Mit „Have a Beer in Stratosphere“ („HABIS“) haben die Berries ein hammergeiles Debut Album auf den Markt gebracht, das sich im internationalen Vergleich nicht zu verstecken braucht. Daher hat es mich besonders gefreut, dass ich mit dem Sänger der Kombo, Bene, am 5. Dezember ein Telefoninterview führen durfte.
Nach einem kurzen Dialog zu meiner Nervosität, bei dem wir dann auch über Enter Shikari gesprochen und herausgefunden haben, dass wir beide große Fans der Briten sind, kommen wir damit auch direkt zur ersten Frage.
Patrick (Rockmagazine): So, im Nachhinein muss ich sagen, dass man soundtechnisch durchaus Parallelen zu Enter Shikari, speziell zu „The Spark“, ziehen kann. War das beabsichtigt?
Bene: Da wir alle Fünf am Schreibprozess beteiligt sind, fließt von jedem etwas mit ein. So kann man nicht direkt sagen, was mehr einfließt, da jeder immer wieder seine besonderen Momente hat. Für mich ist aber Enter Shikari sicherlich eine große Inspiration.
Patrick (Rockmagazine): Nehmt ihr in der Corona Zeit aktuell neue Musik auf oder habt ihr nach dem Release von „HABIS“ erst einmal pausiert?
Bene: Aktuell nehmen wir gerade nichts auf. Wir schicken uns immer wieder Ideen zu und spielen im kleinen Kreis, so wie es die aktuellen Bestimmungen zulassen. Natürlich schwierig, es entstehen aber immer neue Sachen. Aber wann wir die aufnehmen, wissen wir noch nicht. Dieses Jahr nicht mehr. Wahrscheinlich nächstes Jahr, aber wir haben noch keinen konkreten Plan, was wir mit den Songs machen, die gerade entstehen. Wir sind aber auf jeden Fall schon wieder fleißig am Schreiben.
Patrick (Rockmagazine): Im Moment gehen viele Bands den Weg, die einzelnen Songs einer EP oder eines Albums komplett digital zu veröffentlichen und erst anschließend die Tracks in einer EP/einem Album zusammenzufassen. Ist das etwas, was ihr euch auch vorstellen könnt, um sozusagen immer eine gewisse Relevanz bei den Musikstreamern zu haben?
Bene: Ja, es ist natürlich wichtig, dass man mit der Zeit geht. Es ist schon geil, ein Album oder eine EP zu schreiben und dann im Ganzen rauszuhauen. So haben wir es aber bei „HABIS“ nicht gemacht. Wir haben über die letzten 1,5 Jahre immer wieder zwei, drei Songs aufgenommen und es dann am Ende zum Album zusammengefügt. Es war eben nicht so, dass wir das Album fertiggeschrieben haben und dann alles aufgenommen haben. Dieser Prozess hat dem Ganzen aber gut getan, dass so alles am Laufen gehalten wird und natürlich bleibt man so auch den Leuten im Gedächtnis. Wir haben ja einige Songs vorab als Singles rausgehauen und das war uns auch wichtig, um eben in den Ohren der Leute zu bleiben. Also, würden wir eine 5 Track EP aufnehmen, würden wir sicher wieder drei Songs vorab veröffentlichen und den Leuten immer wieder Futter zu geben.
Patrick (Rockmagazine): Wie siehst du eigentlich die Entwicklung hin zum Musikstreaming, so wie bei Spotify, um mal den wohl größten Namen der Branche zu nennen?
Bene: Ich sehe es als Möglichkeit, gerade für junge Bands, um Reichweite zu gewinnen. Das große Problem ist eigentlich nicht die Verfügbarkeit von Musik. Jeder kann seine Musik durch solche Portale verfügbar machen. Das Schwierige ist es, wirklich Relevanz zu generieren. Früher hast du einen Deal bei einem großen Label gebraucht, um in den Geschäften verkauft zu werden. Das ist jetzt nicht mehr so und der reine Verkauf im Laden ist auch nicht mehr so wichtig, sondern dass man die Aufmerksamkeit der Menschen auf sich zieht und das klappt mit den Streaming Portalen sehr gut. Es ist eine gute Möglichkeit für junge Bands, andererseits ist es aber auch ein Problem, weil ein großer Teil der Einnahmen wegbricht. Über Spotify generiert man als Künstler halt kaum Geld. Platten und CD Verkäufe sind dadurch natürlich auch weniger geworden weil die Musik online immer verfügbar ist und das macht es dann einfach schwierig, Geld damit zu generieren. Deshalb ist die aktuelle Zeit mit Corona auch gerade so schwierig, weil wir auf die Live-Einnahmen angewiesen sind.
Patrick (Rockmagazine): Das bedeutet auch bei euch als DIY Band, ohne Label fällt nicht viel Geld über Streaming an?
Bene: Nein, überhaupt nicht. Also, die Zahlen kann man auch offenlegen. Wir haben so ca. 4 000 monatliche Hörer bei Spotify, das sind dann wahrscheinlich so 7 000 bis 8 000 Streams im Monat und davon sehen wir ungefähr 30 bis 40 Euro. Es ist also keine relevante Größe.
Patrick (Rockmagazine): Ihr habt ja zum Glück den Vorteil, dass kein Label oder externer Texter oder Komponist mitverdient.
Bene: Genau deswegen versuchen wir auch, so viel es geht selbst zu machen. Das ist auch unsere Devise: Alles. was wir selbst machen können, machen wir. Und wenn es irgendwann zu groß ist, dann natürlich auch schon einen Teil der Last abgeben.
Wir haben auch selbst mit der Merchproduktion angefangen. Wir machen also den Siebdruck selbst, sodass wir selbst unsere T-Shirts und vielleicht irgendwann Hoodies machen können. So zieht sich das DIY durch die ganze Band.
Patrick (Rockmagazine): Wie wichtig ist euch im punkto Merch die faire Produktion der Shirt Rohlinge?
Bene: Wir produzieren nur Bio-Baumwolle Fairtrade Shirts. Das kostet dich dann pro T-Shirt so zwei, drei Euro mehr, aber das ist hier nicht ausschlaggebend. Aber für uns ist eine gute Qualität und vor allem ein gutes Gewissen mehr wert, als die Euros, die wir mit günstigen Shirts hätten bekommen können. Bevor wir selbst die Shirt bedruckt haben, waren wir bei regionalen Druckereien drucken lassen, auch die „HABIS“ Platte haben wir in einem Presswerk keine 30 Kilometer entfernt machen lassen. Bei vielen Dingen funktioniert das super, bei so Sachen wie Sticker und Flyer sind wir, wenn wir das von einem regionalen Unternehmen drucken lassen gleich mal beim bis zu achtfachen der Kosten. Deswegen haben wir diese in München bestellt. Wir müssen halt ein wenig schauen, weil wir natürlich nicht unendlich finanzielle Mittel haben. Was aber regional geht, machen wir ganz klar auch regional. Das ist uns schon sehr wichtig.
Patrick (Rockmagazine): Wie finanziert ihr eigentlich die Band? Ihr werdet ja alle sicherlich nebenher bei einen „normalen“ Job haben.
Bene: Ja genau, ein Teil studiert noch und ein Teil arbeitet bereits. Aus den eigenen Kassen fließt nicht so viel Geld in die Band. Natürlich, wenn das Budget mal knapp ist, müssen wir mal eigenes Geld einbringen, aber wir schauen, dass sich das Projekt so gut es geht selbst trägt. Auch das Album wurde komplett aus der Bandkasse produziert. Da war es nicht notwendig, selbst noch Geld beizusteuern.
Patrick (Rockmagazine): Was mich nun natürlich auch interessiert, wieviel kostet es, bis man ein Album fertig auf CD, Platte oder als Stream/Download hat?
Bene: Das kommt natürlich auch drauf an, was man macht. Wir sind ja zu fünft und da ist es natürlich schwieriger und aufwendiger als wenn nur ein einzelner Künstler die Songs einspielt. Deswegen sind da bei uns die Kosten vergleichsweise hoch. Also, ich kann dir sagen, wieviel wir insgesamt fürs Album gezahlt haben. Von der ersten Aufnahme bis zum Album Release und Promo und Allem drumherum waren das ca. 16 000 Euro. Das ist dann schon eine Stange Geld. Wir haben viel von den Auftritten reingesteckt und auch eine Crowdfunding Aktion gemacht, bei der wir das Album schon vorverkauft haben, damit sich das alles auch wirklich ausgeht. Zum Glück hat dann auch alles so geklappt.
Patrick (Rockmagazine): Was für einen Stellenwert hat die Band, wenn Situationen kommen, in denen man dann nicht mehr weiß, ob es für einen selbst mit der Band weitergehen kann?
Bene: Wir haben oft darüber geredet und uns ist es allen wichtig, wenn wir mit einem Projekt an den Start gehen, dass auch wirklich alle Bock darauf haben. Auch beim Album wars so. Wir haben dann die Entscheidung getroffen, dass wir das machen wollen und haben uns alle diese Zeit so gut wie möglich freigehalten. Weil wir das Ganze natürlich noch nicht hauptberuflich machen können, ist das natürlich aber auch schwierig, wenn dann jemand seinen Job verliert oder etwas anderes dazwischenkommt und er vielleicht kein Geld für benötigtes neues Equipment hat. Es ist natürlich auch schwierig, wenn man privat sagt, man möchte ein Kind haben, dann kann das dem Ganzen natürlich in die Quere kommen. Aber das verstehen wir auch dann alle. Wir hatten auch deswegen schon einen Besetzungswechsel, weil unser ehemaliger Keyboarder ein enorm tolles Jobangebot bekommen hat, wo wir alle wussten, dass das genau das ist, was er sich wünscht und da haben wir ihn dann auch dazu bewegt, das auch zu machen. Wir versuchen also schon, dass wir uns auch bei so schweren Entscheidungen gegenseitig zu unterstützen. Wir reden viel und ich glaube, das ist auch wichtig. Natürlich kann es immer sein, dass jemand sagt, er möchte aussteigen, aber dann soll er sich nichts scheißen und das einfach früh genug sagen, damit wir dann auch schauen können, wie es weitergeht. Also ich würde sagen, dass für uns der Stellenwert extrem hoch ist, auch für unseren ehemaligen Kollegen war die Entscheidung verdammt schwer.
Was uns auch einfach zusammenschweißt ist, dass wir Freunde sind und regelmäßig was zusammen machen. So können wir davon ausgehen, dass uns nicht einfach ein Mitglied abhaut, sondern vorher mit uns redet.
Patrick (Rockmagazine): Wie schaut es dann bei euch mit Proben aus? Gibt es einen fixen Tag oder ist das alles flexibel?
Bene: Bei uns gibt es zwei Arten von Proben: Die erste ist zum Songwriting und die zweite zum Set proben. Gerade die Setproben machen wir öfter. Letztes Jahr haben wir ca. 12 Open Airs gespielt, da sind wir dann im Flow und müssen natürlich nicht so oft proben. Spielen wir jetzt aber nur ein Mal im Monat, müssen wir natürlich öfter proben, weil man dann nicht so eingespielt ist. So prinzipiell proben wir ein Mal in der Woche und da schauen wir dann spontan, was ansteht, ob nun Setprobe oder Songwriting. Seit wir uns den Proberaum auch nicht mehr mit anderen Bands teilen, sind wir flexibler, was das Proben betrifft. Daher haben wir keinen fixen Tag.
Patrick (Rockmagazine): Dieses Wochenende habt ihr den Instagram Kanal von Kultur.Leben.Regensburg übernommen. Wie kam es dazu?
Bene: Das ist der offizielle Kanal vom Kulturamt in Regensburg, und die haben gerade während dem Lockdown Light nun entschieden, dass sie jedes Wochenende einer anderen heimischen Band den Kanal überlassen. Da haben wir uns natürlich sehr gefreut, als es geheißen hat, dass wir da mitmachen dürfen.
Patrick (Rockmagazine): Glaubst du, dass sich die Pandemie nachhaltig auf die Kunst- und Kulturszene auswirken wird?
Bene: Ich glaube, wenn dann mal ein Großteil der Bevölkerung geimpft ist und der Umgang mit Corona in Fleisch und Blut übergegangen ist, wird das alles wieder wie gewohnt stattfinden können. Ich hab eher Angst, dass viele sich in der Zwischenzeit andere Hobbies gesucht haben und kein Interesse mehr an Live Musik haben. Ich hab mich ein paar Mal dabei ertappt, dass ich mir dachte, so arg geht mir ein Konzert nicht ab, und wenn es mehrere gibt, die so denken, wird’s natürlich nicht unbedingt leichter für die Branche. Aber das sind halt so Phasen. Manchmal steh ich auf und denk mir, ein richtig geiles Live Konzert, das wärs jetzt. Einfach zwischen die Leute und in den Mosh Pit rein, das ist schon fein. Wir waren auch jedes Jahr als Fans am Nova Rock und das geht uns dann schon auch allen ab. Ich hoffe halt, dass alle Beteiligten der Branche mit einem blauen Auge rauskommen. In Regensburg haben z. B. schon ein paar Kneipen zugemacht und waren Institution wie die Wunderbar, die es irgendwie 40-50 Jahre gegeben hat, dabei und das ist schon bitter, wenn die einfach fallengellasen werden.
Und während wir als Band diese ganze Sache sicher glimpflich überleben werden, da wir ja alle noch einen Job haben, macht mich traurig, was ich so in meinem privaten Umfeld miterlebe. Leute, die seit März händeringend nach einer Einnahmequelle suchen. Mir macht es einfach Angst, zu sehen, wie langsam ganze Existenzen zu bröckeln beginnen.
Bei diesem Gespräch konnten noch viel mehr Dinge besprochen werden, weshalb ich dieses gute Interview mit Bene von Brew Berrymore in zwei Teile splitte. Den zweiten Teil könnt ihr hier gerne in Kürze lesen!
Fotocredit: Julia Haider