Es ist gerade mal 17 Monate her, dass wir Metallica in der Stadthalle Wien im Zuge ihrer Hardwired to selfdestruct Tour live erleben durften, als wir letzten Freitag wieder die Gelegenheit dazu bekamen die große Metfamily erneut zu treffen. Dieses Mal jedoch im ehrdenkwürdigen Ernst Happel Stadion inmitten des grünen Praters.
Es gab bereits einige kritische Stimmen in den lokalen Printmedien zu diesem Event. Metallica werden dort als US-Heavy-Metal-Volks-Rock’n’Roller bezeichnet, die in Hells Angels Gardeuniform den Leuten schwer im Magen liegen würden. Doch weit gefehlt. Lest hier im Folgenden, wie es wirklich war, einmal mehr Teil der großen Metfamily zu sein und einen Abend voll guter Laune und Zusammengehörigkeit zu erleben.
Wir treffen gegen 17:30 beim Stadion ein, vor dessen Eingängen sich schon hunderte Fans tummeln. Die meisten lassen sich Zeit mit Anstellen, genießen ein kaltes Bier, sitzen auf den bereitgestellten Bierbänken oder einfach auf der Wiese zusammen. Ich wundere mich angesichts der hohen Getränkepreise vor und später auch im Stadion (für 0,5l Almdudler mit Becherpfand von 2,- bezahlt man hier stolze 7,-!) nicht, dass die meisten sich im naheliegenden Supermarkt versorgen und lange draußen bleiben, obwohl sie die äußerst talentierte, erste Vorband Bokassa so verpassen.
Diese haben Spaß auf der Bühne und wissen, wie sie die bereits anwesenden Leute im Snake Pit und im sich nun langsam füllenden FOS Bereich begeistern können. Ganz so nahe dran sind wir heute jedoch nicht, denn wir haben uns für Sitzplätze entschieden und werden eine fulminante Show aus bequemen Sitzen weit hinten unterm Donut Dach des Stadions verbringen. Die Fotos fallen bei diesem Review dementsprechend aus…es sei uns verziehen!
Noch besser wird die Stimmung bei der zweiten Vorband Ghost. Die Energie der schwedischen Heavy Metal Band erreicht uns auch auf den hinteren Plätzen ohne weiteres. Der Sound ist erstaunlich gut, trotz Stadion und wir freuen uns jetzt schon sehr auf den Haupt Act. Ghost bescheren uns satte 12 Songs und beschließen ihr Set mit dem Klassiker Square Hammer.
Nun heißt es Warten auf Metallica. Das Stadion füllt sich allmählich und spätestens mit Einbruch der Dämmerung wird klar, dass dieses Stadion heute wirklich bis auf den letzten Platz ausverkauft ist.
Wer jemals auf einem Metallica Konzert war, weiß, was in Kürze passieren wird, als AC/DC mit ihrem Hit Its a long way to the top aus den Lautsprechern dröhnt. Gänsehaut macht sich spätestens breit, nachdem Ecstasy of Gold mit zugehöriger Filmsequenz auf der Video Leinwand gespielt wird. Jetzt geht es gleich los und obwohl wir weit weg von der Bühne sind, zaubert uns das eingespielte Intro von Hardwired ein Lächeln ins Gesicht. Dieses Lächeln wird ganz schnell breiter als Frontmann James Hetfield zusammen mit Lars Ulrich (Drums), Robert Trujillo (Bass) und Kirk Hammett an der Gitarre die Bühne entern. Hell Yeah! Was sprüht da für eine Energie bis in die letzten Reihen hoch. Gleich an zweiter Stelle kommt einer meiner Lieblingssongs der Band, der mich immer an die nicht enden wollenden Gesangschöre der Rotunde Show von 2007 erinnert: The Memory Remains! Marianne Faithfull wird via Videowall virtuell mit ins Stadion gebracht und das Publikum singt sich während des Refrains schon mal warm. Spätestens bei den nächsten beiden Songs, nämlich The Four Horsemen und Harvester of Sorrow trennt sich ein wenig die Spreu vom Weizen und es singen nur noch die alteingesessenen Fans lautstark mit. Doch mit dem Intro von The Unforgiven haben Metallica wieder die gesamte Fangemeinde im Boot und frenetisches Jubeln stimmt in einen meiner Meinung nach am besten für Live Nummern geeigneten Song des Hardwired Albums, nämlich Here Comes Revenge, ein.
Die Videowall tut hier die besten Dienste und nimmt den Zuseher mit dem animierten Video auf eine Reise mit, die es der Band mit lautem Gröhlen und Klatschen dankt. Das Intro des nächsten Song ist da schon bekannter, zumal dieser auch schon im März 2018 dank fulminanter Show mit vielen, fliegenden und leuchtenden Drohnen über der Center Stage Eindruck schindete, nämlich Moth into Flame. Auch hier im Stadion ist der Song ein echter Gassenhauer und das Publikum vom ersten bis zum letzten Riff voll dabei. Spätestens bei Sad but True bin ich richtig neidisch auf die Menschen im Snake Pit und bereue es ein wenig, uns Sitzplätze gekauft zu haben.
Den folgenden Song No Leaf Clover aus dem S&M Album habe ich wirklich schon sehr lange nicht mehr live gehört und freue mich sehr darüber.
Justament als ich mich frage, wann es denn an der Zeit ist für den lokalen Hit, den mittlerweile standesgemäß Rob und Kirk gemeinsam performen, kündigt ihn James auch schon an. Während wir schon rätselten, was denn heuer neu als Hommage ans Gastgeberland kreiert wurde, erkennen wir auch schon Wolfgang Ambros‘ Hit Schifoan. Dass Metallica Sinn für Humor haben, war uns ja bereits bekannt, dass sie allerdings so einen Apres Ski Gassenhauer mitten im Sommer im Stadion spielen, finden wir mal so richtig witzig. Nicht ganz so ergeht es den tausenden, die aus dem nicht deutschsprachigen Raum kamen. Sie wirken etwas verzweifelt in unserer Sitzreihe und tanzen halt lachend ohne Text mit, was genau so das Ziel erreicht.
Als im nächsten Song das altbekannte Tic Toc von Frantic hallt, kann ich es kaum glauben, diesen Song aus dem St.Anger Album zu hören. Hinfort mit all den Zweiflern, die davon überzeugt sind, Metallica wären gar nicht mehr in der Lage, ältere Songs live zu performen. Oh doch, sie sind es,..und wie sie es sind!
Mit den noch folgenden Songs One, Master of Puppets, For Whom the Bell Tolls (RIP Cliff Burton), Creeping Death und Seek & Destroy haben die vier Horsemen dann wirklich alle Anwesenden überzeugt, auch nach mittlerweile 38 Jahren noch eine grandiose Live Band zu sein.
Den Encore der Show bildet wie bereits während der Hardwired Tour des letzten Jahres die Songs Spit Out the Bone, Nothing Else Matters und Enter Sandman mit dem ‚The Frayed Ends of Sanity‘ Outro.
Den endgültigen Abschluss der Show bildet ein wunderschön gestaltetes Video zum Tag in Wien, welches in nur einem einzigen Wort endet: #metinvienna gefolgt von einem großen Feuerwerk in den nächtlichen, Wiener Himmel. Nun ist mein mittlerweile 28. Metallica Konzert vorbei und nach dem Konzert ist vor dem Konzert!
Tipp: Unter dem Hashtag #metinvienna posten tausende Menschen ihre Impressionen, die Metallica dann auf ihrem Instagram Account teilen.
Mein Fazit zum Konzert:
James Hetfield ist nach wie vor einer der charismatischsten Frontmänner, Lars Ulrich noch immer nicht der beste Drummer, auf jeden Fall jedoch einer der sympathischsten, Robert Trujillo ein würdiges Bandmitglied, das nicht mal versucht Vorangegangene zu ersetzen und am Bass trotzdem das Tier mimt und Kirk ist und bleibt Doodle Kirk. Alle zusammen bringen sie als Metallica noch immer eine fulminante Show aufs Parkett und füllen Stadien zu Recht!
Fakt: Metallica erreichen nicht nur mich durch ihre Show, sondern die Ärmsten der Armen und spenden über ihre All Within My Hands Foundation einen Teil des Ticketverkaufs an einen caritativen Zweck. In Wien wurde somit ein Scheck über 25.000 Euro an das Neunerhaus übergeben. Danke, Metallica!