ARENA – Prog-Rocker veröffentlichen erstes Album „The Theory of Molecular Inheritance“ nach Sängerwechsel mit Damian Wilson – Albumreview

Wenn bei einer Band der Sänger wechselt, ist dies oftmals ein einschneidendes Ereignis in einer Bandhistorie. Oftmals startet zwar so manche Band dann erst richtig durch und wird erst richtig erfolgreich (Beispiel gefällig: Iron Maiden nach dem Einstieg von Bruce Dickinson), andererseits hat schon so mache Band den Erfolgsweg verlassen müssen, weil der Sänger andere persönliche Interessen verfolgte. Auch im Hause der Prog-Rocker ARENA gab es zuletzt einen Wechsel am vakanten Posten des Frontmannes. Nach 10 erfolgreichen gemeinsamen Jahren verabschiedete sich Paul Menzi 2020 zu The Sweet.

Wer sollte den Posten am Mikro übernehmen, war die große Frage, den Menzi prägte zuletzt das Gesicht der Band. So war auch ich gespannt was/wer da wohl kommen würde.

Als dann die Katze aus dem Sack gelassen wurde, das ex-Threshold-Frontmann Damian Wilson bei den Briten einsteigen würde, war ich begeistert und beruhigt zugleich, bin ich doch seit der Threshold-Debutscheibe „Wounded Land“ aus dem Jahre 1993 ein Fan des sympatischen Sängers mit der außergewöhnlichen Stimme. Auch bei Arjen Lucassen`s Star One oder Ayreon begeisterte er immer wieder mit seiner gefühlvollen Art zu singen.

So war ich sehr gespannt, wie die erste Scheibe mit seinem neuen Arbeitgeber ausfallen würde. ARENA gehört zwar ebenfalls in den progressiven Rockbereich, ist jedoch ein ganzes Stück softer wie Threshold, was jedoch für Damian auf „The Theory of Molecular Inheritance“ absolut kein Problem darstellt. Neben den härteren Alben mit Threshold in den 90er und auf „March of Progress“ 2012 lag bei seinen Soloveröffentlichungen das Hauptaugenmerk von Damian eher auf softeren Songs, und auch bei Maiden United war er gar völlig akustisch unterwegs. Er ist eben ein Ausnahmesänger, der sehr vielschichtig unterwegs ist.

Kommen wir also zur neuen Scheibe.

Schon das von David Wyatt gestaltete Cover mit seinem grellen Gelbtönen unterscheidet sich wesentlich von früheren Scheiben, knallt es im Gegensatz zu den eher düsteren Covern richtig ins Auge. Hallo hier bin ich und will gesehen und gehört werden, könnte man m einen!

Und das sollte man alle Fälle…

Inhaltlich widmet sich das Konzept des Albums der Theorie des molekularen Erbes. Als Opener der 63 minütigen Scheibe wurde „Time Capsule“ gewählt, ein progressiver Rocker, der zu Beginn für ARENA-Verhältnisse recht hart rüberkommt, jedoch vom ständigen Wechsel zwischen langsamen Mittelteil und dem kräftigen Refrain wechselt. Bereits hier wird schnell deutlich, dass ARENA mit Damian Wilson die perfekte Wahl für den neuen Mann am Micro getroffen haben. Auch wenn seine Stimmlage völlig unterschiedlich zu Paul Manzi ist, mit seinem gefühlvollen Gesang und den langgezogenen Passagen schafft er es sofort, dass gewisse Feeling älterer Scheiben fortzuführen und zu bewahren und trotzdem seinen typischen Wilson-Style beizusteuern. Perfekt ergänzt sich seine Stimme zu den dominaten Keyboards von Clive Nolan, der auch für sämtliche Lyrics des Albums verantwortlich ist.

Bei „The equation (the science of magic)“ gibt’s dann die ersten Gänsehautmomente, das Intro ist einfach göttlich. Zartes Klavierspiel schaffen sofort die entsprechende Grundlage für ganz großes musikalisches Kino. Sehr keyboardlastig, dazu die geile Stimme von Damian und ein toller Refrain, einer der Highlight des Albums.

Immer mal findet man Parallelen zu Damian`s Engagement bei Threshold, was jedoch absolut nicht störend wirkt. Er schafft es perfekt, die Geschichte des Wissenschaftlers in der Albumstory gesanglich umzusetzen und immer wieder eine besondere Atmosphäre zu erzeugen. Beim kurzen, nur knapp über 2 Minuten dauernden, intromäßigen „My Confession“ steht wieder die Kombination von zartem Klavier und Damians Gesang im Vordergrund, der Spannungsbogen baut sich langsam auf und endet in einer träumerischen Keyboard-Melodie, die leider viel zu schnell vorbei ist. Fließend geht’s aber über in den außergewöhnlichen Track Titel „The Heiligenstadt Legacy“, der teils schon etwas schmachtend daherkommt. Teils fast schon jämmerlich und anklagend klingt hier Damians Stimme, doch dann der Break und der Refrain nimmt kräftig Fahrt auf. Immer prägend die Keys von Clive, nur beim Hauptrefrain treten die Gitarren aus dem Hintergrund in den Vordergrund und schließen mit fantastischem Solo ab.

Auch die alten Marillion-Sounds finden hier und da mal Einzug in die Songs, so beim Intro von „Field of sinners“, ehe typische ARENA-Songstrukturen übernehmen. Beim Solo darf sich John Mitchell dann so richtig austoben, man könnte fast schon sagen Speedprog, doch immer dezent und songdienlich im Hintergrund, im Mittelpunkt stehen klar die fantastischen Melodien der Keyboards.

„Pure of heart“ bietet eine gelungene Kombination von Keys und Gitarre, die jedoch auch mal richtig verzwurbelt rüberkommen. Hier wird richtig gefühlvoll gerockt, dass es eine Freude ist. Bei „Integration“ ist dann nach dem gefühlvollen Gesang Intro mit Klavierunterstützung Clive’s großer Auftritt. Er stimmt zur Mitte den Song mit den Keys ein und nutzt dabei alle Register der vielen Tasten und spielt sich in einem fast 3-minütigen Keyboard-Solo in einen wahren Prog-Tastenrausch, der auch ein wenig an Saga zu Hochzeiten erinnert.

Zum Ende der Scheibe wird dann nochmals groß aufgefahren. Das mit mitreisender Melodie ausgestattete „Part of you“ bildet mit dem superben „Life goes on“ einen gelungenen Abschluss eines überzeugenden Wilson Debüts für ARENA. Letzteres ist für mich das absolute Highlight des Albums, vereint er doch nahezu alles, was ARENA ausmacht: Tolle Songs mit herausragenden Keyboards und phänomenaler Gitarrenarbeit, grandiose Melodien und ein Refrain, der sofort ins Blut geht und mehr als nur einmal Gänsehaut erzeugt. Und als i-Tüpfelchen ein Damian Wilson in Hochform.

Fazit:

Um den Kreis zu schließen: Es bleibt zu hoffen, dass auch ARENA mit dem Sänger Wechsel nun der Start für den großen Erfolg gelingt. Mit „The Theory of Molecular Inheritance“ haben ARENA ein weiteres erstklassiges Album erschaffen, das erst nach einigen Durchläufen seine ganze Klasse hervorbringt. Progrock ist eben keine Musik zum nebenbei hören, man sollte sich schon etwas Zeit nehmen, um sich auf die Kompositionen der Herren Nolan/Pointer/Mitchel /Wilson einzulassen.

Doch wenn man sich erst mal in den träumerischen Melodien à la „Life goes on“ verloren hat, zeigt das Album seine ganz Klasse. Mit Damian Wilson haben ARENA das große Los gezogen, schafft er es doch, dem Song nochmals ein breiteres musikalisches Spektrum zu verleihen. Von zuckersüßen Passagen bis hin zu härteren Progpassagen meistert er alles souverän und ist gesanglich wesentlich vielseitiger als sein Vorgänger, was der Band sowohl im Studio als auch Live viele neue Möglichkeiten und Impulse für die Zukunft ermöglicht.

Von mir gibt’s 9,0 Bangs für ein träumerisches Musikvergnügen, das sich am besten mit Kopfhörer genießen lässt. Für „Life Goes on“ spendiere ich nochmals nen ½ Bang als Genialitäts-Bonus.

Man darf gespannt sein, wie die älteren Songs live aus seiner Kehle klingen werden.

Die anstehenden Konzerte werden ARENA sicherlich ausreichend Gelegenheit geben, diese Frage zu beantworten. Da Damian ein Entertainer par excelence ist, werden die Gigs sicherlich zu einem tollen musikalischen Liveerlebnis werden – Wilson und ARENA haben mich noch nie enttäuscht!

Wir bleiben am Ball und berichten.

„The Theory of Molecular Inheritance“ erscheint am 21.Oktober und kann schon vorab über die Homepage der Band als CD-Digipack, in farbigem Vinyl sowie in verschiedenen Bundles (u.a. mit Fotobuch) bestellt werden.


Tracklist:

  1. Time capsule 5.31
  2. The equation (the science of magic) 6.29
  3. Twenty-one grams 6.34
  4. Confession 2.20
  5. The Heiligenstadt legacy 5.42
  6. Field of sinners 6.28
  7. Pure of heart 6.18
  8. Under the microscope 6.52
  9. Integration 4.49
  10. Part of you 6.54
  11. Life goes on 5.11

Spielzeit:  1:02:57


Auf Tour könnt ihr Euch ARENA noch in folgenden Locations anschauen:

19. 10.2022     Essen, Zeche Carl

21.10.2022      Aschaffenburg, Colos-Saal

27.10.2022      Pratteln Z7 Konzertfabrik

28.10.2022      Bensheim, Musiktheater REX


ARENA Lineup 2022:

Damian Wilson – Vocals

Clive Nolan – Keyboards

Mick Pointer – Drums

John Mitchell – Guitars

Kylan Amos – Bass

Fotocredit: Arena

ARENA Im Web:

www.ARENAband.co.uk

www.facebook.com/ARENABandofficial

https://www.instagram.com/ARENAbanduk/

By Thomas

Musikalisch bin ich seit den 80er vor allem im melodischen Hard& Heavy-Dschungel unterwegs und immer auf der Suche nach neuen und alten Perlen. Meine absoluten Faves sind Queenaryche, Y&T, Die Toten Hosen... u.v.a.....inzwischen kann ich mich aber auch für Mittelalterrockband wie Feuerschwanz oder Saltataio Mortis absolut begeistern. Ab und an geht mein Blick aber auch mal über den Tellerrand in Richtung Speed/Trash/Death...solange Melodien erkennbar sind. Auch wenn ich schon zu der Ü50-Fraktion gehöre, findet man mich bei Konzerten und Festivals fast immer Front of Stage, denn Sitzplatz beim Rockkonzerten, das passt bei mir einfach nicht zusammen. Erst wenn es ohne Rollator mal nicht mehr gehen sollte, ist die Tribüne vielleicht ne Alternative.

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