Ziemlich genau ein Jahr nach Ihrem letzten Besuch in Ludwigsburg, luden SALTATIO MORTIS am letzten Freitag erneut zur großen Party ins Schwabenländle ein. Obwohl eigentlich ein gewisse Rivalität zwischen den Badener und den Schwaben nachgesagt wird, scheint Ludwigsburg ein sehr gutes Pflaster für die aus Karlsruhe stammende Band zu sein, denn an diesem Abend fanden wieder geschätzte 4000-5000 Zuschauer den Weg in die MHP-Arena.
Bei der „Taugenichts-Tour 2023“ sind in diesem Jahr die Schotten von ALESTORM als Support mit von der Partie. Die Pirate-Metaller um Frontmann und Keyboarer Christopher Bowes sind ja bekannt als gute Liveband und berüchtigt für Ihre stimmungsvollen Metal-Partys, bei meist den Stimmungspegel bis zum Maximun ausschlagen lässt. So darf man sich bei dem Package ALESTORM+SALTATIO MORTIS schon im Vorfeld auf eine Party der Extraklasse freuen.
Schon früh am Abend um 19 Uhr entert die Piratenbande die große Bühne, auf der ihr Maskottchen, die riesige gelbe Quietscheente tront. Sofort fällt Christopfer auf, der wie immer mit Kilt gekleidet, bei dieser Tour aber mit einer Armschlinge gehandicapt ist und sich heute mehr auf den Gesangspart konzentrieren muss. Kurz vor dem Tourstart passierte das Malheur und so muss er bzw. Alestorm während der Tour leider ohne sein gewohntes Keyboard auskommen.
Mit `Keelhauled´ kommt gleich zu Beginn einer der großen Alltime-Klassiker der Band, ein guter Opener, der gleich mal für ordentlich Laune in der Halle sorgt. Etwas überraschend für mich ist, das die Stimmung in der Halle trotz der hitverdächtigen Songauswahl trotzdem eher verhalten ausfällt. Ich habe die Band nun schon bei einigen Gigs live erlebt und meist waren die Publikumsresonanzen sehr gut bis überschwänglich. Doch heute will der Funke nicht ganz so heftig überspringen, obwohl sich die Band mit ihren Party-Hits wie `Mexico´ oder `P.A.R.T.Y.` wahrlich nicht lumpen lässt.
Doch irgendwie fehlt die Action von Christopher, der doch ohne seine Keyboard meist etwas wie angewurzelt am Micro steht. Ganz ohne sein geliebtes Tasteninstrument kann er dann doch nicht auskommen und so spielt er ab und an einhändig an einem kleinen Keyboard, das auf der Bühne steht oder lässt sich von einem Roadie ein Keyboard reichen, um darauf zu klimpern.
Richtig ab geht dann die Posts beim Taio Cruz-Cover `Hangover` , bei dem ein rappenden Hai Gitarrist Máté Bodor in seinen grünen Sportshorts kräftig in den Hintern beißt. Auch bei `Drink` steigt die Stimmung deutlich an und so wird das namengebende schottische Ale lautstark zusammen mit dem Publikum gehuldigt. Mit dem berühmten Intro von Manowar`s `Battle Hymns` führen ALESTORM die Fans zunächst auf eine falsche Fährte, um dann fließend in ihren `Pirate Song` überzuwechseln.
Nach „Zombies Ate My Pirate Ship“ folgt mit `Fucked With an Anchor` der nicht ganz ernste und nicht ganz jugendfreie Song, bei dem die Mittelfinger reihenweise in die Höhe gehen, ehe nach einer Stunde mit `Duck Tales Theme Song` das Ende des Auftritts erreicht ist. Ein solider aber nicht überragender Auftritt der mit Partyhits en mass eigentlich noch etwas mehr Resonanz im Publikum erwarten lies.
Lag vielleicht daran, dass ALESTORM doch eher ein Metalpublikum anspricht wie das eher mittelalterorientierte SaMo-Publikum.
Nach 35 Minuten Umbaupause fällt dann kurz nach halb neun der in den Pride-Farben gehaltene Vorhang für SALTATIO MORTIS und sofort wird klar, weshalb die Fans nach Ludwigsburg gepilgert sind. Hatten die Mittelalterrocker bei ihrer „Für Immer Frei -Tour 2022“ die bis dato größte Produktion ihrer Bandhistorie dabei (den Bericht findet ihr hier) , so hat man sich dieses Jahr erneut nicht lumpen lassen und für die „Taugenichts-Tour“ nochmals eine Schippe draufgepackt. Die große weitläufige Bühne mit mehreren Etagen ist schon mal beeindruckend und auch die Videowall im Hintergrund zeugt vom inzwischen erreichten Headlinerstatus, den man sich im Hause SALTATIO MORTIS in den letzten Jahren mit all den Nr. 1 Alben und fantastischen Liveshows erspielen konnte.
Den Auftakt macht heute der Titelsong der Tour `Taugenichts`, der die Hütte gleich mal richtig zum Beben bringt, ein gelungener Einstieg in einen fantastischen Auftritt der sympathischen Jungs aus Karlsruhe. Sofort fällt auf, dass sich Frontmann Alea eine neue Bühnengarderobe zugelegt hat. Die in den zurückliegenden Jahren zum Standardoutfit gehörende Jacke und Alea`s Lieblingshose bleibt heute im Koffer und ist einer neuen Kombi aus Lederjacke und Hose gewichen.
Doch auch wenn die Optik zunächst etwas ungewohnt ist, die Musik ist unverkennbar das, was die Fans hören wollen. Auch wenn sich die Songs von SALTATIO MORTIS in der jüngeren Vergangenheit etwas weg vom klassischen Mittelalterrock hin zur Rockmusik mit Mittelalterinstrumenten entwickelt haben, sind die Fans sofort Feuer und Flamme und die Party kann losgehen.
Während der nächsten 2 Stunden gibt´s kaum Zeit für Erholung, denn SaMo haben zum Angriff geblasen und hauen uns Hit um Hit um die Ohren. Von `Wo sind die Clowns´ über `Loki` bis hin zum neuesten Song `Heute Nacht` werden bei dieser Tour viele Songs der jüngeren Zeit präsentiert, die alten Mittelaltersongs wie `Ich werde Wind`, ´Satan Fall` oder `Heimdall` sind eher in der Minderheit. Doch werden sie besonders lautstark von den „alten“ Fans der ersten Stunde mitgesungen. Doch selbstverständlich begeistern auch die Singleauskopplungen der jüngeren Zeit wie `Odins Raben` oder `My Mother Told Me` die Massen. Bei `God of War` ist zwar Payton Parrish (mit ihm haben SaMo den Song aufgenommen und sind damit sogar in die US-Charts einstiegen, Anm. d. Red.) live nicht mit dabei, doch auch so wird der Song zu einem Highlight des Abends und durch die entsprechenden Schwarzlicht-Effekte und Neonfarben eindrucksvoll in Szene gesetzt. Luzi, Elsi, Frank und Till übernehmen dabei die 4 neonfarben strahlenden Pauken und unterstützen Jean am Schlagzeug, zusammen mit dem leuchtenden Backdrop echt ein gelungener Hingucker.
Alea zeigt sich mal wieder in Höchstform und hat das Publikum ab der ersten Sekunde des Auftritts fest im Griff. Immer in engem Kontakt zu seinen Fans rockt er die Bühne wie ein Wilder. Alea ist mit seiner sympathischen Art das perfekte Aushängeschild der Band und bildet zusammen mit Jean am Schlagzeug ein perfekt eingespieltes Gespann, das mehr als einmal für Lacher in der Halle sorgt. Auch das Bad in der Menge lässt er sich nicht nehmen, und so stürzt er sich kopfüber bei `Rattenfänger` als Crowdsurfer bäuchlings ins Publikum, um sich Auge in Auge mit seinen Fans durch die ganze Halle buxieren zu lassen. Auch die zahlreichen Grabschversuche scheinen ihn nicht sonderlich gestört zu haben, und so wagt er sich später erneut in die Menge, um mit den SaMo –Fans gemeinsam im Circle-Pit den Turbo zu starten.
Wie schon bei der letzten Tour darf natürlich auch diesmal das Element Feuer nicht zu kurz kommen und so werden immer wieder mal riesige Feuerfontänen oder auch dezente Feuerelemente auf der Bühne plaziert, die für entsprechende optische Untermalung und für die passende Stimmung sorgen. Auch ein Schneesturm aus Papierschnipsel und die Videowall leisten ihren Beitrag zu optisch perfekt inszenierten Show, so dass man wirklich etwas für sein Geld geboten bekommt.
Einer meiner Highlights ist sicherlich `Pray For The Hunter`, bei dem das überragende Musikvideo auf der Videowall im Hintergrund für die passende Schlachtenszenerie sorgt. Lauthals gröhlen die anwesenden Krieger den Schlachtruf „Ahkrin vahlok“ Alea entgegen, absolut genial!
Auch die teilweise von den Fans sehr kritisch gesehene Single `Heute Nacht` wird live richtig abgefeiert und mausert sich trotz der Mallorca-Hit-Anleihen live zu einem echten Partykracher im Saltatio-Style, mit den Handyleuchten wird die MHP-Arena sogar für Sekunden richtig heimelig. Das Electric Cowboys Cover `Hypa Hypa´ und `Alive now´ bilder dann ein gelungenen Abschluss des regulären Sets, quasi der musikalische Gegenpol zum vorher gespielten alten Party-Klassiker `Mittelalter`.
Der Zugabenteil startet dann nach kurzer Unterbrechung mit der SaMo-Hymne schlechthin, denn mit `Für Immer Jung` haben SALTATIO MORTIS gewissermaßen ihr eigenes `Tage wie dieser` (Hit der Die Toten Hosen, Anm.d.Red) erschaffen, das sicherlich auch in Zukunft fester Bestandteil der Setlist bleiben wird, spiegelt es doch sehr eindrucksvoll die Einstellung und das Lebensgefühl der Band wieder. Bei `Gardyloo` gibt es nochmals einen Zuschlag für die Fans, die natürlich noch lange nicht genug haben von Ihren Lieblingen. Alea fordert dabei die Fans auf, sich eines Kleidungsstücks zu entledigen und so wird beim Wedeln zumindest kurzfristig eine gewisse Luftzirkulation geschaffen.
Als Finale folgt dann der schon zur Tradition eines jeden SaMo-Konzerts gehörende `Spielmannsschwur`, der mit lange anhaltendem Mitsingteil und „HooHooHooHooos“ von den Fans deutlich in die Länge gezogen wird und wieder einen grandiosen Abschluss eines fantastischen Auftritts bildet. Bei den Schlussworten bedankt sich die Band dann bei ihrer Crew, ohne die diese Tour nicht zu stemmen wäre. Doch der größte Dank geht natürlich direkt an die von Jahr zu Jahr größer werdende Fangemeinde für deren Unterstützung und den Support in den vergangenen 20 Jahren. Und so stehen die Musiker mehr als freudestrahlend zum Abschlussbild bereit und blicken fast schon gerührt in die schweißgebadete, jubelnde Menge in Ludwigsburg.
Danach ist dann endgültig das Ende des Auftritts erreicht und nach etwas mehr als 120 Minuten verabschieden sich die 7 Musiker beim Outro `Remmidemmi ` vom Band glücklich und erschöpft von den nicht weniger glücklichen und begeisterten Fans.
Doch Alea und Luzi verschwinden nicht einfach von der Bühne – Luzi hilft noch schnell den Roadies und föhnt mit dem Akkulaubbläser die Papierschnipsel des Schneesturms beiseite, während Alea sich direkt in den Graben stürzt, um mit den Fans in der ersten Reihe abzuklatschen und für das ein oder andere Selfies zur Verfügung zu stehen.
Das nenne ich mal Fan-nähe und sicherlich auch ein Grund für den großen Erfolg der Band, die auch heute die Nähe zu ihren Fans sucht und noch immer zu schätzen weiß, dass sie vor über 20 Jahren als kleine Straßenmusikanten mit der Musik begonnen haben. Sie wissen, wem sie den erfolg zu verdanken haben, da kann sich manch anderer Künstler ein kleines Scheibchen abschneiden.
Fazit :
Mal wieder war der Auftritt von SALTATIO MORTIS ein echter musikalischer Leckerbissen und sowohl stimmungsmäßig wie auch optisch mal wieder nahe an den 100 Punkten. Auch wenn sicherlich der ein oder andere Fan der ersten Stunde den eingeschlagenen Weg der Band nicht zu 100% gutheißen wird, gibt der Erfolg der Band doch letztendlich recht. Auch andere große Bands haben sich im Laufe Ihrer Karriere etwas von den frühen Wurzeln entfernt, um danach richtig durchzustarten. SaMo sind dank ihrer umgänglichen und nahbaren Art auf dem besten Weg, in Kürze auch die ganz großen Hallen zu füllen!
Schon heute dürfen sich alle Saltatio-Fans auf die im Jahr 2024 anstehende „Finsterwacht 2024“ freuen, bei dem in mitteralterlicher Kulisse dann wohl auch wieder vermehrt die älteren Songs auf der Setlist berücksichtigt werden dürften. Alle Infos zur Burgentour „Finsterwacht 2024“ findet Ihr hier bei uns !
Setlist ALESTORM:
- Keelhauled
- No Grave but the Sea
- The Sunk’n Norwegian
- Walk the Plank
- Under Blackened Banners
- Hangover (Taio Cruz cover)
- Mexico
- P.A.R.T.Y.
- Pirate Song
- Shit Boat (No Fans)
- Drink
- Zombies Ate My Pirate Ship
- Fucked With an Anchor
- Duck Tales Theme Song
Setlist Saltataio Mortis:
- Taugenichts
- Wo Sind Die Clowns
- Große Träume
- Ich Werde Wind
- Loki
- Satans Fall
- Odins Raben
- Brunhild
- My Mother Told Me
- God Of War
- Heimdall
- What Should We Do with The Drunken Sailor?
- Pray To The Hunter
- My Mother Told Me
- Rattenfänger
- Heute Nacht
- Mittelalter
- Seitdem Du Weg Bist
- Keine Regeln
- Hypa Hypa
- Alive Now
Zugaben:
- Für Immer Jung
- Gardyloo
- Spielmannsschwur
- Outro: Remmidemmi (Yippie Yippie Yeah) (Deichkind Cover)
SALTATION MORTIS online
Website | Instagram | Facebook
Text und Foto-Credits : @ Thomas Jenne