Genre: Dystopian Riff Rock, Progressive Rock, Alternative Rock
Land: Deutschland
Über das ganze Jahr hinweg haben uns WOODSHIP immer wieder mit neuen Songs verwöhnt und fügen sie schlussendlich in ihre zweite EP zusammen. Schaut man sich die Namen der Songs an könnte man auch schnell auf eine Konzept-EP schließen, was man vorweg aber gleich verneinen kann. Zumindest keine die eine Story verfolgt. Natürlich bauen sie um die verschiedenen Gebilde des Weltalls, nutzen diese aber eher als Metapher als wirklich dafür eine Geschichte zu kreieren.
Zu Beginn muss ich aber gleich mal einen vermutlich gewagten Vergleich ziehen, denn „Cosmography“ erinnert in gewissen Zügen durchaus an „The Color Spectrum“ von The Dear Hunter. Klar, „Cosmography“ ist mit seinen fünf Tracks um Welten kompakter als das 36 Tracks große Mammut von The Dear Hunter verbreitet mit seiner Laufzeit von 15 Minuten aber eine ähnliche Stimmung und auch das Thema wird auf eine ähnliche Art aufgegriffen.
Inspiriert vom Film Don´t Look Up leitet Asteroid gelungen ein. Angereichert mit spaceigen Synths zeigt Asteroid schon eindrucksvoll was wir absolut nicht mehr erwarten dürfen, denn vor allem „Bright Coloured Town“ (2018), aber auch noch „Blackout“ (2020) klangen schon sehr nach Biffy Clyro. Ein Eindruck der schon mit Asteroid verfliegt. Die Einflüsse der Schotten sind natürlich immer noch zu vernehmen, doch mir scheint als hätten WOODSHIP ihren Stil, ihre eigene Mitte, final gefunden. Asteroid als Opener zeigt wie bissig die Lyrics des Trios sein können. Musikalisch hat die Nummer durch die eingangs erwähnten Synths auch einen gewissen 80s Touch und kommt instrumental sehr düster um die Ecke. Überraschend passiert auch im Hintergrund enorm viel. Gerade der Refrain wirkt enorm voll, dazu gibt’s zum Ende hin feinste Gitarrenarbeit mit einem Riff der in den Ohren bleibt. Die ohrenbetäubenden Geräusche am Ende vermitteln dazu ein wirklich ungutes Gefühl, aber auch hier zeigen sie wie versiert sie mittlerweile sind, denn genau wenn es beginnt anstrengend zu werden endet Asteroid und zieht am nächsten Himmelskörper vorbei.
Mit Mars folgt nicht nur der längste Song der EP, sondern meiner Meinung nicht weniger als der beste Song des bisherigen Schaffens der Rocker. Den Text kann man auf verschiedene Arten deuten, für mich wirkt die Nummer zu tiefst persönlich und schafft es deshalb mich enorm zu berühren. Gänsehaut ist für mich hier auch beim x-ten hören beinahe durchgehend am Start. Dazu birgt Mars einen für WOODSHIP Verhältnisse offeneren Sound. Gezieltes Drumming, sphärisches Riffing, unterlegt von doch etwas kernigeren Basslines leitet die Emotionbomb ein. Erstes Highlight stellt aber der Pre-Chorus dar, der im Stile eines Mantras immer wieder die Worte I Just Wanna Live wiederholt, bevor es zur Explosion im Refrain kommt. Spätestens jetzt ist mir klar was in diesem Track steckt: Die geballte Kraft von WOODSHIP. Der Refrain stellt die Bezeichnung des Dystopian Riff Rock so extrem gut zur Schau wie kein anderer der Part jemals aus einem Track des Trios. In diesem drückt einen die Wucht förmlich in andere Sphären. Sehr melodisch und mit einer lyrischen Raffinesse die ich so noch nicht von WOODSHIP gehört habe. Auch die Strophen sind lyrisch wahnsinnig stark und bauen auf einander auf. Es werden nicht einfach zwei Strophen reingepackt, sondern wirklich gut schlüssig weiter erzählt. Absolut unfassbar genial ist was aber gegen Ende kommt. Ein kleiner Break, der vermeintlich auf den Abschluss leitet baut die Brücke zu der wohl besten Songzeile die ich dieses Jahr gehört habe, There´s a vision in my watered eyes/My coloured eyes/That fades. Dieses überlange und intensive Outro geizt mit nichts, weder mit Synths, noch mit Ohrwurmcharakter, noch halten sie hier Instrumental hinter dem Berg und bauen sogar noch eine Akustikgitarre ein. Unglaublich genialer Part, der mich immer wieder mit Gänsehaut zurück lässt.
In die Mitte der Platte hat das Trio mit Moon den uns am nahsten gelegenen Himmmelskörper vorbereitet. Moon lebt von seinem Groove und seinem Oho-Singalongpart im Refrain. Es gibt auch ein feines Solo, alles solide und qualitativ immer noch sehr hoch, fällt Moon aber schon etwas im Vergleich zu dem was war und dem was noch folgt ab. Eine eher sichere Nummer, die aber anschaulich eine düstere Zukunft für unseren Planet zeichnet.
War Moon noch auf Nummer sicher, riskiert Mercury alles. Anfangs wurde ich gerade mit dem Intro absolut nicht warm. Es startet als abgedrehte hippe Indie Nummer, ganz ungewöhnlich und lässt einen sicherlich auch einmal skippen. Kein Ding, könnt ihr schon zugeben, hab ich auch gemacht. Mir war aber klar das ich den Track allein schon der Vollständigkeit halber zumindest einmal hören sollte. Was soll ich sagen, nach ein paar Durchgängen holt mich auch Mercury total ab und entwickelt sich zu einem Favoriten. Das Intro wird auch immer weniger strange, fügt sich mittlerweile sehr gut ein und macht mit seinen fetten Basslines und dem ordentlich treibenden Drumming richtig Bock. Was mich aber wirklich total abholt ist die für WOODSHIP schon hohe Experimentierfreudigkeit an den Instrumenten und auch den Vocals. Würde man mich fragen welcher Song der Band am wenigsten danach klingt würde ich ganz klar Mercury nehmen und bin froh das sie etwas so verrücktes gemacht haben.
Wir sind nun aber tatsächlich im wahrsten Sinne des Wortes am Ende der Reise durch den Weltraum und lassen uns nun vom abschließenden Supernova hinfort tragen. Ein progressiv angehauchter Track, der sich in den Strophen etwas zurückhält, im Refrain aber keine Gefangenen nimmt. Instrumental ist gerade der Refrain das härteste was uns WOODSHIP bisher geboten haben. Auch die Energie die versprüht wird ist nicht ohne, so wird Supernova auch insgesamt verdammt hart aber nie zu weit weg von dem was man kennt. Das Ende ist fulminant und lässt „Cosmography“ wirklich mit einem runden Abschluss ausklingen.
Fazit:
Ohne gänzlich neue Pfade zu beschreiten haben sich WOODSHIP auf „Cosmography“ wahrlich selbst gefunden und liefern die fünf besten Songs der Bandbiografie ab. Der offizielle Release von Eleanor Rigby scheint etwas im Trio verändert zu haben. Klar, im großen bleiben sie ihrem bekannten Stil treu, experimentieren aber deutlich mehr und zeigen das sie mehr sind als „nur“ eine Band die klingt wie Biffy Clyro. WOODSHIP klingen nach WOODSHIP.
Doch auch wenn ich voll des Lobes bin bleiben kleine Kritikpunkte über. Seit „Bright Coloured Town“ (2018) hat das Trio kein Album mehr veröffentlicht und ich denke das „Cosmography“ auch als Album verdammt gut funktionieren würde. Ich denke hier nicht nur an einfach weitere Songs sondern auch an Sounds und Interludes die das Thema noch mehr aufgreifen und dann würd ich mich wirklich freuen wenn für den nächsten Release nicht nur ein Pappschuber bei der CD drinnen wäre, die Musik von WOODSHIP hat es schon verdient in einem schönen Digi Pack präsentiert zu werden. Wobei ich schon froh bin das WOODSHIP in Zeiten wie heute überhaupt noch an uns CD-Sammler denken.
„Cosmography“ ist dennoch in seiner Kürze ein extrem starkes Stück Musik, welches eine hoffentlich erfolgreiche Zukunft für WOODSHIP eröffnet. Auch den Vergleich zu „The Color Spectrum“ ziehe ich wieder und finde ihn durchaus passend.
Ich vergebe 9,5 von 10 Bängs.
„Cosmography“ erscheint am 29. September und wird als CD und Vinyl erscheinen, sowie überall zu hören sein wo es Musik gibt.
WOODSHIP sind:
Leon Radix – Guitar/Vocals
Philipp Kaminsky – Bass/Backing Vocals/Synths
Timo Quast – Drums
Tracklist:
1. Asteroid
2. Mars
3. Moon
4. Mercury
5. Supernova
Ich habe es vielleicht auch schon ein, zwei Mal erwähnt: WOODSHIP gehen auf Tour. Nicht verpassen, folgend bekommt ihr noch mal die Dates, damit ihr nicht sagen könnt ihr wusstet es nicht.