Eigentlich fing alles ganz harmlos an…

Als Neuling im Team von Rockmagazine.net wollte ich mein erstes Album-Review natürlich über die Neuerscheinung einer meiner Lieblingsbands schreiben: Nightwish.

Nightwish veröffentlichen bekanntlich ihr neuestes Album „HUMAN. :II: NATURE.“ am 10. April, welches schon sehnsüchtig von den Fans erwartet wird. Nach dem grandiosen „Endless forms most beautyful“ und der superben Decades-Tour sind die Erwartungen natürlich groß.

Also fragte ich einfach mal bei Nuclear Blast an, ob ich vorab entsprechendes Material für meine Albumbesprechung erhalten könnte. Und siehe da, es war wie der kleine Sechser im Lotto… ich bekam ganz unerwartet von Markus von Nuclear Blast (an dieser boldenone undecylenate Stelle nochmals Besten Dank) eine Einladung zur Pre-Listening–Veranstaltung in einem Münchner Hotel, um mir bereits 8 Wochen vor dem eigentlichen Veröffentlichungstermin das gesamte Album „HUMAN. :II: NATURE.“ anhören zu können.

Und wäre das nicht schon der Ehre genug, hatte ich auch noch die Möglichkeit, nach dem Hören des Albums ein Interview mit dem Nightwish -„Chef“ Tuomas Holopainen und Troy Donockley zu führen. Das Interview folgt übrigens bald an anderer Stelle in unserem Online Magazin.

Ich war völlig baff, konnte mein Glück nicht fassen und musste mich erst mal setzen, um das zu realisieren.

Die nächsten Tage waren geprägt von Brainstorming, wie wird wohl das Album, was soll ich die Jungs während des Interviews fragen, reicht die Zeit für die Fragen, sind es zu viele Fragen, all dies ging mir durch den Kopf.

Nachdem ich dann mein erstes Interview vorbereitet hatte, ging es am 15.02. frühmorgens um 6:30 auf nach München. Nach 3,5 Stunden Fahrt erreichte ich das Hotel, wo ich und andere Pressevertreter von Andrea von der Agentur Another-Dimension sehr freundlich empfangen wurden. Jeder erhielt einen Kopfhörer mit MP3-Player, danach ging´s ab in eine ruhige Ecke der Hotellounge. Bequem in den Sessel hinlümmeln und Starttaste drücken…und warten was da kommt.

CD 1:

Der erste Teil des Albums beinhaltet die „Vocal-Songs“, wie es Tuomas im Interview später beschrieb. Bei den 9 Songs rund um das Thema Menschen und Menschheit liegt das Hauptaugenmerk klar auf den Vocals. Neben Floor und Marco, der ja schon mehrfach die Gesangspart übernommen hat, konnte dieses Mal auch Troy sein Können zeigen, wodurch nun ein weiteres, neues stilistisches Element im Nightwish-Kosmos präsentiert wird, was mehr Variabilität für Tuomas als Songwriter bedeutet. Auch das Albumcover nimmt den Bezug zum Thema Menschen mit den Darstellungen von Schriftzeichen aus den Anfängen der Menschheit gekonnt auf. Ein gelungenes Cover-Artwork, passend zur folgenden Musik.

Doch nun zu den Songs:

  1. Music

Der erste Song des Albums startet mit einem langen Intro, welches wie eine Fortsetzung des Endes von Greatest Show on Earth klingt. Dieses wird von Tuomas Keyboards und dem Orchester geprägt. Ein Wechselspiel zwischen Trommel, Streichern und Troys bereits vom letzten Album bekannten Uillean Pipes bereiten den Auftritt von Floor vor. Sie startet mit erzählender Stimme ihren Einsatz, welcher langsam Fahrt aufnimmt. Floor klingt hier teils zuckersüß und erreicht bislang von Ihr noch nicht gezeigte Tonlagen. Nachdem Emppu sein typisches Nightwish-Solo hinlegt, entwickelt sich Music zu einem gelungenen Opener, der recht gut im Ohr hängen bleibt..

  1. Noise

Die erste bereits veröffentliche Singleauskopplung, zu der auch ein Video veröffentlicht wurde, wird sicherlich jeder Nightwish-Fan bereits mehrfach verschlungen haben. Er ist für mich der typischste Nightwish-Song des Albums, mit Stakkato-Riffs von Emppu, dazwischen streut Troy kleine Bouzouki-Einlagen ein. Der Song dürfte sicherlich auch Live sehr gut funktionieren. Auch das Video zum Song weiß zu überzeugen. Bildgewaltig, mit grandiosen Ideen, lässt Noise viel Spielraum, sich über den Inhalt und Sinn des Songs Gedanken zu machen. Was Tuomas zu dem Song zu sagen hat, dazu später mehr im Interview.

  1. Shoemaker

Der Song beginnt langsam, sanft spielen sich Zither und Piano zunächst in den Vordergrund, bevor Emppu mit seinen typischen Riffs den Powerregler nach rechts dreht. Es entwickelt sich ein Midtempo-Song, bei dem Troy und Floor sich duellieren. Nachdem Floor ihren Gesang mehrfach variiert, kann sie bei diesem Song auch ihre klassichen Fähgkeiten mit dem Einsatz des Sopran zeigen. Hierbei erreicht sie fast opernhafte Tonlagen, die man sonst nur von Tarja aus früheren Zeiten kannte. Hier zahlt sich sicherlich für Floor das Studium an der Rockakademie in Tilburg und der Gesangsunterricht am Fontys Conservatorium aus, die Ihr bei der Weiterentwicklung ihres Stimmumfangs nochmals einen Schub gegeben haben dürften. Der Einsatz des Orchesters führt dann weiter zum „holopainischen“ Finale des Songs.

  1. Harvest

Jetzt wird`s folkig und man fühlt sich wie nach Irland oder in die Highlands von Schottland versetzt. Bei Harvest hat Troy seinen großen Auftritt. Er übernimmt die Mainvocals und wird von Floor und Marko unterstützt. Hier fährt Troy alles auf, was ihm die Bezeichnung als Multiinstrumentalisten einbrachte und ihn zu einem festen Mitglied in der Band verhalf. Diese besonderen Fähigkeiten neben der Gitarre u.a. auch Flöten und „seine“ Uillean Pipes gekonnt in Tuomas Songs einzubinden, machen Ihn inzwischen zu einen unverzichtbaren Stilmittel, so dass ein Song entsteht, der zwar nicht typisch nach Nightwish klingt, aber sich trotzdem problemlos in die Gesamtheit des Album einfügt.

Als Anspieltipp für Neueinsteiger in Sachen Nightwish eignet sich der Song allerdings nicht, da er doch nicht sonderlich repräsentativ für den Sound der Band ist.

  1. Pan

Den Anfang machen hier klingelnde Keyboards von Tuomas, bevor Kai Hatho mit kräftigem Schlagzeugeinsatz für Power sorgt. Dann steigt Floor wieder mit elfenhaftem Gesang ein, wie man ihn bislang weniger von ihr kannte. Im Hintergrund sorgt ein Chor für passende Untermalung. Zum Ende hin erinnern mich die Arrangements und die Melodie etwas an Wishmaster, auch Emppu bringt seine typischen Stakkatos wieder ein.

  1. How’s The Heart?

Den Anfang gestalten Flöten und Pfeifen, bevor sich ein von Uillean Pipes geprägter Midtempo-Rocker entwickelt, der wieder mit Folkelementen glänzt. Der Song besitzt einen sehr eingängigen Refrain, allerdings ist mir hier Floors Sopran etwas zu sehr im Vordergrund, etwas mehr Tiefe und Biss hätte mir deutlich besser gefallen. Beim Refrain unterstützen Marko und Troy im Background.

  1. Procession

Der Beginn erinnert mit seinem leicht spacigen Anfang etwas an die aktuellen Veröffentlichungen von Within Temptation. Langsam baut sich die Spannung innerhalb des Songs auf. Nach einem powervollen Zwischenspiel der Gitarre und des Schlagzeuges bleibt jedoch ein melancholischer Grundton des Songs mit trauernder, leicht klagender Stimmung, ehe zum Ende des Songs Tuomas seinen starken Auftritt hat und einen Soundteppich ausrollt.

  1. Tribal

Mit Marcos Bass, kombiniert mit Emppus Gitarre startet der Song kräftig, bevor Floor heftig loslegt. Bei diesem Song darf Marco wieder einen Teil der Vocals übernehmen und mit Floor im Duett singen. Exotisch anmutende, leicht orientalisch klingende Einflüsse bilden ein bislang nicht dagewesenes Soundspektrum. Allerdings wirkt der Songs beim einmaligen Hören etwas gewöhnungsbedürftig und wenig eingängig und bedarf wohl mehrerer Durchgänge, um richtig zu zünden.

  1. Endlessness

Nach einem wehmütigen Intro übernimmt zunächst Marco in diesem etwas getragenen Song die Vocals. Es wechseln sich symphonische Parts mit Metaleinflüssen ab, jedoch bleibt die sehnsüchtige Stimmung des Songs erhalten, sodass im Kopf unweigerlich Bilder vom Weltall, von der Endlosigkeit von Raum und Zeit entstehen.

Nachdem das Orchester seinen Einsatz hatte, übernimmt wieder Floor den Gesang, wird zum Ende hin auch noch von Marco und Troy unterstützt, bevor das Ende der ersten CD mit fettem kinomäßigen Sounderlebnis endet.

 

Damit war der erste Teil des Albums beendet. Es folgt der rein instrumentale, vom Orchester geprägte zweite Teil mit dem Titel All The Works Of Nature Which Adorn The World, der sich ganz dem Thema Natur widmet. Da aus Platzgründen nicht alle Songs auf eine CD passten, wurde dieser aus acht Teilstücken bestehende ca. 28-minütige Songepos auf eine eigene CD gepackt.

 

CD 2:

  1. All The Works Of Nature Which Adorn The World – Vista
  2. All The Works Of Nature Which Adorn The World – The Blue
  3. All The Works Of Nature Which Adorn The World – The Green
  4. All The Works Of Nature Which Adorn The World – Moors
  5. All The Works Of Nature Which Adorn The World – Aurorae
  6. All The Works Of Nature Which Adorn The World – Quiet As The Snow
  7. All The Works Of Nature Which Adorn The World – Anthropocene (incl. „Hurrian Hymn To  Nikkal“)
  8. All The Works Of Nature Which Adorn The World – Ad Astra

Jedes der acht Teilstücke widmet sich einem eigenen Thema aus der Natur. Dabei gelingt es Tuomas Holopainen durch den Einsatz des Orchesters, gekonnt durch seine opulenten Arrangements der Songs Stimmungen zu schaffen, die unweigerlich Bilder im „Kopfkino“ des Hörers entstehen lassen.

Hier sei als Beispiel das dritte Teilstück The Green genannt, bei dem sofort grüne Wiesen, Irland, und Wälder vor den Augen entstehen, während bei The Blue die Weite des Meeres oder Himmels unweigerlich in den Vordergrund treten lässt.

Man kann diesen zweiten Teil von „HUMAN. :II: NATURE.“ sicherlich nicht zum Headbangen verwenden, auch zum nebenbei hören ist er weniger geeignet. Vielmehr sollte man sich in einer ruhigen Stunde die Zeit nehmen, den Kopfhörer aufsetzen, das Licht ausschalten und sich auf die Reise in die Welt des Tuomas Holopainen begeben. Wie schon auf seinem Solowerk The Life and Times of Scrooge schafft er es immer wieder, seine herausragenden songwriterischen Fähigkeiten mit dem Orchester zu kombinieren und emotionale Sounds zu kreieren, die auch so manchem Blockbustern aus Hollywood als Soundtrack gut zu Gesicht stehen würden. Tuomas als Hans Zimmer Finnlands?

Fazit des ersten Durchgangs:

Aufgrund der Fülle an Details fällt es schwer, alle Eindrücke beim ersten Durchlauf zu speichern. Für meinen Geschmack benötig „HUMAN. :II: NATURE.“ im Vergleich zum Vorgängeralbum wohl den ein oder anderen Durchlauf mehr, um voll zu zünden und sich im Ohr festzusetzen.

Insgesamt fällt das Album weniger hart aus, auch wenn natürlich neben des Keyboards die typischen Gitarrenriffs von Emppu wieder für den Nightwish-typischen Sound sorgen. Floors Gesang wirkt insgesamt um einiges höher ausgerichtet wie noch auf dem Endless-Album und zeigt eindrucksvoll die Variabilität der Niederländerin, die Ihr ja auch zum großen Erfolg bei der holländischen Fassung von „Sing mein Song“ verhalf.

Ich bin schon jetzt gespannt, ob sich die ersten Höreindrücke in der heimischen Bude bestätigen werden und ob sich nach einigen Durchläufen der erhoffte Volltreffer herauskristallisiert.

Zunächst gibt`s von mir nach dem ersten Anhören

…mit Potential zur 10.

Einer Nummer 1-Plazierung in den deutschen Verkaufscharts dürfte wohl nichts im Wege stehen.

 

Infos zu HUMAN. :II: NATURE.“

Aufnahmezeitraum:      zwischen August und Oktober 2019

Aufnahmestudio:           Röskö campsite, Petrax Studios, Troykington castle, Finnvox Studios

Aufnahmeleitung:          Tero Kinnunen, Mikko Karmila, Troy Donockley

Mix:                              Mikko Karmila, Tuomas Holopainen, Tero Kinnunen

Mastering :                   Mika Jussila

 

Nightwish sind:

Tuomas Holopainen      Keyboards

Emppu Vuorinen           Gitarre

Marco Hietala               Bass, Gesang, Backing Vocals

Troy Donockley            Gitarre, Uillean Pipes, Flöte, Gesang, BuBacking Vocals

Floor Jansen                 Gesang

Kai Hahto                      Schlagzeug

 

Das Album erscheint am 10. April und wird über Nuclear Blast in den verschiedensten Versionen vertrieben werden, sodass jeder Nightwish-Fan die Qual der Wahl hat, sich die für seinen Geschmack und Geldbeutel passende Version von „HUMAN. :II: NATURE.“  zuzulegen. Ob als CD, Vinyl, digitalen Download oder im Stream, wird alles angeboten, dazu sind verschiedene Bundles mit T-Shirt oder Hoodies erhältlich.

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By Thomas

Musikalisch bin ich seit den 80er vor allem im melodischen Hard& Heavy-Dschungel unterwegs und immer auf der Suche nach neuen und alten Perlen. Meine absoluten Faves sind Queenaryche, Y&T, Die Toten Hosen... u.v.a.....inzwischen kann ich mich aber auch für Mittelalterrockband wie Feuerschwanz oder Saltataio Mortis absolut begeistern. Ab und an geht mein Blick aber auch mal über den Tellerrand in Richtung Speed/Trash/Death...solange Melodien erkennbar sind. Auch wenn ich schon zu der Ü50-Fraktion gehöre, findet man mich bei Konzerten und Festivals fast immer Front of Stage, denn Sitzplatz beim Rockkonzerten, das passt bei mir einfach nicht zusammen. Erst wenn es ohne Rollator mal nicht mehr gehen sollte, ist die Tribüne vielleicht ne Alternative.

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