Wer meinen Freund und Redaktionskollegen Frank alias Frank-the-Tank-Metal Master kennt, weiß um sein großes Wissen um Bands, Bandgeschichten und Discografien. Als ich ihn vor wenigen Wochen bat, mich zum Radio Moscow Konzert in der Arena Wien zu begleiten, erntete ich allerdings als Antwort einen fragenden Gesichtsausdruck, den ich mit „Hallo? Radio Moscow? Psychedelic Bluesrock?“ quittierte. Es ist im Übrigen genau dieses Phänomen, dass manch junge Bands mit klingenden Namen wie Greta on fleek (oder so ähnlich) als Led Zeppelin Gedenkband einen Hype erleben und als Wunderkinder gefeiert werden, während Bands wie Radio Moscow, die hoch qualitativ seit 2003 einen unaufhörlichen Weg in der Musik beschreiten und trotzdem von keiner breiteren Masse gefeiert werden.
Dass es sich bei dieser Band, die auf eine richtig fette Diskografie stolz sein kann nicht um irgendeine Hendrix Dada – Band handelt, ist der Arena Wien, die Radio Moscow im Zuge von Road Trip to Outtaspace nach Wien bringen, natürlich klar und so geht’s gestern in der kleinen Halle im wahrsten Sinne des Wortes heiß zur Sache.
Die Rumbling Order sagt, dass wir schon um 19:00 rein dürfen und die Support Band Succopuss um 20:00 schon mal die Halle aufheizen soll. Die drei Jungs brauchen da erst gar nicht viel zu machen, denn sobald man auch nur in die Nähe der Türe kommt, schlägt einem eine Wand an heißer Luft entgegen und man hält unweigerlich die Luft an, was das Ganze nicht viel besser macht. Das einzige, das dagegen hilft, ist zumindest durch kühle Drinks dem Austrocknen des Körpers entgegen zu wirken. Das gehen wir erst mal an und stellen uns an der Bar an. Dort treffen wir die ersten bekannten Gesichter, einige tragen bereits das erstandene Vinyl unterm Arm. Unter ihnen ist auch ein bekanntes Gesicht einer der größten Vinylgruppen auf Facebook, den Vinyl Fans. Man kennt einander, oder besser die Sammlung des anderen vom Posten der Vinylschätze in der Gruppe und freut sich, einander quasi mal live zu sehen und sich auszutauschen.
Etwas zurückhaltend kämpfen wir uns durch zähe, heiße Luft, vorbei am Dreiraum in die kleine Halle, in der Succopuss bereits Stellung bezogen haben. Der erste Gedanke, der mir in den Sinn kommt, als ich die Jungs in ihren güldenen Hosen und oberkörperfrei auf der Bühne sehe, dreht sich um ihre eigene Beschreibung, die irgendwie klingt wie:
„Sounds like Siegfried and Roy making sweet love to a white baby tiger after watching Terminator 2.“ (Zitat Ende und ein SORRY an Siegfried und Roy ob dieses Scherz auf ihres Kosten). Ja, die Musik, die sie da machen, erinnert sehr wohl an Rockmusik. Mit viel Hingabe wird hier der Hitze getrotzt, das Publikum wippt noch etwas verhalten mit.
Nach kurzem Umbau betreten nun endlich Parker Griggs, Anthony Meier und Paul Marrone die Bühne. Das zu diesem Zeitpunkt immer noch wachsende Publikum strömt schon während die Band ihren Sound einstellt in die sich immer mehr aufheizende Halle. Die hintere Türe wird an diesem Abend weit offen stehen bleiben, um den Zuschauern die Möglichkeit zu geben zwischendurch Luft zu schnappen oder gar das Konzert bei Bier und Zigarette von draußen zu genießen.
Wir stehen ganz vorne und mir ist schon beim ersten Riff von Griggs klar, dass ich das da vorne bei der Hitze keine drei Songs aushalten werde. Und genauso ist es dann auch. Schon nach dem zweiten Song und ein paar wenigen Schnappschüssen dränge ich nach hinten durch zur offenen Türe um Luft zu bekommen. Wir sind nicht die einzigen mit derselben Idee und so wechseln sich die Leute immer wieder ab zwischen Front row und quasi Balkonplatz von draußen.
Die Umstände der Temperaturen tun der guten Laune des mitrockenden Publikums genauso wenig Abbruch wie der Spielfreude der Band. Parker Griggs wird als Gitarrenvirtuose angekündigt und, oh ja, was beherrscht er sein Instrument! Mir fällt neben seiner Virtuosität an der Gitarre jedoch noch mehr seine Stimme auf. Gerade live hat diese eine wirklich coole Stimmfarbe, transportiert den Rock der 1970er perfekt und hat doch einen sehr stylischen und zeitgenössischen Touch.
Anthony Meier am Bass und Paul Marrone an den Drums wissen natürlich ebenso gut wie man den so typischen Garagensound auf höchstem Niveau liefert. Generell sind die dargebrachten Songs allesamt typisch Bluesrock mit supermodernem Einschlag. Nein, dies ist keine Hippie Gedenkband! Dieser Style ist zwar sehr vertraut aber trotzdem modern. Gemacht für die heutige Generation, die sich mit dem Thema der Musik auseinandersetzt.
Die Band bringt grandiose Songs wie New Beginning, Deep Blue Sea und natürlich City Lights, welche vom Publikum euphorisch gefeiert werden ebenso wie spontane Jammin Einlagen. Meine absoluten Favoriten des Abends sind jedoch Death of a Queen und 250 Miles/Cycles.
Während andere Bands vermutlich längst ihr Set gekürzt hätten, scheinen Radio Moscow bei besonders widrigen Umständen besonders cool zu sein und geben insgesamt drei Nummern als Zugabe, bevor sie unter frenetischem Beifall nach beinahe vollen zwei Stunden die Bühne verlassen.
Für uns ist es nun Zeit, erstmal nochmal die Bar aufzusuchen und die bereits vor der Show gekauften Platten beim Merchstand abzuholen. Sicherheitshalber frage ich nach, ob die Band noch rauskommt um Merch zu signieren und ehe ich eine Antwort bekomme, werde ich schon in den Backstage Bereich geschoben. Da sind sie also nun die drei Helden des Abends. Anthony braucht erstmal Luft, während Parker und Paul nun doch auch ziemlich fertig in der Couch versinken. Trotz der enorm anstrengenden Show sind die beiden sehr nett zu mir und wir plaudern ein paar Minuten während sie meine Platten signieren, bevor ich mich wieder zurück auf den Weg zu Frank mache, der bereits Aufbruch bereit auf mich wartet.
Danke Radio Moscow! Danke Arena Wien! Danke Wiener Publikum! So macht man gelungene Konzerte!
Wer die Band noch live auf der derzeitigen Tour sehen möchte, hat noch an wenigen Terminen die Gelegenheit dazu.
Mehr Informationen findet ihr hier:
http://radiomoscow.net/tour