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MAIDEN UNITED – Iron Maiden mal anders – Konzertbericht aus dem „7er-Club“ in Mannheim

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Am Freitag war vieles ein wenig anders wie üblich im 7er-Club in Mannheim. Wo normalerweise regelmäßig Coverbands sowie nationale und internationale Bands aus den Hard & Heavy-Universum Halt machen, standen am Freitag ein Klavier und zwei Barhocker auf der Bühne. Nur das Schlagzeug erinnerte an ein Rockkonzert. Auch die Kaffeetasse statt der eher obligatorischen Bierflasche entsprach nicht gerade dem Standard. Nichtsdestotrotz war ausschließlich typisches Metalpublikum meist in Kutte und Bandshirt anwesend.

Der Grund war einer der raren Auftritte der niederländischen Band Maiden United, die im Rahmen ihrer „Powerslave Europa-Tour“ in Mannheim gastierten. Die Band um Bassist und Gründer Joey Bruers hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Songs von Iron Maiden in akustischem Gewand neu zu arrangieren und so seiner Lieblingsband und deren Songs ein völlig neues Gesicht bzw. neuen und eigenständigen Sound zu verleihen.

Joey Bruers

Im Studio werden die Songs von Joey in immer wieder wechselndem Lineup aufgenommen und auch auf kleinen Clubtouren live aufgeführt. Das ganze Projekt hat inzwischen auch den offiziellen Segen von Maiden-Basser Steve Harris erhalten. Nachdem in den vergangenen Jahren u. a. schon Damian Wilson (Arena, ex-Threshold), Frank Beck und Rald Scheepers (beide Gamma Ray) sowie die Original Iron Maiden-Shouter Paul DiAnno und Blaze Bayley mit von der Partie waren, hat sich Joey für diese Tour den erstklassigen Sänger Nick Hollman ans Mikro geholt, der in der Vergangenheit schon u.a. bei Powerized, Vicious Rumors, Sinbreed und der deutschen Hardrock-Legende Trance am Micro stand.

Leider war an diesem Abend der 7er-Club mit ca. 50 Fans nur sehr spärlich besucht, was die Band jedoch nicht abhielt, ihr Bestes zu geben und den gekommenen Gästen eine tollen Abend mit bester Unterhaltung zu schenken.

Ohne Vorband ging`s kurz nach 20 Uhr mit einem (etwas zu langen) Sprachintro direkt mit einem Instrumentalpart von „The Rime of the ancient mariner“ los, bevor Sänger Nick Holleman die Bühne betrat und auf seinem Barhocker Platz nahm. Es folgten die beiden Singleauskopplungen des Powerslave-Albums „2 Minutes to Midnight“ und „Aces High„.

Zunächst war die Stimmung noch etwas verhalten, waren die Klänge, die aus den Boxen schallten doch zunächst etwas ungewohnt und auch ich tat mich mit den akustischen Klängen der von den eisernen Jungfrauen so bekannten Songs zunächst etwas schwer. Doch die anfängliche Zurückhaltung der Anwesenden legte sich dank der tollen Bühnenperformance von Nick recht schnell und so wurde das ein oder andere Mal auch mal lautstark mit voller Inbrunst „akustisch“ mitgegrölt.

Auf der Bühne blieb es insgesamt relativ ruhig und unspektakulär, die beiden Gitarristen Joey Bruers und Hein Willekens saßen während des gesamten Gigs zu beiden Seiten am Rande der Bühne auf ihrem Hocker, während im Hintergrund Johnny Thermos für die zarten Klänge am Piano sorge. Dazwischen thronte am Schlagzeug der einzige Deutsche in der Band, Schlagzeuger Fab Regman (ex-DISBELIEF), der sich an diesem Abend dezent zurückhalten musste und nur mit angezogener Handbremse die Felle beackern durfte.

Mannheim war nach Budapest und Wien erst der dritte Auftritt, den die Band in dieser Besetzung absolvierte. Auch für den Gitarristen Heim ist diese Tour ein außergewöhnliches Erlebnis, spielt der doch normalerweise in einer Death-Metal Band, wo er die sechs Saiten um einige Grade härter beackert, und nun bei der Maiden United-Tour ganz andere Qualitäten an den Tag bringen musste. In einem Gespräch nach der Show bemerkte er, dass alles eine Nummer schwieriger ist und jede Note exakt sitzen muss, weshalb er wohl wie auch Joey am Bass stets hochkonzentriert am Werke war und für ausgedehntes Stageacting auf der Bühne keine Zeit blieb.

Im Zentrum des Geschehens stand an diesem Abend ganz klar Nick, der heute seinen inzwischen siebten Auftritt im Mannheimer Club bestritt. Er tat sich dabei recht schwer, den Ihm zugedachten Platz auf dem Hocker zu halten und so war er meist auf der Bühne unterwegs, um so seine angestaute Power irgendwie rauszulassen. Auch wenn es optisch eher wie der Sänger einer Boygroup wirkte, legte er eine unbändige Dynamik an den Tag, sowohl vom Stageacting als auch stimmlich. Bestes Beispiel „Die with you boots on“ vom „Piece of Mind“- Album, dass sich nach anfänglich zartem Gesang ständig steigerte und zum Ende in eine regelrechte akustische Thrash- und Speedmetal-Granate wandelte, für mich eindeutig der Höhepunkt des Abends. Der ständig wechselnde Tempo und der sich langsam an Dynamik steigernde Gesang erzeugten Gänsehautfeeling. Sogar ein paar Growls wurden von Nick eingestreut und sorgten für reichlich Abwechslung in der ca. 15-Minuten-Version – grandios.

Wie Joey anmerkte, unterschied sich dieser Song an jedem der bisherigen drei Auftritte der Tour. Am Songende verließen dann nach und nach die Musiker einzeln die Bühne, bis nur noch Hein den Schlussakkord setzen konnte. Dieses Prozedere war nicht vorab auf der Setlist festgelegt und wurde direkt auf der Bühne von den Musikern spontan entschieden, sodass jedes Konzert seine ganz spezielle Note bekam.

Hein Willekens

Insgesamt gab es einen guten Querschnitt aus der Historie der Jungfrauen, wobei natürlich die Klassiker der 80er im Mittelpunkt standen. Mit der Ansage von „666“ war natürlich jedem sofort klar, was nun kommen würde – „The Number of the Beast“. Doch war wohl nicht nur ich überrascht, was die Jungs aus dem Song rauskitzelten. Das Beast kam mit Cowboyhut und Colt auf die Bühne und es gab tatsächlich eine Country-Version des Übersongs, die nur noch recht wenig mit dem Original zu tun hatte, jedoch genau deswegen seinen ganz speziellen Charme versprühte – Mitsingteil und Oh Ohs inbegriffen.

Auch bei „22 Acacia Avenue“ ging Nick dann ab wie`s Zäpfchen, worauf Joey ihm androhte, ihn an die Kette zu legen, und ihn nur nach Leistung entsprechend Auslauf zu geben. Hier merkt man ihm deutlich seine Zeit bei Vicious Rumors an, wo er beim Powermetal der US-Metaller deutlich mehr aus sich rausgehen konnte. Doch auch auf der sanften Seite wusste er zu gefallen, so beim nach Joey`s Worten wohl einzigen Song, den er kennt, der nur aus Bass und Gesang besteht, dem Titeltrack und Namesgeber der diesjährigen Maiden United-Tour: „Powerslave“. Nur Joey an den vier Saiten begleitete den Sänger bei dieser Balladenversion.

Nach dem Uraltsong „Remember tomorrow“ war bei “Charlotte the Harlot“ dann mitsingen angesagt, was natürlich gerne vom Publikum angenommen wurde.

Auch beim Abschlußsong „Wasted Time“ von einem meinem Lieblingsalben „Somewhere in Time“ gab`s dann nochmals tatkräftige Unterstützung vom Publikum, ehe die fünf Jungs nach knapp 2:15 mit viel Applaus verabschiedet wurden.
Kurze Zeit später gab es dann für alle Anwesenden am Merchandise noch die Gelegenheit, sich die umfangreichen, angebotenen Fanartikel, angefangen von LPs, CDs und Shirts bis hin zu der Sonderedition des „Risiko“-Spiels, signieren zu lassen. Auch einem kleinen Plausch mit den Fans waren die Musiker nicht abgeneigt und gaben willig Auskunft über ihre bisherigen Erlebnisse bei den bisherigen Auftritten der Tour in Budapest und Wien.

Fazit:

Wer Lust hatte und bereit war, sich auf eine alternative und zugleich akustische Reise durch den Backkatalog der Eisernen Jungfrauen einzulassen, der bekam an diesem Abend ein tollen Auftritt geboten, der sicherlich mehr als nur knapp 50 Besucher verdient gehabt hätte.

Doch wer befürchtete, das wegen der geringen Resonanz die Show etwa kürzer ausfallen könnte, der durfte beruhigt sein, denn man merkte den Jungs zu jeder Sekunde den Spaß an ihrer Musik an, und so verlängerten Sie die Setlist einfach etwas, um die fehlende Vorband „auszugleichen“.

Allen „offenen“ Maiden-Jüngern sei der Besuch einer Maiden United-Show uneingeschränkt ans Herz gelegt, denn die Jungs verstehen es wunderbar, durch ihre Arrangements mit Piano, oder wie auf dem Livealbum „Sailors Of The Sky“ mit Hammondorge,l den zahlreichen Klassikern ihren ganz eigenen Stempel aufzudrücken.


Setlist :

Lineup der Maiden uniteD – Powerslave-Tour:
Joey Bruers – Acustic-Bass
Johnny Thermos – Piano
Fab Regmann – Drums
Nick Holleman – Vocals
Hein Willekens – Acustic-Guitars


Maiden United online:
Website
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Wer jetzt Lust bekommen hat, sollte unbedingt die Chance nutzen und sich Maiden United einmal live anschauen. In unseren Breiten bietet sich am 30. Dezember im Hypothalamus in Rheine oder Anfang Februar 2023 in Holland nochmals die Gelegenheit. Dort liegt dann das Hauptaugenmerk auf den frühen 80ern mit dem Debüt- und dem Killers-Album. Ansonsten bleiben im Rahmen der Powerslave-Tour aktuell nur noch Auftritte in Ausland.

Fotocredits : © Thomas Jenne

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Thomas

Musikalisch bin ich seit den 80er vor allem im melodischen Hard& Heavy-Dschungel unterwegs und immer auf der Suche nach neuen und alten Perlen. Meine absoluten Faves sind Queenaryche, Y&T, Die Toten Hosen... u.v.a......teilweise geht mein Blick aber auch mal über den Tellerrand in Richtung Speed/Trash/Death...solange Melodien erkennbar sind. Auch wenn ich schon zu der Ü50-Fraktion gehöre, findet man mich bei Konzerten und Festivals fast immer Front of Stage, denn Sitzplatz bei Rockkonzerten, das geht gar nicht. Erst wenn es ohne Rollator mal nicht mehr gehen sollte, ist die Tribüne vielleicht ne Alternative.

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