Für mich stellt ein Konzeptalbum die vermutlich größte Herausforderung einer Band dar. Gute Songwriter und Komponisten können sich ohne weiteres an einem solchen Werk die Zähne ausbeißen. Während auf einem normalen Album ja jeder Track für sich alleine steht, ist bei einem Konzeptalbum die Summe aller Teile wichtig. Es muss alles passen und, ganz wichtig, einfach stimmig und in sich verwoben klingen.
Nach der EP „Alien Oceans“ und dem ersten Album „Bestiarium“ wagt sich die deutsche Band Sky Of Calvaria mit „Athma“ nun auch an so ein Projekt. Die Single Agneya (The Inhale) machte schon mal Lust auf mehr, wie die anderen Songs rüberkommen, versuche ich euch nun zu schildern.
Die erste Single stellt auch gleich den Opener dar. Schon zu Beginn werden keine Gefangenen genommen und das komplexe Riffing und Drumming ausgepackt, dazu gesellen sich dann noch die markanten Clean-Vocals und erst mal ist keine Entspannung zu erwarten. Nach knapp zwei Minuten kommt es aber zu einem kurzen Einbruch, auf welchen etwas Struktur folgt. Auch dies währt nur kurz, denn die anschließend einsetzenden Screams stürzen den Song wieder in ein komplexes und spannendes Chaos. Agneya (The Inhale) lebt von seinen krassen Tempowechsel.
Auch das folgende The Filament geht in eine ähnliche Richtung, wird aber maßgeblich von einem fetten Riff geleitet. Gerade hier kann man Parallelen zu „Coma Ecliptic“ von Between The Buried And Me nicht von der Hand weisen. Da besagtes Album für mich aber einen Meilenstein im progressiven Storytelling darstellt, ist dies absolut als Kompliment zu werten.
Bridge To Multiverse erhöht nicht nur das Tempo ordenlich und kommt phasenweise sehr disharmonisch daher, sondern stellt auch die markigen Screams mehr in den Mittelpunkt. Mit seinen nicht einmal vier Minuten Laufzeit fällt es auch hier noch einmal auf und man merkt, auch wenn die Truppe sicherlich auf Longtracks setzt, können sie auch knackigere Songs ohne Abstriche ordentlich transportieren.
Das groovige Jangala stellt für mich eines der ersten großen Highlights dar. Besonders die beinahe geschrienen Cleans im Refrain vermitteln ein starkes Gefühl von Schmerz und intensivieren die Musik ungemein. Ebenso wie die leisen Vocals zur Mitte der Nummer, die mit einem starken Solo einhergehen und gemeinsam aus einer scheinbaren Monotonie entbrechen und Jangala noch einmal neues Leben einhauchen.
Atmosphärisch startet der Titeltrack Athma, doch schon nach kurzer Zeit wird das sehr interessante Intro vom gewohnten Chaos durchschnitten und wir befinden uns wieder in einem bedrohlichen Tornado aus Stakkato Drumming und messerscharfen Riffs. Aufgelockert wird dieses Ungetüm von den sehr variablen Cleans, die mit immer neuen Facetten aufwarten können.
Das über weite Strecken rein instrumentale Stück Quasar bietet die gewohnte Komplexität, gepaart mit Eingängigkeit. Mittlerweile nichts überraschendes mehr, dennoch qualitativ mehr als ordentlich umgesetzt.
Gerade als ich mir dachte, dass etwas Ruhe mal gut wäre, startet das „kurze“ Instrumental Geoglyph. Zwar bleibt es nicht so ruhig wie der Beginn vermuten lässt, aber sie ist bei weitem nicht so komplex wie die restlichen anderen Stücke und ist mehr als „nur“ eine Instrumentalnummer. Für mich hat sie ganz klar eine Daseinsberechtigung und leitet ein noch spannenderes Abschluss Trio ein.
Das vertrackte The Great Attractor beinhaltet einen förmlichen Battle zwischen Cleans und Screams und einem Wechselbad aus Harmonie und Disharmonie. Ein Solo beendet den Track und lässt offen an wen der Sieg hier gegangen ist.
Heliacal Rising startet träge und mit einer traurigen Atmosphäre. Leider muss ich sagen, dass hier weniger aber mehr gewesen wäre, denn nach dem sehr spannenden Start bricht der mittlerweile gewohnte Sound hervor. Klar definitiv nicht schlecht, von mir aus hätten sie das Motiv vom Anfang aber gerne durchziehen können.
Mit etwas mehr als zwölf Minuten wirft uns Agneya (The Exhale) aus diesem Prog Metal Tornado. Der Abschluss beinhaltet noch einmal alles, was uns Sky Of Calvaria über die restlichen neun Tracks verteilt geboten haben. So haben wir harmonische Klangspuren, genau so wie auch disharmonische. Mal geht es straight nach vorne, mal schreddern sie um den heißen Brei und zelebrieren uns ein letztes Gewitter an wilden Riffs und blitzschnellem Drumming. Beendet wird der Reigen mit einem kleinen aber feinen Akustikriff, der diesem Brett noch etwas Weichheit verleiht.
Fazit:
Als erstes muss man sagen, dass die Jungs ihre Instrumente sehr beherrschen, ebenso weiß der Sänger sein Organ gekonnt einzusetzen. Leider fehlt mir nur etwas die Abwechslung im Sound. Man hätte ruhig über die Länge eines ganzen Tracks das Tempo raus nehmen können, so haben wir ein Werk, das man sich erarbeiten muss und das ist wiederum sehr löblich. Viel zu oft verkommt Musik zu einem einfachen und belanglosen Konsumgut. „Athma“ stellt sich gegen diesen Trend und will gehört und verstanden werden.
Handwerklich ein starkes Album, das sich Fans progressiver Klänge unbedingt einmal (oder besser einige Male) zu Gemüte führen sollten.
Ich vergebe 9 von 10 Bängs.
„Athma“ erscheint am heutigen 29. November und ist als CD, Digitales Album und Stream erhältlich.