Neil Young & Crazy Horse – Colorado – Album Review – Manchmal ist es Zeit, aufzuhören.

Gerade noch rechtzeitig vor dem Veröffentlichungstermin ist das Album „Colorado“ von Neil Young bei uns eingetroffen. Ich durfte schon mal reinhören… Und ich sage eines vorweg. Ich bin enttäuscht.

Die Fans haben 7 Jahre auf dieses neue Album gewartet. Seit PSYCHEDELIC PILL ist es die erste Neuerscheinung des Kanadiers, und dementsprechend gespannt war ich. 10 magere Nümmerchen finden sich auf der Scheibe, die über NYA als Hi-Res-Audio sowie als dreiseitiges Doppel-Vinylalbum mit einer Bonus-7“-Vinylsingle, außerdem als CD und digital bei allen Streaming- und Digitalpartnern erscheint.

Neil Young

Zum Album.

Zum Alter des Sängers passend (Neil Young ist 73) beschäftigt sich Colorado mit dem Älterwerden, mit Rückblicken und Erinnerungen. Auch einige Seitenhiebe auf das Zeitgeschehen lassen sich in den Texten finden. Die Texte haben aber nichts mehr mit dem Tiefgang vergangener Zeiten zu tun, sondern erinnern manchmal sogar an einfache Kinderlieder, wie „Eternity„.

Der Opener „Thinking Of Me“ ist noch einer der Songs, der ein wenig an alte Zeiten erinnert, auf die einer der grössten Singer / Songwriter des letzten Jahrtausends zurückblickt. Eine nette Nummer im Slow Country Stile.

Damit ist es mit den Höhepunkten auf der Scheibe auch schon fast getan. Na gut – „She Showed Me Love“ – eine beinahe 14 minütige Reminiszenz an das Leben hat auch noch ein wenig vom alten Glanz, auch wenn die Soli langweilig und lieblos wirken.

Wie eine Hommage an Lou Reed klingt „Help Me Lose My Mind“ – getragener Sprechgesang, traurig und trostlos. Leider hat Neil Young eine andere Stimmlage.

Wirklich traurig geht es aber in den Songs „Olden Days„, „Green Is Blue„, „Milky Way“ und „Rainbow Of Colors“ zu – nein nicht von den Texten, auch nicht instrumental. Hier äussert sich das große Problem von Neil Young. Er, der nie ein großer Sänger war, hat jetzt im Alter einfach massive Probleme, die Töne zu treffen und zu halten. Er krächzt mit zittriger Stimmer, verpasst Tonsprünge und im oberen Bereich kippt seine Stimme ständig. Fast nicht anzuhören.

Ein wenig patriotisch geht es bei „Rainbow Of Colors“ zu, und mit „I Do“ findet „Colorado“ ein langsames, getragenes Ende.

Mein Fazit?

Ich sage mal, deutlich zwiegespalten. Auf der einen Seite habe ich großen Respekt vor dem Künstler Neil Young, auf der anderen tut mir bei der Peinlichkeit dieser Scheibe, und den vollmundigen Pressetexten, wie „die daraus resultierende Audioqualität ist schlicht atemberaubend und klingt, als weile man während der Aufnahmen persönlich mit der Band im Studio.“ Das Herz weh.

Die Qualität der Aufnahmen ist durchschnittlich, die Musik auch, und Neil Young über lange Strecken peinlich. Tut mir leid, das sagen zu müssen, aber manchmal ist es besser, sich im wohlverdienten Ruhestand einfach auszuruhen, und auf erfolgreiche und künstlerisch wertvolle Zeiten zurückzublicken.

Von mir gibts 3 Bängs. Einen für den Opener, einen für die Legende Neil Young, und einen für … einen einfach dazu, weil 2 oder 2,5 einfach gemein gewesen wären.

 

Neil Young und Crazy Horse

 

 

COLORADO Tracklisting:

Side 1
Think Of Me
She Showed Me Love

Side 2
Olden Days
Help Me Lose My Mind
Green Is Blue
Shut It Down

Side 3
Milky Way
Eternity
Rainbow Of Colors (studio version)
I Do

Side 4
Etched artwork

Bonus 7” Single:
A-Side:
Rainbow Of Colors (solo, live in Portland, OR May 17, 2019)

B-Side:
Truth Kills (Neil Young with Crazy Horse – studio)

By Uli

Seit den 90er Jahren journalistisch unterwegs. Sehr schlechter Schlagzeuger mit deutlichen Rechtschreibschwächen. Mitbegründer der legendären Punkrockband "The Ketchup Boys", welche 1989 ihren einzigen Auftritt hatte. Spricht mehrere Sprachen, kann einhändig Fahrrad fahren und mag Musik.

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