Kurz vor Veröffentlichung von Afterlifelines durften wir Lucky, seines Zeichens Drummer von Rage, via Zoom ein paar Fragen über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Band stellen. Dabei sind einige aufschlussreiche Antworten herausgekommen, und manches das uns durchaus zum nachdenken anregen könnte. Der Mann ist nicht nur Fan seiner Band, sondern das reinste Lexikon was Rage angeht! Viel Spaß beim Lesen:

Christian (Rockmagazine): Erstmal möchte ich Dir/Euch zu Afterlifelines gratulieren, das Album heimst ja eine gute Kritik nach der andern ein. Habt ihr damit gerechnet?

Lucky (Rage): Gleich zu Beginn eine schwierige Frage! Man selber ist ja Betriebsblind und wir haben ja sehr intensiv an dem Doppelalbum gearbeitet. Natürlich sind wir davon überzeugt das es den derzeitigen Geist von Rage einfängt, sowie die verschiedenen Facetten die die Band über die Zeit ausgemacht hat, wiederspiegelt. Aber am Ende weißt du natürlich nur deine eigene Meinung und die der Verwandten und engsten Bekannten. Wenn das Album dann mal raus ist bekommt man erst das richtige Feedback und Gott sei Dank ist es so dass es sehr gut ankommt und die Leute das ähnlich sehen. Es ist halt immer eine Überraschungstüte, ob man den Nerv trifft oder nicht. Wir selber glauben aber auch, dass wir ein für das vierzigste Jubiläum würdiges Album erschaffen haben, das alle Trademarks die Rage ausmachen zeigt.

Christian (RM): War das Doppelalbum eigentlich geplant oder ist das auf natürlichem Wege so entstanden?

Lucky (Rage): Wir haben schon sehr früh darüber gesprochen das wir etwas Besonderes für dieses Jubiläumsjahr machen wollen. Und nachdem Jean (Bormann, Gitarre seit 2020) und Peavy, die unsere Kreativmotoren darstellen, so viel Output hatten, ging es sehr schnell bis wir eine zweistellige Songauswahl hatten. Dann kam schnell die Idee, das wär’s doch, wenn wir es schaffen würden, zwei vollwertige Alben zusammenzukriegen. Noch dazu gab es ja immer den Gedanken mit oder ohne Orchester, denn das wirklich letzte Album mit, wenn man mal von LMO (2013) absieht, war ja dieses XIII (1998). Es gab zwar immer wieder orchestrale Sachen auf den Alben, aber jetzt hat es sich halt mit den vierzig Jahren Rage nochmal so richtig angeboten. Also ist dann diese Idee dann sehr schnell entstanden ein Album mit und eines ohne Orchester zu machen. So hatten wir auf der einen Seite, das wir bei diesem Jubiläum etwas Besonderes machen wollten und auf der anderen weil die beiden Kreativfüchse so schnell zu neuem Material gekommen sind, das sich das quasi von alleine angeboten hat. Dazu kommt, das wir auch keine tollen Songs zurückhalten wollen, wenn wir glauben, dass sie alle cool und richtig sind.

Christian (RM): Du hast ja das Thema Songwriting gerade auch angesprochen und mich interessiert immer, wie das in den einzelnen Bands so abläuft. Den Hauptteil bei Rage macht ja mit Sicherheit der Peavy, aber wie sehr sind Jean und vor allem Du eigentlich im Songwriting beteiligt?

Lucky (Rage): Natürlich ist Peavy der treibende Teil des Ganzen, er schreibt alle Texte und ist bei jedem Song beteiligt. Allerdings war es schon immer so, dass er mit einem starken Partner gearbeit hat. Ganz zur frühen Zeit mit dem Manni (Schmidt, Gitarre1987–1993), später mit dem Spiros (Efthimiadis, Gitarre 1993–1999) und danach war es dann der Viktor (Smolski 1999–2015), also er halt immer zu zweit die Songs geschrieben. Dananch kam der Marcos (Rodriguez, 2015–2020) und jetzt ist es halt der Jean, also es ist immer ein Gitarrist mit dem er zusammen die Musik schreibt, die Vocals und die Texte macht er selber. Und hin und wieder, auch in der Vergangenheit gibt es einzelne Akteure die mal was mitschreiben, so ist es auch mit mir. Ich hab zum Beispiel bei zwei Songs von zehn meinen Teil dazu beigetragen. Das war bei Resurrection Day (2021) schon so und das ist bei diesem Album auch so. Aber Hauptreiber des Ganzen ist diese Lennon/McCartney Idee, in dem Fall Wagner plus ein Gitarrist, in dem Fall jetzt der Jean und der hat viel zu den letzten beiden Alben beigetragen.

Christian (RM): Das Thema des Albums knüpft ja direkt an der Story des Vorgängers an. Wie sehr spiegelt diese Dystopie bei Afterlifelines Deine eigene Meinung wieder?

Lucky (Rage): Da kann ich Dir jetzt eine richtig gute Antwort darauf geben. Ich bin als Musiker von Peavy Wagner beeinflusst worden und mit 14/15 Jahren zu Rage gekommen und seitdem Die Hard Fan. Ich war dann später Drum Tech bei der Band, und bevor ich überhaupt als Musiker dabei war, war ich ja schon 25 Jahre Fan. Parallel habe ich dazu meine eigene Band, bei der ich singe und der Chris (Christos Efthimiadis , Drums von1987–1999 bei Rage) dort Schlagzeuger ist. Dort schreibe ich meine eigene Musik und die Texte die ich dort erzähle und die Themen die ich dort behandle sind ganz nah an der Textweise und von der Ausdrucksform von Peavy beeinflusst. Er hat mich halt mit seiner Denkweise geprägt, und eben nicht nur die Musik, sondern auch seine Einstellung zu Dingen, sein kritisches Hinterfragen der gesellschaftlichen Entwicklungen und so. Wir reden sehr sehr viel miteinander und sind seit 35 Jahren befreundet. Wir reden ganz häufig wenn wir uns treffen eben nicht nur über die Band sondern auch über gesamtgesellschaftliche Themen. Beide sind wir politisch interessiert, sind weltoffen, aber auch kritisch. Vieles von dem was er singt, zwar nicht Wort für Wort, und das was wir zusammen geschrieben habe würde ich unten rechts mit feuchter Tinte unterschreiben, denn ich habe eine ähnliche Sicht der Dinge.

Christian (RM): Eine gute Antwort, aber Du hast damit schon wieder einen Teil meiner späteren Fragen vorweggenommen. Aber erstmal zurück zu Afterlifelines: Auf der Ballade Dying To Live singt ja nicht nur der Peavy, sondern auch der Jean, was dem Song zusätzliche Tiefe verleiht! Werdet ihr das in Zukunft öfter nutzen?

Lucky (Rage): Das ist der einzige Song bei dem der Jean eine Liedstelle hat, der Junge ist tatsächlich ein hervorragender Sänger. Wir sind ja alle drei Sänger, wie Du inzwischen bestimmt schon mitbekommen hast und er singt ja auch in seinen Soloprojekten. Klar, Peavy ist bei uns der Leadsänger, Jean und ich machen dazu sehr viele Backingvocals, damit wir die unterschiedlichen Klangfarben bei den richtigen Stellen haben. Jeder von uns hat da seine Stärken und Schwächen. Der Jean ist da häufig auf den Terznoten unterwegs, während ich bei den Quinten und so zu finden bin, zusammen gibt es dann einen schönen Chor. Und in dem Fall hat Peavy dem Jean die Möglichkeit gegeben, was ich super finde, weil es eine andere Klangfarbe gibt und eben auch einen Überraschungseffekt bei dem Song. Dying To Live schreit ja auch förmlich danach, weil er so viel Luft hat, das man ihm noch einzelne Aspekte verleihen konnte. Ich bin zwar auch zu hören, aber halt auf den Backingvocals zu Jeans Stimme. Und das ist schon toll, wenn wir all unsere Stimmfarben mit in ein solches Album mit einbringen dürfen. Das es jetzt eine Solostimme geworden ist freut mich besonders, und ich finde auch das sie toll geworden ist und dem Song was gibt. Peavy ist da generell immer offen für sowas und ist da gar nicht dagegen, eher im Gegenteil, er muss uns schon eher dazu drängen „Jetzt macht mal“

Christian (RM): Werdet ihr das in Zukunft dann öfter nutzen?

Lucky (Rage): Wenn ich jetzt mal aus dem Nähkästchen plaudern darf, Peavy hat sogar im Proberaum und bei der Entstehung im Studio dann später gesagt das ihm das sehr gut gefällt und sich vorstellen kann, weil der Jean halt auch wahnsinnig gut klingt, und er das auch live darbieten kann. Das ist ja auch ein wichtiger Aspekt wenn man sowas macht, dass man das auch den Menschen danach präsentieren kann. Anders sieht es beim Schlagzeug spielen aus, ich könnte Leadstimmen niemals machen, bei Rage ist ja das schon auch sehr körperlich. Da dazu noch zu singen würde ich mir nicht zutrauen, Backing Vocals sind aber nicht Lead, das geht. Der Jean ist aber da extrem sicher, egal was er da gerade fudelt auf seiner Gitarre kann er das doch rüberbringen. Peavy ist da schon sehr positiv eingestellt, ich kann mir da schon vorstellen, dass es das in Zukunft öfter geben wird.

Christian (RM): Auffällig ist auch der leichte Industrial Einschlag bei Shadow World, wie ist es denn dazu gekommen?

Lucky (Rage): Das ist eine Frage die ich nicht beantworten kann. Aber ich glaube das Jean und Peavy sich manchmal nicht zu viele Gedanken machen, sondern sie lassen sich einfach leiten durch ihr musikalisches Verständnis. Und häufig passieren dann Dinge bei den Songs, die nicht vorhersehbar sind, und der Song nach gewissen Parts schreit. Das ist dann sehr künstlerisch was sie machen und beide sind da hervorragend darin, was mich unheimlich stolz macht in einer solchen Band zu sein. Sie haben die Fähigkeiten die Stücke zu interpretieren und zwischen den Zeilen zu hören und wenn sie das Gefühl haben genau an dieser Stelle muss etwas passieren wird das da rein gemacht. Und dann ist es egal ob es ein Aspekt aus einer anderen Richtung ist oder etwas ungewöhnlich ist für dieses Produkt, dann packen die das einfach mit rein und dann ist das Werk auch vollständig.

Christian (RM): Dieses Element fügt sich ja auch harmonisch in das Gesamtwerk ein und bei dem ersten Durchlauf von Afterlivelines hat es einen positiven Aha Effekt bei mir ausgelöst. Ich bin ja seit Trapped! (1992) Fan von Rage und finde solche Überraschungen dann schon cool.

Lucky (Rage): Wir dürfen ja auch nicht vergessen dass wir mittlerweile 2024 haben, das Album selbst entsteht aber ja schon vorher. Inzwischen sind ja auch die Zeichen der Zeit weitergegangen und das wir einen jungen Menschen wie den Jean dabei haben der vor Testosteron nur so strotzt und ganz viele eigenen Einflüsse mit rein bringt.  Das muss aber auch eingebettet werden in der eigentlichen Linie von Rage. Und die war nicht immer konsistent, ich selbst bin Fan seit `88, seit der Perfect Man, Wasteland war der erste Song den ich jemals gehört habe von der Band, und zu dem Zeitpunkt war ich 15. Ich habe seitdem alle Ära der Band miterlebt, und ja die Refuge Äre war konsistent an sich, und selbst da gab es leichte Unterschiede. Später als die Beiden Gitarristen dazu gekommen sind, bei Black in Mind (1995) und End Of All Days (1996) war es schon leicht anders, aber man hat immer noch Rage deutlich rausgehört. Dazu kam die Orchestergeschichte mit Lingua Mortis (1996) und mit der XIII, dann ging es weiter mit der Ghosts (1999). Danach gab es wieder einen leichten Wechsel als Viktor und der wunderbare Mike (Terrana, Drums 1999–2006) dazukamen, die haben der Band auch wieder eine eigene Note gegeben, allerdings war die erst noch sehr nah an der alten Ära dran. Das hat sich mit der Zeit verändert, und es sind mit Unity (2002) und Soundchaser (2003) auch wunderbare Sachen entstanden, aber da hat man schon gemerkt das da eine andere Komplexität reingekommen ist, progressiver und so. Als das zu Ende gegangen ist sind wir mit Marcos ein wenig Back to the Roots gegangen und es entstanden The Devil Strikes Again (2016) und Seasons of the Black (2017), die ersten beiden Alben bei denen ich mitgewirkt habe, und diese waren wieder mehr an der Black in Mind, da haben wir versucht, den Proggedanken ein wenig rauszunehmen. Dann kam noch die Wings Of Rage (2020), die noch ein wenig in dem Fahrwasser entstanden ist, aber doch auch wieder einen anderen Vibe hatte. Als Marcos raus war, sind dafür aber Jean und zunächst auch Stefan (Weber, Gitarre seit 2020) gekommen, um mit Ressurection Day eine leicht moderne Variante, aber nach wie vor Black in Mind orientierte Version an den Start zu bringen. Und mit dem Doppelalbum sind wir wieder einen Schritt weiter gegangen bei dem wir das alles verbinden mussten. Und auch den Teil mit und ohne Orchester mit den Zeichen der Zeit ohne die Vergangenheit außer Acht zu lassen und das Ganze mit dem Rage Vibe. Das alles war eine Herausforderung für die Songwriter und ich glaube, das uns das sehr gut gelungen ist. Aber natürlich wird man immer kleine Unterschiede sehen, Rage soll sich auch nicht total verändern und in eine andere Stilistik gehen. Aber die Band entwickelt sich auch mit der Zeit, und mit den Musikern die mit dabei sind.

Christian (RM): Das ist ja auch das Positive an Rage, dass es trotz der Veränderungen, die Du ja ausführlich aufgezählt hast, immer eine rote Linie gegeben hat und Rage auch jederzeit nach Rage geklungen haben. (kannst Du noch mehr Rage in einen Satz einbauen? – die Red.)

Lucky (Rage): Die Erklärung dafür ist eigentlich ganz einfach, der rote Faden bei dem allen ist der Peavy Wagner. Der Mann ist der einzige auf dem Planeten, der versteht wie Rage klingen müssen! Und Peavy ist halt auch der Hauptsongwriter durch alle Ära. Rage wird immer Rage bleiben, weil Peavy Wagner auch immer Peavy Wagner bleiben wird. Und das ist auch gut so.

Christian (RM): Weil Du den Stefan schon angesprochen hast, eine der auffallendsten Änderungen bei Rage ist ja die Mannschaftstärke, die wieder auf drei geschrumpft ist. Wie kommt’s?

Lucky (Rage): Also wir haben nachdem der Marcos raus war uns dazu entschieden, wieder ein Vierer-LineUp an den Start zu bringen, und das lief zunächst auch gut. Resurrection Day ist ja so entstanden, wir haben so etliche Shows zusammen gespielt und es war auch alles in Ordnung. Dann kamen für Stefan einige private Sorgen zum Vorschein, die er am Anfang mit sich mitgeschleppt hat. Mit der Zeit wurden diese aber zu schwer auf seinen Schultern. Rage ist da aber kein Projekt, oder eine Band, die man so nebenbei macht. Dafür ist das halt zu gewaltig und zu aufwendig, so wie wir das machen. Da geht es nicht nur um das live spielen, sondern auch um das ganze drumherum. Bei einer solchen Band dabei zu sein bedeutet auch viel Einsatz in alle Richtungen, da ist das mit den Liveauftritten nur die Spitze des Eisbergs. Stefan konnte das aufgrund seiner privaten Situation schlichtweg nicht mehr leisten. Wir haben allerdings die Tür nicht ganz zugemacht, sondern gesagt „Du hast alle Zeit der Welt, egal wie lange das dauert, schau mal das Du das alles geregelt bekommst!“ und wenn es dann irgendwann mal wieder sein soll dann bekommen wir das bestimmt auch wieder geregelt. Wir kommunizieren immer wieder mal, ihm geht es gut, er arbeitet an diesen Dingen, und wer weiß was die Zukunft bringt.

Christian (RM): Das waren meine Fragen zum aktuellen Stand der Dinge. Die Band hat ja dieses Jahr ihren 40sten, und Du hast es eigentlich eh schon angesprochen mit Deinem ersten Berührungspunkt mit Rage?

Lucky (Rage): Perfect Man, Wasteland, erster Song auf dem Album, in Bottrop im Ruhrgebiet. In einem Plattendaden, der hieß LP damals, wo wir uns jeden Samstag mit meinen Metalfans, Freunden von der Schule getroffen haben und die neuesten Alben gehört haben. Dort habe ich zum ersten Mal Iron Maiden gehört, Slayer und alles was damals akut war, sowie Metal Church, Flotsam & Jetsam und wie sie alle heißen. Und da hab ich halt diese Scheibe in die Hand bekommen: Perfect Man von Rage, hab das aufgelegt und war halt direkt erledig! Ich hab die Scheibe dann direkt gekauft, zu einer Zeit, wo man noch einen Monat lang das Taschengeld sparen musste um sich die 20 Mark oder so für eine Platte ausgeben zu können, und wurde quasi über Nacht Fan der Band. Zu dem Zeitpunkt, ich kann mich noch gut daran erinnern, hatte ich noch keine Band gehört, die auf der einen Seite eine Metalband ist und gleichzeitig so viel Punk in sich trägt. Und so ist die Scheibe, sie ist sehr punkig. Dann hat da auch noch der Chris (Efthimiadis) gespielt und da ich schon Schlagzeug gespielt habe, kannte ich diesen über diese Tama Zeitschriften schon, und kannte den Kopf schon und wusste das das ein Landsmann von mir ist, und das war dann auch nochmal so ein Bezug zur Band.

Christian (RM): Du bist zwar nicht von Anfang an Bestandteil dieser Band als Musiker, aber Du hast bestimmt die ein oder andere Anekdote für uns? Vielleicht kannst Du mit uns Deine Beste und Deine Schlechteste Erinnerung mit Rage teilen?

Lucky (Rage): (räuspert sich und überlegt kurz) Die schlechteste Erinnerung die ich habe ist mein allererster Gig mit Rage am 14.11.2015 im Metal Hammer Paradise. Ich bin im Januar 2015 zur Band gekommen als Musiker, zu dem Zeitpunkt habe ich seit ein paar Jahren kein eigenes Schlagzeug besessen. Und wie es der Zufall so will bin ich da so reingerutscht. Ich war zu dem Zeitpunkt total unsportlich und war gar nicht in der Lage alles umzusetzen was die Songs fordern. Ich habe dann bis zum November trainiert, hab dabei 15 kg abgenommen und mit dem Christos zusammen die Songs geübt, und das jeden Tag, bis die Finger blutig waren. Und dann ist der 14.11 gekommen. Es war die schlechteste Erinnerung, weil ich solche Bauchkrämpfe und eine solche Angst hatte zu versagen, dass ich vorher sogar gekotzt habe. Aber als wir die ersten Songs gespielt haben, hat sich das Gefühl ins Gegenteil gedreht, denn ich hab gesehen „Ich kann das“ und werde der Sache gerecht, das Publikum nimmt mich an als Teil von Rage. Und so wurde ich quasi Rage, aber diese zwei, drei Stunden vor diesem Auftritt war die schrecklichste Erfahrung.

Die beste Erfahrung mit Rage, ist schwieriger, da gibt es zu viele gute! Aber ich glaube, einer der Besten die ich je gemacht habe, war der Wacken Auftritt mit dem Orchester. Wenn du als Musiker mit so vielen phantastischen klassisch ausgebildeten Musikern auf einer Bühne stehen darfst mit Percussion, Geigen und allen Drum und Dran, dann erfährst du deine eigene Musik, die man schon so lange kennt nochmal neu. Das kann man gar nicht wirklich beschreiben und ist so ein Moment, nach dem man süchtig werden kann. Ich kann es kaum abwarten wieder Orchestershows zu spielen. Selbst die Proben dahin sind kein Vergleich bis es dann tatsächlich soweit ist und auf der großen Bühne passiert. Das gehört auf jeden Fall zu den besten Erfahrungen.

Christian (RM): Der Peavy hat bei meinem letzten Interview auf die Frage wo er denn gerne noch auftreten würde mit Südafrika geantwortet. Gibt es denn auch für Dich eine Location oder Land, wo Du gerne mal spielen würdest?

Lucky (Rage): Kann ich drei Länder als Antwort geben?

Christian (RM): Natürlich!

Lucky (Rage): Ich würde mir wünschen in der Ukraine, in Israel und in Russland wieder spielen zu dürfen, weil es bedeuten würde dass dort wieder Frieden ist!

(kurzes Schweigen auf beiden Seiten bei dieser Antwort, besser kann man die Frage nicht beantworten, leider)

Christian (RM): Zum Ende hin kommen wir zu einer meiner Lieblingsfragen, nämlich welche Frage sollte man Dir in 10 Jahren stellen?

Lucky (Rage): Ob Du einen Auftritt auch ohne Tabletten kannst (kommt es wie aus der Pistole geschossen aus Lucky raus, aber nach kurzem überlegen:) Nein warte, ich glaube die schönste Frage die man mir stellen könnte, wäre wenn mich ein junger Mensch fragt „Was muss ich tun, um glücklich zu sein?“ weil das würde assoziieren, dass ich ein glücklicher Mensch bin und über das Glück etwas sagen kann!

Christian (RM): Auch eine verdammt gute Antwort, Respekt!

Lucky (Rage): Wie Du siehst habe ich eine leicht philosophische Ader.

Christian(RM): Zu guter Letzt hast Du dann auch noch bestimmt ein Abschlusswort an die Fans?

Lucky (Rage): Also an alle Rage Fans da draußen, ihr seid einfach unbeatable. Ich bin jetzt seit 10 Jahren dabei und verfolge die Band seit mindesten 35 Jahren, und das die Band da ist, wo sie heute steht und das was wir das so machen dürfen, ist der Verdienst dieser Fans. Ohne diese Leute, die immer wieder zu Konzerten kommen, die sich eine Platte kaufen, oder einen Stream von uns hören, die positiv über uns berichten, die die Band neu entdecken und sich mit ihr beschäftigen, ohne diese Fans würde das alles nicht funktionieren und dann hätten wir nicht die Möglichkeit das zu sagen, oder so zu handeln wie wir es tun. Und das ist uns sehr bewusst! Wir sind da nicht die großen Rockstars, das waren wir nie und werden es auch nicht sein, sondern wir sind demütig genug um zu wissen welches große Glück wir haben, dass es einige Leute gibt, die uns befürworten. Dieses Glück bedeutet, dass wir das machen dürfen was wir gerne machen, nämlich musizieren! An alle Fans da draußen: vielen Dank für Euren Support!

Christian (RM): Ich sage vielen Dank für Deine Zeit, Deine Antworten und wünsche Euch weiterhin viel Erfolg mit dieser einzigartigen Band!

By Christian B

Ich höre alles von traditionellem Heavy Metal, Black, Death, T(h)rash, Folk. Power über Punkrock und was es sonst noch so alles gibt, gut muss es halt sein. Wobei es mir allerdings die Zehennägel aufstellt, ist langweiliger Prog wie in Dream Theater, Queensrÿche, Opeth und Co. zelebrieren. Da schlafe ich schlichtweg ein.

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