Audrey Horne – Konzertbericht zum Gig im Schlachthof Wiesbaden am 09.03.2020

Eigentlich hatte ich Audrey Horne zu meiner Schande die letzten Jahre nicht sonderlich auf dem Schirm. Erst durch Ihr letztes Studioalbum Blackout, welches für mich zu den 10 besten Veröffentlichungen im Jahr 2018 gehörte, wurde ich auf die norwegischen Metaller richtig aufmerksam und entdeckte deren für mich bislang verborgene Qualitäten.

Umso mehr freute es mich, als die Band dann letztes Jahr  für das „Bang Your Head“ Festival in Balingen bestätigt wurden. Und ich muss sagen, einer der absoluten Festival-Highlights, der mich vollkommen begeisterte, was auch die lautstarken Reaktionen im Publikum bestätigten.

Nachdem nun Anfang des Jahres das Live-Album „Waiting for the Night“ angekündigt wurde, hoffte ich natürlich auch auf eine entsprechende Tour als Headliner durch unsere Lande, um etwas mehr von der Band aus Bergen live erleben zu können.

 

Am 09.03.2020 war es dann endlich soweit. Im Kesselhaus des Schlachthof Wiesbaden wurde im Rahmen der „Waiting for the Night“- Europa-Tour Halt gemacht, um das neue Album gebührend live zu promoten.

Zunächst wunderte ich mich etwas, über das vorhanden Publikum, welches ca. 45 min vor dem Einlass vor der Halle herumstand. Lauter „normal“ gekleidetes Publikum, keine Schwarzen Shirts oder Kutten? War ich etwa falsch, schoss es mir durch den Kopf? Wie sich jedoch recht schnell herausstellte, fand am gleichen Abend in der großen Halle des Schlachthof ein ausverkauftes Wanda-Konzert statt, welches im Vergleich zu Audrey Horne weitaus mehr Publikum anzog.

Insgesamt fanden sich etwa 100-150 Zuschauer im Kesselhaus ein, um sich dieses Dreier-Package anzuschauen. Vielleicht hatte in Bezug auf die Zuschauerzahl auch schon der Corona-Virus seine Hand im Spiel, wurde doch bereits im Vorfeld über mögliche Einschränkungen bei öffentlichen Großveranstaltungen gesprochen. Auch ich hatte zuvor ein etwas mulmiges Gefühl dabei, wollte mir Torkjell Rød und seine Jungs nicht entgehen lassen.

Magick Touch © Thomas Jenne

Als Opener durften die ebenfalls aus Norwegen stammenden Hardrocker Magick Touch den Abend eröffnen. Musikalisch passte das Trio mit ihren rockigen gitarrenbetonten Sound recht gut zu Audrey Horne. Den Beginn machte der neue Song„To the Limit, der Live richtig gut funktionierte und gleich mal für gute Laune im Publikum sorgte.

Leider konnte das Niveau bei den folgenden 3 älteren Songs nicht ganz gehalten werden. Erst zum Ende des 30 minütigen Auftritts folgte mit Trouble & Luck  vom Debut und dem neuen Song Lost+Postludium ein starker Abschluss. Insgesamt ein solider Auftakt, nach der  Veröffentlichung des Drittwerkes sollte man sich dieses ruhig mal anhören.

Als zweites durfte die Band Formosa aus Essen auf die Bühne. Mich persönlich konnten die Songs des Trio`s allerdings nicht so recht überzeugen, irgendwie wollten die Songs nicht zünden, auch wenn mit Dynamite der erste Song vom Titel ausgehend, sehr vielversprechend war. Mit Ihrem dreckigen Rock`n`Roll – angehauchten Sound lieferten sie eine dreiviertel Stunde Aufwärmarbeit. Insgesamt waren mir die Songs aber zu einfach gestrickt und ohne großen Wiedererkennungswert. Bis auf einen Formosa-Ultra in der ersten Reihe, der jeden Song mit vollstem Einsatz inbrünstig begleitete und die Lockenpracht seiner Kurzhaarfrisur (!) zum Headbangen nutzte, war die Begeisterung doch recht zurückhaltend.

Formosa ©Thomas

Nach einer Umbaupause war es dann soweit, und endlich durften Audrey Horne die Bühne rocken.

Den Anfang machte  This is War, gefolgt von Audrevelution, ein gnadenloses Doppelpack, welches gleich mal aufzeigte, wo der Abend hingeht: eine gut gelaunte Band, grandiose Gitarrenduelle und  packende Melodien, genau deshalb waren die Anwesenden zum Audrey Horne-Gig nach Wiesbaden gekommen.

Torkjell Rød © Thomas Jenne

Sänger Torkjell Rød, heute ganz in schwarz mit Hemd und Krawatte gekleidet, fegte ununterbrochen über die Bühne, als ob er Hummeln im Hintern hatte. Das Gitarrenduo Arve Isdal und Thomas Tofthagen harmonierte  perfekt miteinander und stachelte sich gegenseitig immer wieder zur Höchstleistung an. Nicht nur musikalisch, auch was das Stageacting betrifft, legten sie ein wahnsinnige  Spielfreude an den Tag, posten wie die Weltmeister und zeigten Ihre Klasse an den sechs Saiten. Teils erinnern mich die zweistimmigen Gitarrenduelle etwas an die Glanzzeiten von Thin Lizzy bzw. an die Black Star Riders oder auch mal an Iron Maiden.

© Thomas Jenne

Leider fehlte an diesem Abend Bassist Espen Lien. Dessen vier Saiten übernahm Christer Ottesen von Magick Touch, der seine Aufgabe souverän meisterte.

Weiter ging es mit einem Titeltrack-Doppelpack, bestehend aus dem 2009er Album Youngblood und dem letzten Studioalbums Blackout, welche begeistert aufgenommen wurden. Mit Pretty Little Sunshine war dann das Publikum gefordert. Sänger Torkjell peitschte, auf den Lautsprechern stehend, das Publikum zum Mitsingen ein. Die Anwesenden erwiderten die Aufforderung selbstverständlich sofort und sangen lautstark den Refrain mit.

Nach Out of the City wurde dann etwas das Gas vom Pedal genommen. Mit Sail Away kam die einzige Ballade des Abend, bei der Sänger Torkjell von der Bühne stieg und sich unters Publikum mischte. Dort wurde dann Auge in Auge mit den Zuschauen ohne Einhaltung eines Corona-Sicherheitsabstand lautstark mit Anwesenden gerockt. Zum Ende des Songs gesellte sich dann auch Gitarrist Thomas hinzu und spielte sein Solo vor der Bühne.

© Thomas Jenne

Im Anschluss wurde mit 2 weiteren Songs vom Blackout-Album gleich wieder Gas gegeben. Nach einen kurzen Drumsolo von Kjetil Greve ging`s dann zurück in die Vergangenheit. Mit Threshold wurde dann ein Song des Le Fol-Albums ausgepackt. Den Abschluss des regulären Sets bildete Blaze of Ashes, der für mich persönlich der schwächste Song des Abends war. Dann war erst mal Ende, und die Band verlies kurz die Bühne. Nach lautstarken Zugabe-Rufen enterten sie jedoch schnell wieder  „die Bretter, die die Welt bedeuten“, um mit dem Grande Finale zu starten.

© Thomas Jenne

Mit Redamption Blues kam nochmals ein Youngblood-Klassiker zum Zuge, bevor nach knapp  65 Minuten leider bereits schon die Zeit für den letzten Song gekommen war.                                  Waiting for the Night, wurde ja auch schon für den Titel des Livealbums „zweckentfremdet“, passte aber zu 100% zum Moto des Abends. Mit dem Titelsong des Livealbums, folgte für mich ganz klar der Höhepunkt des Auftritts. Schon mit den ersten Takten ging das Publikum steil nach vorne und sang lautstark den Refrain mi. Hier fraßen die Zuhörer Sänger Torkjell praktisch aus  der Hand. Er peitschte die Anwesenden an, und bekam umgehend zurück was er forderte…Waiting for the Night… wurde lautstark aus allen Kehlen mitgesungen. Ein grandioser Song, der sich in den nächsten Jahren sicherlich zum Alltime-Klassiker  von Audrey Horne entwickeln dürfte. Hier passt einfach alles, was eine Band zu einem Hit-Song benötigt. Tolle Melodie, Mitsingrefrain für die Fans, so werden Hits erschaffen.

Leider war dann nach 70 min bereits Schluss mit Lustig und die Audrey Horne verabschiedete sich viel zu früh endgültig von der Bühne, um kurz darauf nochmals am Merch-Stand eigenhändig Shirts und Cds an den Mann/die Frau zu bringen und diese auch gleich zu signieren.

Ein gelungener Auftritt, der meine Erwartungen fast vollkommen erfüllt hat, allerdings mit einem kleinen Schönheitsfehler, der heutzutage meinerseits zu oft mein Unverständnis hervorruft:

Weshalb schaffen/wollen es heute manche Band nicht mehr, bei einer Headlinershow wenigstens 90 min live zu spielen, zumal einigen erstklassigen Songs der Weg auf die Setlist verwehrt blieb?            Für mich nicht nachvollziehbar.

Eigentlich müsste es für Audrey Horne doch auch Motivation und Dankbarkeit sein, den Fans eine Vollbedienung mit mehr Spielzeit zu präsentieren, wenn man gerade auf Platz 49 der  Verkaufscharts in Deutschland eingestiegen ist???

Hier bleibt leider ein fader Beigeschmack bei mir hängen, denn so war die Spielzeit im Schlachthof insgesamt nur unwesentlich länger als beim Festivalauftritt in Balingen letztes Jahr. Ich finde es schon fast etwas unangemessen, wenn man als Fan 30€ für das Ticket bezahlt hat und dann nicht mal die „normale“ Spielfilmlänge von 90 min von „seiner“ Band live geboten bekommt.

Da erinnere ich mich gerne an die guten, alten Y&T, die bei meinem letzten Besuch im Herbst 2019 auch nach 2:20 h ein weiteres drittes Mal auf die Bühne kamen, um nochmals 2 Songs für das begeisterte Publikum nachzulegen. Grandios, und die Herren haben einige Jahre mehr auf dem Buckel…

Für alle diejenigen, die wegen der inzwischen verschärften Sicherheitsbestimmungen aufgrund des Corona-Virus die weiteren Konzerte nicht mehr besuchen durften, bleibt zum Glück noch das bereits angesprochene Live-Album Waiting for the Night, das neben der CD auch als visuelles Bilderlebnis in Form von DVD/Bluray veröffentlicht wurde. Dieses kann sicherlich ein klein wenig über die Tourverschiebung der restlichen Konzerte hinwegtrösten. Auf dem Tonträger sind zudem auch alle Songs des Live-Programms von Wiesbaden enthalten, ergänzt um 3 weitere Tracks, die leider auf der Setlist von Wiesbaden keine Berücksichtigung fanden.

Zur Zeit stehen noch keine Ersatztermine für die entfallenden Auftritte fest, wir werden jedoch rechtzeitig neue Dates bekanntgeben.

 

Setlist Wiesbaden:

 

Audrey Horne sind:

Vocals                  Torkjell Rød

Gitarre                 Arve Isdal

Gitarre                  Thomas  Tofthagen

Drums                  Kjetil Greve

Bass                      Espen Lien

 

https://www.facebook.com/AudreyHorneOfficial/

www.audreyhorne.com

 

 

 

By Thomas

Musikalisch bin ich seit den 80er vor allem im melodischen Hard& Heavy-Dschungel unterwegs und immer auf der Suche nach neuen und alten Perlen. Meine absoluten Faves sind Queenaryche, Y&T, Die Toten Hosen... u.v.a.....inzwischen kann ich mich aber auch für Mittelalterrockband wie Feuerschwanz oder Saltataio Mortis absolut begeistern. Ab und an geht mein Blick aber auch mal über den Tellerrand in Richtung Speed/Trash/Death...solange Melodien erkennbar sind. Auch wenn ich schon zu der Ü50-Fraktion gehöre, findet man mich bei Konzerten und Festivals fast immer Front of Stage, denn Sitzplatz beim Rockkonzerten, das passt bei mir einfach nicht zusammen. Erst wenn es ohne Rollator mal nicht mehr gehen sollte, ist die Tribüne vielleicht ne Alternative.

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