Deutschland scheint eines der Lieblingsländer von Ex-Queensryche-Frontmann Geoff Tate zu sein. Nicht nur dass Geoff in Stuttgart als Sohn eines in Deutschland stationierten US-Soldaten geboren wurde, hat er darüber hinaus bei uns im Südwesten der Republik auch mit dem Weingut Rinklin in Eichstetten am Kaiserstuhl einen Partner gefunden hat, der mit ihm zusammen seine spezielles Weinsortiment mit verschiedenen edlen Tropfen produziert.
Daneben ist Deutschland natürlich auch noch immer ein gutes Pflaster für Bands der härteren Musik geblieben. Unabhängig von kommenden und gehenden Musikströmungen und Veränderungen im Musik-Biz ist Deutschland weiterhin einer der besten Plätze für Hardrock und Metal Konzerte geblieben. Und so ist es sicherlich auch nicht verwunderlich, dass Geoff Tate mit seiner Band exakt 11 Monaten nach ihrem letzten Gastspiel, am 04. April schon wieder in der Kurpfalz halt machten, konnte sich doch Geoff auch in dieem Jahr wieder einer treuen Gefolgschaft für die aktuelle Tour zur Feier des as. Geburtstages des Queensryche-Erfolgsalbums „Operation Mindcrime“ sicher sein.
Aufgrund der beiden erfolgreichen und ausverkauften Doppelshows im Mai 2022 im 7er Club in Mannheim hatte sich der örtliche Veranstalter Rockline Promotion im Vorfeld dazu entschlossen, eine größere Location zu buchen und ist dieses Mal in das mit knapp 1000 Zuschauern Fassungsvermögen um einiges größere Capitol gewechselt. Auch wenn an diesem Abend das Capitol nicht aufverkauft war, wollten sich doch ca.500 Besucher die Livepräsentation dieses Meisterwerks des Prog Metal nicht entgehen lassen. Es war also alles angerichtet für einen großartigen Abend mit einigen Meilensteinen aus der sehr erfolgreichen Discographie von Geoff Tate und Queensryche.
Den Anfang des Abends macht entgegen der Ankündigung nicht Mark Daley, sondern der aus Boston stammende Alex Hart mit seiner Band Leksi, der auch schon bei der „Empire/Rage For Order“-Tour im letzten Jahr in Geoff Tate`s Band an der Gitarre dabei war.
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Obwohl Alex eine recht angenehme raue Stimme besitzt und auch die Ausstrahlung als Frontmann passt, konnte Alex und Leksi mit ihren Songs das Publikum leider nicht mitreisen. Wegen der recht monotonen ausgefallenen Songs kam leider recht wenig Stimmung auf, zu eintönig waren die Tracks. Der Mix aus groovendem Rock mit Grungeanleihen wollte irgendwie nicht zünden und passte nicht zum heutigen Klientel. Immer wieder ertappte ich mich bei der Suche nach Hooks und so etwas was wie einen Rhythmus, der irgendwie im Ohr hängen bleibt. Doch leider Fehlanzeige, ein songdienlicher Refrain war einfach nicht auszumachen und so plätscherte der Auftritt leider so vor sich hin. Auch wenn die Begleitmusiker ihre Instrumente beherrschen, blieb einzig der Auftritt von Gastsängerin MaríliaZangrandi so was wie ein Höhepunkt. Im Duett mit Alex konnte sie nicht nur optisch einen Akzent und mit Ihrer Stimme bei ihrem Kurzauftritt ein Ausrufezeichen setzen.
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Insgesamt ein eher enttäuschender Auftritt ohne große Emotionen, auch große Begeisterungsstürme im Publikum blieben nicht ganz unbegründet leider aus.
Als zweite Band des Abends enterten danach die italienisch/niederländische Band Headless die Bühne. Neben den beiden Italienern Walter Cianciusi und Dario Parente, die in der Vergangenheit auch schon in den Reihen von Geoff Tate´s Begleitband Operation Mindcrime spielten, bestand das Lineup der Band noch aus dem Italiener Enrico Cianciusi an den Drums, dem Niederländer Martin Helmantel am Bass und dem englischen Sänger Ian Parry am Mikro, beide dem ein oder anderen sicherlich von der niederländischen Prog Metal Band Elegy bekannt.
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Headless machten Ihre Sache wesentlich besser als ihre Vorgänger und so gelang es ihren bereits mit dem ersten Song die Stimmung im Publikum entsprechend ansteigen zu lassen. Mit ihrem melodischen Hardrock schafften sie das, was zuvor Leksi leider nicht gelungen war: ansprechende songdienliche Melodien zu präsentieren, die auch das Publikum mitnehmen. Frontmann Ian Parry legte bei dem knapp 45-minütigen Auftritt eine mehr als gute Laune an den Tag, die auch schnell auf das Publikum übersprang und so insgesamt zum einen gelungenen Auftritt von Headless führte. Highlight des Auftritt war sicherlich der Elegy-Song „Visuel Vortex“, der auch beim Publikum sehr gut ankam und entsprechend mit Applaus honoriert wurde.
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Nach einer guten halben Stunde war es dann endlich soweit und der virtuelle Vorhang fiel für den eigentlichen Grund für das heutige Kommen. „Operation Mindcrime“, welcher Metalfans zuckt da nicht zusammen, wenn er diese Worte hört. Auch 35 Jahre nach der Veröffentlichung gilt dieses Sahnescheibchen auch heute noch zu den besten Alben der Metalgeschichte überhaupt und Geoff taucht auch heutzutage immer wieder in den Bestenlisten der Top-Metalsänger auf, was er an Abend wieder mal mehr als eindrucksvoll bestätigen konnte.
Bereits mit dem Intro „I remember now“ und der bekannten Durchsage von Dr. Davis und Dr. Player stieg die Spannung, und mit den ersten Tönen von „Revolution Calling“ ging sogleich die Post ab. Der Startschuss fiel zu einer Livegesamtpräsentation des Queensryche-Meisterwerks „Operation Mindcrime“ von 1988 und als dann Geoff die Bühne betrat, gab es kein Halten mehr. Lautstark unterstützt durch das Publikum wurde der 35. Geburtstag des Klassikeralbums während der nächsten knapp 60 Minuten geradezu lautstark zelebriert.
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Auch nach so langer Zeit hat dieses Album noch immer eine ungeheure Ausstrahlung und Wirkung beim Hören. Nachdem ich das gesamte Album erstmals 2008 beim Bang your Head-Festival im Rahmen des fast 3-stündigen Queensryche-Auftritts mit der Live-Präsentation von OM I und OM II sehen konnte, war es erneut ein tolles Erlebnis, nochmals in den Genuss einer meiner absoluten Lieblingsplatten in seiner Gesamtheit zu kommen. Auch wenn es dieses Mal keine großen Bühnenaufbauten gab und nur ein Backdrop im OM-Design den Bühgnenhintergrund zierte, war es phantastisch zu sehen, wie Geoff das Album und die Story rund um den Drogenjunkies Nikki und den geheimnisvollen Dr. X. geradezu livehaftig durchlebt. Mit unwahrscheinlicher Emotionalität und seiner Wahnsinnsstimme präsentiert Geoff die 14 Songs des Albums en Block. Das Highlight ist schlicht und ergreifend des Gesamtwerk „Operation Mindcrime“ in seiner Gesamtheit, einzelne Song herauszuheben, ist schlicht und ergreifend unmöglich, denn eigentlich gehören die Song uneingeschränkt zusammen.
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Auch wenn die Begleitband dieses Mal nur aus zwei Gitarristen, dem Iren Kieran Robertson und dem Iren James Brown, der auch schon bei Leksi spielte bestand, wurde ein wahres progressives Riffgewitter von den Beiden vom Stapel gelassen. Kieran poste dabei einmal mehr und mimte mit seiner unnachahmlichen Art den Rocker. Eher ruhig im Hintergrund agierte der Schotte Jack Ross am Bass, der nur gelegentlich an den Bühnenrand vortrat.
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Geoff hat auch nach 40 Jahren nichts von seiner fantastischen Stimme verloren und so liefert er heute eine 100-prozentig überzeugende Topleistung am Mikro ab. Sehr überraschend und gleichzeitig sehr positiv emfand ich den Verzicht auf den Teleprompter oder das Tablett, das in den letzten Jahren häufig zur Unterstützung auf der Bühne stand. Keine technischen Hilfsmittelchen, alles kam astrein rüber, keine Wackler, erstklassig performt, wie es dem Album zu seinem Ehrenjahr gebührt. Ein Geoff in Bestform kann man da nur sagen.
Als dann „Sister Mary“ an der Reihe war, kam natürlich die Frage, wer singt den Gegenpart zu Geoff. Wurde die weibliche Stimme in der Vergangenheit auch schon von Geoff`s Tochter Emily übernommen, darf bei dieser Tour Marília Zangrandi, zuvor schon bei Leksi auf der Bühne,in die Rolle der Schwester schlüpfen. Etwas ungewohnt dabei, anstatt des gewohnten Krankenschwesteroutfits gab`s diesmal eine Mary in hautengen schwarzen Einteiler, was dem Gesang jedoch keinen Nachteil verleiht. Famoses Duett der beiden, die sich lebhaft in den Rollen von Nicki und Mary auf der Bühne gesanglich austoben durften.
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Als nach Alltime-Klassikern wie „Breaking the Silence“ oder „I Don`t Believe in Love“ das Ende von OM dann mit „Eyes of a Stranger“ eingeleitet wird, steigt die Stimmung im Capitol nochmals deutlich an. Ein fantastischer Abschluss dieser Livepräsentation, der nochmals alle zu lautstarkem Mitsingen bewegt. Grandios, auch Geoff ist sichtlich angetan von der guten Stimmung in Mannheim und der schönen Location.
Mit Standing Ovations werden Geoff und seine Jungs zu einer kleinen Pause verabschiedet. Überall blickt man in glückliche Gesichter bei den Fans, die richtig geflasht von der letzten Stunde sind.
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Doch das soll es an diesem Abend ja noch nicht gewesen sein, es folgt der erwartete Nachschlag von Geoff in Form einiges kleinen aber feinen Best Of-Sets seiner ex-Band. Den Anfang macht das Grammy-dekorierte „Silent Lucidity“, eine der Metal-Balladen schlechthin, die Geoff seit Jahrzehnten begleitet und bei der laut Geoffs Aussage schon „viele Menschen geheiratet haben, beerdigt wurden, viele Kinder geboren und bei dem auch schon viele Kinder gemacht wurden“. Es folgt „Jet City Woman“, ebenfalls vom „Empire“-Album. Dann geht’s erstmals Back to the Roots und „Take Hold The Flame“ vom Debutalbum wird präsentiert. Hier zeigt Geoff, in welchen Höhenlagen er sich auch heute noch hochschraubt und auch die ganz hohen Töne spielerisch leicht ohne Probleme singen kann. Welch geiler Song von diesem wegweisenden Album aus der Anfangszeit von Queensryche. Es folgt noch „Empire“, bei dem Daniel Laverdes Drums dann richtig schön mit ihrem elektrischen Touch passen.
Nach einer erneuten kurzen Pause und den obligatorischen Zugabe-Rufen gibt’s zum Abschluss eines phantastischen Auftritts noch den Titeltrack von der gleichnamigen Debut-EP „Queen of the Ryche“, bei dem Geoff die Gläser erneut zum Zittern bring. Wahnsinn, was er hier performt, progressiver Metal erster Güte.
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Mein Fazit:
Auch wenn mich persönlich die Vorbands nicht begeistert haben, war der Auftritt von Geoff Tate ganz großes Kino. Immer wieder faszinierend seine grandiose Stimme live zu hören. 2023 scheint Geoff gerade seinen zweiten Frühling zu erleben. Wie auch beim Wein gilt wohl, je älter desto reifer und besser. Das dürfte sicherlich auch Weingutinhaber Friedhelm Rinklin gedacht haben, der sich an diesem Abend extra zum Gig seines inzwischen guten Freundes vom Kaiserstuhl nach Mannheim aufgemacht hatte. Er hat es wie alle Anwesenden sicherlich nicht bereut!
Nach der kompletten Live-Präsentation von „Rage for Order“ und „Empire“ im letzten Jahr und der diesjährigen „Operation-Mindcrime“-Performance fehlt nun nur noch die „Warning“-Gesamtdarbietung sowie das letzte richtig gute Queensryche-Album in alter Besetzung „Promised Land“, dann hat Geoff die Top-Scheiben einer meiner Lieblingsbands allesamt live performt.
Man sieht sich sicher im Herbst oder spätestens 2024 wieder…
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Lineup Geoff Tate 2023:
Geoff Tate – Vocals
James Brown – Gitarre
Kieran Robertson – Gitarre
Jack Ross – Bass
Daniel Laverde – Drums
„Sister Mary“ MaríliaZangrandi – Vocals
Setliste GEOFF TATE:
- Anarchy X
- Revolution Calling
- Operation: Mindcrime
- Speak
- Spreading the Disease
- The Mission
- Suite Sister Mary
- The Needle Lies
- Electric Requiem
- Breaking the Silence
- I Don’t Believe in Love
- Waiting for 22
- My Empty Room
- Eyes of a Stranger
—— - Silent Lucidity
- Jet City Woman
- Take hold of the Flame
- Empire
—— - Queen of the Ryche
www.geofftate.com
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Lineup HEADLESS:
Ian Parryn – Vocals
Walter Cianciusi – Gitarre
Dario Parente – Gitarre
Martin Helmantel – Bass
Enrico Cianciusi – Drums
Setliste HEADLESS:
- Rising Up
- Misdirection
- No Happy Ending
- Langeweile
- Frame
- Women In White
- Visual Vortex
- Melt The Ice Away
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Fotocredits: Thomas Jenne