„Anstatt uns frenetisch zu feiern und mit dem Munde unsere Gurken zu massieren, fordern die cordhosenbewehrten Freiheitskämpfer mit fundamentalistischen Furor zum Kampf gegen alle Andersdenkenden auf. Staunenderweise werden wir Zeitzeugen und erleben exemplarisch, wie die so heiß geliebte und vielbeschworene Diversität der restlichen Bevölkerung nun einer strengen Gesinnungsprüfung unterzogen wird, den Test verkackt und das moralische Zentralkomitee der selbsternannten Richter zum bewaffneten Kampf ruft.“
Die Story des Buches ist schnell erzählt, eine abgefuckte Band (ohne Namen) will zum letzten Mal auf Tour gehen. Soll es schon ab und zu gegeben haben, soweit nichts Besonderes. So recht erfolgreich können die noch nie gewesen sein, denn meistens spielen sie vor wenigen Leuten. Locations sind z.B. Keller unter einer Pizzeria, die Milchbar einer Uni oder ein „alternatives spirituelles Zentrum“ quer durch die Republik, durch alle Schichten und Milieus. Wenn sie Glück haben stehen die Leute auch schon mal Schlange bis ums Eck der jeweiligen Spielstätte.
Ihr größter Lohn ist es wenn sie mit Scheiße gefüllten Schlüpfern in V-Formation beglückt werden. Dagegen kann es passieren das der Bassist Lutscher Bumsfeld mit seinem Instrument den Kopf der Person zum Explodieren bringt die mit Aktionen auffällt die dieser nicht so gut findet.
Das Buch ist zum Glück nur 93 Seiten stark. Zum Glück deshalb weil das Stück von Philipp Schiemann nicht einfach zu lesen ist. Oft muss man die Sätze zwei bis dreimal lesen damit sie bis zum Gehirn vordringen und sich dort entfalten können. Es geht gegen links, gegen rechts, keine Randgruppe wird ausgelassen und die mittendrin auch nicht. Ob die „ekelhaften“ Sexualphantasien noch unter pubertären Fäkalhumor fallen, sei mal dahingestellt. Auch die Gewaltexzesse die aus einem Tarantinofilm entsprungen sein könnten sind oft grenzwertig und dermaßen überzogen das einem sich den Kopf gegen ein Tischeck zu schlagen in den Sinn kommt.
Trotzdem hält man bis zum Ende fassungslos durch, man will ja nichts verpassen.
„In vierzig Jahren werden sich blutjunge Punkermädchen von einst wehmütig an die Zeugung ihrer Erstgeborenen erinnern, an Schwänze wie Bleirohre mit Flügeln dran, rhytmisch pulsierend voller Vitualität, an einen fulminanten Abend frei nach dem Motto Fresse halten Freiburg und eine Show, die im Zeitalter des virtuellen Frohlockens beherzt Zeugnis darüber abgelegt hat, dass wir, trotz allem, gelebt haben.“
Fazit: Ich gebe dem Buch 6 von 10 Bängs, mir erschließt sich der Sinn des Buches nicht. Trotzdem sollte man einen Blick in Rockstar 5.0 riskieren und die versteckten Sozialkritiken, die einem mit der Keule mitgegeben werden suchen und mitnehmen. Der Humor des Autors ist speziell und kann man mögen, muss man aber nicht.
Rockstar 5.0 wurde über Killroy Media verlegt.
Über Philipp Schiemann:
*1969 in Düsseldorf. Schriftsteller, Musiker und gelernter Mediengestalter. Als freier Autor veröffentlichte er von 1995 bis heute zahlreiche Prosa- und Lyrikbände sowie vier Hörbücher. Zwischen 1996 und 2005 ausgedehnte Lesereisen durch Deutschland, Gastauftritte in Schweden, Österreich, der Schweiz, der Tschechei und den USA. Diverse Preise und Stipendien.
Im Deutschland der späten Neunzigerjahre galt Schiemann als das Enfant terrible der alternativen Literaturszene, das mit krassen Texten und markanten Auftritten von sich reden machte. Ab 2003 kamen Auftragsarbeiten und Recherchereisen zu seiner bisherigen Arbeit hinzu, die sich thematisch mit Westafrika und den dort heimischen Naturreligionen befassten. Ein Großteil der in diesem Zusammenhang entstandenen Texte wurde ins Niederländische, Englische, Französische, Portugiesische und Spanische übersetzt.
Mit wechselnden Gastmusikern (z. B. Jeff Dahl, Ex-Angry Samoans) betreibt Schiemann als Sänger und Texter seit 1989 diverse Bandprojekte, mit denen er zahlreiche Aufnahmen in Eigenregie publizierte. Er ist zudem als Grafiker und Mediengestalter tätig. Eine Schau seiner aktuellen künstlerischen Arbeiten mit analog-digitalen Mischtechniken fand zuletzt Ende 2019 in Leipzig statt.
(entnommen seiner Homepage: https://www.pschie.com)