Frische Waldluft meets 100 % Rock
Im Hinterwald, auch bekannt als Windeck-Rosbach, fand vom 14.-15.06.2019 das „Heimspiel“ von Kärbholz statt – und das schon zum 14.Mal! Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass dieses Festival-Kleinod bisher irgendwie an mir vorbeigegangen ist. Die Anreise war schon recht idyllisch, ging es nach der Autobahnabfahrt noch einige Zeit durch pittoreske Landschaften und kleine Orte. Punkt 18.00 Uhr wurden die Campingplätze geöffnet und die vornehmlich in schwarz gekleideten Rockfans aus ganz Deutschland richteten sich häuslich ein – ob im Zelt oder dem fahrbaren Zuhause. Erste Kontakte wurden schnell geknüpft und schon jetzt lag die besondere, familiäre Atmosphäre dieses Festivals in der Luft.
„Willkommen im Kärbholzland“
Tag 1 Freitag, 14.06.2019
Zunächst gab es eine schlechte Nachricht von Kärbholz. Über Facebook vermeldeten sie den nächtlichen Diebstahl von fünf Gitarren. Um 13:30 Uhr wurde das Festival dennoch planmäßig mit dem traditionellen Fass Anstich eröffnet.
Die oft undankbare Rolle des Openers übernahm Formlos aus Sachsen-Anhalt. 2011 gegründet verbinden die fünf jungen Musiker deutschsprachigen Rock mit Punk Einflüssen. Auf der Setlist standen die Songs
– Hier stehen wir wieder
– Schwarzes Blut
– Gestern schon bereit
– Tanz!
– Was ich darf
– Anlauf nehmen
– Lass uns fliegen
– Hasta La Vista
Als nächstes kam Neurotox aus Rheinberg. Trotz sommerlicher Temperaturen mussten sich die Besucher warm anziehen, denn die 2013 gegründete Punkrock-Band ging mit Vollgas nach vorn. Sie nahm das Publikum mit auf einen musikalischen Spaziergang durch die Bandgeschichte. Neben Songs aus dem aktuellen Album Plan B (Küss mich und Mutti hat mich lieb) spielten sie Kein Ziel zu hoch, Auch wer fällt, Wenn wir uns wiedersehen, Gegen den Rest der Welt, Nicht wie Du und Wenn Du schläfst.
Nenas Irgendwie, Irgendwann, Irgendwo kommt in der Coverversion von Neurotox als echter Pogo-Garant daher.
Die Umbaupausen waren angenehm kurz und der Platz vor der Bühne füllte sich merklich. Mit Eat the Gun aus Münster kamen Freunde deftiger Gitarrenriffs voll auf ihre Kosten. Vom Album Howlinwood rockten sie neben dem Titelsong auch Falling und Blood On Your Hands. Ebenfalls im Set At The End Of The Day, Addiction, Made Of Stone, Apocalyptic Blues, Bad Memories, Electric Life, Wake Me Up und Loner.
Harter Rock, rotzig melodischer Punk, Oi! und etwas Ska – geht das zusammen? Bei Wiens No.1 sehr gut sogar, wie ich finde. Die Band um den charismatischen Frontmann Stefan Putnik passt (zum Glück) in keine Schublade. Spätestens bei den Cover Songs Vienna Calling von Falco und Erinnerungen von den Onkelz geriet das Publikum in Tanzlaune. Weitere Songs: 5 Jungs aus Wien, Gepflegt und Arrogant, Tour durchs Leben, Wiens No. 1, Leckt uns doch am Arsch, Weltverbesserer, Es war wie früher, Spontane Party, Geist der Vergangenheit , Winnie Puuh, Zügellos.
Dirty Deeds aus Osnabrück sind seit 2001 als AC/DC Tributeband bestens bekannt. Mit Hits wie Hell Aint A Bad Place To Be, Shoot To Thrill, Back in Black, High Voltage, Bad Boy Boogie, Hells Bells, Whole Lotta Rosie, Dirty Deeds Done Dirt Cheap und Let there Be Rock gaben die Vollblutmusiker alles. Im roten Samtanzug mit kurzer Hose, später oben ohne und auf einem Stehtisch im Publikum zeigte besonders Leadgitarrist Mark eine unglaubliche Bühnenpräsenz.
Mit der Rebel Tell Band wurde der vorläufige Stimmungshöhepunkt des Tages erreicht. Wie ein Orkan fegte das Quartett musikalisch über den Platz. Wie gut sich doch Schlagermusik anhören kann, wenn man sie nur richtig spielt… Die Rebel Tell Band vereint Schlager- und Rock’n’Roll zu „Schlagerbilly“. Neben Songs von Andrea Berg und Co. zelebriert sie aber auch Musik der Sportfreunde Stiller, Fettes Brot und den Fantastischen Vier.
Um 22:15 Uhr war es dann soweit. Kärbholz rundeten als Gastgeber das großartige Line Up des ersten Tages ab. Und die Jungs hatten Bock drauf! Unter anderem spielten sie an Tag 1 Mein Weg, Alle Systeme auf Vollgas, Tabularasa, Tiefflieger, Du bist König, Mutmacher.
Pünktlich mit dem Schlussakkord fing es an zu regnen und der Platz leerte sich rasch. Für die ganz Unermüdlichen gab es noch die Aftershowparty im Hinterwaldstübchen.
Tag 2 Samstag, 15.06.2019 (ausverkauft)
Delirium machte den Start, ich kam allerdings erst etwas verspätet während der ersten Umbaupause auf das Festivalgelände an und traf auf Nina und Harry, die mir von der Hamburger Band Biest vorschwärmten, für die sie extra aus München zum Heimspiel angereist waren.
Biest steht für deutschsprachigen Hafenrock mit Einflüssen aus Alternative, Metal und Pop Rock. Die charismatische Sängerin Jen nutzte den Bühnengraben gleich mit, um näher bei ihren Fans sein zu können. Im Set gab es die Songs Ehrlich und Verlogen, Kamikaze, Abrakadabra, Für ewig und immer, Feuer Frei, Anders, Stillstand, Herz Schrein, Stirb oder Friss, Wenn alles gesagt, Nervengift, Haltes aus aus, Seelenräuber und Ich bleib. Das Festivalgelände füllte sich langsam. Mit dem Schlussakkord der jungen Hamburger begann es nochmal kurz und heftig zu regnen und die Besucher nutzten jede Möglichkeit, um sich unterzustellen.
Danach ging es Herzlos bei strahlendem Sonnenschein weiter. Die fünfköpfige Deutschrockband aus Eulenbis bei Kaiserslautern beschreibt sich selbst als unpolitisch und unkompliziert mit dem Drang, nach Vorne zu spielen. Schon beim ersten Song Platin ging die Band richtig ab. Das Publikum feierte heftig beim Coversong Fight for your right und Frontmann Marvin wusste, wie er das Publikum in seinen Bann zieht! Spätestens zu Du und ich wurde dann ordentlich gepogt.
Weitere Songs: Papis Prinzessin, Unter Strom, Du bist das Gift, Ich bleibe hier, Falsche Pfade, Regenwald, Alles oder gar nicht;
Ab 18:00 Uhr hätte eigentlich Ski King auf der Bühne stehen sollen. Wegen eines Unfalls konnte er jedoch nicht auftreten. An dieser Stelle gute Besserung Ski! Die Rocker von Crossplane aus Essen sprangen dankenswerterweise kurzfristig ein.
Crossplane, die Bühnenhochzeit und Motorjesus aus Mönchengladbachhabe habe ich etwas vernachlässigt und mich der gepflegten Konversation bei gekühlten Getränken im Gastrobereich hingegeben. Aber ein paar Fotos habe ich für Euch mitgebracht.
Onkel Tom lud das dichtgedrängt vor der Bühne stehende Publikum zu einer feuchtföhlichen Metalparty ein. Dazu gab es mitsingkompatible Songs wie Ich finde nur Metal geil, Ruhrpott, Schnaps war sein letztes Wort, In München steht ein Hofbräuhaus, Ich steh an der Bar und ich hab kein Geld, Es gibt kein Bier auf Hawaii…und 1 Freibier – zumindest für ein paar Leute in der ersten Reihe. Der Rest sang mit, tanzte und pogte.
Nach diesem Abriss war das Publikum bereit für den Höhepunkt des Festivals: der zweite Auftritt von Kärbholz an diesem Wochenende! Spätestens jetzt standen fast alle Besucher vor der Bühne. Mit Keiner befiehlt, Überdosis Leben, Für die Götter, Das hier ist ewig, Herztier, Fallen und Fliegen, Sink oder Spring, Nacht ohne Sterne, All meine Narben, Hier, Kind aus Hinterwald, Mutmacher, Musizin, Feuerräder, Tiefflieger, Mein persönlicher Krieg, In Flammen stehen und Lauter feierten die Besucher ihre „Hölzer“. Und die ließen es sich nach den letzten Klängen nicht entgehen, sich auch persönlich von den Fans zu verabschieden.
Nach dem Konzert gab es natürlich noch die Aftershowparty im Hinterwaldstübchen mit guter Musik vom Band und Kaltgetränken. Der Andrang an der Theke war zwischenzeitlich entsprechend groß!
Ein grandioses Fest mit fantastischen Live-Acts und emotionalen Augenblicken ging für mich eindeutig zu schnell vorbei. Ein großes Dankeschön an alle, die dieses Festival möglich machten und an die sympathische Security, die gut auf uns aufgepasst hat. Bis zum nächsten Jahr!
Ein ganz persönlicher Gruß an meine neuen Festivallieblingsnachbarn Willi: Dein Kaffee ist der beste, Mela mit a, Jenny, Dustin, Basti, A-N-N-A und den unbeschreiblichen 0hhhhh´Reneeee! Ich vermisse die Cantina-Band.