Freunde und Liebhaber des gepflegten Hardrocks der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts durften sich diese Woche freuen, startete doch die Schweizer Formation CHINA eine kleine aber feine aus nur 4 Gigs bestehende Tour durch Deutschland. Den Startschuss gab diese vor inzwischen fast 40 Jahren hoch gehandelte Band im Musiktheater Rex in Bensheim.
Die 1985 von Sänger Hardy Hartmeier und den beidenGitarristen Claudio Matteo und Freddy Scherer (Anm. der Redaktion: damals noch unter dem Künstlernamen Freddy Lawrence aktiv, heute auch 6-Saiter bei Gotthard) gegründete Band veröffentlichten 1988 ihr überall hochgelobtes selbstbetitelte Debutalbum beim Majorlabel Phonogram und sorgten in den folgenden Jahren auch mit weiteren Veröffentlichungen international für Furore. Neben Claudio und Freddy war damals auch bereits der heutige Gotthard-Bandkollege Marc Lynn am Bass mit von der Partie.
Als jedoch 90er der Grunge den Musikmarkt umkrempelte, wurde auch die hoffnungsvolle Kariere von CHINA sehr unsanft ausgebremst. Zahlreiche Besetzungswechsel vor allem am Micro waren sicherlich auch nicht unbedingt förderlich für den Erfolg der Band, und so blieb der anfangs erhoffte große Erfolg für die Schweizer leider in den kommenden Jahrzehnten aus. Hardy wechselte bereits vor den Aufnahmen zum Debut zur Band Daytona, Marc war einige Jahre später bei der Gründung von Gotthard beteiligt.
Doch im Jahr 2024 soll sich einiges ändern im Hause CHINA und so soll die Tour nur der Auftakt für weitere musikalische Aktivitäten für die 5 Musiker dienen. Mit Ausnahme des Schlagzeugers Ralph „Tosi“ Tosoni hat man sich 2019 nahezu in Urbesetzung wieder zusammengetan (Anm. der Red. : Bassist Marc Lynn kam kurz vor dem Debut zur Band ), um die alten Song zu zelebrieren und die guten alten Tage wieder auferstehen zu lassen. Im Vordergrund der Tour steht für die fünf sympatischen Schweizer vorrangig der Spaß an den alten Songs, die man einfach nochmals live auf die Bühne bringen wollte.
Leider scheint der Wettergott an letzten Mittwoch nicht unbedingt Fan der harten Musik gewesen zu sein, denn statt normales Winterwetter kündigte sich ein Winterchaos mit Regen und Schnee an, die den Wetterdienst dazu bewegt, für u.a. die Region Hessen/Rheinland Pfalz eine amtliche Unwetterwarnungen mit gefrierenden Straßen heraus zu geben. Diese Warnung war sicherlich auch mitverantwortlich dafür, dass sich leider an diesem Abend nur knapp 60 Rockfans im Rex einfanden, um sich den Gig von CHINA und MALLET im Vorprogramm anzuschauen.
Doch sollte der mangelnde Zuschauerstrom kein Hindernis für die Musiker darstellen und so spielten sie auch in familiärer Umgebung, als ob sie vor mehreren hundert Fans auf der Bühne stehen würden.
Zum Auftakt enterten um 19:30 die aus Wiesbaden stammende Hardrock Band MALLET für knapp 45 Minuten die großzügige Bühne des Rex, um als Anheizer die Zuschauer bei draußen eisigen unter Null Grad auf Temperatur zu bringen. Mit „Lonely Without You“ hatten Sie einen gelungenen Opener gewählt und rockten gleich mal richtig los.
Leider konnte Sänger und Gitarrist Jürgen Rehberg über den gesamten Auftritt mit seiner etwas näselnden Stimme nicht immer vollständig überzeugen. Er rockte zwar gekonnt durch die 9 eigenen Songs, insgesamt konnten Mallet jedoch nicht übermäßig begeistern und so bleib der Applaus doch eher zurückhaltend. Insgesamt wirkten die Songs etwas einfach gestrickt, und so merkte man das Fehlen der 2. Gitarre, die den Songs etwas mehr Volumen und Dynamik verliehen hätte. Mit Ausnahme des kleinen Drumsolos von Drummer Robin Staudenmaier, der dabei von Jürgen am Schlagzeug unterstützt wurde, war jedoch recht wenig Aktion auf der Bühne zu vernehmen. Auch Basser Manfred Dünzl tat sich nicht unbedingt durch sein Stageacting hervor, sondern war eher der ruhende Pol der Band. Auf der Setlist standen einige Songs des aktuellen Albums „Time For The Devil“, doch wurde auch älteres Material berücksichtigt. Zum Abschluss gab`s mit Creedence Clearwater Revival`s `Fortune Son` noch ein Cover, welches dann auch etwas lauter vom Publikum mitgesungen wurde.
Insgesamt ein solider Auftritt, der mir jedoch nicht unbedingt in langer Erinnerung bleiben wird, vermutlich auch dem Umstand geschuldet, dass ich die Songs wie wohl auch die meisten Zuschauer auch vorher nicht kannte.
Als dann gegen 20:30 die nach eigenen Angaben „CHINA made in Schwiz“ die Bühne betreten, sieht die Sache natürlich gleich anders aus und die Stimmung steigt schlagartig an. Mit `Dead Lights` und `Animal Victim` gibt’s zu Beginn gleich ein Doppel vom `Sign in the Sky`-Album. Zunächst als Quartett beginnend, übernimmt Claudio neben der Gitarre für die ersten Songs das Micro und teilt mit, dass man sich heute hauptsächlich auf die Songs der 80er, sprich das Debutalbum und den Nachfolger `Sign in the Sky` konzentrieren wird. So folgen dann mit `Shout It Out`, `Sign In The Sky`und`Living On The Stage`im Anschluss drei der großen Hits der Band. Claudio betont im glasklarem Schweizer Dialekt, dass er „heute ausschließlich Deutsch spreche, ohne schweizer Akzent“, was natürlich für Gelächter im Rex sorgt. `Back To You` und `Rock City` werden lautstark mitgesungen und auch `In the Middle Of The Night` am Ende des regulären Gigs überzeugen auf ganzer Linie.
Mit `Love Someone` und `Ran Out Of Love` finden auch zwei bereits als Video veröffentlichte neue Songs den Weg auf die Setlist, schließlich ist man dabei ein neues Album zu schrieben, das man im Laufe des Jahres einspielen und veröffentlichen möchte. Die beiden Songs gibt’s dann im Anschluss an den Gig auch am Merch mit einem weiteren Song auf USB-Stick zu kaufen, wohingegen die von Claudio in seinem Keller in einer Kiste gefundenen Musikkassetten alter Alben auch für ihn doch etwas überraschend schnell ausverkauft sind.
Bei `You Got Me Going` kommt dann auch endlich Ur-Sämnger Hardy auf die Bühne, den Claudio für seine Verspätung entschuldigt. Als Gründungsmitglied von CHINA hat er bislang zwar noch kein Album mit der Band aufgenommen, hat aber natürlich die Songs der beiden ersten Album inzwischen voll im Blut und so merkt man deutlich, wie durch seine Stimme die Songs nochmals deutlich an Dynamik und Volumen zulegen können. Super gelaunt nimmt er die Fans ab dem ersten Moment mit und begeistert durch sein sympathisches Auftreten, ein echter Gewinn für die Bühne. Bleibt zu hoffen, dass man mit Ihm nun das endgültige Lineup für CHINA gefunden hat, denn er macht seine Sache richtig gut, auch wenn er nicht ganz die hohen Töne von seinem Nachfolger Math Shiverow in den 80er erreicht.
Natürlich werden die Songs des Debuts am lautesten mitgesungen. Es wird gerockt und die Stimmung ist trotz der geringen Besucherzahl sehr gut und so spürt man deutlich, dass auch die Musiker sichtlich Spaß an dem Auftritt haben. Nicht immer selbstverständlich, spielen doch Freddy und Marc sonst mit ihrer Stammband Gotthard fast immer in ausverkauften und weitaus größeren Hallen. Doch Marc findet dazu die passenden Worte in seiner Ansprache: „In großen Hallen muss immer alles perfekt sein, doch in den kleinen Hallen ist das wie bei einer Grillparty. Wen lädt man da ein? Natürlich nur seine besten Freunde“. Damit trifft er natürlich genau in Herz der Fans, die lautstark die Freude der Musiker mit Applaus erwidern.
Nach `Ran Out Of Love` folgt mit „All Through The Night“ dann einer Hits von „Sign in The Sky“, mit dem CHINA damals in einer Jim Beam-Werbung Erfolg hatten.
Mit ´All I Do Is` gibt`s am Ende noch einen einzigen Song aus den 90ern vom Album `Natural Groove` aus dem Jahre 1995, bevor als Abschluss dann wie bei MALLET eine Coverversion des alten CCR –Gassenhauers `Proud Mary` den Gig endgültig beschließt, der natürlich nochmals zum lauten Mitsingen animiert.
Danach ist Schluss und die fünf Musiker bedanken sich fast schon gerührt bei ihren treuen Fans, dass diese sich trotz des widrigen Wetters nicht abhalten ließen, nach Bensheim ins Rex zu kommen.
Nach dem teils von den Musikern selbst durchgeführten Abbau mischen sich die Schweizer dann noch gut gelaunt unter die verbliebenen Zuschauer, um fleißig Autogramme zu schreiben oder Selfies mit den Fans zu machen.
Wie Sänger Hardy dann beim Smalltalk verlauten lässt, sind CHINA aktuell richtig motiviert für weitere Liveauftritte und freuen sich schon auf das neue Album. „Es fühlt sich an wie vor 35 Jahren, als wir angefangen haben mit CHINA. Die Kinder sind inzwischen aus dem Haus und auch die Frauen sind inzwischen weg, jetzt können wir wieder richtig loslegen“, so sein begeistertes Statement mit einem Schmunzeln und Augenzwinkern zu seinem letzten Halbsatz.
Wenn das mal keine Ansage ist, wir dürfen gespannt sein, was uns die Schweizer Chinesen in naher Zukunft präsentieren werden. Wir bleiben auf alle Fälle am Ball….
CHINA 2024 is:
Claudio Matteo, Guitar, Vocals
Freddy Scherer, Guitar, Vocals
Hardy Hartmeier, Vocals
Marc Lynn, Bass
Ralph „Tosi“ Tosoni, Drums
CHINA: Webseite I Facebook I Instagramm