Freitag wurde es dann erstmal exotisch mit Bloodywood aus Indien, pünktlich zu High Noon auf der Main. Und welche Energie, dazu geile Songs und geschickt eingeflochtene indische Soundschnipsel, geil. Song wie BSDK.exe und Dana Dan gehen, trotz ihrer ernsten Themen (Propaganda, sexueller Missbrauch) direkt in die Hüfte bzw. in den Halswirbel. Mitreißender geht es um die Zeit kaum, und wer die Meute Mittags schon so aufheizen kann, sollte es mit der Zeit zu einem Headlinerslot bringen, potenzial wäre bei Bloodywood in der Richtung mehr als nur ein wenig vorhanden.


Auch neugierig war ich auch auf Vended bei denen mit Griffin Taylor am Mikrofon und Simon Crahan an den Drums gleich zwei Söhne von Slipknot-Gründungsmitgliedern an Bord sind. Und die haben die DNA ihrer Väter musikalisch total aufgesogen, denn die Songs könnten durchaus auch auf einer Platte von eben Slipknot zu finden sein, bzw. die Bühnenpräsenz ähnelt auch sehr der neunköpfigen Truppe aus Iowa. Trotzdem kann man ihnen eine gewisse Eigenständigkeit nicht absprechen und der Auftritt ist nicht von schlechten Eltern. Ich stelle mir dabei vor, wie Corey Taylor im Hintergrund steht und immer dann, wenn sein Sprössling etwas nicht ganz so hinbekommt wie gewünscht, diesen dann mit einem sehr harten Radiergummi bewirft, bis es sitzt. Nein, Daumen hoch für die Jungspunde, wenn die so weitermachen, kann durchaus aus ihnen eine große Nummer werden.

Taylor jr. von Vended

Aus unerfindlichen Gründen habe ich Freitag leider nicht mehr Bands gesehen. Woran es genau gelegen hat, dass ich Auftritte von unter anderem Alestorm, Within Temptation und Amorphis nicht für Euch mitverfolgt habe, überlasse ich Euren Spekulationen. Aber laut hören sagen waren die Shows dieser Bands gut bis sehr gut. Wenn ihr es genauer haben wollt, müsst ihr woanders weiterlesen.


Am Samstag stand ich dann aber wieder pünktlich zu Nekrogoblikon um 12:55 vor der Bühne. Allerdings spielten zu dem Zeitpunkt noch Infected Rain, was mich doch etwas an meinen gegenwärtigen Zustand zweifeln ließ. Aber die waren schon auf dem Schlussspurt ihrer Show, danach nur wenige Minuten Umbaupause, bevor es mit Nekrogoblikon weitergehen konnte. Wenn jemand weiß, was da los war, bitte Bescheid geben, danke. Allerdings hat mich deren Darbietung und Interpretation an Metal nicht so abgeholt, wie ich es mir vorgestellt habe. Das klang aus der Konserve doch deutlich besser, auch hier muss ich ein Schade hinterlassen.

Nekrogoblikon, der hat schon gespürt das es mir nicht so gefallen hat

Einen verdammt starken Auftritt legten dagegen SkyEye aus Slowenien um 13:45 auf der Wera Tool Rebel Stage hin. Wie der junge Bruce Dickinson spurtet Jan Leščanec über die Bühne, singt und gestikuliert sich durch die durchwegs Laune machenden Songs der Band, die zum Teil auch den Spirit eines guten Iron Maiden Tracks versprühen. Der einsetzende Regen und die einzige Möglichkeit sich unterzustellen, dank des Daches bei der Wera Tool Rebel Stage, sind nicht allein schuld an dem stetig zunehmenden Publikum vor der Bühne. Sondern auch die mitreisende Performance, die zum Fäuste recken und Headbangen nur so eingeladen hat.

Wie man am Banner schon sehen kann, SkyEye

Der nächste Künstler hinterlässt mich doch etwas zwiegespalten, nämlich Storm um 16:30 auf der Ficken Party Stage. Einerseits finde ich es gut, dass der Nachwuchs gefördert wird und so auch jungen Leuten eine Chance gegeben wird und diese sich live beweisen können. Und diese hat der 13-jährige Knirps aus Norwegen mit seinen beiden Mitstreitern durchaus genutzt. Ein grandioser Auftritt für dieses Alter, bei dem sich so mancher „Profimusiker“ eine Scheibe abschneiden könnte, dazu ausgereifte Songs aus eigener Feder, was für ein Talent. Der „Modern Metalcore“ der Band mit eingängigen Melodien hat verdammt viel Potenzial. Aber ob man dieses Kind fern seiner Heimat auf eine Festivalbühne stellen muss, ist eine andere Geschichte.

Storm

Ebenfalls aus Norwegen stammen Lüt deren Auftritt um 18:00 auf der Wera Tool Rebel Stage stattfand. Mit ihrer Mischung aus Hardcore, Punk und eingängigen Rock haben sie einigen Festivalbesuchern die letzten Kraftreserven aus den Knochen gesaugt. Ich hab zwar kein Wort verstanden, was sie gesungen haben, aber egal, das tue ich ja bei Korpiklaani z. B. auch nicht und trotzdem wird dazu abgefeiert. Wer mir allerdings leidgetan hat, bei dem Auftritt, ist der Kabeltechniker der Band. Während Markus Danielsen, seines Zeichens Sänger von Lüt, mit seinem Kabelmikro einen Circlepit angezettelt hat, mit sich mitten drin und dann auch noch Crowdsurfen ging mit dem Ding, muss der Techniker doch vollständig ergraut sein (falls er es nicht schon ist).

Lüt

Inzwischen hat es längst zu regnen aufgehört und teilweise hat sich die Sonne blicken lassen, was laut eigener Aussage von Hansi Kürsch nur am Auftritt seiner Band Blind Guardian liegen konnte, denn die hat bekanntlich noch nie bei Regen spielen müssen. Mein persönliches Highlight hat um 19:10 die Main betreten und alles richtig gemacht. Schon das Intro War Of Wrath und das darauffolgende Into The Storm versprachen großes, und das halten die Krefelder spielend bis zum letzten Ton. Ich hatte das Vergnügen eines Fotopasses und durfte so die ersten Songs aus unmittelbarer Nähe erleben und während meine „Fotografen-Kollegen“ damit beschäftigt waren, spektakuläre Bilder von Blind Guardian zu schissen, habe ich mich damit begnügt ein paar halbwegs vernünftige Aufnahmen zu machen, um danach da vorne kräftig zu feiern und zu tanzen. Headbangen habe ich mir allerdings verkniffen, was schon hart war für mich. Ich würde gerne den „unfähigen“ Berater kennenlernen, der der Band 25 Jahre lang zum Summer Breeze abgeraten hat, weil das Summer Breeze Publikum kein Blind Guardian Publikum sei! Einen größeren Blödsinn habe ich selten gehört. Da die Musiker sich gerade auf Tour befinden zum 30-jährigem Jubiläum von Somewhere Far Beyond haben sie das Album auch hier in seiner ganzen Pracht gespielt, was bei der feiernden Menge vor der Bühne auch jubelnd zur Kenntnis genommen wurde. Wie wenig die Krefelder aufs Summer Breeze passen, hat man spätestens bei The Bard´s Song gemerkt, das obligatorisch größtenteils vom Publikum gesungen wurde und auch hier in Dinkelsbühl waren (fast) alle verdammt textsicher. Hoffentlich halten Blind Guardian ihr Versprechen und sie kommen bald wieder hierher.

Noch lange nach dem Auftritt von Blind Guardian schallen Valhalla Chöre über die Mainstage und so auch passenderweise bis zum Auftritt von Heaven Shall Burn, die diesen Song 2013 bekannterweise gecovert haben. Kann es einen schöneren Übergang von klassischen Heavy Metal zu modernen Metalcore geben? Die Band aus Thüringen reißt alles ein, was noch stehen und sich bewegen kann, und feuert einen Hit nach dem anderen in die tobende Crowd. Von My Heart And The Ocean über Protector bis zu Black Tears wird dem Publikum nochmal alles abverlangt, was an Energiereserven vorhanden ist. Wir waren uns danach nicht einig, ob es sieben, acht oder neun „vernünftige“ Wall Of Death waren bei HSB, aber wohl die meisten dieses Festivals bei einer Band. Wer danach noch ruhig atmen konnte, hat was falsch gemacht.


Als letzten Absacker sind wir dann noch zur T-Stage um uns ein wenig Combichrist zu geben, aber wie schon öfter festgestellt übertreiben es Amis gerne mal mit der Lautstärke bis es wehtut. Und ich bin da eigentlich nicht empfindlich. Darum lieber zurück zum Zeltplatz, um mit den Freunden und einem Dosenbier ein weiteres Resümee ziehen über die letzten Tage. Auf dem Weg dahin sind uns einige Fahrzeuge aufgefallen, die in die Schlammfalle getappt sind, weil sie schon das Camp verlassen wollten/mussten und von alleine nicht mehr weitergekommen sind. Ob man da nicht ein klein wenig gegensteuern hätte können?


Fazit: Das Summer Breeze 2022 wurde selten so abgefeiert wie in diesem Jahr! Man hat deutlich gespürt, wie sehr den Fans dieses Festival gefehlt hat. Und mir ging es nicht anders, schon beim Auffahren zu Black Earth hatte ich eine unbeschreibliche Euphorie in mir. Und trotzdem war es wie immer ein friedliches Fest mit knapp 45.000 Menschen, bei dem es wenig zu bemängeln gab. Ich freue mich schon sehr auf 2023!

Bestes Festivalwetter
Vorbildlich

By Christian B

Ich höre alles von traditionellem Heavy Metal, Black, Death, Trash, Folk. Power über Punkrock und was es sonst noch so alles gibt, gut muss es halt sein. Bei was es mir allerdings die Zehennägel aufstellt ist langweiliger Prog wie in Dream Theater, Queensrÿche, Opeth und co. zelebrieren. Da schlafe ich schlichtweg ein.

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