Genre: Melodic Death Metal
Diejenigen unter euch, die die Veröffentlichungen von Wintersun in den letzten zehn Jahren und das damit verbundene Drama nicht verfolgt haben, wissen, dass sie 2012 ein von der Kritik gelobtes Album namens Time I veröffentlicht haben, mit dem Versprechen, dass die zweite Hälfte kurz darauf erscheinen würde. Nun ist es endlich soweit und Time II wird endlich veröffentlicht.
Dieses Album beginnt ebenfalls wie sein „Vorgänger“ mit einem Instrumental, das japanisch angehaucht dem des ersten Teils sehr ähnelt. Es ist ein schönes, aber für meinen Geschmack zu verspieltes und an manchen Stellen zu langatmiges Eröffnungsstück, das seine Laufzeit von über vier Minuten mehr als nur ausnutzt. Und schon sind wir beim größten Kritikpunk an Time II das in Momenten etwas überfrachtet und überambitioniert wirkt, darauf will ich im Laufe dieses Review etwas näher eingehen.
Nach dem Intro haben wir mit The Way of the Fire den bei weitem thrashigsten Song des Albums, der trügerisch sanft beginnt, aber schnell mit einem schweren Vorwärtsdrang von Blast-Beats nach vorne geht, während viele der Melodien und Schichten (ja, tatsächlich Schichten) in Bewegung bleiben. Einen Großteil der Wartezeit bis zu Veröffentlichung hin hängt wohl mit Jari Mäenpää’s Wunsch zusammen, den perfekten Mix für die erstaunliche Anzahl an instrumentalen (und gesanglichen) Schichten des Albums zu finden, und man kann einen Vorgeschmack davon in diesem Stück bekommen, wo man mehr bemerkt, je tiefer man reinhört. In diesem einen Song gibt es schon mehr zu entdecken als es bei den meisten kompletten Diskografien anderer Bands der Fall ist. So sind hier neben den „normalen“ Instrumenten neoklassische Keyboards, viele atmosphärische Hintergrundgeräusche und mehr japanischen Klänge zu finden. Erwähnenswert ist auch, dass der Gesang fast identisch mit dem von „Time I“ ist, wenn auch mit einem besseren Mix und etwas aggresiver.
Bei One with the Shadowsn wird es etwas langsamer, aber auch dies ist ein ziemlich vielseitiger Track, der zwischen einem sanften Rhythmus und schnellen Soli balanciert. Die Vocals sind dramatisch, mit ihren eigenen, vielschichtigen Ebenen, und passen zur Musik, die im Verlauf eine Geschichte zu erzählen scheint. Mir gefallen die verschiedenen Klänge, die Jari hat, mit dem grungigen Shouting-Gesang, den vollen Growls und auch dem melodischeren Gesang.
Dann folgt mit Ominous Clouds ein stimmungsvolles Instrumentalstück, das ganz von spektakulären Gitarren und sanfter Hintergrundmusik getragen wird und eine wohltuende Ruhe vor den beiden folgenden langen Stürmen bietet. Es ist durchaus sinnvoll, dass dieser Track direkt in Storm übergeht, das mit einer eher schwermütigen Gitarrenlinie über den Regengeräuschen beginnt, bevor es nach etwa einer Minute wieder aufwärts geht. Die Gitarrenlinien tanzen über dem schweren Schlagzeug auf und ab, während die begleitenden Instrumentalstücke Textur und Bombast hinzufügen. Mir gefällt auch, dass es trotz des knurrenden Stils nicht besonders schwer ist, zu verstehen, was Jari singt, bis er anfängt zu kreischen. Das Ganze wird mit einigen soliden Soli untermalt, während sich der Sturm auch in der Hintergrundmusik verstärkt und der Donner die Intensität noch verstärkt. Man könnte argumentieren, dass dieser Song ziemlich chaotisch ist, aber wenn man bedenkt, dass er Storm heißt, denke ich, dass das genau die Absicht ist. Nach etwa 7 Minuten beruhigt er sich abrupt, während der Donner weiter rollt. Von da an übernimmt das Gitarrensolo die Führung, was zu einer Stille führt, in der es nur noch donnert, und die langsam in eine sanftere, mystisch-magische Atmosphäre übergeht, in der sich der japanische Einfluss wieder einschleicht.
Silver Leaves knüpft an die starken japanischen Klänge von Storm an und geht nahtlos in eine progressive, folkige Richtung über. Der cleane Gesang übernimmt die Führung und fühlt sich an wie die Ruhe nach dem Sturm. Der Thrash hat sich aus der Musik herausgearbeitet, so dass die Musik jetzt ganz melodisch ist. Dieser Song hat Atmosphäre, die sich wie ein Fantasy-Abenteuer anfühlt, das zu einem friedlichen Ende kommt. Nachdem die Musik verklungen ist, gibt es ein langes Outro, in dem nur Wellen am Ufer zu hören sind, das etwa eine Minute lang dauert.
Fazit: Dieses Album klingt definitiv wie eine Fortsetzung von Time I, es folgt musikalisch einem ähnlichen Muster, die orientalischen Einflüsse entsprechen denen des Vorgängers, nur mit etwas Mehr an allem. Man muss sich definitiv Zeit nehmen, und dem Album mehr als nur einen Durchlauf gönnen um alles an Musik darin entdecken zu können. Aber es fehlt die Magie die der erste Teil innehatte. Dennoch ist Time II keine Enttäuschung, aber auch nicht die erwartete Offenbarung, und bekommt solide 7 von 10 Bängs.
Time II erscheint am 30.08.2024 über Nuclear Blast
Line Up:
Jari Mäenpää – Vocals, Gitarre
Teemu Mäntysaari – Gitarre, Backing Vocals
Jukka Koskinen – Bass, Backing Vocals
Kai Hahto – Drums
Track List:
Fields Of Snow
The Way Of The Fire
One With The Shadows
Ominous Clouds
Storm
Silver Leaves