Interview mit Jürgen Breforth von Mad Max
Karina Rock Magazine (RM): Hallo Jürgen, schön, dass Du Dir Zeit für dieses Interview nehmen konntest. Für die Wenigen, die Dich nicht kennen: Du bist Gitarrist und einzig verbliebenes Gründungsmitglied von Mad Max aus Münster.
Jürgen: Hallo Karina, das kann man so sagen, ja. Ich habe die Band 82 mit ein paar Freunden von mir gegründet. Die ersten ein bis zwei Jahre haben wir uns orientiert, was wir überhaupt machen wollen. Da unser erster Sänger, Andreas Baesler, letztlich mehr Interesse an Schauspiel und Theater hatte, schlug er diesen Weg ein. Wir hatten damals in Münster schon einen ganz guten Namen und waren im Prinzip dort die einzige Hardrockband, die ein bisschen bekannter war. Ich konnte den damals 17 jährigen Michael Voss aus einer Nachwuchsband abwerben und damit hatte ich schon mal den Top Sänger und Gitarristen am Start, der auch noch eigene tolle Songs komponieren konnte. Wir sind auch bis heute über Jahrzehnte Freunde geblieben, das ist gerade in der Musikbranche nicht selbstverständlich.
Michael ging Ende der 80er weg, weil er mit der Band Casanova etwas anders probieren wollte. Wir haben uns ein paar Jahre aus den Augen verloren. Anfang 2000 haben wir uns dann wieder zusammen getan. Zuerst haben wir Songs für andere Künstler komponiert. Das haben einige Firmen mitbekommen und fragten, ob wir das mit Mad Max nicht nochmal probieren wollen. Seit 2005/06 sind wir wieder kontinuierlich mit Mad Max aktiv.
RM: Wie kamt ihr zu dem Namen Mad Max? Klar der Film…
Jürgen: Das ist eine ganz witzige Geschichte. Den Namen hat damals unser alter Sänger Andreas Baesler vorgeschlagen. Er kannte als Einziger von uns diesen Film. Dazu muss man nämlich wissen, dass der allererste Mad Max Film ein australischer Independent Film war und zu der Zeit noch niemand wissen konnte, dass Mel Gibson mal ein Weltstar und diese Filmreihe über Jahrzehnte Kult werden würde. Wir anderen von der Band hatten uns, weil wir ja den Film überhaupt nicht kannten, so eine Art Zauberer darunter vorgestellt, wie Merlin irgendwie. Deswegen war auf unserem ersten Plattencover auch ein Zauberer drauf. In späteren Jahren hatten wir natürlich immer wieder die Sorge, dass die Filmleute kommen und uns den Namen verbieten. Ist aber nie passiert und irgendwann war die Band dann so bekannt, das es auch keinen Sinn mehr gehabt hätte, den Namen zu ändern.
Mad Max ließ sich auch grafisch gut umsetzen durch die zwei Ms. In unserer jugendlichen Naivität haben wir uns die Farben unserer Lieblingsband und Vorbilder Iron Maiden ausgesucht und unseren ersten Schriftzug in rot und weiß zusammengekloppt.
RM: Iron Maiden stehen ja auch heute noch für vieles Pate…
Jürgen: Damals waren die ja auch noch im Kommen. Es gab noch kein Internet, wir sind in ein Plattengeschäft gegangen – die Jugendlichen wissen schon gar nicht mehr, was das überhaupt ist. Obwohl – heute gibt es ja wieder Vinyl. Unser Album wird es übrigens auch in Vinyl geben, limitiert auf 500 Exemplare als Special Edition. Aber damals musste man für ein Album seiner Lieblingsband in das Plattengeschäft gehen. Wir hatten nur eins hier in Münster. Da bestellte man seine Platte vor, ohne vorher ein einziges Lied davon gehört zu haben. Es gab ja nichts, wo du schon mal einen Song hättest hören können. Das war natürlich ein ganz anderes Feeling. Du hast dann diese Platte gekauft, bist nach Hause gerannt, hast sie auf Deinen Plattenspieler gelegt und erstmal 500 Mal angehört.
Das verstehen Viele heute gar nicht mehr. Allein schon diese Vorstellung: Du wartest wochenlang auf diese eine Platte. Musik hatte damals eine ganz andere Wertigkeit. Heute kannst du dir jederzeit auf der ganzen Welt alles herunterladen und du hast jedes Album sofort griffbereit.
RM: Ich glaube, man hat auch ganz anders Musik gehört. Heute dudelt das oft so nebenbei. Bei den Metal- und Rockfans ist das zum Glück nicht so
Jürgen: Ich lade heute noch ganz wenig runter. Von den Bands, die mir gefallen, kaufe ich mir die CD und gucke mir auch das Booklet und die Texte an. Für die Bands ist es sehr ungünstig, das die Stücke schon lange vor der Verbreitung der Alben überall erhältlich sind. Das macht so ein Produkt viel weniger wert und die Leute sind nicht bereit, dafür Geld auszugeben. Aber wenn niemand mehr Geld damit verdient, dann können Bands irgendwann nicht mehr existieren. Das ist ja das Problem, was wir in der heutigen Situation haben. Jetzt kommt so ein Ding wie Corona, Bands können keine Konzerte mehr geben, verkaufen nichts mehr, also wird die Band über kurz oder lang tot sein.
RM: Ihr habt euch für das neue Album Stormchild Rising viel Zeit gelassen?
Jürgen: Nein, gar nicht. Vor zwei Jahren erst kam das Album 35 mit ganz neuen Songs raus. Das lief sehr gut, wir sind viel damit getourt, haben mit Fans gesprochen und gefragt, was sie an dem Album so gut fanden. Besonders auf den Festivals haben wir mit vielen noch jungen Fans gesprochen, die Mad Max quasi gerade erst für sich „entdeckt“ hatten. Das war unheimlich inspirierend.
RM: Warum hieß das 35?
Jürgen: Das sollte so eine Art Jubiläumsalbum sein, die Band gab es aber eigentlich schon länger und wir hätten es wohl 37 nennen müssen. Das fanden wir irgendwie doof. Und dann haben wir 35 genommen. Das ist so ein bisschen die History der Band, aber wir wollten nicht einfach alte Songs recyceln, das war uns total wichtig. Und weil das so gut angekommen ist, haben wir das bei der neuen Platte auch wieder so gemacht. Es sind auch wieder alles neue Songs. Wir hatten kein altes Material mehr, deswegen haben wir uns nach den ganzen Konzerten 2019 hingesetzt und haben die ganzen Lieder neu komponiert.
RM: Stormchild Rising wird am 21.08.2020 veröffentlicht. 1985 habt ihr das Album Stormchild rausgebracht. Und die Gitarre, die Wolfang Oberländer von Äpfli Guitars für dich gebaut hat, heißt auch Stormchild. Was hat es mit dieser Figur auf sich?
Jürgen: Das ist wieder so eine Retrogeschichte: Die Stormchild Figur haben wir schon ganz früh erfunden, so 1985/86 rum. Ein Freund von uns hat diese Figur als richtiges Ölbild gemalt. Leider ist es im Lauf der Jahrzehnte verschwunden und den Maler erreichen wir irgendwie nicht mehr. Wir sind aber immer wieder gefragt worden, ob wir diese Figur nicht wiederbeleben wollen.
Stormchild sollte so eine Art „Warrior“ sein, der für das Gute kämpft. Wie ein Superheld aber ohne Superkräfte. Und der Clou war, er sollte nicht mit Gewalt oder Waffen kämpfen. Er sollte mit Rocksongs kämpfen.Wir haben die Figur dann etwas aus den Augen verloren, aber als wir 2018/19 so viel getourt sind, brachten die Fans auch alte Schallplattenhüllen zum Unterschreiben mit und wollten wissen, was aus dieser Figur geworden ist.
Witziger Weise ist der Ansatz, dass diese Figur ohne Gewalt für das Gute kämpft, heute aktueller denn je und die Figur passt perfekt auch in diese Zeit.
Kai Brockschmidt, der schon Cover für die Pretty Maids aus Dänemark oder Pink Cream 69 gemacht hat, modernisierte unser Stormchild ein bisschen. Auf dem Cover ist es von den vier Elementen Feuer, Wasser, Erde, Luft umgeben und steht als Kämpfer für das Gute in der Welt. Kai hat das großartig umgesetzt.
Jürgen: Der Song „Ladies and Gentlemen“ wird in zwei Versionen drauf sein. Einmal mit Detlev Jöcker und den Kindern, aber auch die englische Ursprungsversion. Wir wollten Detlev unbedingt bei diesem Projekt dabei haben und fragten ihn, ob er für den Song einen deutschen Part schreiben kann. So ist der Song zweisprachig geworden. In Amerika, Spanien und Italien läuft der Song schon rauf und runter im Radio, obwohl die Leute den Text nicht komplett verstehen. Aber die Message des Songs kommt trotzdem an. Ich hoffe, dass wir ihn im nächsten Jahr live aufführen können. Das war dieses Jahr für das Rock of Ages Festival in Seebronn geplant. Er hätte dort abends auf der Hauptbühne zur Hauptzeit live mit ganz vielen Gaststars wie Suzi Quatro, Uriah Heep und anderen seine Live Premiere gefeiert. Das ist jetzt auf nächstes Jahr verschoben.
RM: Am 26.06.2020 habt ihr den zweiten Song veröffentlicht. Wovon handelt Hurricaned?
Jürgen: Hurricaned gehört textlich auch in den Kontext von Ladies and Gentlemen und Stormchild. Er behandelt den totalen Medienoverkill, dem wir ausgesetzt sind und dem wir kaum entgehen können.
Als wir den Song komponiert haben, konnten wir nicht davon ausgehen, dass die damalige Situation durch Corona noch schlimmer wird, als sie eh schon war. Aber es lag schon so etwas in der Luft. Diese Klimageschichte, Fridays for Future, dass die Generationen gegeneinander ausgespielt wurden – all das ist ja auch das Thema von Ladies and Gentlemen. Die Probleme können die Generationen nur gemeinsam lösen. Junge und Alte – jeder gibt das Beste, was er kann. Hurricaned geht in die gleiche Richtung, was das Thema betrifft, allerdings ist der Song ein bisschen härter, und wir haben einen sensationellen Gast bei diesem Song.
RM: Ronnie Romero, der auch bei Rainbow und CoreLeoni singt? Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?
Jürgen: Ronnie Romero haben wir auf einer Tournee Ende 2018 kennengelernt, als wir mit CoreLeoni, einem Ableger der Schweizer Band Gotthard, drei Wochen unterwegs waren. Unser Sänger Michael Voss ist in erster Linie Produzent und hat ein eigenes Tonstudio. Seit vielen Jahren arbeitet er u. a. mit Michael Schenker (dem Bruder von Scorpions Gitarrist Rudolf Schenker). So ergab es sich auch, dass Ronnie Romero auf dem aktuellen MICHAEL SCHENKER FEST Album einen Song eingesungen hat. Im Zuge der Produktion des Mad Max Albums war es dann Michaels Idee, Ronnie für den Song „Hurricaned“ einzuladen.
Wir haben noch zwei weitere sehr spannende Gäste auf dem Album. Eigentlich tun wir uns immer schwer mit so etwas, aber in diesem Fall passte das super.
RM: Stormchild Rising -11 Songs voller Power und Leidenschaft – diese Beschreibung habe ich gelesen. Was erwartet die Fans, wenn sie das Album kaufen?
Jürgen: Brandneu komponierte Mad Max Songs mit einer Mischung aus dem typischen Mad Max Sound unserer Alben aus den 80ern und Songs, in denen sich immer wieder eine kleine „Hommage“ an unsere Lieblingsbands wie WHITESNAKE, RAINBOW oder DEF LEPPARD findet.
Hurricaned zum Beispiel ist vom Gitarrenriff her unsere „Verbeugung“ vor RAINBOW (und dann sogar mit Ronnie Romero, dem aktuellen Sänger von RAINBOW).
RM: Wir sind sehr gespannt auf das neue Album und hoffen, Euch ganz bald, spätestens 2021, wieder live erleben zu dürfen.
Jürgen: Wir hoffen alle, dass wir möglichst schnell im Kunstbereich wieder ein bisschen zur Normalität zurückkehren können. Das ist für uns alle wichtig. Die Branche mit all den Bands, Künstlern und wer sonst noch dahinter steht, stirbt sonst und das will ja keiner.
RM: Ich denke, es muss erst anerkannt werden, dass Kultur sehr wohl systemrelevant ist.
Jürgen: Da stimme ich dir absolut zu.
RM: Ich danke dir für die Zeit, die du dir für dieses Interview genommen hast.
Jürgen: Ich danke Dir für dieses tolle Gespräch!
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German Hardrock/Heavy Metal band founded in 1982 – band members: Michael Voss, Juergen Breforth, Axel Kruse, Hutch Bauer