Man muss nicht immer alles sehen, dachte ich, und wollte den Konzertmarathon der letzten Jahre nicht wiederholen. Ich beschränkte mich auf einige Bands, die ich mal sehen wollte, die ich kannte und mag, und die mich interessierten. Und siehe da – Es scheint funktioniert zu haben.
VOODO JÜRGENS kam, sah und gewann das Publikum für sich, während gegenüber auf der Apfelgartenbühne Bo Candy & His Broken Hearts eine gechillte Menschenmenge blendend unterhielt.
Bei TEN YEARS AFTER kam Nostalige auf, und auch ein wenig Wehmut. Von der Originalbesetzung bleibt nur noch Ric Lee. Joe Gooch hat sich hervoragend eingelebt, und ist musikalisch wie stimmlich ein würdiger Ersatz für Alvin Lee.
Leo Lyons wurde durch Colin Hodgkinson ersetzt und Chick Churchill kann nach einem Schlaganfall nicht mehr Keyboards spielen. Wir wünschen von hier alles Gute! Trotz allem. Die Band überzeugte durch unglaubliche Spielfreude, und gerade Alvin Lee und Colin Hodgkinson wirken wie Vater und Sohn. Sehr harmonisch.
Zwischendurch mal schnell rüber in den Apfelgarten. Birgit Denk spielt auf. DENK so heißt ihre Band sinnigerweise, und die Musik im Wiener Dialekt macht einfach Spass. Und irgendwie klingt die Band manchmal wie die legendäre Combo des Herrn Ostbahn. Warum wohl?
Dann ging es Schlag auf Schlag. Schnell wieder rüber zur Hauptbühne. LAGWAGON die Vollgas Punker aus Kalifornien liessen nichts anbrennen. Joey Cape heizte ein, und das Publikum tanzte, pogte und feierte. Ein toller Auftritt.
SEPULTURA schlossen den Kreis am Freitag. SEPULTURA mag man, oder mag man nicht. Ich mag sie. Und blieb bis zum Schluss, als mit „ROOOTS“ der offizielle Freitag-Teil des Festivals beendet wurde.
Im Stadl und auf dem Campinplatz wurde noch massivst weitergefeiert, und irgendwann in den Morgenstunden dämmerten auch die letzten in den Schlaf. Darunter ein seeliger Uli.
Aber schon stand der Samstag auf dem Programm und damit wieder jede Menge gute Musik. Punktlich zum Auftritt von Eskimo Callboy hatte ich mich von vielen Freunden auf dem Campingplatz verabschiedet, und genoss die junge Truppe im vollen Auditiorium.
Musikalisch eine Wucht, und der Gesang passt wie eine Babyfaust in mein Auge. Live ein absolutes Erlebnis.
Wieder mal Bühnenwechsel. Rüber in den Apfelgarten. LOS CRAVALLEROS, die legendären LE CRAVAL spielten akkustisch auf. Nun ja, ich sag mal sie checkten den Sound. Ewig lange, und die Performance war für mich mal, wie sagte ich immer, interessant. Naja. Satz mit X – War wohl nix.
Aber dann. NAKED LUNCH auf der Hauptbühne. Die Kärntner Rocklegenden gaben alles. Und das Publikum ging mit bis zum letzten Song. Wieder ein Höhepunkt in meiner nicht gerade kleinen Konzertsammlung.
Wieder rüber in den Apfelgarten. Jetzt kamen sie, wegen derer hunderte, oder waren es tausende Gäste aus Ungarn gekommen waren. OCHO MACHO gingen auf die Bühne, spielten einen Ton, und der ganze Apfelgarten war in Bewegung. Ich weiss nicht wie man den Stil nennt, aber Paprika mit Ska, Reggae, Rock und Folklore würden es am besten beschreiben.
Sogar ein, wegen Duschmangel und Uhudlerüberdosierung, leicht säuerlich riechender Mann, der mich im legendären Tourbus zum Festival begleitet hatte, hatte für die Band nur den Ausdruck der grössten Hochachtung über: „Pfau.“ Ich kann jedem Musikfan und jeden Veranstalter nur empfehlen: OCHO MACHO ist eine der besten Livebands, die ich kenne!
Wieder zur Hauptbühne. CALEXICO standen auf dem Programm. Tucson-Desert-Rock heisst das. Aha. Die Band die regelmässig in den Albumcharts zu finden ist, zuletzt mit „The Thread That Keeps Us“ konnte mich trotz unglaublicher Musikalität einfach nicht überzeugen. Zu schwammig, zu sehr von oben herab. Aber das Publikum mochte sie, und klatschte.
Bühnenwechsel. ANKATHIE KOI auf der Uhudlerbühne im Apfelgarten. Kinder, mir ist vor lauter Schreck der Fotoapparat aus der Hand gefallen. Das war optisch sozialer Porno meiner Jugendzeit. Musiker und Musikerin in Pornooutfits der 80er oder 90er Jahre, die Sängerin mit Kim Wilde Frisur. Elektropop oder wie das heissen mag, ziemlich pornografisch. Aber es hat unglaublichen Spass gemacht. Die Frau, und die Band seh ich mir sicher nochmal an. GENIAL!
Und dann wieder auf die Hauptbühne. „The motherfucking DARKNESS„, wie sie sich selbst ankündigten standen auf der Bühne. Nein. Sie erschienen. In todschicker Panier aus einem Austin Powers Movie, und in einer Spiellaune, die mir fast das Hirn wegpustete. Glam Rock schreibt ein Onlinemedium. Nein, Glam Rock war das nicht. Das war pure Partymucke, laut, schnell und urgeil. Ein würdiger Abschluss für das Picture On Festival 2018.
Das Fazit?
Das Picture On Team beweist Jahr für Jahr, wie fein klein sein kann. Mit einem tollen Musikmix, mit einer unglaublichen Atmosphäre, und mit einer Gastfreundschaft, wie man sie nicht leicht wieder findet. Schade, dass es vorbei ist. Meine Freunde und ich kommen nächstes Jahr sicher wieder!