Genre: Melodie Death Metal

Land: Schweden

Was ist der Standard in Musik heutzutage? Qualität oder Quantität?

Schaut man auf unsere Kultur der Streaming Dienste wie Spotify und Apple Music, ist es doch sehr viel lukrativer für Künstler und Bands, mehr Songs herauszubringen. Neue Songs bringen Publicity, bringen Aufmerksamkeit, bringen neue und alte Fans zum Künstler zurück. Deshalb passen sich viele Künstler an und veröffentlichen mehr Singles und kleinere Releases wie EPs.

Auch Melodie Death Metal-Giganten Soilwork sind nun auf den Zug aufgesprungen und bringen mit „A Whisp Of The Atlantic“ eine EP mit Songs heraus, die zum Großteil schon über das Jahr hinaus veröffentlicht wurden. Lediglich der Titelsong ist völlig „neu“, für alle anderen gibt es bereits Musikvideos. Gepaart mit dem erst letztes Jahr erschienenen Album „Verkigheten“ ist das schon einiges an neuem Material in so kurzer Zeit. Manche Bands brauchen Jahre, Jahrzehnte für neue Alben (ja, ich schaue euch an, Dimmu Borgir und Rammstein) und Soilwork sprudeln anscheinend nur so von Kreativität. Oder sind die Songs nur halbherzig komponierter 0815-Death Metal, die für Publicity und Spotify-Aufrufe zusammengezimmert wurden?

Ganz an den Anfang der EP setzen die Schweden ihren Titelsong mit ganzen 16 Minuten Laufzeit! So eine Dauer hat Soilwork bisher mit keinem ihrer Songs erreicht. Aber je länger der Song desto schwieriger wird es, den Hörer nicht zu langweilen.

Eingeleitet durch Piano und Meeresrauschen baut der Song langsam Spannung auf. Gitarren und Streicher unterstützen das Ganze bis Sänger Björn Strid seinen Klargesang hinzufügt. Nach ungefähr zweieinhalb Minuten hört man auch heraus, dass der Song von Soilwork und nicht von deren Schwesterprojekt, der 80s-inspired Rock Band The Night Flight Orchestra ist, in der Strid und Gitarrist David Andersson ebenfalls schreiben und spielen. Denn jetzt sind auch Riffs und Growls zu hören.

Der Song wechselt allgemein viel zwischen instrumentalen Parts und Teilen, in denen der Gesang im Fokus steht. Einflüsse aus den Black Metal und dem Jazz sind zwischendurch immer mal wieder zu vernehmen. Vor allem das Ende versprüht mit der Lead-Trompete ein improvisatorisches Feeling.

Die Outros aller Songs (bis auf Desperado) sind wahrscheinlich das Beste an der ganzen EP. Hier dringen Soilwork in neue, akustische Gewässer vor und – es funktioniert.

Feverish wird mit einem 80s Synth-Intro eingeleitet und erneut fühle ich mich, als würde ich gerade ein The Night Flight Orchestra-Album hören. Doch die Riffs und Blastbeats rauben mir diese Vorstellung recht schnell. Obwohl der Song wieder recht eingängig ist, stören mich doch die Blastbeats ein wenig. Sie werden meiner Ansicht nach an den falschen Stellen eingesetzt und nehmen den anderen Instrumenten die Spotlights weg.

Die Einleitung zu Desperado erinnert stark an den Soundtrack zu Blade Runner, bevor galoppierende Gitarren das Ruder übernehmen. Der Song hat einen starken Refrain und glücklicherweise sehr viel besser (und weniger) eingesetzte Blastbeats im Gegensatz zu seinem Vorgänger.

Death Diviner ist wohl der „poppigste“ Track der EP. Überwiegend Klargesang, einfaches Drumming und ruhige Midsection unterstützen diese These. Auch hier könnte ich mir vorstellen, dass der Song für The Night Flight Orchestra komponiert und dann nur für Soilwork mit härteren Gitarren und weniger Synthesizern versetzt aufgenommen worden ist. Ja, dieser Vergleich kommt logischerweise daher, dass beide Bands die gleichen Songwriter haben (wie oben schon erwähnt), aber Soilwork verwandeln sich für mich mehr und mehr in eine Art Death Metal-Version von Night Flight …und, ich liebe es!

Abschließend folgt der Track The Nothingness And The Devil. Der Hauptriff des Songs klingt fast nach etwas, was Nightwish (in einer sehr viel zahmeren Version) spielen würden, doch das Drumming spricht eindeutig die schwedische Sprache. Nach meinem ersten Durchgang empfand ich, dass der Refrain hier etwas untergeht, aber je öfter ich den Song höre, desto besser gefällt er mir. Hier kommt auch wieder die Death Metal-Seite von Björn Strid zum Vorschein – er growlt fast den gesamten Song durch! Nach knapp vier Minuten geballter Power erwartet den Hörer ein sanftes Outro, das sich über eineinhalb Minuten erstreckt. Wundervoll!

Im Endeffekt sind mein einziger Kritikpunkt die Blastbeats in Feverish. Ansonsten haben Soilwork wieder richtig abgeliefert und ihrem Sound neue Facetten hinzugefügt.

Fazit: „A Whisp Of The Atlantic“ fühlt sich nicht wie 0815-Death Metal an. Die EP ist für Soilwork ein Schritt in Richtung Einzigartigkeit und begeistert durch die Balance von hart und sanft. Jeder Soilwork-Fan kann getrost zugreifen und jeder, der Strid nur von The Night Flight Orchestra kennt, hat hier die Chance einen Einstieg in Richtung Melodeath zu machen.

Von mir gibt’s dafür 8 von 10 Bängs!

acht von zehn

„A Whisp Of The Atlantic“ erscheint am 4. Dezember 2020 via Nuclear Blast und ist als digitaler Download, Vinyl und CD erhältlich.

Die Band:

GesangBjørn „Speed“ Strid
E-GitarreSylvain Coudret
E-GitarreDavid Andersson
KeyboardSven Karlsson
SchlagzeugBastian Thusgaard

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Soilwork Webseite

By Elias

Schreiberling aus Leidenschaft, Metal-Enthusiast seit der Schulzeit. Verirrt sich gern in den Tiefen des Prog und bestaunt moderne Ansätze zu Rock und Metal.

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