Interviews über Zoom sind ja schon was Schönes, wenn es denn funktioniert. Aber wehe, wenn nicht! Am Anfang hatten wir mit Tonproblemen meinerseits zu tun und zu Mitte des Gesprächs kackte die Verbindung dann mal ganz weg. Aber schlussendlich haben wir das Ganze dann doch gut hinbekommen. Hier möchte ich mich nochmal für die Geduld von Rainer Schulz, seines Zeichens Bassist und Gründungsmitglied von Fiddler´s Green, bedanken, der mein Internet und mich sehr gelassen ertragen hat. Aber genug der Nebensächlichkeiten und rein in die Fragen:
Christian (RM): Ich will mal mit den Worten der Broilers in das Interview einsteigen, die gesagt haben „dass ein Weihnachtsalbum in die Diskographie einer jeden guten Band gehört“. Meine Frage dann an Dich wäre welche Motivation steckt hinter dem Euren?
Rainer (FG): Wir haben unser Album ja in dem gleichen Studio aufgenommen wie die Broilers, es ist aber nicht wahr das deren Räucherstäbchen uns motiviert haben es Ihnen gleich zu tun. Allerdings haben wir uns vor zwanzig Jahren schon gedacht das wir mal ein Weihnachtsalbum einspielen müssen. Immer wenn im Herbst Stop The Cavalry im Radio lief und wir auf Tour waren dachten wir das müssten wir auch mal aufnehmen. Es hat aber nie wirklich hingehauen, wir waren immer vollgepackt mit Tourdaten, Veröffentlichungen und so. Dank dieser, nennen wir es mal, komischen Zeit, die wir jetzt hatten, waren auch mal ein paar Monate, die wir frei hatten, um etwas zu machen das wir sonst nie tun und da kam das Weihnachtsalbum ins Spiel. Theoretisch könnten wir Corona danken dafür das die ein oder andere Tour verschoben werden musste und wir Muse hatten zu machen, wofür man die Muse auch braucht.
Christian (RM): Auch interessant ist die Songauswahl auf Seven Holy Nights, wie kam die zu Stande? Hat da jeder von Euch seine Favoriten in den Ring geschickt?
Rainer (FG): Ganz genau. Wir haben dann auch viele existierende Weihnachtsalben durchforstet, von allen möglichen Künstlern, was denn an Songs Sinn machen würde. Deutschsprachige Weihnachtslieder kamen jetzt für uns nicht in Frage, da sie nicht wirklich zur Band passen. Stille Nacht wäre zum Beispiel schon arg, oder auch mit Last Christmas wäre eine rote Linie deutlich überschritten, genauso wie mit dem einen Song von Mariah Carey, da waren dann schon auch Grenzen gesetzt. So haben wir uns dann eine Sammlung an Titeln auf einen Zettel notiert, und auch verschiedene Versionen dann davon angehört wie es andere machen um herauszufinden was sich so für eine Fiddler´s Green Version eignen würde. Wir haben das dann in so einer Art Session im Studio ausprobiert, die Songs die wir da aufgenommen haben dann auch für gut befunden, und danach nur noch ein wenig ausgearbeitet.
Das war dann schon fast wie früher, denn eigentlich arbeitet man ja so nicht mehr. So nach dem Motto wir gehen jetzt in Übungsraum und spielen mal drauf los und schauen einfach mal was dabei rauskommt. Normal ist man eher zielgerichtet beim Arbeiten und dieses Mal haben wir einfach losgelegt.
Christian (RM): Welches ist dann dein Lieblingsweihnachtssong?
Rainer (FG): Das sind da wirklich viele, denn es ist schon erstaunlich das dann auch aus vermeintlich langweiligen und auch etwas dünneren Songs wirklich was Interessantes wurde. Ich finde zum Beispiel God Rest Ye Merry, Gentlemen ist sehr geil geworden. Es ist zwar vom Text her Ultra auf Weihnachten bezogen und auch sehr christlich, ist aber halt klar wenn man ein Album mit dem Thema macht, aber den Song find ich so schon sehr stark und natürlich auch unsere Version. Dann Twelve Days of Christmas, denn gibt es ja auch in allen erdenklichen Versionen mit unterschiedlichsten Textvarinten, auch inzwischen eines meiner Lieblingssongs. Und auch so manche Punkrockversion von White Christimas, sowas finde ich auch geil und höre ich mir mal gerne an.
Christian (RM): Lustigerweise ist Eure Version von White Christmas fast schon punkiger als die Interpretation der Toten Hosen.
Rainer (FG): Da haben wir uns auch Mühe gegeben! Man muss halt auch immer schauen, speziell wenn man sich an solche Sachen ran macht, läuft man wirklich Gefahr das man sich zu sehr wiederholt. Der ein oder andere fand es schon auch bitter das wir einige sehr bekannte Songs jetzt auch spielen, so nach dem Motto „brauchts das jetzt, noch eine Version?“. Aber ich find schon! Ich finde das ist so eine Platte geworden, die man gerne auflegt, wenn die Familienfeier beendet ist und man danach mit seinen Kumpels einen trinken geht.
Christian (RM): Wie schwierig war es für Euch die Songs der Platte in das typische Fiddler´s Green Gewand zu kleiden?
Rainer (FG): Inzwischen machen wir das schon so lange, da ist es schon so wenn wir irgendeinen Song covern wollen würden dann ist das automatisch gleich in unserem Stil. Das geht quasi von alleine und wir müssen uns da nicht groß bemühen. Und unser Geiger, der Tobias (Heindl) ist da auch faszinierend, wenn wir jetzt da sagen wir bräuchten da noch einen Melodieteil dann zaubert der da ganz schnell was aus seiner Traditional Kiste hervor oder denkt sich selber was aus, das geht so flott, das ist schon Mega. Ich würde uns da als gut eingeritten bezeichnen! (Ob das auch mit Songs von z.B. Slipknot, Iron Maiden oder Motörhead funktioniert, so für ein paar Bonusnummern fürs nächste Album? Das wäre doch mal eine Challenge liebe Fiddler´s Green Jungs! – Die Red.)
Christian (RM): Bei Euch sind alle Mitglieder der Band Weihnachtsfans, oder war einer dabei der nicht so begeistert war von der Idee?
Rainer (FG): Nö, dass fanden alle gut. Man muss auch sagen wir haben einen guten Zeitpunkt erwischt für die Aufnahmen. Wir sind Anfang Januar ins Studio, das Nachglühen von der Weihnachtsfeier war noch da. Da mussten wir uns nicht in irgendeine Stimmung versetzen, das ging um die Zeit noch ganz von allein. Andere Bands machen das ja, um nochmal zu den Broilers zu kommen, im Mai, Juni, Juli wenn es draußen schon dreißig Grad hat, da wird es dann schon schwierig mit der richtigen Stimmung.
Christian (RM): Seven Holy Nights, der Titelsong des Albums beschreibt ja eine ausschweifende Weihnachtsfeier im Hause Fiddler´s Green, wie sehr läuft das tatsächlich bei Euch so aus dem Ruder?
Rainer (FG): Auch unterschiedlich, wir sind ja sechs verschiedene Charaktere, die sich unterschiedlich verhalten. Um jetzt für mich zu sprechen, da ist es inzwischen schon sehr langweilig. Ich bin halt der Papi, der dann irgendwie noch daheim ist und die Kinder hauen ab zum Feiern, um dann so zu enden wie in dem Song. Früher habe ich das aber auch mit Begeisterung gemacht, gerne dann auch noch Konzerte am 24. Dezember. Inzwischen ist das nicht mehr machbar, oder langsam wieder machbar, wenn die Kinder größer werden. Aber wenn der Kleinste vom letzten der Band so weit ist haben die ersten schon wieder Enkel. Die Weihnachtsfeiern bei uns sind jetzt schon eher traditionell und man ist ausschließlich fast nur noch zuhause. Das war früher dann doch anders, wo man sich mit Freunden unmäßig betrunken hat, aber das hat nach und nach ein Ende gefunden. Leider möchte ich noch hinzufügen.
Christian (RM): Macht ihr dann auch keine interne Weihnachtsfeier mit den Fiddler´s, so wie eine Art Betriebsweihnachtsfeier?
Rainer (FG): Haben wir die letzten Jahre eigentlich schon immer, zumindest hatten wir uns zum Essen getroffen. Um dann noch die letzten Schnapsvorräte zu vernichten die von der Tour noch übriggeblieben sind. Auserdem waren wir auch oft bei den Eisheiligen Nächten (von Subway To Sally) mit dabei und haben da gefeiert. Wegen Corona ist diese Tradition dann ein wenig eingeschlafen. Ich werde das heute oder morgen Abend dann mal ansprechen müssen das wir da was nachholen müssen. (Das Interview fand am 17.11 statt, vielleicht können wir noch recherchieren, ob der Rainer da was machen konnte – die Red.)
Christian (RM): Traditionen müssen gepflegt werden, da muss man dann durch. Aber weil Du gerade Corona angesprochen hast, etliche Bands wie Eisbrecher oder Die Apokalyptischen Reiter haben ja ihre Herbst- und Wintertouren abgesagt aus Angst vor neuerlichen Auflagen deswegen. Hat es da bei Euch auch Überlegungen in diese Richtung gegeben? (Zum Zeitpunkt des Interviews war und ist die Band auf ihrer Anniversery Tour)
Rainer (FG): Gar nicht! Zu Überlegungen wäre es dann gekommen, wenn es zu unplanbaren Momenten kommt, wie eben Coronamaßnahmen oder wegen Energiesparen, wenn irgendetwas nicht beheizt werden kann oder so. Wir hätten nicht wieder verschoben, da waren wir uns einig. Für uns war es wichtig alles dran zu setzen alles so stattfinden zu lassen wie geplant. Ich weiß auch nicht wie ehrlich da andere Bands sind, wie schwierig es ist momentan Konzerte zu spielen die in diesem Jahr angesetzt wurden, die laufen halt nicht wirklich nach Wunsch. Man hat vielleicht die Hälfte an Besuchern, plus minus mal mehr mal weniger. Es sind da leider deutlichste Einbrüche da und ich bekomme es halt auch mit von Veranstaltern wie schwierig sowas zurzeit ist. Ich hoffe das sich das bald wieder bessert, so übern Winter. Da sind schon viele Ängste im Raum, auch auf Seiten der Fans, auch finanziell. Es sind ja doch ein paar Euro in Form von Ticket und Bier, das einem das dann später vielleicht fehlt. Und da überlegen sich die Leute schon dreimal was sie machen mit dem Geld. Aus unserer Sicht ist da aufs Konzert gehen nicht auf Nummer Eins oder Zwei.
Wir haben aber zum Glück keine so immensen Produktionskosten sodass es ein Draufzahler werden würde, wir kommen schon irgendwie über die Runden. Aber dauerhaft ginge es so nicht.
Christian (RM): Langsam kommen wir dann auch schon zum Schluss. Darum möchte ich von Dir wissen welche Frage man Dir in zehn Jahren stellen sollte?
Rainer (FG): Bestimmt ob alle Entscheidungen und alle Zukunftsperspektiven, die man so hatte, auch so richtig waren! Dann könnte man noch hinterfragen, ob wir uns immer für das richtige entschieden, haben an den Abzweigungen im Leben, die man öfter mal so hat.
Christian (RM): Hast Du zum Abschluss noch ein Wort oder gar einen Weihnachtswunsch an Eure Fans?
Rainer (FG): Geht alle zu den Konzerten. Lasst Euch nicht von irgendetwas verwirren, am Besten ist immer noch Spaß zu haben, sich mit Freunden zu treffen, es aber nicht übertreiben. Nicht nur daheim rumsitzen und denken „oh Gott, oh Gott, oh Gott“ das ändert auch nichts und Spaß hat man so auch keinen, man muss schon sein Leben leben und was unternehmen. Da geht auch was mit einem „kleinen“ Geldbeutel! Und ganz wichtig, die Kultur darf auf keinen Fall auf der Strecke bleiben.
Christian (RM): Dann noch Danke für Deine Zeit und viel Erfolg für die Zukunft Eurer Band.