40 Jahre ist es nun schon her, als die damals noch unbekannte Band W.A.S.P. aus den USA mit Aufsehen erregender Bühnenshow auf sich aufmerksam machte und das normale Volk entsetzt den Kopf schüttelte. Als Frontmann Blackie Lawless bei den Shows rohes Fleisch ins Publikum warf und auch noch eine nur sehr spärlich bekleidete Jungfrau ans Kreuz genagelt wurde, mussten natürlich die Zensurbehörden aufmerksam werden und drückten den Zensurstempel auf die erste Veröffentlichung der Band. Der Titel der ersten Single „Animal, F..K like a beast“ tat ihr Übriges, um das schlechte Image der Band noch zu fördern.
Doch dies war natürlich die perfekte Promotion für eine junge Band, die für ihr Debutalbum sogleich den Parental Advisory – Aufkleber „verliehen“ bekam, der vor anstößigen Texten in den Songs der Band warnte und sie als nicht für Minderjährige geeignet deklarierte. Doch auch das konnte den wachsenden Erfolg nicht verhindern.
Doch das alles ist lange her, und zwischenzeitlich ist unser Blackie älter und weiser geworden, ganz so spektakulär sind heutzutage die Shows von W.A.S.P. dann leider nicht mehr, auch wenn ich gerne auf die Würmer aus der Holzkiste verzichtet habe, die früher schon mal ins Publikum flogen. Und so durfte man schon gespannt sein, was Blackie und seine Band zu ihrer Jubiläumstour zum 40. Bühnenjubiläum bieten würden.
Nachdem auch diese Jubiläums-Tour wegen Corona verschoben werden musste, war es am Dienstag dann endlich soweit, und Blackie gastierte tatsächlich im CAPITOL in Mannheim, um vor ausverkauftem Haus mit 1000 Metalheads die größten Hits aus vier Dekaden W.A.S.P. zu zelebrieren.
Wer W.A.S.P. und speziell Blackie kennt, der weiß das er ein ganz spezieller Charaktermensch ist, der nicht einfach zu handhaben ist. Auch was die Auftrittszeiten betrifft, ist Blackie keiner der frühen Vögel, denn er gibt den Würmern meist ausreichend Zeit sich noch etwas umzuschauen und das Leben anderweitig zu genießen. Ich spreche da aus eigener Erfahrung und erinnere mich an einen Auftritt in der Rockfabrik Ludwigsburg (Anm. d. Red. : die Rofa wurde leider nach 36 Jahren im Jahr 2019 geschlossen, R.I.P.), als W.A.S.P. geschlagene 1,5 Stunden später wie angekündigt endlich die Bühne betraten. Damals waren tatsächlich schon laute Buhrufe der überstrapazierten und inzwischen ungeduldigen Metalheads zu hören gewesen!
Doch ganz so schlimm sollte es in Mannheim dann Gott sei Dank nicht werden, auch wenn schon im Vorfeld durchsickerte, dass der Konzertbeginn nicht vor 20:30 stattfinden sollte. Und so startet dann tatsächlich kurz nach halb Neun das Intro und Drummer Aquiles Priester, Bassist Mike Duda sowie Gitarrist Doug Blair betreten die Bühne, auf der in der Mitte das überdimensionale Mikroständer vom Meister Blackie Lawless tront, hinter dem sich der Frontmann später zu mehr als 90 % des Gigs versteckten sollte.
Als dann Blackie im schwarz-weißen W.A.S.P.-Trikot mit der 40 auf dem Rücken die Bühne betritt, gibt es kein Halten mehr im Capitol, und Blackie wird aus 1000 Kehlen lautstark empfangen. Es geht gleich richtig ab, denn den Anfang macht das tolle Medley aus den Altklassiker „On Your Knees“, „The Flame“ und „The Torture Never Stops“ vom Debutalbum und „Inside the Electric Circus“, die natürlich sofort lautstark vom Publikum mitgesungen werden.
Man merkt Blackie schon deutlich an, das der Zahn der Zeit auch an ihm nicht spurlos vorüber gegangen ist. Leicht hinkend bewegt sich der Frontmann eher spärlich und tritt nur sehr selten hinter seinem Mikroständer an den Bühnenrand zum Publikum vor. Überraschend gut kommt der Gesang aus den Boxen rüber, wobei auch an diesem Abend immer wieder die Gerüchte von technischer Unterstützung mittels Playback die Runde unter den Zuschauern macht. Fleißig diskutiert wird, ob da jetzt Voll- oder Teilplayback das Capitol beschallt oder ob Blackie wirklich einen Sahnetag erwischt hat.
Als nach einigen Songs die plakativen Zeichnungen passend zu einigen Songs der Band fallen, kommen drei Videoleinwände zum Vorschein, auf denen fortan die Musikclips der 80er Jahre zu sehen sind. Die Haarspayfrisuren und VoKuHiLa-artigen Locken machen deutlich, dass die Songs und speziell auch das einzig verbliebene Mitglied der Urbesetzung doch schon einige (Bühnen-)Zeit auf dem Buckel haben.
Doch das Wichtigste, nämlich die Songs von W.A.S.P. können auch nach 40 Jahren live noch immer mitreißen und die Fans begeistern. Nach dem geilen „Wild Child“ folgt mit „The Idol“ dann das Highlight des Abends.
Der Titeltrack des inzwischen auch schon 30 Jahre alten „The Crimson Idol“-Albums gehört zweifellos zum Besten, was Blackie in seiner 40 jährigen Karriere erschaffen hat. Besonders mit den Halbballaden zeigen W.A.S.P. ja immer wieder ihre ganz große Stärke. Mit dem phenomenalen mehrminütigen Solo von Doug Blair ist Gänsehaut vorprogrammiert – einfach nur geil der Song.
Als dann die Geräusche der Kettensäge ertönen, ist klar was nun kommt. „Chainsaw Charlie“ schleicht durch die Straßen und sucht nach einem Opfer. Die Fans unterstützen Blackie und nehmen ihm den Gesang fast ab, sodass er an seinem Mikroständer fleißig rumschwingen kann. Auch gibt’s einen kleinen Ausflug an den Bühnenrand, bevor „Blind in Texas“ zum Mitgrölen einlädt. Dough gibt auch hier ordentlich Gas und liefert den Abend über eine geile Performance ab. Dabei posiert er des Öfteren bei den Solos mit freien Oberkörper am Bühnenrand, was die Damen auf der Empore freudig bejubeln. Auch das ein oder andere Plektron findet den Weg ins Obergeschoss.
Im Hintergrund knallt Aquiles Priester wie ein Derwisch auf sein Drums ein, und sorgt während des gesamten Gigs für einen wuchtigen Sound, das es eine wahre Freude ist. Bassist Mike Duda bleibt da eher blass in der Statistenrolle.
Dann geht es zurück zu den Anfängen der Band und ihrer ersten Single „Animal“, die damals wie oben erwähnt für Schlagzeilen sorgte. Das Sägeblatt ist heute nur noch am Arm von Blackie und auch auf die Feuerfontänen aus dem Unterleib verzichtet Blackie heute. Im Hintergrund läuft passend ein Video, bei dem W.A.S.P. auch den „Washington Wives“ um die Frau des ehemaligen Vizepräsidenten der USA Al Gore gedenken, die in den 80er mit Ihrer Organisation eine Zensurkampagne gegen den Song anstrebten. Was war das in den 80ern für ein Aufstand, mit gerichtsähnlichem Charakter, bei dem auch Dee Snider von den Twisted Sister im Video einen Auftritt hatte.
Nach „The Real Me“ und einer kurzen Dankesrede über seine Karriere beendete Blackie dann mit „I wanna Be Somebody“ leider schon nach knapp 70 Minuten den Auftritt. Hier ging natürlich nochmals kräftig die Post ab, auch auf der Empore gingen die Fans lautstark mit.
Kurz und knapp der Auftritt, wie man es gewohnt ist von W.A.S.P., den ein oder anderen Song wie z.B. „Sleeping in The Fire“ oder etwas ausden neueren Scheiben hätte man sich bei der Jubiläumstour schon noch gewünscht.
Fazit:
Auch wenn die Showelemente früherer spektakulärer Shows bei dieser Tour völlig fehlten, konnten die US-Rocker das ausverkaufte CAPITOL trotzdem musikalisch überzeugen, und die Fans durften zu den alten Hits Bangen was das Zeug hält, auch wenn die Frage des Playbacks nicht abschließend gelöst ist. Doch egal wie man zu der Sache steht, möglicherweise lieber ein Teilplayback zur Unterstützung einsetzen, statt einen Sänger zu hören, der vielleicht nicht mehr in der Form seines Lebens ist und dann nur ein müdes Gesängchen aus den Boxen kommt.
Spaß hat es trotzdem gemacht, nochmals die alten Gassenhauer live zu hören, denn das Debüt ist einfach ne geile Scheibe, geradlinig auf die 12, einfach Kult! Da muss ich mir mal wieder die alte VHS-Kopie von „Live At The Lyceum“ aus London reinziehen, auch wenn´s für heutige Verhältnisse eine grottenschlechte Bildqualität hat.
Setlist:
W.A.S.P. sind:
Blackie Lawless – Vocals, Gitarre
Mike Duda – Bass
Doug Blair – Gitarre
Aquiles Priester – Drums
W.A.S.P. Online
Homepage: www.waspnation.com
Facebook: https://de-de.facebook.com/W.A.S.P.Nation/
Label: https://label.napalmrecords.com/w-a-s-p