Land: Österreich

Genre: Crossover/ Nu Metal (?)

Sie leben! Nach fast zehn Jahren Wartezeit melden sich die Österreicher von Kontrust endlich mit einem neuen Album zurück. Weitgehend bekannt für ihre verrückten Songs und noch verrücktere Videos wie die zu Bomba, Hey DJ! oder Sock’n’Doll haben die Crossover-Legenden endlich auch einen Albumtitel gewählt, der ihrer Musik alle Ehre macht: madworld. Doch haben Kontrust nach fast einem Jahrzehnt Release-Pause und einem Wechsel am Mikrofon und Drums immer noch den nötigen Biss?

Opener und erste Single-Auskopplung i physically like you scheint es vorerst zu bestätigen. Das kurze Intro bestehend aus Synth und Drums wird schnell durch den stampfenden Refrain abgelöst, der sich, wie jeder gute Kontrust-Refrain, nicht mehr aus dem Ding zwischen den Ohren verbannen lässt. Auch wenn der weibliche Gesang mittlerweile von Julia Ivanova kommt statt von der Original-Sängerin Agata Jarosz, klingt dessen Zusammenspiel mit dem männlichen Part von Sänger Stefan Lichtenberger sofort vertraut und nach Eigenmarke Kontrust. Ein weiterer Bestandteil dieser Eigenmarke sind die Percussions, die nicht vom Drummer der Band sondern von Percussionist Manuel Haglmüller beigesteuert werden. Oft geben sie den Songs eine ganz eigene Note und bei i physically like you helfen sie, den massiven Sound des marschierenden Refrains zu erzeugen.
Wer nach diesen Beschreibungen immer noch nach Alleinstellungsmerkmalen der Band sucht, wird sie sicher bei den Texten finden. Oder gibt es eine andere Heavy-Band auf dem Planeten, die Wortkreationen wie „riggiriggiding“ gleich mehrere Male in den gleichen Song packen würde?

Fotocredit: Andreas Rager

Voller Energie geht es auch gleich weiter. madhouse klingt wahrscheinlich genauso wie es heißt. Irgendwie funky in den Strophen aber gleichzeitig heavy im Refrain. Außerdem gibt es ein mehr als passendes Callback zum Intro vom Song Hocus Pocus im Mittelteil.
rock to outer space startet dagegen fast episch, begleitet von mächtigen Percussions und entwickelt sich zu einem hymnischen Midtempo-Stampfer. Die kleinen Variationen in den Refrains gefallen mir hier besonders gut.

Apropos besonders gut gefallen: wow – ist das Intro zu black soul genial! Hier wird eine sägende Synth-Melodie erst durch Gitarrenriffs und den klassischen Metal-Drums ergänzt und dann noch durch das Hinzufügen von Percussions aufgewertet. Leider ist mir der Gesang bei dieser Nummer etwas zu abgedreht, um sie auf das Treppchen des Albums zu erheben. Dieses Problem eröffnet sich mir oft auf Kontrust-Alben und dementsprechend habe ich es auch auf madworld erwartet. Die Band hat im Studio manchmal einfach zu viel Spaß für meinen Geschmack. Gleichzeitig ist jedoch der Gesang eine der größten Stärken der Band und ich bin froh darüber, dass auch das auf madworld mehr als hörbar ist.

criminal zeigt für mich beide Seiten dieser Münze. Der Refrain gefällt mir stimmlich sehr gut, aber die Strophen sind mir persönlich zu over the top! Dafür liefert die zweite Single-Auskopplung the end eine der besten Performances auf dem Album. Besonders Julia Ivanova bekommt hier coole Gesangsparts. Der diesmal ernstere Text befasst sich thematisch mit Weltflucht. In diesem Licht bekommt auch der Albumtitel einen etwas gesellschaftskritischen Unterton und somit eine weitere Facette, die ich zu Beginn meiner Rezension nicht direkt erwartet hatte. Unsere Welt ist momentan ein echt verrückter Ort und ich bin froh, dass es trotz der vielen Kriege, Katastrophen und zu lange ignorierten Konsequenzen unserer Klimaverschmutzung immer noch schöne Seiten wie Musik und Kunst gibt, die diese Welt lebenswerter machen.

Um wieder zum Thema Musik zu kommen: lederhosen overkill ist definitiv eines der Lieder aller Zeit. Faszinierenderweise beschreibt der Titel wieder einmal genau was man von dem Track erwarten kann: sehr viel lyrischer Inhalt zu Lederhosen. Der Song ist musikalisch eine Mischung aus NDH a là Rammstein und jodeln?! Besser kann ich es leider nicht beschreiben, aber zumindest kann ich den Track empfehlen.

masterpiece of a monster bringt noch ein paar Disco-Vibes mit und kommt mir ein bisschen vor wie eine langsame Metal-Version von Michael Jacksons Thriller. Trotzdem macht der Song nicht viel mit mir. Dem Track fehlen einfach die Alleinstellungsmerkmale und die Ohrwurm-Qualität der vorherigen Songs.
Der vulgäre Ausflug u.f.i.u. ist auch nicht mein Lieblingslied der Platte. Wahrscheinlich liegt es am selben Problem wie beim Vorgängersong, aber eventuell ist es auch die Instrumentalsektion in der Mitte des Tracks, die mich etwas zu sehr an das skurrile 20km/h von WBTBWB erinnert.

Mit i can’t control it endet dann der Ausflug in die verrückte Welt von Kontrust auf hymnische Weise. Die elektronischen Elemente dürfen hier im Vordergrund stehen und die Gitarren spielen im Refrain statt brettharte Riffs ausnahmsweise eine melodische Alternative, die ich mehr von Pop-Rock erwarte als von crazy Crossover – aber ich beschwere mich keinesfalls darüber! Für (meist gute) Überraschungen ist die Band ja immer zu haben.

Fazit: Kontrust sind zurück und sie haben immer noch die Power, Experimentierfreude und das Gespür für Hits wie von vor fast zehn Jahren! madworld knüpft musikalisch direkt an die vorherigen Werke der Band an. Die unglaublich massive Abmischung, gepaart mit der durchweg großartigen Performance der alten und neuen Bandmitglieder katapultiert die Tracks an die Spitze des Lederhosen-Crossovers (auch wenn es wahrscheinlich keine Band gibt, die dieses Genre sonst bedient). Trotz einiger eher durchschnittlicher Songs und ein paar zu experimentellen Gesangsarrangements kann ich madworld jedem Kontrust-Fan und allen, die mal etwas Verrückteres hören wollen, nur wärmstens ans Herzen legen!

Von mir gibt es dafür 8 von 10 Bängs!

acht von zehn

madworld erscheint am 3. November 2023 via Napalm Records und ist als CD, LP und digitaler Download erhältlich.

Die Band:

Julia Ivanova – Gesang
Stefan Lichtenberger – Gesang
Michael „Mike“ Wolff – Gitarre
Gregor Kutschera – Bass
Joey – Schlagzeug
Manuel Haglmüller – Percussion

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By Elias

Schreiberling aus Leidenschaft, Metal-Enthusiast seit der Schulzeit. Verirrt sich gern in den Tiefen des Prog und bestaunt moderne Ansätze zu Rock und Metal.

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