Genre: Hardcore, Indie, Rap, Electro
Land: Deutschland
Vor drei Jahren traten Sperling in mein Leben. Mit ihrem Debut Album „Zweifel“ haben mich die Jungs vom Fleck weg überzeugt und Songs geschaffen die mir bis heute unter die Haut gehen. Die junge Band hat seitdem einen speziellen Stellenwert für mich, ich zückte damals die volle Bängzahl stellt sich nur die Frage ob ein neues Album dieser Wertung nahe kommt oder gar noch tiefer geht. So oder so festigen sie mit „Menschen Wie Mir Verzeiht Man Die Welt Oder Hasst Sie“ ihren Platz in meinem Fanherz.
Gleich für den Opener hat man sich mit Joel von Being As An Ocean einen wahrlich großartigen Feat-Gast ins Boot geholt. Meer ist dabei vor allem geerdeter und direkter als so manche bisherigen Songs der Band. Während die Strophe sehr wohl mit den gewohnten Elementen (Cello und Sprechgesang) aufwartet öffnet sich der Sound im Refrain stark. Insgesamt hat Meer auch schon ohne die Gastvocals einen schönen Drive und gewisse Härte. Die Screams fügen sich aber dennoch gut ein, auch wenn sie nicht so stimmig sind wie die noch folgenden Vocals von Mario (Blackout Problems).
Das folgende 100 Tonnen Kummer ist dann aber wieder Sperling wie man sie kennt und liebt. Die Texte gehen aber tatsächlich noch einmal deutlich tiefer. Oft denke ich mir wie krass mir Jojo aus dem Herzen spricht. 100 Tonnen Kummer kommt dennoch überraschend groovig daher, macht aber insgesamt nicht so viel Druck wie Meer. Was soll man noch sagen? Hört euch die Nummer einfach an. Das geht runter wie scharfes Öl.
Mir stehen Tränen in den Augen ich fühle zum gefühlt ersten Mal einen Song wirklich mit jeder Faser. November ist das Titellied meines Lebens. Sperling nehmen sich hier gerade zu Beginn komplett zurück und rücken die Vocals in den Mittelpunkt. Im Refrain wird mit wunderbarem Indie-Gitarrenspiel etwas Tempo aufgenommen, der Druck bleibt gleich. Der Text liegt schon schwer genug auf dem Herz. Auch wenn eigentlich nicht viel passiert, so schaffen es Sperling hier mich so extrem mit zu reißen wie tatsächlich seit langer, langer Zeit mehr keine Band.
Als zweiten Feature-Gast haben sich die Jungs, wie bereits erwähnt, Mario von den Blackout Problems ins Boot geholt. Stilistisch bleiben sich Sperling hier wieder ganz und gar treu. Wieder mehr Tempo und Instrumentalen Druck. Nach dem melancholischen November lebt in Die Kleine Angst durchaus wieder die Hoffnung. Instrumental geht die Band hier insgesamt deutlich härter zu Gange als bisher. Mario steuert seine Vocals auf Deutsch bei. Die beiden Stimmen harmonieren wunderbar und auch auf Deutsch hat Marios Stimme einen unverkennbaren Sound.
Das erste Mal aus der eigenen Komfortzone wagen sie sich mit Wach. Wach ist eine Electro Pop Nummer die ich so nicht von Sperling erwartet hätte. Gerade die Beats ab der zweiten Strophe gehen ordentlich rein. Damit man aber nicht vergisst das Sperling eine Rockband ist wird gegen Ende noch einmal ein feines Solo eingeworfen. Wach ist wie ein Fiebertraum. Die Beats geben ihm etwas sehr surreales.
Zunehmend fällt mir schwer das Gehörte in Worte zu fassen. „Menschen Wie Mir Verzeiht Man Die Welt Oder Hasst Sie“ muss man einfach gehört haben, am besten mit Kopfhören und geschlossenen Augen. Dieses Album ist eine lyrische Offenbarung, hier steht auch der quasi Titeltrack Dünner Als Papier den anderen in nichts nach. Man merkt das sich die Band instrumental definitiv mehr traut, Dünner Als Papier klingt bisweilen sehr verspielt, ohne den Lyrics an Intensität zu nehmen.
Jeder Song zerreißt mein Herz immer weiter. Besonders Verlieren ist in seinem ganzen Aufbau sehr eindringlich und beschreibt tatsächlich am besten was Sperling ausmacht: Die melancholischen Vocals und dazu zunehmend harte Instrumentals. Der Bombast in Verlieren ist etwas das man so bisher noch nicht kannte.
Man merkt das die Jungs Bock auf was neues hatten, so kommt auch Fallen deutlich elektronischer daher und schafft es bisweilen im Refrain ein gewisses Westernfeeling zu erzeugen. Soll ich zu den Texten noch mal was sagen? Die sind wieder on top und enorm eindringlich.
Frost lässt euch das Blut mit wunderbaren Indie-Sounds gefrieren. Der Rest mag schon fast unscheinbar wirken, ist es doch gewohnte Kost, doch im Finale legt Jojo deutlich mehr Druck in die Vocals und die Drums dominieren eindringlich das Soundbild.
Schon fast geradlinig kommt Luft als der wohl straighteste Song daher. Keine großen Ausreißer aber mit einer schönen Steigerung im gesamten Sound und satten Basslines lockert es das Album zum Schluss hin merklich auf.
Nicht ganz so ruhig wie das Debut Werk bringt Die Welt Ist Schuld mit einigen feinen Riffs, einem sehr präsenten Cello und unfassbar ergreifenden Lyrics ein weiteres Ausnahme Album zu Ende.
Fazit:
Sperling haben wie auch auf ihrem Debut Album versucht persönliche Themen zu be- und verarbeiten. Wie auch auf ihrem Debut Album haben sie das großartig gemacht.
Die Musik von Sperling geht mir immer unter die Haut und berührt mich. Ich würde sogar sagen das mich „Menschen Wie Mir Verzeiht Man Die Welt Oder Hasst Sie“ noch naher geht als „Zweifel“. In so vielen Momenten dachte ich mir, hey das könnten meine Worte sein. Sperling sind Künstler, die ihr Handwerk verstehen. Danke für ein weiteres großartiges Album.
Ich vergebe (wieder) 10 von 10 Bängs, mit persönlicher Hörempfehlung.
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„Menschen Wie Mir Verzeiht Man Die Welt Oder Hasst Sie“ erscheint am heutigen 23. Februar via Uncle M Music und ist als CD und Vinyl erhältlich und kann überall gehört werden wo es Musik gibt.
Tracklist:
1. Meer feat. Joel (Being As An Ocean)
2. 100 Tonnen Kummer
3. November
4. Die Kleine Angst feat. Mario (Blackout Problems)
5. Wach
6. Dünner Als Papier
7. Verlieren
8. Fallen
9. Frost
10. Luft
11. Die Welt Ist Schuld