Ist es Death Metal? Ist es Thrash? Nein, es ist Prog Rock!
Wieder einmal habe ich mich einer Band der progressiven Klänge angenommen, diesmal jedoch ist es keine Genre-Größe wie Caligula’s Horse oder Ähnliches. Alizarin haben keine millionenfach abonnierte Facebookseite und nicht unzählige Follower auf Instagram. Mit „The Last Semblance“ bringen sie nun ihr zweites Album heraus. Doch ist die Platte gut genug, um mehr Follower anzulocken und Alizarin bald ganz groß rauszubringen.
Ich hab mich nach dem Lesen der Bandbeschreibung schon stark angesprochen gefühlt. „Cinematic Progressive Rock/Metal“ war genug für mich um anzubeißen. Leider war der Opener des Albums Elegy Simulacra nicht der ultimative Start, den ich mir für das Album erhofft hatte. Zwar bringt der Song mit dem wunderbaren Einsatz von Acoustic Gitarre und einem jazzigen Mittelteil mit Basssolo viel mit, schlägt mit seiner Länge aber etwas über die Stränge. Es gibt nichts Schlimmeres, als das aufkommende Gefühl der Langeweile während eines Songs und genau das ist hier passiert.
Zum Glück ist Nachfolger Fathom um Längen besser. Die ruhigen Strophen mit prominentem Bass und Piano-Akzenten unterstützen die Power des Refrains, der gut im Ohr bleibt.
Bereits ab diesem Punkt im Album hatte ich zwei Dinge bemerkt:
1. Die Band spielt hautsächlich Rock,
2. Es gibt vergleichsweise wenig Gesang und viele (hervorragende) Instrumentalteile.
Während A Wreath Of Temperance meine Annahmen weiter bestätigt, bricht die Ballade Velvet Margin etwas aus dem Gitter aus. Hier ist, trotz dem wunderbaren Piano, der Gesang im Fokus, wobei wir auch schon beim großen Problem des Albums wären.
Lasst mich dazu etwas weiter ausholen. Nach ein bisschen Recherchearbeit fand ich heraus, dass das erste Alizarin-Album ein Instrumentalalbum war. Gitarrist und Songwriter Josh Kay entschloss sich erstmals bei „The Last Semblance“ selbst das Mikro in die Hand zu nehmen.
Leider nicht mit viel Erfolg. Seine Stimme klingt stark nasal und ist vor allem bei den vielen lang gehaltenen Tönen einfach unerträglich. Das Album hat wunderschöne Instrumentals, die ich sehr genossen habe, aber Kays Stimme passte nie so richtig ins Bild.
Das oben erwähnte Velvet Margin oder auch Zero Sum machen die Problematik für mich besonders deutlich.
Der Rest der Songs leidet auch, mal mehr mal weniger darunter. Auch wenn die Parts für den Gesang meist gut geschrieben sind, die Ausführung lässt oftmals zu wünschen übrig.
Heirloom zum Beispiel besitzt wunderbare zweistimmige Parts, die auf dem Papier sehr gut funktionieren. Als einer der härtesten Songs des Albums und einem starken Fokus auf Synths und Riffs kann er instrumental auch begeistern, aber die Gesangsperformance ist erneut unbefriedigend.
Die zwei längsten Songs des Albums Attenuation und The Ivory Silo bringen auch endlich Parts mit sich, die des Wortes „Cinematic“ würdig sind. Streicher und episch klingende Klaviermelodien sind im ersten, Kirchenorgel und harte Gitarren im zweiten Song zu finden.
Am Ende von The Ivory Silo ist auch eine Verbindung zum Anfang des Albums zu hören, was mir sehr gefallen hat.
„The Last Semblance“ hat in mir einen starken Konflikt ausgelöst: Einerseits liebe ich viele der Instrumentals des Albums, andererseits kann ich mich in keinster Weise mit dem Gesang auf der Platte anfreunden.
Deswegen empfehle ich euch, sehr verehrte Leser/innen, das Album selbst zu begutachten. Alizarin haben definitiv mehr Follower verdient, aber die Band muss trotzdem noch stark an sich arbeiten.
Ich hoffe auf ein besseres nächstes Album, denn das Potenzial ist auf jeden Fall vorhanden!
Fazit: Progressive Rock mit wunderbaren Instrumentals, aber keiner guten Gesangsperformance.
Von mir gibts dafür 5 von 10 cinematische Bängs.
„The Last Semblance“ erscheint am 10. Juli 2020 als CD und digitaler Release.
Die Band:
Josh Kay – Guitar & Vocals
Jon Damon – Drums
Terran Fernandez – Bass Guitar
Avelino Ramirez – Keyboard