Titelfoto und Bearbeitung Martin Würzburger (Lux Homini – Bildermacher)
Cat o’Nine, Corona und Columbus
Karina vom Rock Magazine spinnt Seemannsgarn mit Captain Cooper aka Sascha Kaeufer und Cat aka Kathrin Kaeufer
RM: Hallo Sascha und Kathrin, ich erwische Euch gerade im wohlverdienten Urlaub. Vielen Dank, dass ihr euch trotzdem die Zeit für dieses Telefoninterview genommen habt. Euer Bandname bedeutet übersetzt neunschwänzige Katze, richtig?
Sascha: Hallo Karina, schön, dass Du anrufst. Genau, auf den Namen kam unser Gründungsmitglied VolkerDornemann, der leider nicht mehr dabei ist. Volker ist ein großer Ye Banished Privateers Fan und zeichnet auch deren Comics. Cat o’Nine ist ein Song von Ye Banished Privateers. Ursprünglich war ich mit Kathrin allein und wir nannten uns Cat’n’Cooper – das war auch eine Kreation von Volker in Anlehnung an den Klang von Captain Cooper. Als Volker dann zur Band dazu kam, schlug er vor, uns Cat o’Nine zu nennen.
RM: Ich hatte immer schon überlegt, wo die Neun wohl herkommt, ihr seit doch gar keine Neun!
Kathrin: Wir haben auch erst überlegt, auf neun Musiker aufzustocken (lacht). Dann wären wir sehr variabel. Aber das hat sich bis jetzt nicht ergeben und eigentlich steht der Name ja für die Peitsche, die die Seemänner in die Piraterie getrieben hat.
RM: Und wenn ihr alle zusammenzählt, die schon mal dabei waren?
Sascha: (lacht) warte mal: Volker, Valbona, Axel, Hubert… da wären wir ja jetzt schon bei acht…
RM: Da hättet ihr noch einen Bonusplatz übrig. Volker Dornemann hat für punch’n’judy doch auch den Koboldkönig gezeichnet?
Sascha: Das stimmt. Volker haben wir 2015 auf einem Piraten-Foto-Shooting in Zons kennengelernt. Ich habe seinerzeit auf meiner Youtube-Seite ein paar kleine Clips für Konzertankündigungen gedreht und bei einem dieser Clips hat Volker mitgemacht. So kam dann der Kontakt zustande. Hätten wir auch nicht gedacht, dass wir dann um die Jahreswende 2015/2016 eine Band mit ihm gründen würden
RM: Jetzt werdet ihr öfter als Ableger von punch’n’judy bezeichnet. Das stimmt ja so auch nicht, oder?
Sascha: Nein. Versteh ich ehrlich gesagt gar nicht. Das wird mit Sicherheit immer ein bisschen an meiner Person festgemacht. Zudem haben wir natürlich auch Sancho Says im Programm, aber das sind so ziemlich die einzigen Schnittstellen. Wir sind eine eigenständige Band. Hin und wieder haben wir noch Ute Bogoslaw oder Andreas Bargel als Special Guests dabei, wie auf der CD-Release Show letztes Jahr, aber tatsächlich sind wir kein Ableger. Dafür haben wir mit punch’n’judy den Silent Punch (Anm. d. Redaktion: akustische Besetzung).
Kathrin: Aus dem Silent Punch hat sich die Zusammenarbeit mit Sascha und mir ergeben. Ich spiele dort mit, aber wir haben sehr wenig Auftritte und wir wollten in diese Richtung noch ein bisschen mehr machen.
RM: Ihr habt die CD Release Show zum aktuellen Album Weit hinaus im März 2019 als eines der größten Ereignisse der Bandgeschichte festgemacht, aber danach kam ja noch die Wahl zur besten Band im Westen vom WDR im Oktober 2019.
Sascha: Ja das war natürlich auch ein tolles Ereignis. Aber da wird ja jede Woche eine Band gewählt, das war jetzt nicht so der große Wurf. Allerdings haben wir ungefähr ein halbes Jahr später erfahren, mit welch großem Abstand wir gewonnen haben, das war eine großartige Sache für uns. Wenn wir über Konzerte reden, war die Release Show in Gelsenkirchen schon das Größte.
Kathrin: Wir waren ziemlich geflasht, weil die Hütte voll war und auch noch welche draußen standen. Das hat uns natürlich gefreut, weil wir gerade in dieser Besetzung noch eine so junge Band sind.
RM: Wie und wann sind Sebastian und Angela dazu gekommen?
Sascha: Zu Seb gibt es eine schöne Anekdote. Ich kenne ihn schon seit ungefähr 25 Jahren. Wir haben uns mal in einem Irish Pub in Gelsenkirchen kennengelernt, sind uns immer wieder mal über den Weg gelaufen bis dann die Frage aufkam, ob man nicht mal zusammen jammen oder ob man sich bei den Proben besuchen wollte, denn Seb spielt ja auch schon lange bei HATEdotCOM, einer Gelsenkirchener Metal Band. Und ich bin jetzt auch schon seit 14 Jahren bei punch’n’judy und vorher haben wir ja auch schon in Bands gespielt. Seb meinte dann irgendwann: „Weißte was, dann gründen wir mal eine Band, wenn ich 40 bin!“
Das wusste Kathrin nicht und als wir dann auf dem 40. Geburtstag von Seb waren, hat sie ihn gefragt, ob er nicht bei uns Bass spielen möchte. Seb hat direkt zugesagt.
Kathrin: Und Valbona hatte uns missverstanden. Sie dachte, sie solle bei einem Videoclip mitspielen, und dann war sie als Musikerin mit an Bord. Das war schon ganz witzig alles. Zwischendurch spielte der Drummer von der Band Stromble Fix,Axel The Axe bei uns. Dann kam Angela dazu, die damals schon seit 18 Jahren Percussion in einer Samba Formation spielt. Ich wollte sie immer gern ins Boot holen, weil wir eine breite Palette an Percussions brauchen, die sie komplett bedient.
RM: Als Jemand, der über Musik schreibt, hat man immer gern eine Schublade, in die man euch stecken kann. Ich habe gelesen Piratenfolk ohne Shantys und Traditionals.
Sascha: Ja, es ist ein bisschen schwierig. Man hätte das ganze auch Seemannsfolk nennen können, von mir aus auch Folk Rock, denn ich bin ja tatsächlich eher Rock-Gitarrist. Bevor ich bei punch’n’judy gesungen habe, spielte ich ausschließlich Gitarre, und wenn ich mir unsere Songs so anhöre, haben die auch immer einen sehr rockigen Rhythmus.
Kathrin: Eine andere Schublade wird sich wahrscheinlich kaum finden lassen. Angela lehnt sich bei der Percussion sehr stark an die Rhythmen, die Sascha an der Gitarre vorgibt und ich spiele dann mit der Bratsche alles mögliche darum herum, was dann diesen Folk Touch ausmacht. Unser neuer Song ist ja auch ein bisschen rockiger. Wir haben gesagt wir machen Pirate Folk, damit man uns zuordnen kann für Festivals und Konzert Buchungen, aber wir wollen uns natürlich nicht darauf festnageln lassen, weil wir auch gerne mal etwas anderes ausprobieren und selbst musikalisch vom Geschmack her breit gefächert sind. Wir leisten es uns zwischendurch, auch mal Musik zu machen, die nicht ganz so folkig ist.
Sascha: Ich weiß aus Erfahrung, dass es ein bisschen schwierig ist, wenn man aus der eigenen Beschreibung nicht so ganz greifbar ist. Vielleicht werden wir uns auch weiterentwickeln. Ich habe z.B. die Idee, in Zukunft immer mehr E-Gitarre einzubringen. Aber das ist erst mal nur eine Idee, das muss ja auch alles aus sich heraus wachsen.
Kathrin: Was uns natürlich schon sehr viel Spaß macht, ist im Rahmen der Piratenszene aufzutreten. Das ist eine schöne Szene mit viel kultigen Leuten, ein bisschen rauer, und unsere Texte haben alle irgendwas mit dem Meer zu tun. Mit dem Wasser und mit dem, was auf dem Meer passieren kann. Die Thematik werden wir beibehalten.
RM: Ich habe gelesen, dass du Kathrin, einen starken Bezug zur Seefahrt haben sollst.
Kathrin: Mein Vater ist selbst zur See gefahren, er erinnerte mich als Kind immer an den König von Taka Tuka Land bei Pipi Langstrumpf, so ein richtiger Seebär halt.
Sascha: Aber da ist noch einer…
Kathrin: Ja, Columbus. Meine Urgroßmutter ist eine geborene Columbus und unser Stammbaum soll bis Christoph Columbus reichen. Ich habe aber keine Beweise.
RM: Haben Eure Songs auch aktuelle Bezüge?
Kathrin: Unser bzw. Saschas neuester Song -er ist ja unser Komponist- handelt von einer Pandemie. Der ist ein bisschen auf die Seefahrt angepasst aber wir versuchen auch Themen, die uns persönlich berühren, einzubauen, denn ich möchte mich in unserer Musik auch wiederfinden.
RM: Der aktuelle Bezug und da komme ich auch zu meiner letzten Frage. Ich habe in einem Eurer Interviews den tollen Satz gelesen: Musik ist ein Grundbedürfnis. Seid ihr Berufsmusiker und wie kommt ihr mit dieser sehr langen Zwangspause zurecht?
Sascha: Nein, glücklicherweise müssen wir nicht von unserer Musik leben, obwohl ich das früher immer bedauert habe, dass wir mit punch’n’judy nicht alles auf eine Karte gesetzt haben, als es die Möglichkeit dazu gab. Die jetzige Phase zeigt uns aber, wie belastend das wäre. Wir kennen einige Musiker oder Aussteller, die auf Märkten normalerweise ihre Ware verkaufen. Die leiden im Augenblick natürlich enorm. Wir können von Glück sagen, das wir unser Geld hauptsächlich in unserem Erwerbsjob verdienen und mit Cat o’Nine die Möglichkeit haben, etwas dazu zu verdienen und das Geld in die Band zu reinvestieren.
RM: Sascha, Du hattest mir erzählt, ihr habt seit März nicht mehr proben können?
Sascha: Mit punch’n’judy ja. Weil unser Proberaum städtisch gefördert ist und die ganz klare Richtlinien einhalten müssen. Drei Monate durften wir gar nicht proben und seit Kurzem dürfen sich in einem 25 m² Proberaum maximal 2 Musiker gleichzeitig aufhalten…
Kathrin: Mit Cat o’Nine haben wir dann bei Seb im Garten geprobt – mit Abstand versteht sich. Das ist natürlich ein bisschen hinderlich, weil wir immer nur einen Teil des Equipments mitnehmen konnten. Und ansonsten haben Sascha und ich ein großes Wohnzimmer und sehr nette, tolerante Nachbarn.
Sascha: Das wir wenigstens diese Möglichkeit haben, ist sehr wichtig!
RM: Wie sind Eure Pläne für die nächste Zeit?
Sascha: Traurig war natürlich, das wir im Februar schon 10 bestätigte Konzerttermine hatten für dieses Jahr. Die fanden nun nicht statt. Jetzt haben wir die Möglichkeit, ein paar Konzerte zu spielen, die von den Behörden genehmigt wurden. Wir werden am Wochenende 7.-9.08.20 in Zülpich auftreten. Eigentlich sollte dort wieder das Piratenabenteuer stattfinden mit ganz vielen großen und europäischen Bands. punch’n’judy wären zum Beispiel auch da gewesen. Jetzt gibt es so eine kleine Ersatzveranstaltung, die nennt sich Gegen Corona, Pest und Cholera. Der Veranstalter Ralf Winterhoff hat bei uns angefragt, in diesem kleineren Rahmen zu spielen. Wir wissen jetzt noch nicht genau wann, aber da werden wir dabei sein.
Im Underground in Wuppertal ist noch etwas in Planung, die warten noch auf das ok von der Stadt. Das Konzept musste nochmal umgeschrieben werden, weil vom Publikum bis zur Bühne ein Abstand von vier Metern eingehalten werden muss. Das soll im August auf jeden Fall auch noch stattfinden. Weitere Dinge sind in Planung. Wir sind froh, das wir jetzt demnächst ein bisschen regelmäßiger spielen können. So an die 15 Auftritte im Jahr können wir mit unseren anderen Verpflichtungen und neben der Hauptarbeit machen.
Hoffentlich werden wir bald auch die Möglichkeit haben, am neuen Album zu arbeiten. 7-8 neue Songs stehen schon. Drücken wir mal die Daumen, dass wir zum Jahreswechsel mit den Aufnahmen beginnen können.
RM: Das machen wir! Ich danke Euch, das ihr in eurem Urlaub Zeit für dieses Interview gefunden habt und hoffe, das ihr uns und unsere Leser auf dem Laufenden haltet, was Veranstaltungen betrifft.
Kathrin: Das machen wir sehr gerne und vielen Dank für das Interview.
Sascha: Es war sehr schön, wieder mal mit Dir zu plaudern!
————–
Info: Erstmals rief in diesem Jahr die International Pirate Community (IPC) zu einem Wettbewerb um die Piratenhymne 2020 auf. Cat o‘ Nine sind mit ‚Raging Sea‘, der englischen, bisher nicht veröffentlichten Version von ‚Tosendes Meer‘ vertreten. Außerdem dabei: Pat Razket (SWE) mit ‚Black Sails‘, Capt’n Tor & The Naer Do Well Cads Pirate Invasion (CAN) mit ‚A bold decision‘ sowie Ye Banished Privateers (SWE) mit ‚Libertalia‘. Die Gewinner-Band sollte auf dem diesjährigen Piratenabenteuer in Zülpich bekanntgegeben werden, in dessen Rahmen das International Pirate Rendez-vous stattgefunden hätte. Das Piratenabenteuer sowie das Rendez-vous wurden nun auf nächstes Jahr verschoben. Der Gewinner wird bald an anderer Stelle bekanntgegeben.
Band:
Sascha Kaeufer – Captain Cooper – Vocals & Guitar
Kathrin Kaeufer – Cat – Viola & Vocals
Sebastian Göbel – Seb, die olle Peitsche – Bass, Guitar & Vocals
Angela Miccolis – Micci Mezzoforte – Percussions
Studiomusiker: Ute Bogoslaw, Andreas Bargel
ehemalige Mitglieder:
Volker Dornemann – Duke Macabre – Percussions
Valbona Göbel – Zana e Malit – Percussions, Gesang
Karina ist für uns an Rhein und Ruhr unterwegs. Sie hört neben Metal auch Irish Folk Punk, Deutsch- und Mittelalterrock. Für gute Musik ist ihr kein Weg zu weit.