigen Schlagzeug gibt es nur wenige Verschnaufpausen für ihn und ergibt meist Vollgas, sodass auch der ein oder andere Drumstick das Zeitliche segnet.

Los ging es mit den zwei Instrumentals „Ashes of the Modern World“ vom aktuellen Album „Cell O“ und „Grace„, ehe Gastsänger Franky Perez das Micro überrnimmt. Mir persönlich gefallen genau diese Song mit Sänger am besten, verleihen sie den Songs doch nochmals etwas mehr Eingängigkeit und Abwechslung. Franky legt eine erstklassige Performance an den Tag und kann gesangstechnisch voll überzeugen „I`m not Jesus“ und „Not Strong Enough“ sind richtige Midtemporocker. Nach dem ersten Perez-Kurzauftritt folg die aktuelle Singleauskopplung „Rise“. Drummer Mikko begleitet hier die drei Frontmänner dezent an den Elektrodrums mit sanften Elektrobeats.
Leider gibt es in Ludwigsburg nicht wie ich erhofft und erwartet hatte, bei diesem Song den obligatorischen Gastauftritt von Epica-Frontfrau Simone Simons, die auf der Single ja die Vocals zu dieser phantastischen Nummer besteuerte. Hatte Sie bei anderen Auftritten im Rahmen dieser Tour die Vocals noch beigesteuert, gibt es heute leider „nur“ eine akkustische Version der Ballade. Zumindest im Hintergrund läuft auf der Videowall das sehr interessante und optisch sehr ansprechende Video, was leider nur bedingt den Verzicht auf Simones Mitwirken ausgleichen kann, so dass dieses Manko als kleiner Wehmutstropfen bleibt.Schade, aber trotzdem ein toller Song.


Nach „En Route to Mayhem“ folgt das allseits erwartete „Nothing Else Matters„, das ja einer der Ursongs von Apocalyptica darstellt. Hier darf natürlich das Publikum den Gesangspart übernehmen und kräftig mitsingen. Klasse wie sich die Cellisten hier gegenseitig abwechseln.
Nach zwei weiteren Song von Franky am Micro gibt es dann Speedmetal auf drei mal vier Saiten in Form von Sepultura´s „Inquisition Symphony“ und dem Metallica Speedkracher „Seek and Destroy„, bei dem natürlich das Publikum nochmals kräftig beim Refrain mit einsteigt. Kurzerhand werden ein paar Töne von AC/DC`s „Thunderstruck“ in den Song eingestreut, die natürlich für zusätzlichen Jubel sorgen. Perttu gibt sich während des geamten Abend als wahres Tier, der fast den gesamten Auftritt am Posen ist und mit seinem dynamischen Stageacting mehr als nur Action verbreitet, während er seinen „Liebling“ mal im Stehen, dann wieder im Liegen regelrecht bearbeitet.

Nach „Farewell“ beendet Apocalyptica kurz nach 23 Uhr unter großem Jubel mit dem Klassiker „Hall oft he Mountain King“ den Abend. Der Song stellt ein würdiges Ende eines tollen Konzertes dar und zeigt nochmal die Klasse der 4 Musiker.
Ein tolles Doppelpackage mit Epica und Apocalyptica, das von mir sehr gute 9 Bängs

erhält – ein echter Doppelwums, um nochmals auf Olaf S. zurückzukommen.
Lineup Apocalyptica:
Eicca Toppinen | Violoncello
Paavo Lötjönen | Violoncello
Perttu Kivilaakso | Violoncello
Mikko Sirén | Schlagzeug
Franky Perez | vocals
Apocalyptica Setlist:
- Ashes of the Modern World
- Grace
- I’m Not Jesus (mit Franky Perez)
- Not Strong Enough (mit Franky Perez)
- Rise
- En Route to Mayhem
- Nothing Else Matters (Metallica cover)
- I Don’t Care (mit Franky Perez)
- Shadowmaker (mit Franky Perez)
- Inquisition Symphony (Sepultura cover)
- Seek & Destroy (Metallica cover)
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- Farewell
- In the Hall of the Mountain King (Edvard Grieg cover) `Omega`
Epica Setlist:
- Alpha – Anteludium
- Abyss of Time – Countdown to Singularity
- The Essence of Silence
- Victims of Contingency
- Unleashed
- The Final Lullaby
- Fools of Damnation
- The Skeleton Key
- Rivers
- Code of Life
- Cry for the Moon
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- Beyond the Matrix
- Consign to Oblivion
Lineup Epica:
Simone Simons | vocals
Isaac Delahaye | guitars
Mark Jansen | guitars, grunts, screams
Coen Janssen | synths, piano
Ariën van Weesenbeek | drums
Rob van der Loo | bass
Weitere Infos unter:
www.instagram.com/apocalypticaofficial
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Bilder & Text : Thomas Jenne