Land: Dänemark
Genre: Progressive Metal
Sie sind bei mir auf jeder langen Autofahrt mit von der Partie und dürfen auch beim Musikhören im Alltag nicht fehlen: die vier Jungs von Vola aus Dänemark haben bisher zwar nur drei Alben (und ein paar EPs) veröffentlicht, jedoch unlängst bewiesen, dass sie im Progressive Metal ganz vorne mitspielen. Doch kann die Band ihre musikalische Qualität beibehalten?
Ihr neustes Album „Friend Of A Phantom“ kommt am 1. November auf den Markt und bietet Fans und Neuhörern neun neue Tracks mit über 40 Minuten Spielzeit. Noch melancholischer, synth- und riffbeladener als der Vorgänger „Witness“ gehen die Dänen den Weg weiter, den die ihre bisherigen Alben begonnen haben.
Doch Langweilig wird es deswegen mit Nichten: Opener Cannibal präsentiert sich sofort als starker Start mit allen Trademarks der Band: harte Riffs, komplexe Drumgrooves und ein stadionwirksamer Chorus. Der Song wird durch den Kontrast zwischen der soften Stimme von Sänger Asger Mygind und den markerschütternden Screams des Gaststars Anders Fridén (In Flames) zu einem Standout der Platte. Fridén bekommt sogar die gesamte zweite Strophe für sich, die für den Effekt das Gitarrenriffgewitter noch etwas tiefer anstimmt als zuvor. Auch der rhythmisch komplexe Breakdown ist headbangerisches Highlight.
Break My Lying Tongue übergibt den Lead ganz an die alarmsirenenartigen Synths und lässt diese gemeinsam mit einer Wall Of Sound auf den Hörer los. Das Konzept „ruhige Strophen – lauter Refrain“ funktioniert auch hier (wie bei den meisten Vola-Songs) wunderbar. Aber ruhig ist nicht gleich eintönig: die proggige Schlagzeugrhythmen von Adam Janzi verhelfen (einmal mit physischen und einmal mit digitalen Sticks) dem Song zu mehr Komplexität und Abwechslung. Mit dem finalen Synthesizer-Solo inklusive Breakdown schließen die Dänen das Electronica-Tanzgewitter mit Metal-Geschmack mit Bestnote ab. Aber hört doch selbst mal rein:
Auch We Will Not Disband wird von einem traumhaften Synth-Lead getragen, der sich im atmosphärischen Refrain voll ausbreiten darf. Eins meiner Lieblingsmerkmale von Vola sind die immer interessant gehaltenen Strophen und We Will Not Disband liefert gleich zwei davon: während Strophe eins mit wenig verzerrten Gitarren und einem groovigen Bass-Lead auskommt wird in Strophe zwei der Rhythmus komplett verändert und flotter. Der Kontrast zwischen diesen Strophen allein macht den Song sehr hörenswert – der Breakdown in der Mitte ist da nur das Sahnehäubchen obendrauf.
Nach der vielen Action wird mit Glass Mannequin erstmal eine Entspannungspause eingelegt. Die ruhige Synthballade wird besonders von den unglaublich vielen und vielfältigen Schichten an Gesang getragen. Die Stimme von Asger Mygind ertönt gleichzeitig hoch im Falsetto und in tiefer Bruststimme. Auch wenn Vola diese Vocal Layers regelmäßig erfolgreich einsetzen, beeindrucken sie doch immer noch am Meisten, wenn die anderen Instrumente mal nicht mitspielen.
Wer die Rap-Elemente aus These Black Claws vom Vorgängeralbum mochte, wird auch mit Bleed Out auf seinen Kosten kommen. Diesmal ganz ohne Feature-Gast wird in den düsteren Strophen gerappt bevor dann ein typischer Vola-Refrain das Ruder übernimmt. Die elektronisch erzeugten Beats in den Strophen fühlen sich jedoch nicht befremdlich an, sondern fügen sich nahtlos in das atmosphärische Soundbild der Band ein. Genau wie These Black Claws hat auch dieser Track den heftigsten Breakdown des Albums und sammelt damit gut Bonuspunkte bei Headbangern und Djent-Enthusiasten.
Vorab-Single Paper Wolf orientiert sich nach Aussagen der Band mehr an „klassischem“ Metal und hat daher eine normale Songstruktur und etwas zurückhaltendere Synths und Drums. Nichtsdestotrotz verleihen Vola auch diesem Song ihre ganz eigene Note. Auch wenn die Band immer wieder Genregrenzen sprengt und Experimente wagt, hört sich doch jeder Song klar nach Vola an.
Paper Wolf wird sicher einen Stammplatz auf der Setlist der kommenden Tour der Dänen bekommen.
Die zweite Ballade des Albums mit dem Titel I Don’t Know How We Got Here erinnert erneut an einen Track vom vorherigen Album „Witness“: 24 Light-Years. Der komplexe und doch beruhigende Drumgroove trägt das Instrumentalgerüst aus Bass und leichten Synthesizern auf welchem Sänger Asger Mygind seine beruhigende Stimme ausbreitet. Der Ohrwurmrefrain und das Finale, bei dem sich die Gitarren auch einschalten, rundet das Ganze ab.
Hollow Kid erinnert vom Riff her stark an Whaler aus dem „Applause Of A Distant Crowd“-Album, die Strophen wiederum versprühen mehr Smartfriend-Vibes (gleiches Album). Insgesamt ist der Song mit seinem Death’n’Roll-Ansatz wohl der schwächste des Albums, aber dennoch ein solider Track an sich. Die Growls in der zweiten Strophe zeigen einen Trend, der sich durch „Friend Of A Phantom“ durchzieht: Vola nutzen (wieder) zunehmen harschen Gesang. Zwar wie gewohnt nur stellenweise und immer begleitet von der entsprechenden Härte im Song (siehe Break My Lying Tongue oder Bleed Out), aber trotzdem immer öfter.
Den Abschluss macht die epische Halbballade Tray. Langsam aufbauend entwickelt sich der Track zum klassischen Vola-Rausschmeißer, der die melancholisch-melodischen Stärken der Band in vollen Zügen ausschöpft. Der zurückgenommene erste Refrain ist vielleicht mein liebster Moment des gesamten Albums. Aber auch das fulminante Finale mit der gesamten Band haut ordentlich auf die Tränendrüse.
In diesem Teil meiner Rezensionen kommen normalerweise finale Kritikpunkte, aber diesmal habe ich ehrlicherweise nichts zu beanstanden. Ich höre das Album nun glücklicherweise schon seit einiger Zeit rauf und runter und auch kurz vor Release ist bei mir noch keine Vola-Fatigue festzustellen (was bei Alben die man rezensiert im Normalfall vorkommt). „Friend Of A Phantom“ hat tolle Songs in logischer Reihenfolge mit erstklassigem Mixing und Top Performances. Aber vor allem hat das Album Herzblut und spiegelt den Willen der Band wider alle noch so abwegigen Einfälle auf Tonband zu bringen und zu veröffentlichen!
Fazit: Vola haben es schon wieder geschafft. Genregrenzen-sprengend, gekonnt kreativ dargeboten und mit hohem Replay-Wert ist „Friend Of A Phantom“ ein weiteres Top-Album in der Reihe der Top-Alben dieser Truppe. In den neun neuen Songs treffen wie gewohnt traumhaft atmosphärische Stadion-Pop-Melodien auf Meshuggah-ähnliche Gitarrenriffs und groovige Drums. Jeder Song klingt frisch und andersartig, aber trotzdem klingen auch alle ganz klar nach Vola. Wer diese Pioniere des Prog Metals immer noch nicht auf dem Schirm hat, sollte das nun schnellstens nachholen!
Von mir gibt es dafür 10 von 10 Bängs! Bravo!
„Friend Of A Phantom“ erscheint am 1. November 2024 via Mascot Label Group und ist als CD, LP und digitaler Download erhältlich.
Die Band:
Asger Mygind (vocals/guitar)
Martin Werner (keys)
Nicolai Mogensen (bass)
Adam Janzi (drums)
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