Originalität. Gerade im Musikbereich ein unmöglich zu erreichendes Ziel. Jede Band, jeder Künstler hat irgendeine Inspiration oder gar ein musikalisches Vorbild. Bei der schieren Menge an bereits geschriebener Musik ist es quasi unmöglich einen komplett neuen und nie dagewesenen Riff, Melodie oder Drumbeat zu erdichten.

Für mich aber ist es immer ein Anliegen gewesen Musik zu hören, die original klingt. Bands wie Sabaton, die ihre Erfolgsformeln nie auf den Kopf stellen, nicht in neue Gewässer vordringen, sich als Künstler nicht entwickeln, sondern mit der Mentalität „never change a running system“ arbeiten, werden mich nie auf Dauer begeistern.

Aber dieser Artikel soll kein Rant gegen Sabaton werden. Ich möchte euch eine ganz andere Band vorstellen, die mich nach dem ersten Hören ihres Albums „Applause Of A Distant Crowd“ vollkommen in ihren Bann gezogen hat. Die Rede ist von den Dänen Vola.

Zu diesem Zeitpunkt hat das Progressive Metal/Djent-Outfit zwei Longplayer namens „Inmazes“ und „Applause Of A Distant Crowd“ veröffentlicht. Letzterer wird auch Hauptthema dieses Artikels sein. Vola arbeiten stark mit elektronischen Elementen, jazzigen Drumbeats und djentigen Riffs. Die softe Stimme von Sänger Asger Mygind rundet die Songs dann ab. Vor allem die Melodien der Synths und der Vocals machen die Tracks von Vola sehr eingängig.

„Inmazes“ ist als Album relativ sicher dem Djent zuzuordnen. Der Fokus des Mix liegt stark auf den Gitarren und es kann oft zu Breakdowns geheadbangt werden. Eine leisere Nummer (Emily) ist auch auf der Platte, ansonsten gehen Vola immer voll zur Sache. Songs wie Opener The Same War oder Starburn leben von den harten Riffs, die Band streut trotzdem immer wieder Momente zum Atmen ein. Sehr progressiv wird es bei Tracks wie Owls, Vola arbeiten hier teilweise mit gewöhnungsbedürftigen Taktarten. Für geübte Progger sollte das jedoch kein Problem, sondern nur einen weiteren Grund für die Qualität der Band darstellen. Der Titelsong schließt als Longplayer die Platte ab. Das epische Ende mit Fade-out entlässt den Hörer aus den Fesseln von „Inmazes“ – ein solides Album mit hohem Replay-Wert! Jedoch ist es meiner Ansicht nach nicht annähernd so einzigartig wie „Applause Of A Distant Crowd“.

Bevor ich versuche zu erklären, was „Applause Of A Distant Crowd“ zu so einem speziellen Album macht, möchte ich auf das Cover des Werkes eingehen.

Das fast schon impressionistische Bild einer Frau Unterwasser spiegelt für mich sehr stark die Atmosphäre des Albums wider. Es ist klar, dass die Frau nicht ertrinkt. Sie schwimmt im Badeanzug durch das Wasser. Das Bild vermittelt ein Gefühl der Freiheit, die man Unterwasser besitzt. Alles ist wie in Zeitlupe; man kann im Wasser „schweben“, wenn man möchte.

Schon der Opener We Are Thin Air zeigt: die Synths spielen auf diesem Album eine weit größere Rolle als auf „Inmazes“. Trotzdem klingen die Songs nicht nach Symphonic Metal, bei dem Synths oftmals einfach alle anderen Instrumente übertönen. Vielmehr verschmelzen die Keyboardklänge mit den djentigen Gitarren und dem Bass. Diese sind zwar mehr im Hintergrund, aber hörbar präsent.

Vor allem die Melodien des Albums begeistern mich immer wieder. Der zweite Track Ghosts ist ein hervorragendes Beispiel dafür. Der Gesang und die Synths sind der Hauptfokus des Songs, der in seinem Refrain alles entlädt. Doch auch die Drums kommen nicht zu kurz. Jazzige Akzente machen die Strophen interessant.

Smartfriend erinnert von allen Tracks am Meisten an das Vorgängerwerk. Der Bass und die Gitarren sind vordergründig zu hören und es kommt am Ende zu einem Riff-Gewitter der Extraklasse. Schlau genutzte Verzerrungseffekte kommen zum Einsatz um die Gitarren in den Strophen ein wenig zu bändigen.

Weiter geht es mit Ruby Pool. Hier geben leichte Gitarren und die Synths erstmals gemeinsam die Melodie an. Hervorzuheben ist auch die Stimmarbeit des Sängers, die den Song sehr traumhaft gestaltet. Der ruhige Track bietet aber auch für Fans des Schlagzeugs eine klasse Performance: so jazzige Drums gibt es im Metal– und Rock-Bereich selten!

Nachfolgesong Alien Shivers nutzt elektronische Drums in den Strophen und punktet durch einen hochansteckenden Ohrwurm-Refrain. Auch die Gitarren dürfen hier wieder mehr reinhauen, bevor das Album mit Vertigo einen Vollstop macht.

Nur Vocals und atmosphärisches Meeresrauschen tragen den ersten Teil des Songs, bevor Gitarren und ein Synth-Piano die leichte Melodieführung übernehmen. Echos des Gesangs machen die Atmosphäre perfekt.

Still verspricht mit harten Gitarren im Intro ein hochenergetischer Track zu werden. Die Riffs in den Strophen treiben den Song an. Im Refrain gibt es erneut eine Ohrwurmperformance von Synths und Vocals.

Der Titelsong des Albums wird in den Strophen von Piano, Synths, dem Gesang und den Drums getragen. Es ist einer dieser Songs, die sich langsam aufbauen und im Finale ihre gesamte instrumentale Pracht entfalten. Ein Fade-out nach dem Knall kommt gerade Recht um wieder etwas entspannen zu können, bevor Whaler das djentige Ruder übernimmt.

Fans von „Inmazes“ kommen hier wieder ganz auf ihre Kosten. Breakdowns und Riffs wo man nur hinhört! Trotzdem arbeiten auch die Synthesizer wieder kräftig mit.

„Applause Of A Distant Crowd“ endet mit der 2:36 Minuten kurzen Ballade Green Screen Mother. Piano und atmosphärische Klänge übernehmen hier die Federführung während Sänger Asger Mygind auch ein paar kleine Akzente setzt. Ein wunderbarer Abschluss für das Album!

Bei der Betrachtung des Covers habe ich schon angedeutet was „Applause Of A Distant Crowd“ zu so einem besonderen Album macht. Jeder Song dieses Albums besitzt dieses Unterwasser-Gefühl. Manchmal fühlt man sich so schwerelos wie die Frau auf dem Cover, ein anderes Mal zieht einen die wilde See in ihren Bann. Vola hat es geschafft als gesamte Band (nicht nur die Synths oder die Gitarren) eine Art Grundatmosphäre für dieses Album zu kreieren, die ich bisher nirgendwo anders in dieser Form finden konnte. Sie haben etwas geschaffen, das für mich so nah an musikalischer Einzigartigkeit und Originalität grenzt wie nur möglich.

Vielleicht ist das nur meine persönliche Meinung, denn Kunst ist subjektiv. Es gibt keine objektive Ansicht für dieses Album. Für manche mag es bestimmt „generisch“ oder nach „Massenware“ klingen, aber für mich ist es eine Reise in die Tiefen des Meeres. Für mich ist „Applause Of A Distant Crowd“ einzigartig!

Tracklist:

  1. We Are Thin Air
  2. Ghosts
  3. Smartfriend
  4. Ruby Pool
  5. Alien Shivers
  6. Vertigo
  7. Still
  8. Applause Of A Distant Crowd
  9. Whaler
  10. Green Screen Mother

Die Band:

 Asger Mygind (vocals/guitar)

Martin Werner (keys)

Nicolai Mogensen (bass)

Adam Janzi (drums).

By Elias

Schreiberling aus Leidenschaft, Metal-Enthusiast seit der Schulzeit. Verirrt sich gern in den Tiefen des Prog und bestaunt moderne Ansätze zu Rock und Metal.

Related Post