Die Jungs von Liquid Steel, einer Heavy Metal Hoffnung aus Österreich, haben uns ein paar Fragen zu ihrem Album Mountains of Madness beantwortet. Auch bei uns ist deren aktueller Longplayer gut angekommen und so sahen sich Julle (Jürgen Herrnegger – Gitarre), Monte (Dominik Lechner – Bass) und Martin (Eberharter – Drums) unseren harten Fragen ausgesetzt!
Christian (RM): Das neue Album kommt in den meisten Kritiken richtig gut an, habt ihr das erwartet?
Julle: Hallo Christian, danke für das Interview! Vor allem als Songwriter hat man doch gewisse „Erwartungen“, wie das Material bei den Hörern ankommt. Die Vergangenheit müsste mich eigentlich gelehrt haben, dass das Hörempfinden der Konsumenten immer subjektiv ist, ganz verinnerlicht habe ich das allerdings noch nicht, und ja, eine negative Kritik schmerzt schon ein wenig. Wichtig ist, dass wir als Band hinter dem Album stehen und das war bei jeder unserer Platten bisher so. Wir sind total happy mit der neuen Scheibe, das viele positive Feedback ehrt uns und tut gut. Es steckt doch eine Menge an Arbeit und Herzblut hinter einem full length-Album.
Martin: Unser Ansatz war, dass wir unser Vorgängeralbum Midnight Chaser aus dem Jahre 2016 toppen. Ich denke, das ist uns gelungen. Auch wir nehmen das positive Feedback wahr und freuen uns natürlich darüber. Ich bin vor einem Release immer etwas aufgeregt, man fragt sich wie das Album ankommen wird. Ich jedenfalls bin mit Mountains of Madness total zufrieden!
Monte: Das klingt vielleicht etwas eingebildet, aber ich habe mir schon erwartet, dass das Album gut ankommen wird. Es gab Momente beim ersten Durchhören vom komplett fertigen Mix, wo ich mir dachte: „Mann, wie geil ist denn das gerade eben!?“
Christian (RM): Was für eine Erwartung habt ihr an Mountains of Madness?
Martin: Ich hoffe, dass man uns die Spielfreude anmerkt und die Gesamtentwicklung der Band hört. Meine Erwartung ist, dass wir mit dem Album den nächsten Schritt gehen und Konzert- bzw. Festivalveranstalter auf uns aufmerksam werden. Wir kennen unsere Grenzen und Möglichkeiten, für mich ist eine Verbesserung in allen Bereichen hörbar. Ich finde die Songs abwechslungsreich und der Mix passt einfach perfekt zu unserem Sound. Da hat Jay Hundert, unser Produzent, detailverliebte und großartige Arbeit geleistet! Wir sind motiviert und fleißig und schauen, was kommt!
Julle: Martin hat den wichtigsten Punkt schon angesprochen. Die Spielfreude soll man den Songs anmerken. Im heutigen musikalischen Einheitsbrei (auch im Metal) finde ich, sticht Mountains Of Madness doch ein wenig heraus. Finanzielle Erwartungen hatten wir als Band noch nie, das wird sich auch jetzt nicht ändern. Vielleicht können wir ein paar Leute der jungen Generation mit unserer Musik zum Heavy Metal bewegen, das wäre toll!
Monte: Ich hoffe, wie Martin schon angemerkt hat, dass wir uns bei Veranstaltern und in der Szene bemerkbar machen können. Es gibt doch national sowie in den angrenzenden Regionen wie z.B. Südtirol eine breite Masse, die wir bisher noch nicht erreichen konnten. Das würde ich mir wünschen.
Christian (RM): Habt ihr etwas anders gemacht im Gegensatz zum Vorgängeralbum Midnight Chaser, coronabedingt?
Julle: Nein, eigentlich nicht. Der Recordingprozess hat ein bisschen länger gedauert, da das Studio coronabedingt geschlossen war. Ich habe dieses Mal alle Gitarren zu Hause im Homerecording aufgenommen, das war schon eine neue Erfahrung. Hat mir allerdings auch erlaubt, länger an gewissen Sachen zu feilen. Ich mag die Studiosituation persönlich nicht so gerne, wenn ich „an der Reihe bin“. Obwohl die Atmosphäre bei Jay im Studio Hundert in Reith im Alpbachtal ausgesprochen relaxed ist uns sich die ganze Band dort immer sehr wohl fühlt.
Martin: Der Songwritingprozess bei Mountains Of Madness war ziemlich ähnlich dem der vorigen beiden Alben. Die Grundideen kommen von unseren Gitarristen. Dann wird im Proberaum gemeinsam an den Songs gebastelt. Dort merkt man dann gleich, welche Songs der Band liegen. Wir haben uns schlussendlich für 10 Lieder entschieden. Mitte 2019 haben wir mit der Preproduction für das Album begonnen, durch Corona hat sich die Fertigstellung natürlich verzögert. Ich war mit den Drums bereits vor der Pandemie, im Spätsommer 2019, fertig. Unser Produzent hat während der Aufnahmen individuell mit uns auf die jeweilige Situation reagiert. Der Unterschied zu anderen Recordings war, dass man meistens nur mit dem Produzenten im Studio war oder eben Julle auch von Zuhause aus Gitarrenspuren eingespielt hat.
Monte: Was man vielleicht dazu sagen kann ist, dass ich mit Martin und Fabio (Gesang) noch vor der Preproduction ziemlich viele Stunden im Proberaum verbracht habe. Dort haben wir durch individuelles Recording einiges an interessanten Melodien und Rhythmen ausgearbeitet. Ich würde sagen, das war schon um einiges intensiver als bei den Alben vorher.
Christian (RM): Was glaubt ihr, macht euch als Band aus?
Martin: Wir sind eine Band, die live einfach Bock hat zu spielen. Ich glaube, das merkt man uns auch an. Am Album kann uns vorgeworfen werden, keinen richtigen Stil gefunden zu haben. Ich finde genau das ist unsere Stärke. Wir waren schon immer abwechslungsreich, es werden nie alles gleiche Nummern auf einem Liquid Steel Album sein. Wir haben von Speed Metal Songs bis hin zu Balladen viel im Programm. Wir lieben die Abwechslung, da ticken wir alle 5 gleich.
Julle: Wir sind nicht nur Zusammen-Musizierende, sondern 5 Freunde und in der aktuellen Besetzung schon seit Jahren unterwegs. Live sind wir gut vorbereitet und konzentriert, nach den Konzerten kann man Spaß mit uns haben. Und wir nehmen uns und alles nicht ganz so ernst. Ich glaube, das beschreibt uns gut und macht uns aus.
Monte: Wir Fünf sind zwar individuell allesamt ziemlich verschiedene Charaktere, haben aber – auf gut Deutsch – den gleichen Schaden. Wir sind ein gutes Team, sei es beim Musikmachen, in der Organisation oder beim Feiern.
Christian (RM): Woher bezieht ihr eure Inspiration?
Julle: Eine seltene und sehr gute Interviewfrage: Das mit der Inspiration ist immer wieder erstaunlich anders. Vor dem Schlafengehen hat man plötzlich eine Melodie im Kopf, auf dem Klo fällt einem ein Riff ein. Im Proberaum entsteht spontan was. In der heutigen Smartphone-Zeit hat man ja gottseidank die Möglichkeit, Ideen sofort festzuhalten. Da wird dann ins Handy reingepfiffen, gesummt und geklopft, und später mit der Gitarre versuche ich dann, das wieder zu rekonstruieren. Auffallend viel ist bei diesem Album auf der Akustikgitarre entstanden. Inspiration kommt natürlich auch vom Musikhören. Ich kann mich erinnern, dass ich in dieser Zeit viel Night Demon und Skull Fist gehört habe. Daraus sind dann z.B. On The Run, Thunder & Lightning oder Victim Of The Night entstanden. Metallica hat zum Titelsong Mountains Of Madness geführt („Dreh doch mal den cleanen Vers und den harten Chorus um!“), auch Iron Maiden ist immer irgendwie „dabei“. So entsteht dann meistens das Grundgerüst der Songs. Im Proberaum machen wir dann gemeinsam die Ideen zu einem Song. Fabio hat ein wahnsinnig gutes Gespür für Gesangsmelodien und Themen zu den Songideen. Unterm Strich ist so ein Album also immer ein Gemeinschaftsprojekt.
Martin: Julle ist dabei sehr wichtig für uns, er schreibt die meisten Songs. Fabio gibt den musikalischen Ideen mit seinen Lyrics eine Gestalt. Jeder von uns trägt aber seinen Teil zum fertigen Song bei. Besonders im Studio hat jeder viel Freiheiten! Ich genieße es immer, wenn Feedback während dieser Zeit kommt. Man hat die Songs so oft gespielt, dass man „blind“ für Neues ist. Unser Produzent hat beim Recording viele super Ideen geliefert. Für den Songwriter sind wahrscheinlich auch so Überraschungsmomente am Album entstanden, es gibt dem Ganzen aber unsere persönliche Note. Ich versuche im Metal offen zu sein, höre viel unterschiedliche Dinge. Am Album geht es dann für mich auch darum, die Stärken der Gruppe und die eigenen einzufangen.
Christian (RM): Wie läuft das bei euch mit der endgültigen Songauswahl? Diktatur oder Demokratie?
Martin: Wir sind eine demokratische Band und machen wirklich alles gemeinsam aus. Da kann es schon einmal passieren, dass eine Songidee nicht weiterverfolgt wird, weil sie nur bei zwei Bandmitgliedern gut ankommt. Wir sind zu fünft, deshalb finden wir so auch immer eine Lösung. Wir kennen uns sehr gut und sind schon seit der Aufnahme unseres Demoalbums ein konstantes Lineup!
Julle: Einige Songideen sind wirklich durch den harten demokratischen Band-Raster gefallen und das ist auch gut so. Nur gemeinsam sind wir stark. Ich glaube, man hört das Kollektiv auch auf unseren drei Alben.
Monte: Sehr hart demokratisch. Sogar so demokratisch, dass bei 3 gegen 1 der Fünfte auch noch gefragt wird, weil man keinen übergehen will. Und das ist auch gut so, es sollen ja alle mit dem Produkt zufrieden sein.
Christian (RM): Eine interessante Frage ist auch immer die der Vorbilder! Welche habt ihr da so, nicht nur musikalisch?
Julle: Weiß gar nicht, ob ich das hier sagen soll, finde jedoch die Ausdauer und den Einsatz einiger führender Politiker/-innen in den letzten Jahren bemerkenswert. Denn einfach waren gewisse Situationen und Themen nicht. Meine Gitarrenheroes will ich hier auch noch nennen: Eddie Van Halen, James Hetfield und Nuno Bettencourt finde ich genial!
Monte: Puh, mit Vorbildern tu ich mir immer schwer… Musik- und vor allem Basstechnisch sind hier ganz klar Flea und Steve Harris zu nennen. Von denen habe ich mir viel abgeschaut, die meiste Inspiration hole ich mir aber von Menschen in meinem Umfeld. Diese sind für mich greifbarer und zeigen auf, worin man sich noch verbessern kann. Sei es menschlich wie musikalisch, wenn man genau aufpasst, kann man von jedem etwas Positives mitnehmen.
Martin: Als Schlagzeuger nenne ich die üblichen Verdächtigen: Mike Portnoy, Nicko McBrain, Vinnie Paul … Aus dem Sport fällt mir spontan Thomas Muster ein. Ich fand es faszinierend, wie er sich nach seinem Unfall zurückgekämpft hat! Es ist aber nicht nur immer die Leistung wichtig, die ein Mensch erbringt, deshalb gibt es im Alltag auch viele stille Vorbilder…
Christian (RM): Die aktuelle Situation mit Corona kann man auch nicht außen vorlassen, wie sehr hat diese euch getroffen?
Monte: Sehr. Als geselliger Mensch, ein Jahr lang ins Homeoffice verbannt zu werden, war hart. Gleichzeitig bezieht sich jedes meiner Hobbys auf Kontakt mit Menschen. Von jetzt auf gleich das komplette Privatleben “abzulegen”, machte mir schon arg zu schaffen. Ich denke, dass es vielen so ging.
Martin: Mich trafen die Lockdowns weniger, ich habe mir immer Beschäftigungen Zuhause gesucht. Die Entschleunigung in unserem hektischen Alltag ist etwas was ich sogar genießen konnte. Man merkt in dieser Phase, dass eigentlich die vermeintlich kleinen Dinge im Leben, die wichtigsten sind. Jetzt ist es natürlich super, dass die Lokale wieder offen sind und dass wir bald wieder Konzerte spielen oder besuchen dürfen.
Julle: Durch die Geburt unseres Sohnes im August 2021 war die „Coronazeit“ für meine Familie und mich nicht schlimm. Ich hatte auch keine Coronafälle im engeren Kreis. Jetzt wieder, ansatzweise befreit, mit Freunden auf ein Bier gehen zu können, finde ich super. Band-live-technisch waren 2020 und 2021 (bisher) natürlich katastrophal, wir hatten aber eh genug zu tun mit dem Album.
Christian (RM): Wie sehr fehlen euch die Gigs, dank dem Virus?
Martin: Als Band probt man und nimmt Alben auf, um die Lieder dann auch einem Publikum vorzuspielen. Natürlich fehlen uns die Auftritte, unser letzter Gig war im Februar 2019. In der Zwischenzeit waren wir mit dem Album beschäftigt. Jetzt sind wir schon ganz heiß darauf wieder auf der Bühne zu stehen!
Julle: Du schreibst Songs, arbeitest mit der Band lange am Album und willst das neue Material dann auch live präsentieren. Ja, die Liveauftritte und der Kontakt mit den gleichgesinnten Heavy Metal-Maniacs fehlen uns. Die Situation sollte sich jetzt ja laufend verbessern. Wir rechnen schon noch mit einigen Gigs heuer.
Monte: Ich habe 2020 einige Konzerte besucht, natürlich im coronakonformen Rahmen – Juli in der PMK oder die Vulvarine-Releaseparty im Oktober. Der Stellenwert einer Veranstaltung und diese besuchen zu dürfen stieg in dem Jahr meines Erachtens. Selbst auftreten, das fehlt natürlich!
Christian: Ich denke ihr habt alle noch „normale“ Jobs außerhalb der Band, was würdet ihr auf euch nehmen, um von der Musik leben zu können?
Monte: Den normalen Job hab ich nur, damit ich mir die Wohnung und das Hobby leisten kann. Wenn es sich ergibt, dass ich von dem, was wir tun leben kann, dann möchte ich nichts anderes mehr machen. Nur – irgendwo in irgendeiner Band spielen und touren, absolut zum reinen Geld verdienen, das will ich nicht. Zu einer Band gehört mehr als spielen und abkassieren.
Martin: Ja, wir gehen alle ganz klassisch arbeiten und haben recht bodenständige Jobs. Diese „Was wäre, wenn…“ Fragen sind nicht leicht zu beantworten. Momentan passt die Situation perfekt für mich. Ich gehe eigentlich gerne zur Arbeit und genieße es dann auch nach einem anstrengenden Arbeitstag oder nach einer harten Arbeitswoche mit der Band zu proben oder im Tourbus zu sitzen.
Julle: Ich bin mir nicht sicher, ob ich ein echtes „Musikerleben“ haben möchte. Arbeiten musst du auch als Profimusiker, von nix kommt nix. Ob da dann das Songschreiben, das Proben und die Auftritte noch gleich viel Spaß machen, wie jetzt als Hobby, bezweifle ich. Ich bin, so wie Martin, mit der jetzigen Situation sehr zufrieden.
Christian: Gibt es einen Ort, wo ihr unbedingt mal auftreten wollt?
Julle: Bin ehrlich gesagt immer erfreut, wenn uns Veranstalter haben wollen. Wir haben bei den fast 100 gespielten Konzerten schon viel gesehen und erlebt. Die Drei noch nicht bespielten österreichischen Bundesländer wären noch cool!
Monte: So eine Bühne, wie damals bei Maiden in Triest wäre ein Traum!
Martin: Auch da habe ich keine konkreten Wünsche. Ich freue mich, wenn es nach Corona wieder losgeht. Wir spielen gerne Zuhause in Innsbruck, haben aber auch schon in Hamburg, in der Schweiz, in Italien, Serbien oder Kroatien gespielt. Wir sind gerne als Band unterwegs. Ich freue mich, wenn wir gebucht werden!
Christian: Angenommen Hammerfall und Accept würden euch gleichzeitig als Vorband anheuern wollen, für wen würdet ihr euch entscheiden?
Martin: Schwierig, ich mag beide Bands. Aus dem Bauch heraus würde ich Hammerfall sagen. Das war eine meiner ersten Bands, die wir in der Bar eines Kollegen immer aufgelegt und gehört haben.
Julle: Interessante Frage. Würde mich für Accept entscheiden und den Wolf fragen, ob ich sein Equipment ausprobieren darf. Der Gitarrensound ist zum Niederknien.
Monte: Hammerfall, ich kann damit einfach allgemein ein bisschen mehr anfangen.
Christian: Welche Frage würdet ihr in 10 Jahren gerne gestellt bekommen?
Martin: Was ist das Geheimnis eines so beständigen Bandgefüges?
Julle: „Jetzt nach Album 21, an die 100 Millionen verkaufter Platten und den letzten 2 Welttourneen (hahah), welche Ziele habt ihr als Band noch?“
Monte: Wow, Monte von Liquid Steel?! Kann ich ein Autogramm haben?
Christian: Zu guter Letzt noch das Schlusswort an die Fans:
Martin: Vielen Dank für das unkomplizierte Interview, Christian! Wir brennen schon auf kommende Shows. Ich verspreche, dass wir alles geben werden und freuen uns auf bekannte Gesichter! Ich hoffe Mountains of Madness wird fleißig gehört und bekommt seine Chance!
Julle: Christian, danke. Das Interview hat richtig Spaß gemacht! Gebt euren Töchtern und Söhnen, Nichten und Neffen und allen jungen Leuten Rock und Metal zu hören. Die derzeitige Chartlandschaft ist ja nicht zum Aushalten.
Monte: IN STEEL WE TRUST
Christian: Ich bedanke mich auch für Eure Zeit, die ihr für das Rockmagazine „geopfert“ habt und wünsche euch viel Erfolg und möglichst viele Hörer von Mountains of Madness!