Im Sommer wird die Rockmagazine Redaktion regelmässig zu einem Wandervolk. Wir tingeln von Festival zu Festival um neue Bands für euch zu finden, Klassiker zu bewundern und das geniale Flair zu geniessen. Dieses mal sind Roland und Michael nach Gelsenkirchen zum Rock Hard Festival gedüst. Lest selbst, was sie erlebt haben…
Pünklich um 8 Uhr in der Früh‘ werde ich am Freitag von Roland in Mittelhessen abgeholt, um unseren ersten gemeinsamen Job in Gelsenkirchen beim diesjährigen Rock Hard Festival zu machen. Da hat er schon 450 km auf dem Tacho, denn unser Fotograf hat sich vom Freistaat Bayern aus auf die Socken gemacht, um mich einzusammeln. Auf der gut zweieinhalbstündigen Weiterfahrt blieb genug Zeit, uns zu beschnuppern und festzustellen: Das passt sehr gut mit uns Beiden. Die Fahrt führte uns erstmal in unser Quartier nach Dinslaken, um mit Andreas von metalloscope-music Berlin und Dirk, Bassist der Krachmakers und sehr guter Freund von mir, zwei weitere Weggefährten für das Festival zu treffen.
Gegen 14 Uhr finden wir uns auf dem schön gelegenen Gelände ein, wir gönnen uns schon ein erstes Bier, nur Roland zieht es vor getaner Arbeit vor, mit einer Caprisonne anzustoßen. Die Sonne brennt schon erbarmungslos vom Himmel, allerdings waren wir schon gewarnt, der Wetterdienst hatte Unwetter angekündigt…Für die Leute von der Presse gab es eine extra Passausgabe, so dass wir ohne Zeitverlust durch die Kontrollpunkte kamen.
Das Auditorium ist noch lose gefüllt, unser Blick schweift über die schöne Zeltbühne mit dem Rhein-Herne-Kanal im Hintergrund, wo immer wieder Dampfer ihre Schiffshörner betätigen, wenn sie den Festivalbereich passieren. Pünktlich um 15 Uhr besteigen Vulture aus NRW die Bühne und setzen eine erste Duftmarke. Wir schauen uns den Auftritt von den oberen Rängen an, wo man immer eine gute Sicht auf das Geschehen hat. Als Festival-Opener durchaus in Ordnung, mir persönlich war der von den hohen Screams von Sänger Leo „Steeler“ geprägte Speed/Thrash Metal etwas zu eintönig. Nach knapp vierzig Minunten war der Auftritt zu Ende, und in der Menge habe ich die ersten bekannten Gesichter entdeckt.
Vulture
Also schnell ins Rund hinabgestiegen, herzliche Begrüßungen austauschen und den Auftritt der Prog-Death-Psycodelic Metaller Chapel Of Disease aus nächster Nähe mit meinen Kumpels begutachten. Die Band war mir bisher nicht weiter bekannt, mit ihrem Sound, der in der Nähe zu Opeth steht, haben die Kölner mich aber schnell abgeholt. Beim abschließenden „Song For The Gods“ geht Jörg S., der neben mir steht, jedenfalls steil! Für mich schon mal ein kleines Highlight, die Jungs werde ich im Auge behalten.
Chapel Of Disease
Nach dem Auftritt werden weitere Bekanntschaften geschlossen, und Jörg, Schlagzeuger der international besetzten Newcomer Nova Skellis, gesellt sich zu uns. Die Dortmunder Kult-Punk-Band The Idiots um Sir Hannes Schmidt hat inzwischen die Bühne geentert und sorgt mit brachialem Sound für Bewegung zwischen den gut gefüllten Reihen. Bei „Plastik“ vom aktuellen Album bildet sich ein erster kleiner Circle-Pit bei dem der Fronter es sich nicht nehmen lässt, sich selbst in die Massen zu stürzen. Mit dem Song „Der S04 und der BVB“ kann man in der „verbotenen Stadt“ jederzeit punkten.
The Idiots
Der Himmel hat sich inzwischen besorgniserregend zugezogen, als der Auftritt der NWOBHM Urgesteine Tygers of Pan Tang auf dem Programm steht. Doppelt Grund, sich vor der überdachten Bühne in der ersten Reihe zu platzieren. Die Briten gehörten schon in den 80ern zu meinen Lieblingsbands. Klassiker wie „Gangland“, „Euthanasia“,„Don’t Stop By“ und „Hellbound“ gemischt mit Songs vom aktuellen Dreher „Only The Brave“ oder „Glad Rags“ sorgen jedenfalls beim vorwiegend älteren Publikum vor der Bühne für nostalgische Gefühle. Solider Auftritt der Tygers um das einzig verbliebene Originalmitglied Robb Weir!
Tygers of Pan Tang
Der Regen hat inzwischen wieder aufgehört, so dass ich den Gig der Amerikaner Lizzy Borden wieder auf den Stufen des Amphietheaters erwarte. Dirk hatte das letztjährige Album der Shock Rocker schon gefeiert, ich war vom 85er Debüt „Love You To Pieces“ noch nie recht angetan, aber als die Show gegen 19:45 Uhr mit dem Titeltrack der aktuellen Scheibe „My Midnight Things“ startet, ist meine Aufmerksamkeit gleich gewonnen. Großartige Bühnenshow mit ständig wechselnder Garderobe und einer überaus aktiven Band. Bei „There Will Be Blood“ besudelt Lizzy die ersten Reihen literweise mit Blut, was für zusätzliche Stimmung sorgt. Während „American Metal“ und „Me Against The World“ sieht man jede Menge Crowdsurfer und die Security hat alle Hände voll zu tun, um die aufgeheizte Meute sicher in den Fotograben zu bekommen. Für mich und viele andere vor Ort ist der Auftritt eine echte Überraschung und gehört zu den Festival-Highlights.
Lizzy Borden
Mit Watain als Freitagsheadliner steht eine der extremsten Formationen im Line-Up des Festivals auf der Bühne. Finsterer Black Metal mit großer Bühnenshow soll den ersten Festivaltag abschließen. Als die fünf Schweden mit Corpse Paint und großer Lightshow loslegen, sind die Publikumsreaktionen sehr unterschiedlich. Ich kann mit dem brachialen Sound und Songs wie „Underneath The Cenotaph“ und „The Child Must Die“ ehrlich gesagt nix anfangen. Die Bühnenshow kann meine Begleiter und mich auch nicht zum Bleiben bewegen, so dass wir beschließen, den Tag in einer Kneipe in der Nähe ausklingen zu lassen, so dass auch Roland zu seinem ersten wohlverdienten Bier kommt.
Waitan
Es war ein langer Tag, Roland, Andreas und ich werden von Dirk in unser Hotel chauffiert, während Jörg sein Zelt auf dem Campground bezieht. Dirk ist ja Heimschläfer…