Zur Vorgeschichte von Slipknot brauche ich hier nicht allzu ausufernd auszuholen. Die Band aus Iowa ist inzwischen weit über die Genregrenzen der Metalgemeinde hinaus bekannt. Spätestens mit Megasellern wie „Vol.3“ und deren Hitsingle „Before I Forget“ habe die 9 maskierten Chaoten auch den Mainstreammarkt erobert. Nicht jedem Fan der ersten Stunde hat diese Entwicklung, die airplaytaugliche Songs wie „Killpop“ oder „Snuff“ hervorgebracht hat, gefallen. Aber Slipknot füllen inzwischen die größten Stadien, haben mit dem Killfest ihr eigenes, erfolgreiches Megafestival am Start. Ein neues Album nach dem erfolgreichen „The Gray Chapter“ von 2014 schürt Erwartungen von Alt- und Neufans. Zumal mit Chris Fehn (Percussion), nach Joy Jordison (Drums 2013) und Paul Gray Bass – R.I.P. 2010), ein weiteres langjähriges Mitglied ersetzt werden muss.
Slipknot verfolgen den eingeschlagenen Pfad konsequent weiter und haben auch auf ihrem aktuellen Dreher wieder allerlei verstörendes Material – wie die zweite Singleauskopplung „Unsainted“, die mit großer Eingängigkeit und doch knüppelharten Riffs und Grooves punktet. Ähnliche Strukturen findet man auf „Critical Darling“ und „Orphan“, auf denen Corey Taylor seine stimmlichen Fähigkeiten, vom sanften Schoßhund in einen von der Kette gelassenen Rottweiler von jetzt auf nun zu ändern, zeigt. Großes emotionales Kino wird auf „A Liar’s Funeral“ und „Not Long For This Word“ aufgefahren. Die Songs starten langsam und gefühlvoll, bevor man im Verlauf der Nummern förmlich überrollt wird. Mit „Spiders“ findet sich ein fast schon poppiger Song auf dem Album, mit raffinierter Rhythmik und Instrumentierung. An dem Song werden sich bestimmt die Geister scheiden, ich finde ihn mutig und großartig, ebenso wie das hypnotische „My Pain“. Natürlich wird auch herrlich stumpf auf „We Are Not Your Kind“ losgeknüppelt, ebenso wie bei der letzten Singleauskopplung „Birth Of The Cruel“, „Red Flag“ oder dem Rausschmeißer „Solway Firth“, auf dem auch wieder tonnenweise Samples und Percussions für die typische Slipknot-Abfahrt sorgen.
Auf ihrem sechsten Studioalbum ist Slipknot wieder ein gelungener Mix aus der rohen Brutalität der Anfangstage und subtileren Songs gelungen, die sich manchmal zwar Taylors Zweitband Stone Sour nähern, aber die Dynamik der Alben seit „All Hope is Gone“ deutlich verbessern. Damit untermauern sie ihren Status als eine der größten Rockbands des Planeten. Es gibt auch auf „We Are Not Your Kind“ wieder allerhand Feinheiten zu entdecken, so dass ich guten Gewissens jetzt schon 9/10 Bängs zücke und das Album am Ende des Jahres in meiner persönlichen Top 10 erwarte.
„We Are Not Your Kind“ ist am 9. August via Roadrunner Records in diversen Varianten erschienen.
Nach der Festivalsaison 2019 werden die Maskenmänner 2020 wieder nach Europa kommen, um auch in den hiesigen Arena für einen amtlichen Abriss zu sorgen. Die entsprechenden Termine werden wir hier auf rockmagazine.net bekannt geben.