Pikes Edge – Bandchef Pike im Interview über das kommende Album, Corona und das Einzige, was man für Geld nicht kaufen kann

Titelfoto: Roland Eichler
Heavy Metal aus München: Pikes Edge – Telefon-Interview mit Band-Chef Pike
Rock Magazine (RM): Hallo Pike, vielen Dank, dass Du Dir Zeit für ein Telefon-Interview genommen hast. Wir haben uns 2018 in Wacken das erste Mal getroffen. Spielt ihr noch in dieser Besetzung, also mit Lukas und Marin an der Gitarre, Michael am Bass und Rossi an den Drums?
Pike: Schön, das wir heute wieder zusammen sprechen. Derzeit haben wir keinen Bassisten, Michael ist aus persönlichen Gründen aus der Band ausgeschieden und aktuell nicht mehr dabei.
RM: Ihr habt mir damals erzählt, dass ihr von Wacken aus direkt nach Schweden in die Top Floor Studios von dem bekannten Produzenten Jakob Herrmann fahrt, um an eurem nächsten Album zu arbeiten.
Pike: Genau, da haben wir zwei Wochen mit Jakob Herrmann gearbeitet und Jacob Hansen mischt das Album in Dänemark ab. Die beiden arbeiten ja zusammen. In den Top Floor Studios haben schon Bands wie In Flames, Machine Head, Evergrey und andere aufgenommen. Es war eine super Erfahrung und wir haben jede Menge daraus gelernt. Der ist schon krass der Jakob Herrmann.
RM: Das letzte Album habt ihr mit dem Bassisten von U.D.O., Fitty Wienhold aufgenommen. Wo seht ihr den Unterschied?
Pike: Beim letzten Album All of your Beauty habe ich ein Studio in München gebucht. Fitty ist damals nach München gekommen und wir haben uns da eingesperrt und das Ding durchgeboxt. Natürlich ist es auch geil gewesen mit Fitty zu produzieren, er ist ein guter Musiker. Jakob Herrmann ist kein aktiver Bandmusiker, sondern produziert nur Bands und hat da ganz große Namen dabei. Er hört alles, jeden einzelnen Fehler bzw. das, was man selber nicht mitbekommt. Er hört zum Beispiel, wenn ein, zwei Schläge beim Schlagzeug oder der Beat nicht energisch genug sind oder die Gitarre mit einem anderen Feeling gespielt werden muss.
RM: Hast Du auf dem neuen Album wieder die Texte geschrieben?
Pike: Lukas und ich haben das ganze Album zusammen geschrieben, wie schon bei All of Our Beauty. Ich komme meistens mit den Ideen, zum Beispiel auch, mit Jakob Hansen zusammenzuarbeiten. Wir haben uns nicht gekannt, aber er hatte unseren Namen schon gehört. Unsere Musik gefällt ihm und so ist das zustande gekommen.
RM: Wie finanziert man als Band so ein Album?
Pike: Aus der eigenen Tasche. Jeder von uns hat seinen Beruf, man verzichtet auf den einen oder anderen Urlaub oder geht an die Ersparnisse und macht eine geile Album Produktion.
Das ist nicht wenig Geld, was man für eine Produktion in die Hand nimmt. Man könnte dafür einen richtig geilen Urlaub machen, entspannen oder das Geld einfach auf die Seite legen. Aber wir lieben das, was wir machen und wäre das Geld der Grund, warum wir das machen, dann hätten wir schon längst aufgehört. Was man verdient und was man gerade in unserer Größe ausgibt, kann man nicht miteinander vergleichen.
RM: Und das Album habt ihr jetzt soweit fertig aufgenommen?
Pike: Genau, es ist soweit fertig aufgenommen. Was Du gehört hast ist noch nicht der finale Mix, wir stehen ungefähr bei 90%. Gerade gestern habe ich noch mit Jacob Hansen gesprochen. Er macht jetzt gerade das Mastering und in den nächsten Tagen sollte alles fertig sein. Und dann schauen wir, ob wir das Album selbst releasen. Es gab einige Angebote von Labeln, aber die waren uninteressant für uns.
RM: Habt ihr schon ein Datum anvisiert, wann das Album in den Handel kommt?
Pike: Auf jeden Fall in dem letzten Viertel des Jahres.
RM: Habt ihr zum Release Live-Auftritte in Planung?
Pike: Das ist zurzeit natürlich sehr schwierig. Eigentlich wollten wir früher mit dem Album herauskommen, aber dann kamen ein paar private Sachen und zuletzt die Corona-Krise, deshalb haben wir das Ganze so lang verschoben. Aber wenn die Krise vorbei ist, wird es schon einige kleine Touren geben.
RM: Kannst Du uns zum neuen Album schon irgendwas verraten? Werden die Texte wieder sehr gesellschaftskritisch sein, oder habt ihr euch ein bisschen anders orientiert?
Pike: Es werden alle Themen des Lebens angesprochen. Natürlich sind wir auch wieder gesellschaftskritisch. Das kann man nie leider genug sein. Der Titelsong zum Beispiel drückt die Hoffnung aus, dass die Gesellschaft irgendwann versteht, dass das Leben aus vielen anderen schönen Sachen besteht, als nur ein Sklave unseres Systems zu sein.
RM: Der eine oder andere sieht ja in der Krise die Chance auf ein großes Umdenken.
Pike: Da bin ich pessimistisch. Solange Geld im Spiel ist, lernt die Menschheit nicht. Nehmen wir die großen Konzerne. Sie verlagern die Produktion, um ein paar Cent mehr zu verdienen. Ganz extrem haben wir es gerade bei der Medizin erlebt. Aber die Hoffnung stirbt ja zuletzt.
RM: Ihr habt mir bei unserem letzten Interview erzählt, das ihr im Oktober 2018 eine Gefängnistour geplant hattet. Wie war das?
Pike: Das war eine super Erfahrung. Wir hätten in drei Gefängnissen spielen sollen, haben davon aber letztlich wegen organisatorischer Probleme in den Einrichtungen bisher nur eins realisieren können. Der Saal war komplett bestuhlt und die Insassen durften nicht stehen, es gab natürlich auch keinen Alkohol. Die Leute sind auf den Stühlen eigentlich mehr abgegangen wie auf den Konzerten. Die waren echt cool drauf und es gab auch fetten Applaus. Da sitzen ja nicht nur Mörder und Vergewaltiger. Da sind auch auch Menschen dabei, die einfach nur Pech gehabt haben im Leben, die vielleicht Rechnungen nicht bezahlt und immer mehr Schulden angehäuft haben.
RM: Habt ihr so was nochmal geplant oder ist das wegen der organisatorischen Probleme jetzt abgehakt?
Pike: Ne, wir würden das auf jeden Fall nochmal durchziehen und die Gigs nachholen, wo wir nicht spielen konnten. Das ist noch nicht vom Tisch, nur verschoben.
RM: Habt ihr das Artwork auch schon fertig für das neue Album?
Pike: Das ist schon fertig und sehr aussagestark. Ich freue mich schon, dass den Fans und Metalheads zu präsentieren. Die Idee hatte ich schon 2016/17. Wir spielten das All of Our Beauty Album in der Schweiz, als ich den Jungs sagte, das nächste Album wird so heißen und so stelle ich mir das Cover vor. Ich habe in den Staaten dann eine Firma gefunden, die das richtig cool umsetzen konnten und so haben wir das dann auch gemacht.
RM: Wie wichtig ist ein Cover für ein Album?
Pike: Für mich persönlich ist das Cover schon sehr wichtig. Das soll eine Botschaft sein. Künstler schreiben Songs, weil wir einiges zu sagen haben und mit dem Cover ist es genauso.
RM: Was erwartet eure Fans, habt ihr euren Stil beibehalten?
Pike: Die Songs wurden mit viel Herzblut und Leidenschaft geschrieben. All of Our Beauty war schon eine Steigerung im Songwriting und der Produktion. Mit dem kommenden Album haben wir die Latte jetzt noch höher gelegt, haben den Maßstab noch verschoben. Die Fans erwartet eine geile Produktion und geile Songs. Es gibt Balladen und es gibt richtig was „auf die Fresse“. Songs, die von Jakob Herrmann produziert und von Jacob Hansen gemischt wurden, also wirklich Top-Leute und ich glaube, die Namen sagen alles. Ihr könnt gespannt sein, da kommt was Geiles.
RM: Das kann ich nur bestätigen, was ich gehört habe gefällt mir richtig gut. Ihr habt da nochmal ein richtiges Pfund oben drauf gelegt. Allein das Drumming und der Gitarrenteil in der Mitte des Openers haben mich gleich weggehauen. Sehr abwechslungsreich!
Pike: Danke, danke, das freut uns sehr. Bei dem Song haben wir auch einen Gastsänger dabei. Joacim Jake E. Lundberg (Ex-Amaranthe) von der Band Cyhra hat uns dabei unterstützt. Den Song könnte man auch gut mit Orchester spielen, das würde auch richtig geil klingen.
RM: Was habt ihr noch für Pläne oder seid ihr derzeit in der Warteschleife?
Pike: Ja alles ist auf Standby. Wir warten jetzt, dass die Beschränkungen irgendwie vorbei gehen. Aber auch wenn es jetzt die Lockerung gibt, heißt das noch nicht, dass Konzerte stattfinden dürfen. Viele Konzerte und Festivals sind auf nächstes Jahr verschoben. Und bei uns wird es wahrscheinlich auch so sein. Also werden wir wahrscheinlich ab 2021 auf Tour gehen. Russland und Südosteuropa sind schon in Planung, aber jetzt muss man mal abwarten, wie sich das alles entwickelt. Wir schreiben auch schon an neuen Songs für das nächste Album im Background.
RM: Das Rock Magazine hat seit neuestem übrigens auch eine Spotify-Playlist -Rockmagazine Heavy Rotation, die die Redakteure jede Woche mit ihren Lieblingssongs ergänzen. Da seid ihr mit dem Song Denial of Service vom letzten Album All of Our Beauty dabei.
Pike: Vielen Dank, freut mich zu hören.
RM: Dann komme ich auch schon zur letzten Frage. Gibt es etwas, was du unseren Lesern mit auf den Weg geben möchtest?
Pike: Bleibt gesund genießt das Leben! Gebt Eure Zeit nicht Jedem. Man nimmt sich für so unwichtige Sachen Zeit. Diese Zeit bekommt man nie wieder zurück. Zeit ist das einzige was man nicht kaufen kann.
RM: Das ist eine wirklich tolle Botschaft! Und ich danke Dir jetzt für die ZEIT, die du dir für unser Interview genommen hast! Ich hoffe, dass wir uns bald auf einer Release-Tour wieder persönlich treffen können.
Pike: Ich danke Dir auch. Und wenn das Album raus ist, schicke ich es Dir.
RM: Das Review fürs Rock Magazine werde ich sehr gern schreiben! Nochmal vielen Dank!!

Karina
Karina ist für uns an Rhein und Ruhr unterwegs. Sie hört neben Metal auch Irish Folk Punk, Deutsch- und Mittelalterrock. Für gute Musik ist ihr kein Weg zu weit.