Ich muss gestehen, dass ich bislang mit den kanadischen Powermetallern UNLEASH THE ARCHERS rund um Powerröhre Brittney Slayes noch recht wenige Berührungspunkte und auch live noch keine Möglichkeit hatte, mich von den musikalischen Qualitäten der Band zu überzeugen. Knapp ein Jahr nach Ihrer Cover-EP „Explorers“ folgte mit „Abyss“ nun der Nachfolger zum Album „Apex“ von 2017, der den Underground schon aufhören lies.
Vereinzelte YOUTUBE-Videos begeisterten mich im letzten Jahr und haben mein Interesse an der Band geweckt. Auch der vorab ausgekoppelte Titelsong „Abyss“ vom gleichnamigen fünften Longplayer, der am 21.08.20 über Napalm Records veröffentlicht wurde, zündete sofort bei mir.
Abwechlungsreicher, moderner Powermetal, mit eingängigen Melodien, knalligen Riffs, kombiniert mit Synthesizer, kräftiger und sehr variabler weiblicher Gesang, dazwischen eingestreut gutturaler Gesang, der dem ganzen etwas an Würze gibt, ohne dass er störend wirkt.
So war ich sehr gespannt, ob denn die restlichen Songs des neuen Albums das hohe Niveau des Titeltracks halten können.
Produziert von Jacob Hansen in den Hansen Studios in Dänemark überzeugt die Produktion durch einen modernen, glasklaren, powervollen Sound, mit dem es perfekt gelungen ist, die überragenden technischen Kunstfertigkeit des jungen Vierers mit der perfekten Mischung aus hochkomplexen, eingängigen Knallern und stimmungsvollen, mit Synthesizern durchsetzten Power-Balladen zu präsentieren. Als Konzeptalbum bildet „Abyss“ inhaltlich die Fortsetzung der begonnenen Science-Fiction-Saga.
Den Anfang macht „Waking Dreams“. Eher als Ballade beginnnend, nimmt der Song zur Mitte Fahrt auf und erinnert gesanglich etwas an die Landsleute von KOBRA AND THE LOTUS und deren Sängerin Kobra Page. Der Song geht dann fließend über in den superben Titelsong „Abyss“. Der Übersong für mich auf dem Album, beinhaltete er doch alles, was mich im Bereich Powermetal begeistert. Geile Riffs, eine tolle Stimme, klasse Melodie, und dieses Oooohhhhh… göttlich… so geht Metal… schon jetzt einer der Top-10 Hits des Jahres.
Es folgt mit „Through Stars“ ein Song, der eher in die melodischere Richtung geht. Vom Keyboard getragen kann diesem Song schon fast Radiotauglichkeit bescheinigt werden. Hier dürften Fans der ersten Stunde vermutlich etwas Probleme haben, fehlen hier doch einige der typischen UTA-Trademarks und die Rohheit älterer Songs.
In „Legacy“ brechen dann nach zartem Anfangsintro alle Dämme. Wie ein Tsunami knallen die Doublebass von Drummer Scott Buchanan und die Gitarren rein, da bleibt kein Stein auf dem anderen. Dragonforce-Fans werden entzückt sein, wie sich die beiden Sechssaiter die Tabulatur hoch und runter arbeiten, und das in unglaublicher Geschwindigkeit. Doch genauso überraschend, wie das Tempo schlagartig hochgefahren wurde, wird kurz darauf auch wieder abgebremst. Es folgt fast schon zuckersüßer Gesang von Brittney und der Song bewegt sich eher im Midtempobereich, immer mit dem nötigen Druck im Hintergrund, bevor dann die beiden Gitarristen wieder aufs Gaspedal treten und ein technisch erstklassiges Solo hinzaubern. Einer der Highlight für mich auf dem Album.
Bei „Return to me“ gehts dann wieder zur Sache, ein Speed-Song erster Güte mit ordentlich Growls und gutturalem Gesang.
Es folgt die zweite Videoauskopplung „Soulbound“. Ein echter Kracher, mit ordentlichem Tempo, bei dem Gitarren und die Rhythmussektion gepaart mit dem überragenden Gesang von Slayes zu Höchstform auflaufen. Auch beim folgenden „Faster than light“ wird -wie der Titel schon sagt- ordentlich Gas gegeben. Hier steigert sich Brittney teils in ungeahnte Höhen, trifft aber immer den richtigen Ton. Speedfans und Gitarrenfreaks werden den Song lieben.
Zum Kontrast wird es danach mal etwas ruhiger. Balladesk beginnt „The Wind That Shapes The Land“, der mich wieder stark an Kobra Page erinnert. Im Verlauf steigert sich das Tempo und auch gutturaler Gesang kommt wieder zum Einsatz. Bei diesem Song werden alle Facetten der Archers dargeboten und trotz der über acht minütigen Spielzeit ist der Song sehr kurzweilig.
„Carry the Flame“ beginnt recht Hardrock-mäßig, mit Chorgesang und ist fast radiotauglich, ein eher untypischer Song der Kanadier, der trotzdem zu überzeugen weiß. Leider liegen mir zum Zeitpunkt des Reviews keine ausführlichen Infos vor, wer hier den männlichen Gesangspart im Gesangsduet mit Brittney übernimmt… klingt aber super.
Den Schluss macht „Afterlife“, ein perfekter Mitsing-Song, der recht symphonisch mit Keyboards und Orchester eingeleitet wird, ehe der Schalter umgelegt und das Gaspedal zum Ende des Albums nochmals durchgetreten wird. Gesangstechnisch wird Brittney von ihren Bandkollegen durch seinen gutturalen Gesang unterstützt. Das Intro des Songs wird wieder aufgenommen und zum Ende des Songs entwickelt sich „Afterlife“ zu einen perfekten Mitsing-Song, der sicherlich live zur Setlist gehören dürfte und einen perfekten Abschluss für Liveaktivitäten bilden dürfte.
Beim Anhören des Schlusssongs sieht man unweigerlich die Fans vor der Bühne vor seinen Augen, mit gestreckter Pommesgabel und lautstart „Hooooooo, ooohhhhooo“ mitgrölend… man wäre das mal wieder schön!
Fazit:
Die Kanadier schaffen mit ihrem fünften Studioalbum wohl endgültig den Durchbruch. Insgesamt etwas weniger aggressiv wie die früheren Veröffentlichungen fällt „Abyss“ schon aus, was jedoch nicht von Nachteil ist. Ganz im Gegenteil, hier werden 10 erstklassige Power-Metal-Granaten abgefeuert, die nur so vor tollen Melodien strotzen und zahlreiche überschallartige Solis und filigrane Speed-Metal-Einlagen vom Stapel lassen. Und über all dem thront natürlich der alles überragende Gesang von Brittney Slayes, die sich mit diesem Album sicherlich endgültig in die Liga der besten Metalsängerinnen katapultiert haben dürfte.
Mit „Abyss“ wird UNLEASH THE ARCHERS sicherlich ein breiteres Publikum begeistern können, ohne die Wege der Anfangstage komplett zu verlassen. Technisch hervorragend umgesetzt, mit der nötigen Portion Power und gleichzeitig eingängigen Melodien heben sich UNLEASH THE ARCHERS von der Masse an Power-Metal-Bands ab und machen „Abyss“ zu einem rundum gelungenen Album, dass der Band sicherlich viele neue Fans bescheren dürfte.
Unbedingt reinhören, denn sonst verpasst Ihr (wie ich bislang) eine sehr hoffnungsvolle Band, die mit diesem Album endgültig erwachsen geworden ist.
Bleibt zu hoffen, dass Corona bald besiegt werden kann, damit wir diese hoffnungsvolle Band wieder live auf den Bühnen der Clubs und Festivals begrüßen und die Songs live präsentiert werden können.
Für Fans von KOBRA AND THE LOTUS, RHAPSODY, DRAGONFORCE
Von mir gibt’s für „Abyss“ 9,5 von 10 Bängs
Songlist:
- Waking Dream
- Abyss
- Through Stars
- Legacy
- Return To Me
- Soulbound
- Faster Than Light
- The Wind That Shapes The Land
- Carry The Flame
- Afterlife
UNLEASH THE ARCHERS sind:
Brittney „Slayes“ Hayes Gesang
Scott Buchanan Schlagzeug
Grant Truesdell Gitarre, Gutturaler Gesang
Andrew Kingsley Gitarre, Gutturaler Gesang
Das Album wird veröffentlicht über Napalm Records und ist als
CD und CD-Earbook sowie für die Vinyl-Fans als Doppel-LP in den Farben Black, Sky Blue, Yellow, Yellow/Red erhältlich.
Tour Dates 2021:
Sep 23 Wed Full Metal Cruise 9 Kiel, Germany
Jun 4 Fri Sweden Rock Festival 2021 Sölvesborg, Sweden
Jun 24 Thu Kilkim Žaibu Festival XXI Graužai, Lithuania
Jun 25 Fri BasinFireFest Spálené Poříčí, Czechia
Jul 3 Sat RockHarz Open Air Ballenstedt, Germany
Jul 31 Sat Wacken Open Air 2021 Wacken, Germany
Aug 4 Wed Sabaton Open Air Falun, Sweden
Aug 7 Sat Leyendas Del Rock Festival 2021 Villena, Spain
Aug 13 Fri Bloodstock Open Air Walton On Trent, United Kingdom
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