Land: Kanada
Genre: Pop Punk/Surfrock
Sommer bedeutet für mich im Großen und Ganzen nur drei Dinge: die Eröffnung von Freibädern und der damit verbundene Badespaß, schwüle Nächte voller durchgeschwitzter Schlafanzüge und die Rückkehr von rockigen Sommersongs in meine Playlist. Letzteres hätten das Toronto-Trio Talk Show Host mit ihrem Debütalbum „Mid-Century Modern“ nicht besser abpassen können. Mit einer Mischung aus poppigen Melodien, Punk-Attitüde und Surfrock-Flare haben sie definitiv eine gute Chance auf ein paar Listenplätze, aber reicht diese auch für Playlist-Stammpositionen? Schauen wir mal wie gut der erste Longplayer der Band wirklich ist…
Los geht es ohne großes Intro mit You Asshole! Die Gitarren starten mit einer Tremolo-Melodie und die anderen Instrumente, Namensaktien Bass und Drums, kommen nach und nach hinzu. Sänger Chris Veinot stößt mit seinem angenehmen Mid-Range-Gasang hinzu. Im Refrain und Pre-Chorus spielen die Jungs mit Gang-Shouts und Hintergrund-„Ohhhhhs“. Ich sehe das Live-Publikum schon beim Mitbrüllen des Songtitels.
Mit fließendem Übergang geht es schnell weiter mit Blood in the Sand. Diese Art von Übergängen zwischen den Songs wird auf der Platte häufig genutzt und hilft wirklich gut dabei die einzelnen Titel zu einer Einheit zu verbinden. Blood in the Sand ist nicht so aggressiv wie sein Vorgänger, geht aber auch nicht weniger ins Ohr. Teilweise findet sich eine ähnliche Tremolo-Melodie der Gitarren wie bei You Asshole! im Hintergrund des Tracks. Der Mittelteil hat ein kleines Chor-Battle bevor dann der letzte Chorus mit viel Hintergrundgesang gefeuert wird. Allgemein besitzt der Song eine richtig fröhliche Stimmung.
Crisis Actors startet mit einem dicken Riff (zumindest für Punk Rock dick) und besitzt außerdem einen starken Refrain mit Gang-Shouts. Wenn Blood in the Sand die Surfrock-Seite von Talk Show Host repräsentiert, dann steht dieser Track ganz klar für die Punk Rock-Portion der Band. Aber überzeugt euch selbst, denn der Song ist bereits im Vorfeld als Single veröffentlicht worden:
Mit Warmest Condolences kommt der erste etwas ruhigere Song des Albums zu Vorschein. Die Strophen sind vom Gesang getragen und der Refrain, der beim ersten Auftauchen nur in kurzer Form wiedergegeben wird, besitzt Drive durch den Tamburin-Einsatz. Zum Aufbau des großen Finales werden dann noch Gang-Shouts und eine Zweitstimme hinzugezogen. Spannungskurve erfolgreich erzeugt!
Sorry, My Mistake behält den balladesken Charakter des Vorgängers bei, nimmt aber eine große Portion Melancholie mit an Bord. Die Gitarren spielen sehr emotional geladen und schon die Gesanglinien der ersten Strophe liegen schwer im Magen. Ein Gitarrensolo in der Songmitte vervollständigt meinen Anspruch an gute Powerballaden.
Glücklicherweise geht es anschließend wieder fröhlicher zur Sache. Syntax Error OK ist wahrscheinlich mein persönlicher Favorit der Platte. Die wunderbare Sommer-Stimmung des Tracks bleibt unangefochten. Der Refrain mit seinen harmonisierenden „Ohhhhs“ lädt nur so zum Mitsingen ein und das hier präsente Gitarrensolo macht wirklich Lust auf ein bisschen Wellenreiten. Hier hat die Band wirklich einen Langzeithit geschaffen, der mir bestimmt noch weit über diesen Sommer hinaus im Ohr bleiben wird!
Up to No Good (Again) macht aber auch nicht weniger Spaß. Textlich sicher mehr im Punk-Bereich einzuordnen und mit der klassischen Formel „weniger Instrumente in den Strophen und dann volle Power im Refrain“ ausgestattet, haut der Track doch gut rein. Sicherlich eine Live-Granate!
Too Many Problems hebt das Tempo an. In den Strophen wird schnell gerappt und sicher finden sich auch ein paar interessante Polymeter im Songgerüst versteckt. Für mich als fast schon mehr Prog- als Metalhead ist das natürlich ein nettes Extra. Für alle anderen wird hier wahrscheinlich hart Pogo getanzt. Egal auf welche Weise, Too Many Problems überzeugt in jeder Hinsicht.
Im Gegensatz zum Namen ist The Ballad o‘ Jack Nance mehr eine Hymne als eine Ballade. Ja, das Lied hat lange und zurückgenommene Strophen, aber der folgende Refrain hat mit seinen lang gehaltenen Phrasen und unterstützenden „Ohhhhs“ doch eher Hymnencharakter. Nichtsdestotrotz glaube ich an viele hochgehaltene Feuerzeuge während der Live-Perfomance dieses Tracks.
Lame Duck… beendet „Mid-Century Modern“ und ist wahrscheinlich das genaue Gegenteil zum actionreichen Opener. Bis zur Songmitte tragen hauptsächlich die Drums das Geschehen. Der Gesang wird hier an vielen Stellen von einer weiblichen Stimme unterstützt, die auf anderen Tracks höchstens Hintergrund-Einsätze hatte. Das große Finale holt dann nochmal alle Instrumente ins Boot und zelebriert das Album mit einem letzten Refrain.
Leider hat das Album auch einen kleinen Makel. In der ersten Hälfte des Albums klingt alles sehr ähnlich, während die zweite Hälfte viele experimentelle Songs beinhaltet. Deswegen geriet ich oft in Versuchung nach dem Opener ein paar mal die Skip-Taste zu betätigen. Trotzdem heißt das nicht, dass „Mid-Century Modern“ schlecht ist. Im Gegenteil:
Fazit: Talk Show Host haben hier musikalisch ein Top-Debüt abgeliefert. Auch die Abmischung schreit nach Surfrock und macht Lust auf Sommer, Sonne und Schwimmbadwetter! Viele der Songs werden auch nächstes Jahr wieder ihren Weg in meine Playlist finden. Jedem, der auf Punk-/Surfrock steht und der kurzweilige und spaßige Musik mag, kann ich „Mid-Century Modern“ nur wärmstens ans Herz legen!
Von mir gibt es für „Mid-Century Modern“ 8 von 10 wellenreitenden Bängs!
“Mid-Century Modern“ erschien am 4. Juni 2021 via Wiretap Records & Disconnect Disconnect Records und ist als digitaler Download und LP erhältlich.
Die Band:
Chris Veinot – guitar & lead vocals
Sean Woolven – drums & vocals
Fabien Rivenet – bass & French accents
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