Die Geschichte der italienischen Symphonic Metaller Rhapsody kurz zusammenzufassen, ist kein leichtes Unterfangen. 1993 in Triest von Luca Turilli – Gitarre – und Alex Staropoli – Keybords – als Thundercross gegründet, benannte sich die Band 1997 vor den Aufnahmen zum Debüt „Legendary Tales“ in Rhapsody um. Frisch hinzugestoßen war auch Sänger Fabio Lione. Mit ihren extremen bombastischen, opernhaften Arrangements brachten Rhapsody den Symphonic Metal auf ein neues Level. Mit Christopher Lee konnte 2004 für „Symphony Of Enchant Lands II“ ein ziemlich prominenter Unterstützer gewonnen werden, der neben Sprechrollen auch als ausgebildeter Opernsänger beim Song „The Magic of the wizard´s dream“ seinen Baritongesang einsetzen durfte. Nach sechs Veröffentlichungen musste sich die Band 2006 nach einem Namensrechtsstreit in Rhapsody of Fire umbenennen. 2011 trennten sich die Wege von Luca Turilli und Alex Staropoli, so dass mit Rhapsody of Fire (Staropoli und Lione) und Luca Turilli’s Rhapsody zwei Varianten der Symphonic Metaller existierten. Beide Band wurden von andauernden Besetzungswechseln geprägt. Fabio Lione verließ zusammen mit Schlagzeuger Alex Holzwarth 2016 Rhapsody of Fire. Zum 20jährigen Bandjubiläum fanden sich Turilli, Lione und Holzwarth mit Patrice Guers – Gitarre und Dominique Leurquin – Bass, zu einer Farewell Tournee wieder zusammen, der sich aber Alex Staropoli verweigerte. Die Chemie unter den Musikern stimmte wieder und somit entstand jetzt das Album „Zero Gravity“ unter dem Banner Turilli/Lione Rhapsody.
Mich haben diese vielen unterschiedlichen Konstellationen in der Vergangenheit damals eher abgeschreckt, so dass ich das Schaffen der Italiener nach dem Split nicht mehr weiter verfolgt habe. Neugierig war ich jetzt aber doch auf die erneute Zusammenarbeit des Gespanns Turilli/Lione. Und das Album knüpft tatsächlich musikalisch da an, wo Rhapsody 1997 so erfrischend starteten. Allerdings hat das Fantasie-/Drachenlyric Konzept ausgedient und ist einem tiefgreifenderen Textkonzept gewichen. Der Opener „Phoenix Rising“ schlägt gleich zu Beginn die Brücke zu „Legendary Tales“-Zeiten und legt mit mächtig viel Power ein ordentliches Pfund vor. „D.N.A. (Demon And Angel)“ steht dem in Nichts nach und glänzt zusätzlich mit dem Gastbeitrag von Amaranthe Sängerin Elize Ryd. Mit dem Titelstück „Zero Gravity“ dreht die Band jetzt aber richtig auf. Der vielschichtige Song ist ein Meisterstück des modernen Prog Symphonic Metal und entfaltet gerade unter dem Kofphörer eine Menge liebevoll arrangierter Details. „Fast Radio Burst“ kommt ziemlich modern aus den Lautsprechern und könnte so auch aus der Feder von Kamelot stammen. Ein wunderschönes Piano Intro leitet „Decoding The Multiverse“ ein. Großartig arrangiert klopft der Song immer mal wieder bei Queen an und unterstreicht die Klasse von Fabio Lione und Luca Turilli. Das kurze Instrumental „Origins“ verbindet klassische italienische Opern mit Ethno Anleihen, bevor mit „Multidimensional“ ein weiteres modern arrangiertes Stück im Kamelot Stil folgt. Was danach kommt, ist ganz großes Kino: „Amata Immortale“ ist eine in italienisch gesungene Arie und eine Verbeugung an die Großtaten eines Guiseppe Verdi. Ein weiterer Gastsänger findet sich mit Mark Basile von den Landsmännern DGM auf „I Am“, einem Song, der im Mittelteil ganz klar Queens „Bohemian Rhapsody“ huldigt. Den Höhepunkt des Albums hat man sich aber für den Schluss aufgespart. „Arcanum (Da Vinci’s Enigma)“ bringt fulminant noch einmal alles auf den Punkt, was Turilli/Lione Rhapsody 2019 ausmacht. Mehr Bombast geht nicht!
Insgesamt klingen Rhapsody in der Fassung Turilli/Lione für mich organischer, abwechslungsreicher und mehr auf den Punkt als je zuvor. Sowohl Rhapsody Altfans als auch Anhänger von Bands wie Kamelot, Avantasia und Nightwish dürften von „Zero Gravity – Rebirth and Evolution“ nicht enttäuscht werden. Auch mich haben die Italiener wieder begeistern können, deshalb gibt es von mir verdiente 8/10 Bängs. Einen halben Bäng würde ich aber gerne noch hinzuzählen.
„Zero Gravity – Rebirth and Evolution“ wird am 05. Juli via Nuclear Blast veröffentlicht. Auf dem Digi Pack und der 2LP gibt es mit Oceano (feat. Sascha Paeth – Avantasia & Arne Wiegand – Santiano noch einen Bonustrack, der im Pressekit nicht enthalten war.
Turilli/Lione Rhapsody:
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Fabio Lione – (Vocals)
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Luca Turilli – (Guitars, Keyboards, Piano)
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Dominique Leurquin – (Guitars)
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Patrice Guers – (Bass)
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Alex Holzwarth – (Drums)