Ich sitze heute mit Pike, Bandleader und Frontman der Metal Formation „Pikes Edge“ aus München, zusammen um etwas mehr über die Band zu erfahren, die ich dieses Jahr auf dem Wacken Open Air fotografiert habe.
Roland (Rockmagazine): Wie würdet ihr euch beschreiben, wenn euch jemand noch nicht kennt?
Pike: Pikes Edge ist eine Heavy Metal Band, wir lieben und leben Metal. Wir möchten aber auch mit unseren Texten eine Botschaft verbinden, denn jedes Lied hat auch eine Geschichte.
Roland (Rockmagazine): Genau das ist mir aufgefallen, als ich mich mit eurer aktuellen CD „All of our Beauty“ beschäftigt und auch die Songtexte gelesen habe. Alle Texte wurden von dir geschrieben, verarbeitest du darin auch persönliche Erfahrungen?
Pike: Teilweise. Oder besser gesagt ziemlich oft. Es gibt oft ähnliche Schicksale z.B. bei Beziehungen. Wenn dann jemand in meine Texte reinfindet ist die Botschaft: „Hey! Du bist nicht allein, gib nicht auf – es kommen auch bessere Zeiten.“
Roland (Rockmagazine): Manchmal hat man bei deinen Texten aber auch das Gefühl einer direkten Konfrontation.
Pike: Du meinst wahrscheinlich den Titel „Just go to hell“. In diesem Fall ist es keine Verarbeitung persönlicher Ereignisse. Wir möchten die Problematik ansprechen, wenn man das Gefühl hat ungerechtfertigt behandelt zu werden, und wenn die Reaktionen unter Umständen masslos geworden sind. Gerade in der Anonymität der Sozialen Medien vergessen einige ein gesundes Maß bei ihrem „Rachefeldzug“. Man sollte sich fragen: „Hat er/sie das jetzt wirklich verdient oder habe ich übertrieben?“
Roland (Rockmagazine): Es gab nicht nur positive Reaktionen auf euer aktuelles Album „All of our Beauty“.
Pike: Als Musiker muss man offen für Kritik sein. Speziell, wenn man merkt, dass sich jemand mit dem Album befasst hat. Man kann immer dazulernen.
Wenn ich aber das Gefühl habe, dass da jemand im Schnellverfahren einen Stapel CDs durcharbeitet und sich kurz durch die Songs klickt, gebe ich nicht viel auf dessen Meinung.
Während unserer Tour in Kanada hat sich eines der größten Webzines die Mühe gemacht jeden einzelnen Song anzuhören und zu bewerten. Da waren wir 2016 „Album des Jahres“. In Frankreich gab es auch ein Review unseres Albums und ich fand das Zitat geil „…wieder haben uns die Deutschen gezeigt, was es heißt, eine geile Heavy Metal Produktion zu liefern“
Roland (Rockmagazine): Ihr lasst euch ungern in eine musikalische Schublade stecken. Metal ist natürlich ein Sammelbegriff für viele verschiedene Stilrichtungen und ein Konzertbesucher, der euch noch nicht kennt, möchte natürlich wissen was ihn ungefähr erwartet.
Pike: Grob würde ich Melodic Death Metal nennen, wir haben aber auch Elemente aus Crash, Core oder New Metal. In einigen Interviews wurde uns vorgeworfen wir wissen nicht was wir wollen, wir wissen aber genau was wir wollen, wir wollen Metal spielen und Metal ist für uns Metal. Also wenn ich in der Stimmung bin einen Song zu schreiben und der Sound passt zu dem Thema, dann schreibe ich das so und lass mir nicht vorschreiben das passt nicht in irgendeine Schublade. Es soll gut klingen und echt sein. Und das bieten wir auch, wir bieten ehrlichen Metal.
Roland (Rockmagazine): Warum macht ihr Musik, was bedeutet es für euch Musiker zu sein.
Pike: Der erste Punkt und der wichtigste Faktor ist die große Liebe zur Musik. Mein großer Traum ist nicht damit reich zu werden, da gibt es bestimmt andere Möglichkeiten. Das geilste Gefühl ist wenn das Publikum richtig ab geht und deine Songs mitsingt. Das ist die größte Belohnung.
Wir sind aber auch sehr gesellschaftskritisch. Die Vorlagen dazu werden uns ja täglich geboten und wir hoffen, auch den einen oder anderen zu erreichen. Das ist unser Beitrag, unser Versuch die Welt ein Stückchen besser zu machen.
Roland (Rockmagazine): Da drängt sich natürlich die Frage auf, ob sich die Leute überhaupt noch die Mühe machen Songtexte zu lesen bzw. zu übersetzen.
Pike: Das ist leider ein Problem der mp3 Generation. Sie laden sich den Song runter, gefällt mir oder gefällt mir nicht. Erst wenn es ihnen richtig gefällt und sie sich mit der Band beschäftigen, fangen sie auch an die Texte zu lesen und machen sich Gedanken darüber, was will die Band damit sagen.
Roland (Rockmagazine): Ihr arbeitet alle Vollzeit oder studiert teilweise. Wie lässt sich das alles, auch mit der Familie, unter einen Hut bringen, wenn ihr mal längere Zeit unterwegs seid.
Pike: Eine gute Frage. Man muss die Musik schon sehr lieben, um das alles auf die Reihe zu bekommen. Ein gewisser Grad an Verrücktheit ist auch notwendig. Es gibt immer einiges abzuwägen um z.B. in Zeiten, an denen Prüfungen sind, keine Jobs zu spielen, den Jahresurlaub oder unbezahlten Urlaub zu verwenden. Man geht halt nicht chillen am Strand, sondern man geht rocken und das ist für uns viel geiler. Sehr wichtig ist es natürlich auch eine Partnerin zu haben die das alles mitträgt.
Roland (Rockmagazine): Als ich dich zu ersten Mal mit Weste, Krawatte und Melone auf der Bühne gesehen habe, hatte ich etwas Schwierigkeiten die Verbindung zu Metal herzustellen.
Pike: Du musst hier das Gesamtbild betrachten. Bis zum Gürtel siehst du den als Gentlemen gekleideten Man, die Army Hose und die Stiefel zeigen den Kämpfer – und das ist die Mischung. Es ist eine Kombination mit unseren Texten, es ist ein Kampf für die Gerechtigkeit auf Gentleman Art. Metal wird gerne pauschalisiert, in Satanisten, Dämonen, Blutdürstig usw. Aber nimmst du Wacken, die Polizei ist dort arbeitslos. Die Leute feiern, haben Spass und sind friedlich. Das ist Metal.
Roland (Rockmagazine): Was passiert bei euch Backstage vor einem Auftritt, unter Umständen tretet ihr ja gleich einigen tausend Leuten gegenüber.
Pike: Zunächst einmal bereiten wir uns darauf vor mit 110 % auf der Bühne zu stehen. Das sind wir den Leuten und uns selbst schuldig. Natürlich wärmen wir uns an den Instrumenten auf. Wenn noch etwas mehr Zeit ist genießen wir einfach unsere Freundschaft. Manchmal kommen Bekannte vorbei oder wir lernen neue Leute kennen. Vor allem aber freuen wir uns auf unseren Auftritt. Die Bühne ist wie ein Zuhause und jeder freut sich Zuhause zu sein.
Roland (Rockmagazine): Was passiert wenn ihr in einem kleinen Club mal vor 5 Leuten spielen müsst.
Pike: Die 5 Leute haben genauso eine Show verdient wie 5000 und wir geben da auch genauso Gas und machen keinen Unterschied. Bei den kleinen Auftritten wächst die Band. Die schwierigsten Auftritte hat man vor 5 Leuten und nicht wenn da Massen stehen. Das ist aber auch eine Kopfsache.
Roland (Rockmagazine): Bei vielen Bands steht Wacken ganz oben auf der Wunschliste. Ihr habt dieses Jahr in Wacken gespielt und einen Hammer Auftritt hingelegt. Wie schafft man es nach Wacken?
Pike: Es ist eine Mischung aus vielen Zutaten. Zunächst einmal braucht man eine große Leidenschaft für die Musik, dann muss man auch viel Zeit und Geld in die Hand nehmen um eine ausgereifte CD auf den Markt zu bringen. Mann muss bei der Produktion Profis mit langjähriger Erfahrung, z.B. beim Abmischen des Albums mit an Board nehmen. Da reicht es nicht, wenn ich einen Kumpel habe, der im Keller einen PC mit irgendeiner Musiksoftware stehen hat.
Es ist wichtig eine bestimmte Qualität über einen längeren Zeitraum zu halten. Respekt gegenüber der Szene, dem Publikum, dem Veranstalter, vielleicht auch Fürsprecher die man mit harter Arbeit überzeugen konnte und die einen bei einer Bewerbung unterstützen.
Roland (Rockmagazine): Eines ist mir bei eurem Auftritt in Wacken noch aufgefallen und hat doch einige etwas verwirrt. Ihr habt ein paar aufblasbare Puppen ins Publikum geworfen, die dort einige Zeit fröhlich ihre Runde gemacht haben.
Pike: Das ist eine etwas längere Geschichte. Bei unserem ersten Album hatten wir einen Song mit dem Namen „Fuwm“ der bedeutet „Fuck you war makers“. Wir sind der Meinung das Krieg nie eine Lösung sein kann. Mann kann über alles reden und es gibt immer eine Lösung, sofern man auch eine finden will. Ich kenne ein schönes Sprichwort: Die Welt ist groß genug für uns alle aber nicht für die Gier eines Einzelnen. Wir haben uns also überlegt, wie können wir den Song unterstützen. Letztendlich haben wir uns diese Puppen gekauft und mit den Namen der aktuellen Kriegstreiber beschriftet. Diese haben wir dann, nach einer entsprechenden Erklärung ins Publikum geworfen, als wir den Song gespielt haben. Die Leute haben das verstanden und sehr gut darauf reagiert. Deshalb ist diese Aktion inzwischen fester Bestandteil unserer Auftritte.
Roland (Rockmagazine): Das bringt mich gleich zur nächsten Frage, wie gelangt ihr an eure Jobs, geht das über eine Agentur ?
Pike: Nein, wir hatten natürlich diesbezüglich einige Angebote, die uns aber nicht überzeugt haben. Teilweise werden wir über unsere Kontaktadressen auf Facebook oder unserer Homepage angeschrieben und teilweise bewerben wir uns auch selbst für Auftritte.
Roland (Rockmagazine): Wie ist die Aussicht auf ein neues Album bei euch? „All of our Beauty“ ist 2016 erschienen, es wäre als wieder an der Zeit.
Pike: Gut das du das ansprichst. Nach Wacken sind wir nach Göteburg gefahren und waren dort 2 Wochen im Top Floor Studio, um unser drittes Album aufzunehmen. Als nächstes geht es zum Abmischen bei Jakob Hansen (u.a. Vollbeat) und Jakob Herrmann (u.a. Evergrey). Wir hoffen das Album dann Anfang 2019 mit einer großen Release Party im Backstage in München vorzustellen.
Roland (Rockmagazine): Zum Abschluss noch eine letzte Frage, wo seht ihr euch in 10 Jahren.
Pike: In 10 Jahren hoffentlich mit 5 weiteren geilen Alben und größerem Publikum auf unseren Konzerten die unsere Songs mitsingen. Wenn wir dann noch mit unseren Texten die Leute erreichen und zum Nachdenken bringen, dann wäre unser Traum wahr.
Roland (Rockmagazine): Das war ein schönes Schlusswort. Pike, vielen Dank, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast und ich hoffe wir sehen uns spätestens auf der Release Party für euer neues Album wieder.
Pike: Gerne und auch vielen Dank von mir an Dich und das ganze Team vom Rockmagazine. Ihr macht hervorragende Arbeit für die Musikszene.
Roland Lorenz für rockmagazine.net
Info zu Pikes Edge:
Besetzung:
Pike – Vocals
Lukas – Guitars
Marin – Guitars
Michi – Bass
Rossi – Drums