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COLD CHISEL – „Blood Moon“ – Album Review

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´Je mehr Ego das Alter, desto jünger das Alter Ego…´

Wir schreiben das Jahr 1989. Es ist ein Samstag Abend. Enfant terrible Gotthard Rieger moderiert die Radiosendung „Hardrock Cafe“ auf „Ö3“ und warnt die Zuhörer vor den kommenden fünf Minuten. Er ist im Begriff, „Last Frontier“ von Jimmy Barnes´ Livealbum „Barnestorming“ durch den Äther zu jagen. Wow! Was für eine unbändige Power! Was für eine unglaubliche Stimme! Logische Schlussfolgerung: Rieger´s Warnung ´es wird nicht leicht sein, Platten von Barnes in Europa zu bekommen´ in den Wind schlagen, und am darauffolgenden Montag auf in den nächsten Plattenladen. Rieger soll jedoch recht behalten. Erst im Meki am Morzinplatz kennt man zumindest den Namen Jimmy Barnes, Tonträger gibt es jedoch keine. Aber einen Hinweis: `Der war Cold Chisel´s Leadsänger, von denen sogar eine CD lagernd ist.´ Gut. „Circus Animals“ gekauft, gehört und Lust auf mehr geweckt.

Wir schreiben das Jahr 2019. 30 Jahre sind vergangen, 8 Studio- und 8 Livealben konnten für jede Menge Hörgenuss sorgen. Trotz vieler Unstimmigkeiten in der Band und dem Tod von Drummer Steve Prestwich im Jahr 2011 steht der Name „Cold Chisel“ nach wie vor für rotzigen Pubrock, ausverkaufte Tourneen durch Australien und nun sogar für ein neues Album.

Vier Jahre nach „Perfect Crime“ erblickte „Blood Moon“ am 6. Dezember das Licht der Rockwelt. Und wieder schaffen Cold Chisel gar an frühe Erfolge wie „East“ oder „Circus Animals“ nahtlos anzuknüpfen. 10 Tracks, ein solides Rock´n´Roll-Fundament, angereichert mit Blues, Soul, Pop und Boogie, eine überaus tighte Rythmussection, bestehend aus Phil Small (Bass) und Charley Drayton (Schlagzeug), elegische als auch euphorisch stimmende Klaviersounds, für die Don Walker verantwortlich ist, ein Gitarrist, Ian Moss, der gefühlvoll seinen Beitrag leistet oder auch treibend das Klangspektrum beeinflusst, und zwei Stimmen, die ihresgleichen suchen. Über der ganzen Chose thronend Jimmy Barnes´ Reibeisenvocals und als Pendant Ian Moss´ kontemplativer Gesang. Wieder zeichnet sich Kevin Shirley als Produzent des Albums, welches in Sydney´s Studio 301 aufgenommen wurde, aus.

Schon im Opener, zugleich erste Singleauskoppelung „Getting the Band back together“, spielen Cold Chisel all ihre Trademarks aus. Genial die Aufteilung der Leadvocals zwischen Barnes und Moss. In „Land of Hope“ zeigt Ian Moss, was für ein begnadeter Gitarrist er ist. In „Drive“ geht es dann richtig zur Sache. ´Gasoline is all I need, the road in front of me` – vielleicht ein Seitenhieb gegen den bevorstehenden Fall der Open Speed Limits in Australien?
Auch ein kleines Epos vermisst man auf „Blood Moon“ nicht: „Killing Time“, welches stark an das grandiose „Four Walls“ vom Album „East“ erinnert und Barnes`unglaubliches Stimmvolumen zeigt. Wohl als Verbeugung vor den Großen der 60er zu interpretieren ist der Song „I hit the Wall“, eine Reminiszenz an The Crickets´ „I fought the Law“. Nächster Song: „Boundary Street“. Ein Blues-Shuffle vom Feinsten mit einem großartig darüber schwebenden Saxophon. In „Buried Treasure“ aus Charley Drayton´s Feder, der würdig Steve Prestwich´s Platz eingenommen hat, teilen sich Barnes und Moss erneut die Leadvocals, um im Refrain gemeinsam ihre Stimmqualitäten zu beweisen. „Accident Prone“ – ein typischer Cold Chisel Song mit treibendem Beat und einem Jimmy Barnes in Höchstform. Erneut im Uptempo-Beat: “Someday“. Ein relativ simpel gestrickter Ohrwurm, der erneut an die glorreichen Anfangsjahre erinnert. Zum Abschluss entführt Ian Moss den Hörer ein wenig in die 80er mit dem Liebesbekenntnis „You are so beautiful“.

Cold Chisel

Ein Album aus einem Guss, bei dem jeder Musiker songdienlich seinen Beitrag leistet.
Was dieses Album zusätzlich interessant macht, ist der teilweise Wechsel des Protagonisten im Schreiben der Musik bzw. des Textes. War die Rollenaufteilung bislang Barnes – Musik und Don Walker – Lyrics, beweisen die beiden eindrucksvoll, daß sie problemlos in der jeweils anderen Rolle brillieren können.

10 Tracks, 40 Minuten. Der Geruch eines verrauchten Pubs liegt in der Luft, der Geschmack von Fosters und Carlton Draught, von Meat Pie und Burger macht sich breit. Ein wahrlich beseelendes Album, das Cold Chisel 46 Jahre nach ihrer Gründung präsentieren.
´Ta, mates! Absolutely good on ya!´

10 Tracks – 10 Volltreffer – 10 Bängs!

 

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Michl

Seit Oktober 2019 beim Team. Musikalische Vorlieben: vom NWOBHM über Metal der Göteborger Schule bis hin zu Progrock und Progmetal und natürlich auch Rock in allen seinen Facetten. Spielt in 2 Bands Drums (naja), Gitarre (pfff...) und grunzt manchmal auch vor sich hin. Spricht fließend Drunken Gibberish.

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